Leitsatz
[1] Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, daß Telefaxsendungen den Empfänger vollständig und richtig erreichen. Einem Sendebericht mit "OK-Vermerk" kommt nicht der Wert eines Anscheinsbeweises zu.
Gesetze: BGB § 130; BRTV-Bau § 16
Instanzenzug: ArbG Siegburg 3 Ca 4143/99 vom LAG Köln 5 Sa 1115/00 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über restliche Vergütungsansprüche.
Die Beklagten betreiben als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Bauunternehmung. Der Kläger leistete auf einer Baustelle der Beklagten Maurer- und Betonierarbeiten zu einem Bruttostundenlohn von 25,00 DM. Auf das Arbeitsverhältnis fand der für allgemeinverbindlich erklärte Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) Anwendung.
Der Kläger hat behauptet, er habe im Zeitraum vom bis zum 362 Stunden gearbeitet. Auf den sich hieraus ergebenden Gesamtbruttolohn von 9.050,00 DM hätten die Beklagten 5.320,00 DM brutto geleistet. Ihm stünden daher noch 3.730,00 DM brutto zu. Diesen Vergütungsanspruch habe er durch seinen Anwalt am schriftlich geltend gemacht. Sein Anwalt habe dem Beklagten zu 1) das Geltendmachungsschreiben per Telefax zugesandt. Das Sendeprotokoll habe den Statusvermerk "OK" enthalten.
Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an ihn ausstehenden Lohn iHv. 3.730,00 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die Lohnansprüche des Klägers und den Erhalt des Geltendmachungsschreibens vom bestritten.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Zahlungsanspruch weiter.
Gründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I. Die Klage ist nicht begründet. Auch wenn zugunsten des Klägers vom Entstehen der geltend gemachten Zahlungsansprüche ausgegangen wird, ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat die tarifliche Ausschlußfrist nicht gewahrt. Etwaige Lohnansprüche des Klägers sind nach § 16 Nr. 1 BRTV verfallen.
1. Nach § 16 Nr. 1 BRTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
2. Mit der vom Kläger behaupteten Geltendmachung seiner Vergütungsansprüche durch Anwaltsschreiben vom konnte der Kläger nur noch die von ihm behaupteten Entgeltansprüche für August 1999 wirksam geltend machen. Vergütungsansprüche des Klägers für Juni und Juli 1999 waren zu diesem Zeitpunkt bereits nach § 16 Abs. 1 BRTV verfallen. Nach § 5 Nr. 8.2 BRTV wurden die Lohnansprüche zur Mitte des Monats fällig, der auf den Monat folgte, für den sie zu zahlen waren.
3. Die vom Kläger erhobenen Lohnforderungen für August 1999 sind gleichfalls verfallen. Der Kläger hat im Hinblick auf das Bestreiten der Beklagten nicht substantiiert dargelegt, daß das Telefaxschreiben vom dem Beklagten zu 1) zugegangen ist.
a) Die Geltendmachung eines Anspruchs iSv. § 16 BRTV ist keine Willenserklärung, sondern eine einseitige geschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur entsprechend ihrer Eigenart analog Anwendung finden (Senat - 5 AZR 313/99 - BAGE 96, 28). Da die Geltendmachung eines Anspruchs den Schuldner an seine Leistungspflicht erinnern soll, ist der Zugang des Geltendmachungsschreibens beim Schuldner Voraussetzung zur Wahrung der Ausschlußfrist. § 130 Abs. 1 BGB ist auf die Geltendmachung tariflicher Ausschlußfristen entsprechend anzuwenden. Somit geht ein Geltendmachungsschreiben dem Schuldner zu, wenn es so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, daß dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen (vgl. zum Zugang von Willenserklärungen - AP BGB § 130 Nr. 12 = EzA BGB § 130 Nr. 13).
b) Der Zugang folgt nicht aus dem in den Vorinstanzen vorgelegten Sendebericht mit dem "OK-Vermerk". Einem solchen Sendebericht kommt nicht der Wert eines Anscheinsbeweises zu (ebenso - NJW 1995, 665; - MDR 1996, 99; - BFHE 186, 491, 493). Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, daß Telefaxsendungen den Empfänger vollständig und richtig erreichen (ebenso aaO). Der Kläger hat auch keine Tatsachen dafür vorgetragen, daß bei dem am verwendeten Telefaxgerät ein "OK-Vermerk" ausschließlich dann ausgedruckt wird, wenn die Übertragung ordnungsgemäß erfolgt ist, also das Geltendmachungsschreiben so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, daß dieser von dessen Inhalt Kenntnis nehmen konnte. Der Vortrag des Klägers erschöpft sich vielmehr in der pauschalen Behauptung, das Telefax sei dem Beklagten zu 1) zugegangen, weil der ausgedruckte Sendebericht einen "OK-Vermerk" enthalte. Die Beklagten konnten daher den Erhalt des Telefaxes ohne weitere Darlegungen einfach bestreiten.
4. Da der Kläger eine andere fristwahrende Geltendmachung nicht dargelegt hat, ist der zu seinen Gunsten unterstellte Vergütungsanspruch für August 1999 erloschen.
II. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2002 S. 2560 Nr. 49
DB 2002 S. 2549 Nr. 48
DStR 2003 S. 384 Nr. 10
BAAAB-94264
1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Ja