Leitsatz
[1] Seit dem In-Kraft-Treten von § 78a ArbGG am ist eine außerordentliche Beschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht mehr statthaft.
Gesetze: ArbGG § 78; ArbGG § 78a; ZPO § 574; GVG § 17a; GG Art. 103 Abs. 1
Instanzenzug: ArbG Frankfurt am Main 7 Ca 5941/03 vom
Gründe
I. Mit seiner "außerordentlichen Beschwerde" wendet sich der Kläger gegen einen Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts, durch den der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für fünf von sieben Klageanträgen für unzulässig erklärt, der Rechtsstreit insoweit an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Der Kläger rügt Verstöße gegen die richterliche Hinweispflicht sowie die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
II. Die "außerordentliche Beschwerde" ist unzulässig. Sie ist nicht statthaft, weil sie vom Gesetz nicht vorgesehen ist (§ 78 Satz 1 ArbGG iVm. § 574 Abs. 1 ZPO).
1. Nach der Neuregelung des § 78 ArbGG sowie der §§ 564 ff. ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz vom (BGBl. I S. 1887) ist die Rechtsbeschwerde nur noch in den in § 574 Abs. 1 ZPO geregelten Fällen zulässig. Dies gilt gem. § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG auch im Rechtswegbestimmungsverfahren nach § 17a GVG. Eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit neben den im Gesetz genannten Fällen scheidet damit grundsätzlich aus. Nach der Senatsrechtsprechung kommt lediglich bei krass rechtswidrigen Verweisungsbeschlüssen, die Ausdruck einer nicht mehr hinnehmbaren willkürlichen Rechtsfindung sind, in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Bundesarbeitsgericht in Betracht, wenn dies zur Wahrung einer funktionierenden Rechtspflege notwendig ist. Erforderlich hierfür ist, dass es innerhalb eines Verfahrens zu Zweifeln über die Bindungswirkung von rechtskräftigen Verweisungsbeschlüssen kommt und keines der in Frage kommenden Gerichte bereit ist, die Sache zu bearbeiten, oder die Verfahrensweise eines Gerichts die Annahme rechtfertigt, der Rechtsstreit werde von diesem nicht prozessordnungsgemäß betrieben, obwohl er gem. § 17b Abs. 1 GVG vor ihm anhängig ist (zuletzt Senat - 5 AS 3/04 -AP ZPO § 36 Nr. 60 = EzA ZPO 2002 § 36 Nr. 2, zu II 1 b der Gründe; ebenso - NZA 2002, 813, zu II 3 der Gründe). Diese Voraussetzungen liegen hier ersichtlich nicht vor.
2. Die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs in Analogie zum Nichtzulassungsbeschwerderecht (§ 72a ArbGG) scheidet aus. Es fehlt eine planwidrige Regelungslücke.
Hat das Gericht den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör verletzt, ist nach § 78a ArbGG auf Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei das Verfahren fortzusetzen. Mit dieser zum in Kraft getretenen Bestimmung hat der Gesetzgeber den Plenarbeschluss des - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395) umgesetzt und die Möglichkeit der Korrektur einer fehlerhaften Verweigerung rechtlichen Gehörs geschaffen. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, bei der Rüge der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG die Anrufung einer weiteren Instanz vorzusehen. Er kann von der Eröffnung des Rechtsmittelzugs Abstand nehmen, sofern er eine angemessene Kontrolle der Verletzung des Verfahrensgrundrechts anderweitig vorsieht ( - aaO, zu C III 1 a der Gründe). Dem entspricht § 78a ArbGG. Nach § 78a Abs. 5 ArbGG hat das Gericht einer begründeten Rüge abzuhelfen und das Verfahren fortzuführen, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. Die Eröffnung einer Beschwerdemöglichkeit zum Bundesarbeitsgericht ist von Verfassungs wegen nicht zwingend erforderlich (im Ergebnis ebenso zu § 321a ZPO: - BGHZ 150, 133; - BFHE 200, 46; - NJW 2002, 2657).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
HFR 2006 S. 307 Nr. 3
NJW 2005 S. 3231 Nr. 44
XAAAB-94222
1Für die Amtliche Sammlung: ja; Für die Fachpresse: nein