Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: MTV § 7; MTV § 9; MTV § 12; MTV § 21; TV ERA (für die Arbeitnehmer der RBG); TVG § 1 Auslegung
Instanzenzug: ArbG Passau 2 Ca 325/01 D vom LAG München 10 Sa 371/03 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die tariflich für "betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen" zu zahlende Vergütung sowie über einen Anspruch auf ein tarifliches Übernachtungsgeld bei "dienstplanmäßigen auswärtigen Übernachtungen".
Die Kläger sind bei der Beklagten, einem Eisenbahnunternehmen, als Lokführer beschäftigt. Auf die Arbeitsverhältnisse der Parteien finden die Tarifverträge für die Arbeitnehmer der Beklagten (R Bahnbetriebs-GmbH - RBG) Anwendung. Der Kläger zu 1. erzielte im Jahre 2000 einen Stundenlohn von 20,39 DM, der Kläger zu 2. einen solchen von 21,37 DM. Bei entsprechender Arbeitsleistung erhalten die Kläger Nacht-, Sonn-, Feiertags- und Mehrarbeitszuschläge sowie eine Schichtzulage.
In der Zeit vom bis zum war der Kläger zu 1. dienstplanmäßig insgesamt 30 mal, der Kläger zu 2. 28 mal so eingesetzt, dass der Fahrdienst am Abend an einem auswärtigen Bahnhof endete. Die Kläger übernachteten dort jeweils in einer von der Beklagten unentgeltlich zur Verfügung gestellten Unterkunft. Am nächsten Morgen traten sie von dem auswärtigen Bahnhof aus ihren Fahrdienst an. Die Zeit zwischen Arbeitsende und neuem Dienstbeginn betrug zwischen etwas mehr als fünf Stunden und 8,5 Stunden. Für die auswärtigen Übernachtungen erhielten sie von der Beklagten ein Übernachtungsgeld von 35,00 DM, hingegen keine Vergütung für die vorgenannte tätigkeitsfreie Zeit.
Die für die Entscheidung des Rechtsstreits bedeutsamen Tarifbestimmungen lauten:
Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der R Bahnbetriebs-GmbH (RBG) vom - nachfolgend MTV -
§ 7
Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist jeweils ein Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten (Kalendervierteljahr) maßgeblich.
...
(10) Betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen bis zu jeweils 15 Minuten werden voll, darüber mit 50 % als Arbeitszeit gewertet und vergütet.
...
§ 9
Zuschlagspflichtige Arbeit
(1) Mehrarbeit, Nachtarbeit, Arbeit an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen ist zuschlagspflichtig. Bei der Berechnung der zuschlagspflichtigen Arbeitszeit wird jede angefangene halbe Stunde als halbe Stunde vergütet.
Mehrarbeit
(2) Unter Mehrarbeit (Überstunden) sind diejenigen Arbeitsstunden zu verstehen, die auf Anordnung innerhalb des jeweils maßgeblichen Ausgleichszeitraums von drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten (Kalendervierteljahr) über die regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit im Sinne von § 7 Abs. 1 geleistet werden. Der Überstundenzuschlag beträgt 25 % des tariflichen Stundenlohns. ...
Nachtarbeit
(3) Nachtarbeit ist in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr geleistete Arbeit. Sie ist auf das Notwendigste zu beschränken.
Für Nachtarbeit wird je Stunde ein Nachtarbeitszuschlag von 50 % zum tariflichen Stundenlohn gezahlt. Der Nachtarbeitszuschlag entfällt für Zeiten in denen Zuschläge nach Abs. 4 gezahlt werden.
Sonn- und Feiertagsarbeit
(4) Sonn- und Feiertagsarbeit beginnt am Sonn- und Feiertag um 0.00 Uhr und endet um 24.00 Uhr. Die Arbeit am Oster- und Pfingstsonntag ist einer Feiertagsarbeit gleichzusetzen. Das gleiche gilt für Arbeit, die an Weihnachten,
Neujahr und am 1. Mai geleistet wird, soweit diese Tage auf einen Sonntag fallen. ...
§ 12
Entgelt ... (6) Das Monatstabellenentgelt und die in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile werden am Monatsletzten, die anderen Entgeltbestandteile jeweils mit der Entgeltzahlung des darauffolgenden Monats ausgezahlt. Auf Wunsch des Arbeitnehmers können Abschlagszahlungen gewährt werden. ...
§ 21
Ausschlussfrist (1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.
Die Geltendmachung des Anspruchs erstreckt sich auch auf später fällig werdende Leistungen, die auf demselben Sachverhalt beruhen.
Später, aber innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist geltend gemachte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis werden nur dann berücksichtigt, wenn sie für den Beanstandenden nachweisbar erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar wurden.
Tarifvertrag über Entgelt, Reisekosten und Aufwandsentschädigung vom - nachfolgend TV ERA -
§ 3
Entgelttabelle für Bayern ... Zusatz: Qualifizierte Facharbeiter in der Tätigkeit eines Vorarbeiters und Beschäftigte im Lokfahrdienst erhalten für schicht- und zeitversetzten Dienst eine Zulage in Höhe von DM 0,60 je Stunde. ...
§ 4
Reisekosten
...
5. Für die dienstplanmäßige auswärtige Übernachtung wird dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin ein Übernachtungsgeld in Höhe von 35,-- DM gewährt.
...
Am schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung Dienstplan", deren "Anhang" lautet:
Die dem Arbeitnehmer seit Mai 2000 entgangene Arbeitszeit durch betriebsbedingte Arbeitszeitunterbrechung und durch den Arbeitnehmer geltend gemacht (Übernachtung) sind dem Arbeitnehmer gutzuschreiben (die DM 35,-- Übernachtungsgeld werden gegengerechnet).
In einem vom Betriebsrat und der Geschäftsleitung der Beklagten unterzeichneten Auszug vom aus dem "Protokoll des Monatsgesprächs vom " ist Folgendes ausgeführt:
Betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen werden vergütet mit 50 % (Tarifvertrag RBG) bzw. 80 % (ETV). Nachtarbeitszuschlag fällt bei betriebsbedingter Arbeitsunterbrechung nicht an und ist nicht Teil der Arbeitszeit (10 Stunden).
Auf Grund der Betriebsvereinbarung vom vergütete die Beklagte den Klägern rückwirkend ab die tätigkeitsfreien Zeiten bei Übernachtungen an auswärtigen Bahnhöfen unter Anrechnung des gezahlten Übernachtungsgeldes. Nach von der Beklagten am als sachlich richtig festgestellten Aufstellungen betrugen die bisher nicht vergüteten Unterbrechungszeiten zwischen der Beendigung des Abenddienstes und dem Arbeitsbeginn am nächsten Morgen bei den auswärtigen Aufenthalten des Klägers zu 1. in der Zeit vom bis 201,49 Stunden, bei dem Kläger zu 2. in der Zeit vom bis 188,41 Stunden. Diese Zeiten vergütete die Beklagte mit 50 % des jeweiligen tariflichen Stundenlohns der Kläger und brachte davon beim Kläger zu 1. gezahlte Übernachtungsgelder in Höhe von insgesamt 1.050,00 DM, beim Kläger zu 2. in Höhe von 980,00 DM in Abzug. Die Kläger rügten diese Abrechnungsweise mit Schreiben vom - Kläger zu 1. - und mit Schreiben vom - Kläger zu 2. -; diese wurden der Beklagten per Telefax übermittelt. In diesen Schreiben vertraten sie die Auffassung, dass für Zeiten der Arbeitsunterbrechung auch Zulagen wie Mehrarbeitsvergütung zu bezahlen seien und die bezahlte Übernachtungszulage mit der Vergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen nicht verrechnet werden dürfe. Beide Kläger machten mit Schreiben vom gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Arbeitsvergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen - jeweils für die Zeit vom bis - geltend, und zwar der Kläger zu 1. in Höhe von 1.703,92 DM, der Kläger zu 2. in Höhe von 1.633,98 DM. In diesen Schreiben ist jeweils auf eine als Anlage beigefügte "Berechnung auf Vordruckblatt" Bezug genommen. Mit ihren in den vormals selbständig geführten Rechtsstreitigkeiten jeweils am erhobenen Klagen nehmen die Kläger die Beklagte auf Zahlung der mit den Schreiben vom geltend gemachten Vergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen sowie auf Zahlung des von der Beklagten rückgerechneten Übernachtungsgeldes in Anspruch.
Die Kläger haben vorgetragen, die Zeiten betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen könne die Beklagte nicht nur mit dem Grundlohn vergüten. Vielmehr sei sie verpflichtet, dafür auch Zuschläge und Zulagen zu bezahlen, weil die Unterbrechungszeiten nach den tariflichen Bestimmungen als Arbeitszeit zu werten seien. Demgemäß seien dafür auch Mehrarbeits-, Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge sowie Schichtzulagen zu bezahlen. Für die Zeit vom bis zum belaufe sich der Nachzahlungsanspruch im Falle des Klägers zu 1. auf 1.703,92 DM, im Falle des Klägers zu 2. auf 1.633,98 DM. Die Beklagte habe zudem die gezahlten Übernachtungsgelder für die Zeit vom bis zu Unrecht mit der Vergütung für die betriebsbedingten Arbeitsunterbrechungen verrechnet. Diese Beträge habe sie daher nachzuzahlen, also im Falle des Klägers zu 1. 1.050,00 DM, im Falle des Klägers zu 2. 980,00 DM. Die tarifliche Ausschlussfrist sei von ihnen jeweils durch das Schreiben vom gewahrt worden. Denn die Beklagte habe erst rückwirkend die Zeiträume als betriebsbedingte Arbeitsunterbrechung gewertet.
Die Kläger haben beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1. 2.753,92 DM und an den Kläger zu 2. 2.613,98 DM nebst Zinsen hieraus jeweils in Höhe von 5 %-Punkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die von den Klägern geltend gemachten Forderungen seien bereits der Höhe nach nicht nachvollziehbar. Im Übrigen habe sie - die Beklagte - korrekt abgerechnet. Es habe sich herausgestellt, dass die Zeiten zwischen Arbeitsende am Abend und Beginn des Dienstes am nächsten Morgen an auswärtigen Bahnhöfen Zeiten betriebsbedingter Arbeitsunterbrechung seien. Dies ergebe sich auch aus der Betriebsvereinbarung vom . Daher stünden den Klägern keine Übernachtungsgelder zu. Übernachtungsgelder und Vergütung für Arbeitsunterbrechung schlössen sich gegenseitig aus. Dies folge auch aus dem Protokoll des Betriebsrats vom . Zuschläge oder Zulagen habe sie für diese Zeiten jedoch nicht zu vergüten. Diese könnten nur bei tatsächlich geleisteter Arbeit anfallen. Sie seien nicht zu zahlen, wenn gar keine Arbeitsleistung gefordert werde. Im Übrigen seien die von den Klägern verfolgten Ansprüche nach der tariflichen Ausschlussfrist verfallen. Dass sie rückwirkend Zahlungen anders deklariert habe, besage nichts. Wenn die Kläger meinten, dass ihnen sowohl Übernachtungsgeld als auch eine Bezahlung der Unterbrechungszeiträume zustehe, hätten sie dies fristgerecht geltend machen müssen. Nicht einmal die Schreiben vom erfüllten die Anforderungen an eine ausreichende Geltendmachung.
Das Arbeitsgericht hat nach Verbindung der vormals selbständig geführten Rechtsstreite und Einholung von Tarifauskünften der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten unter deren Zurückweisung im Übrigen die Klage des Klägers zu 1. hinsichtlich des 563,85 Euro (gemeint aber 536,85 Euro), die des Klägers zu 2. hinsichtlich des 501,06 Euro - nebst der jeweils darauf entfallenden Zinsen - übersteigenden Betrages abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision eingelegt. Die Kläger verfolgen ihre Klagen weiter, die Beklagte erstrebt die Abweisung der Klagen vollen Umfangs. Außerdem beantragen die Parteien jeweils die Zurückweisung der gegnerischen Revision.
Gründe
Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.
I. Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landesarbeitsgericht die Klage auf - weitere - Vergütung betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen, resultierend aus Zuschlägen und Schichtzulage, abgewiesen. Hingegen hat die Revision der Beklagten zum Teil Erfolg. Der Kläger zu 1. hat lediglich Anspruch auf Zahlung von 304,21 Euro, der Kläger zu 2. auf Zahlung von 322,11 Euro aus der von der Beklagten zugunsten der Kläger errechneten, aber nicht vollständig gezahlten Grundvergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen.
1. Die Kläger haben weder Anspruch nach § 7 Abs. 10 MTV auf die von ihnen geforderten Zuschläge für Mehr-, Nacht- sowie Sonn- und Feiertagsarbeit noch auf die Schichtzulage für Zeiten betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen in der Zeit vom bis in Höhe von 871,19 Euro (1.703,92 DM) - Kläger zu 1. - und 835,43 Euro (1.633,98 DM) - Kläger zu 2. -.
a) Die Arbeitsverhältnisse der Parteien bestimmen sich streitlos nach den Haustarifverträgen der Beklagten, insbesondere dem MTV und dem TV ERA.
b) Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Zeiten zwischen dem Ende des Fahrdienstes am Abend auf einem auswärtigen Bahnhof und dem dortigen Wiederantritt des Dienstes am nächsten Morgen im streitigen Anspruchszeitraum den Tatbestand der "betriebsbedingten Arbeitsunterbrechung" iSv. § 7 Abs. 10 MTV erfüllen. Die Kläger begründen damit ihre Vergütungsansprüche. Die damit übereinstimmende Rechtsauffassung der Beklagten findet ihren Niederschlag insbesondere in dem Anhang zur Betriebsvereinbarung vom und dem "Protokoll des Monatsgesprächs vom " unter Ziff. 3. Auch in der Revision betont die Beklagte, nach den Dienstplänen für den Anspruchszeitraum habe jeweils eine "Arbeitsunterbrechung" innerhalb eines Nachtdienstes vorgelegen. Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, dass den Klägern dem Grunde nach ein Anspruch auf Vergütung nach § 7 Abs. 10 MTV für die betriebsbedingten Unterbrechungszeiten im streitigen Anspruchszeitraum zusteht.
c) Der Höhe nach richtet sich der Vergütungsanspruch nach § 7 Abs. 10 MTV auf die Grundvergütung des Arbeitnehmers, beinhaltet also weder die Zahlung der in § 9 Abs. 1 bis 4 MTV geregelten Zuschläge für Mehr-, Nacht- sowie Sonn- und Feiertagsarbeit noch die der Schichtzulage nach § 3 TV ERA. Dies ergibt die Auslegung des MTV.
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (ständige Rechtsprechung des Senats, zB - 4 AZR 269/00 - BAGE 89, 35 = AP BAT § 23b Nr. 4 mwN; - 4 AZR 433/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Verkehrsgewerbe Nr. 10, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
bb) Bereits aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 10 MTV folgt das vom Landesarbeitsgericht zutreffend für richtig gehaltene Auslegungsergebnis, dass der dort geregelte Vergütungsanspruch auf die Grundvergütung des Arbeitnehmers gerichtet ist. Dieses Auslegungsergebnis wird zudem eindeutig bestätigt durch den tariflichen Gesamtzusammenhang.
(1) Für "betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen" haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, dass diese - nach deren Dauer in unterschiedlichem Maße - "als Arbeitszeit gewertet und vergütet" werden. Zum einen folgt daraus, dass die Tarifvertragsparteien die Zeiten betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen nicht als geleistete Arbeit verstehen. Denn sie haben bestimmt, dass diese Zeiten "als Arbeitszeit gewertet" werden. Diese Wertung wäre entbehrlich, wenn die Zeiten betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen aus der Sicht der Tarifvertragsparteien ohnehin Arbeitszeit wären. Zum anderen bedeuten die Wertung der betriebsbedingten Arbeitsunterbrechungen als Arbeitszeit und die Bestimmung, dass diese als solche vergütet wird, mangels ausdrücklicher anderweitiger Regelung des MTV die Vergütung dieser tätigkeitsfreien Zeit als Normalarbeitszeit mit der dafür geschuldeten Grundvergütung (§ 12 MTV iVm. §§ 2, 3 TV ERA). Für einen davon abweichenden Willen enthält § 7 Abs. 10 MTV keinen Anhaltspunkt. Es wäre ohne Schwierigkeiten möglich gewesen, einen solchen abweichenden Willen iSd. Tarifauslegung der Kläger - Vergütung der Zeiten betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen mit Zuschlägen und Zulagen - zum Ausdruck zu bringen. Entweder hätten die Tarifvertragsparteien zB in einem weiteren Satz des § 7 Abs. 10 MTV bestimmen können, dass die Vergütung iSd. Tarifnorm auch Zuschläge und Zulagen einschließt, wenn deren tariflich geregelte Voraussetzungen vorliegen. Es hätte auch ausgereicht, bei dem Tarifbegriff "vergütet" durch einen Klammerzusatz auf die Zuschlags- und Zulagenregelungen (§ 9 Abs. 1 bis 4 MTV, § 3 TV ERA) zu verweisen.
(2) Der tarifliche Gesamtzusammenhang stützt diese Auslegung des § 7 Abs. 10 MTV. Den Begriff der "Mehrarbeit (Überstunden)" bestimmt § 9 Abs. 2 MTV dahin, dass darunter die Stunden zu verstehen seien, die über die regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit iSv. § 7 Abs. 1 MTV "geleistet werden". Dem entsprechen die Begriffsbestimmungen der Nachtarbeit in § 9 Abs. 3 MTV sowie die der Sonn- und Feiertagsarbeit in § 9 Abs. 4 MTV, wo für die Zuschlagspflicht jeweils darauf abgestellt wird, dass die Arbeit während der vorausgesetzten zeitlichen Lage "geleistet" worden ist. Die ausdrückliche Wertung der betriebsbedingten Arbeitsunterbrechungen als "geleistete Arbeit" iSd. vorgenannten Zuschlagsregelungen haben die Tarifvertragsparteien in diesen Bestimmungen oder generell in § 9 MTV zB als zusätzlicher Abs. 5 nicht vorgesehen. Dies bestätigt, dass § 7 Abs. 10 MTV nicht die Wertung betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen als "Arbeitszeit" zum Inhalt hat, für die zusätzlich zur Grundvergütung Zuschläge oder Zulagen zu leisten sein könnten. Tätigkeitsfreie Arbeitsunterbrechungen sind auch keine "Dienst"-Stunden iSd. Zusatzes zu § 3 TV ERA.
d) Auf die Frage des Verfalls des Anspruchs aus § 7 Abs. 10 MTV, soweit die Kläger darauf gestützt über die Grundvergütung hinausgehende Zahlung verlangen, kommt es daher nicht an.
2. Soweit die Kläger die Beklagte auf Zahlung von Vergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen in Höhe der von ihr verrechneten Beträge wegen angeblich ihnen zu Unrecht gewährter Übernachtungsgelder nach § 4 Abs. 5 TV ERA in Anspruch nehmen, hat die Revision der Beklagten zum Teil Erfolg. Insoweit steht dem Kläger zu 1. lediglich ein Anspruch auf Zahlung von 304,21 Euro (595,00 DM), dem Kläger zu 2. lediglich ein solcher auf Zahlung von 322,11 Euro (630,00 DM) zu.
a) Bei diesen Ansprüchen handelt es sich nicht um diejenigen auf das tarifliche Übernachtungsgeld gem. § 4 Abs. 5 TV ERA, denn die Kläger haben die Übernachtungsgelder für die Zeit vom bis zum von der Beklagten erhalten. Vielmehr geht es auch hier um den Anspruch nach § 7 Abs. 10 MTV auf Arbeitsvergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen, allerdings in Höhe der Grundvergütung. Denn die Beklagte hat von der von ihr im Februar 2001 zugunsten der Kläger errechneten Grundvergütung nach § 7 Abs. 10 MTV für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen in der Zeit vom bis die den Klägern gezahlten Übernachtungsgelder für die Zeit vom bis "in Abzug" gebracht, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat. Dabei handelt es sich um eine Aufrechnung iSd. §§ 387 ff. BGB. Die Wirksamkeit dieser Aufrechnung ist zwischen den Parteien streitig. Denn die Kläger stellen in Abrede, dass der Beklagten die von ihr zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche zustanden. Gegenstand ihrer Zahlungsklage sind somit die bei Unwirksamkeit der Aufrechnung nicht vollständig erfüllten Ansprüche der Kläger auf Vergütung betriebsbedingter Arbeitsunterbrechungen nach § 7 Abs. 10 MTV in Höhe der Grundvergütung.
b) Diese Ansprüche der Kläger sind für die Zeit vom 1. Mai bis wegen Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist nach § 21 Abs. 1 Satz 1 MTV erloschen. Danach verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Gemäß § 12 Abs. 6 MTV werden das Monatsentgelt und die in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile am Monatsletzten, die anderen Entgeltbestandteile jeweils mit der Entgeltzahlung des darauffolgenden Monats ausgezahlt. Danach war der Anspruch auf Arbeitsvergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen im August 2000 am fällig, so dass er zur Meidung seines Verfalls von den Klägern jeweils bis zum schriftlich hätte geltend gemacht werden müssen. Diese Frist haben die Kläger versäumt. Denn die erstmalige schriftliche Geltendmachung durch die Kläger ist mit ihren per Telefax der Beklagten übermittelten Schreiben am - Kläger zu 1. - bzw. am - Kläger zu 2. - erfolgt. Damit sind die Ansprüche der Kläger auf Vergütung der betriebsbedingten Unterbrechungszeiten für die Zeit bis zum erloschen. Daran kann auch der Anhang zur "Betriebsvereinbarung Dienstplan" vom nichts ändern, denn die darin von der Beklagten erklärte "Gutschriftzusage" bezieht sich lediglich auf den Teil der Grundvergütung, der nach der "Gegenrechnung" des Übernachtungsgeldes verbleibt. Für die Ansprüche der Kläger bis zum kommt es somit nicht darauf an, ob der Beklagten ein aufrechenbarer Gegenanspruch zustand.
c) Für die Zeit ab sind die Ansprüche form- und fristgerecht durch die Schreiben vom 29. bzw. geltend gemacht worden, auch wenn die Kläger darin die Verrechnung der "bezahlten Übernachtungszulage" beanstandet haben, ohne die Höhe der nach ihrer Auffassung zu Unrecht verrechneten Ansprüche anzugeben. Zwar gehört zu einer ordnungsgemäßen Geltendmachung eines Anspruchs nach einer tarifvertraglichen Ausschlussklausel regelmäßig seine wenigstens annähernde Bezifferung der Höhe nach (zB - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 55 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 25). Im Streitfall war dies indes entbehrlich. Denn nach dem Gesamtzusammenhang der Tatumstände bezogen sich die Geltendmachungsschreiben der Kläger vom 29. bzw. jeweils auf die von der Beklagten unter dem getroffene Feststellung der Ansprüche der Kläger auf Vergütung für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen, in der die von der Beklagten ausbezahlten und von ihr verrechneten Übernachtungszulagen für den streitigen Anspruchszeitraum exakt beziffert - im Falle des Klägers zu 1. auf 1.050,00 DM, in dem des Klägers zu 2. auf 980,00 DM - sind. Die Beklagte war daher auch ohne Benennung der Höhe der von den Klägern angegriffenen Verrechnung angeblich überzahlter Übernachtungsgelder genau darüber im Bilde, auf welche Beträge die Kläger insoweit Anspruch erhoben. Das ist ausreichend für eine ordnungsgemäße Geltendmachung (zB - aaO; - 8 AZR 652/02 - AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 28). Damit ist die tarifliche Ausschlussfrist des § 21 Abs. 1 MTV bezüglich der Ansprüche der Kläger für die Zeit vom bis gewahrt.
d) Die Ansprüche der Kläger auf die Grundvergütung nach § 7 Abs. 10 MTV für diesen Zeitraum sind nicht durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit Ansprüchen auf Rückzahlung der Übernachtungsgelder erloschen. Denn deren Zahlung an die Kläger ist nicht ohne rechtlichen Grund iSv. § 812 BGB erfolgt. Vielmehr standen den Klägern die ihnen von der Beklagten gezahlten Übernachtungsgelder nach § 4 Abs. 5 TV ERA zu. Dies ergibt deren Wortlaut eindeutig.
aa) Nach der vorgenannten Tarifnorm wird dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin für die dienstplanmäßige auswärtige Übernachtung ein Übernachtungsgeld in Höhe von 35,00 DM gewährt. Der Anspruch auf das Übernachtungsgeld setzt allein voraus, dass der Arbeitnehmer dienstplanmäßig auswärts übernachtet. Dies ist bei den Klägern in der Zeit vom bis in den ihrer Zahl nach unstreitigen Fällen geschehen. Die Kläger haben, wie das Landesarbeitsgericht für den Senat bindend, weil nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen (§ 559 Abs. 2 ZPO), festgestellt hat, in diesen Fällen an einem auswärtigen Bahnhof in einer von der Beklagten unentgeltlich zur Verfügung gestellten Unterkunft übernachtet. Da die Kläger dienstplanmäßig eingesetzt sind, sie ihre Fahrt abends jeweils dienstplanmäßig beendet und am nächsten Morgen jeweils dienstplanmäßig wieder aufgenommen haben, ihnen weiter auf der Grundlage des jeweiligen Dienstplanes eine Übernachtungsmöglichkeit geboten wurde, ist die Anforderung der dienstplanmäßigen - auswärtigen - Übernachtung jeweils erfüllt. Ob die jeweiligen Übernachtungen während einer betriebsbedingten Arbeitsunterbrechung oder einer Ruhezeit erfolgt sind, spielt für den Anspruch nach § 4 Abs. 5 TV ERA tatbestandlich keine Rolle. Geteilte Schichten, bei denen der Anspruch auf das Übernachtungsgeld nach Auffassung der Beklagten ebenfalls ausgeschlossen sein soll, sieht ihr MTV nicht vor.
bb) Soweit die Beklagte meint, aus dem Anhang zur Betriebsvereinbarung vom sowie dem Protokoll vom etwas anderes herleiten zu können, ist dies rechtsirrig, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht feststellt. Das Protokoll vom befasst sich schon nicht mit dem Übernachtungsgeld. Der Anhang zur Betriebsvereinbarung ist gem. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Danach können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Hier bestand wegen § 4 Abs. 5 TV ERA für die Betriebsparteien eine Regelungssperre.
cc) Die Verfahrensrüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe ihre Beweisantritte zum Inhalt der vorgelegten Dienstpläne für den streitigen Anspruchszeitraum fehlerhaft übergangen, ist unbegründet. Die von den Parteien vorgelegten Dienstpläne sind aus sich heraus nicht verständlich. Sie hätten der inhaltlichen Erläuterung durch die Beklagte bedurft. Beweisanträge zu unsubstantiiertem Vorbringen sind unerheblich. Die Nichterhebung der von der Beklagten diesbezüglich angebotenen Beweise durch das Landesarbeitsgericht war damit nicht verfahrensfehlerhaft.
e) Die Sache bedarf nicht der Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Denn dessen Feststellungen ermöglichen die Entscheidung der Sache durch den Senat. Nach den vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen als sachlich richtig festgestellten Aufstellungen der Beklagten vom hat der Kläger zu 1. das tarifliche Übernachtungsgeld, dessen Verrechnung er als unwirksam beanstandet, in der Zeit vom bis zum für 17 Übernachtungen, der Kläger zu 2. in derselben Zeit für 18 Übernachtungen erhalten. In dieser Zeit hat die Beklagte zu Unrecht die Grundvergütung der Kläger für betriebsbedingte Arbeitsunterbrechungen um jeweils 35,00 DM gekürzt. Der Kläger zu 1. hat daher noch Anspruch auf Zahlung von 304,21 Euro (595,00 DM), der Kläger zu 2. auf 322,11 Euro (630,00 DM).
3. Ihre Verurteilung zur Verzinsung der den Klägern zustehenden Beträge greift die Beklagte mit ihrer Revision nicht an.
II. Die Kosten des Rechtsstreits sind von den Parteien anteilig im Verhältnis ihres Unterliegens zu tragen. Danach sind den Klägern jeweils 7/18, der Beklagten 2/9 der Kosten aufzuerlegen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
YAAAB-94197
1Für die Amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein