Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BAT § 24; Runderlass des Kultusministeriums des Landes NordrheinWestfalen vom (Erfüllererlass) Ziff. 10.2; BBesG § 46
Instanzenzug: ArbG Düsseldorf 1 Ca 10159/03 vom LAG Düsseldorf 10 Sa 696/04 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung des Klägers für den Zeitraum, in dem er kommissarisch die Aufgaben eines stellvertretenden Schulleiters wahrgenommen hat.
Der Kläger war bei dem beklagten Land seit dem als angestellter Lehrer an der Gesamtschule D beschäftigt. In dem zugrunde liegenden Arbeitsvertrag vom 2. Juli/ ist ua. bestimmt:
"§ 1
...
Er wird ab nach Ziffer 6.2 i.V.m. Ziff. 2.2 des Runderlasses des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom (BASS 21-21 Nr. 52) in der jeweils gültigen Fassung auf unbestimmte Zeit als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis unter Einreihung in die Vergütungsgruppe III BAT eingestellt.
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen."
Der Kläger wurde ab zur Realschule N versetzt. Mit Schreiben vom wurde der Kläger mit der kommissarischen Wahrnehmung der Aufgabe des stellvertretenden Schulleiters beauftragt, die er vom bis zum wahrnahm; ihm wurden dafür sechs Entlastungsstunden gewährt. Mit Schreiben vom beantragte der Kläger für die Zeit vom bis zum die persönliche Zulage gemäß § 24 BAT, was von dem beklagten Land mit Schreiben vom abgelehnt wurde.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für seine Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen der VergGr. III und der VergGr. Ib zuzüglich Amtszulage in Höhe von insgesamt 10.217,50 Euro zu.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 10.217,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Meinung vertreten, dass § 24 BAT auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar sei. Der Kläger falle als Lehrkraft nicht unter die Anlage 1a zum BAT. Somit finden § 24 BAT ebenso wie § 22 BAT keine Anwendung. Auch nach Ziff. 10.2 des Erfüllererlasses stehe ihm die höhere Vergütung nicht zu. Ein beamteter stellvertretender Schulleiter, der in dieser Funktion vorübergehend eingesetzt sei, erhalte nach § 46 BBesG erst nach 18monatiger entsprechender Tätigkeit eine Zulage.
Das Arbeitsgericht hat der Klage für den Zeitraum von März 2003 bis einschließlich Juni 2003 in Höhe von 4.087,00 Euro stattgegeben und sie im Übrigen wegen Nichteinhaltung der Verfallfrist abgewiesen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision beantragt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht die begehrte höhere Vergütung weder nach § 24 BAT noch nach Ziff. 10.2 des Runderlasses des Kultusministeriums vom "Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs mit den fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis" (Erfüllererlass) zu.
I. § 24 BAT, nach dem einem Angestellten bei vorübergehender Übertragung einer höher wertigen Tätigkeit eine persönliche Zulage zusteht, kommt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers nicht in Betracht.
Zwar ist in § 2 des Arbeitsvertrages vom 2. Juli/ die Anwendbarkeit des BAT vereinbart worden. Nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen, auf die damit auch verwiesen ist, gilt die Anlage 1a aber nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte - auch wenn sie nicht unter die SR 2l I fallen - beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist. Der Kläger ist Lehrkraft im Sinne der tariflichen Definition in der Protokollnotiz zu Nr. 1 SR 2l I BAT, weil seiner Tätigkeit die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes das Gepräge gibt. Damit ist auch die Anwendbarkeit der Eingruppierungsbestimmungen in §§ 22 bis 24 BAT ausgeschlossen. Die Anwendung des § 22 BAT setzt voraus, dass die Tätigkeit des Angestellten überhaupt von der Vergütungsordnung des BAT erfasst ist. §§ 23 bis 24 BAT sind darauf aufbauende Regelungen, die teilweise ausdrücklich auf § 22 BAT Bezug nehmen. Aus dieser Systematik der Eingruppierungsregelungen folgt, dass auch § 24 BAT keine Anwendung findet, wenn für die Eingruppierung des Angestellten die Anlagen 1a und 1b als Vergütungsordnungen zum BAT nicht in Betracht kommen (vgl. -AP BAT § 23a Nr. 26 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 8, zu § 23a BAT; - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23, zu § 22 BAT; - 8 AZR 281/00 - AP BAT-O § 24 Nr. 5 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 81, zu § 24 BAT-O). Das verkennt der Kläger, wenn er mit der Revision geltend macht, die Anwendbarkeit des § 24 BAT sei nach der Rechtsprechung nur dann ausgeschlossen, wenn es für die Eingruppierung auf die fiktive Einstufung entsprechender Beamter ankomme, was vorliegend nicht der Fall sei. Die Nichtanwendbarkeit des § 24 BAT folgt schon daraus, dass die Vergütungsordnungen des BAT nicht gelten.
II. Dem Kläger steht die begehrte höhere Vergütung auch nicht nach Ziff. 10.2 Erfüllererlass zu.
1. Nach dem Arbeitsvertrag richtet sich die Verggütung des Klägers nach dem Erfüllererlass. In § 1 des Arbeitsvertrages ist bestimmt, dass der Kläger ab dem als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit eingestellt wird. Durch die zusätzliche Formulierung "nach Ziffer 6.2 i.V.m. Ziff. 2.2 des Runderlasses des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom (BASS 21-21 Nr. 52) in der jeweils gültigen Fassung ... unter Einreihung in Vergütungsgruppe III BAT" wird hinreichend deutlich, dass sich die Vergütung des Klägers nach dem Erfüllererlass in seiner jeweiligen Fassung richten soll. Davon gehen auch die Parteien und das Landesarbeitsgericht übereinstimmend aus.
2. In Ziff. 1 bis 8 Erfüllererlass sind Tätigkeitsmerkmale für Lehrkräfte in den verschiedenen Schultypen (Grundschulen, Realschulen, Gymnasien ua.) ausgewiesen. Ziff. 9 enthält Zulagenregelungen für bestimmte Lehrkräfte. Eine ausdrückliche Vergütungsregelung für Schulleiter oder stellvertretende Schulleiter enthält der Erfüllererlass nicht, ebenso wenig wie eine Vergütungsregelung für die vertretungsweise Wahrnehmung dieser oder anderer Funktionen. Die gemeinsamen Bestimmungen in Ziff. 10 des Erfüllererlasses enthalten in Ziff. 10.2 die folgende Auffangregelung:
"Sollen Lehrkräfte in Funktionen verwendet werden, für die in den Fallgruppen 1. bis 8. kein Eingruppierungsmerkmal vorgesehen ist, erfolgt die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe, die nach Nr. 6 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen (Anlage 1a zum BAT) der Besoldungsgruppe vergleichbarer Funktionsstelleninhaberinnen, Funktionsstelleninhaber entspricht. Ist das vergleichbare besoldungsrechtlich bewertete Amt mit einer Amtszulage versehen, wird diese Zulage den Angestellten ebenfalls gewährt.
..."
Auch nach dieser Regelung steht dem Kläger, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, die begehrte Vergütung in Höhe der Differenz zwischen der VergGr. III und der VergGr. Ib zuzüglich Amtszulage nicht zu.
a) Nach Ziff. 10.2 Erfüllererlass richtet sich die Eingruppierung nach der Besoldungsgruppe vergleichbarer Funktionsstelleninhaber/innen. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass durch diese Regelung die angestellten Lehrer in Funktionen, für die in Ziff. 1 bis 8 kein Eingruppierungsmerkmal vorgesehen ist, beamteten Funktionsstelleninhabern gleichgestellt werden sollen. Dies bedeutet entgegen der Auffassung des Klägers aber nicht, dass auch bei nur vorübergehender Übertragung eine Eingruppierung allein nach der übernommenen Aufgabe unabhängig von besoldungsrechtlichen Vorschriften ab Beginn der betreffenden Tätigkeit erfolgt. Das ergibt die Auslegung von Ziff. 10.2 Erfüllererlass (vgl. - EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 127).
aa) Der Erfüllererlass ist nach den Regeln des Verwaltungsrechts auszulegen, unabhängig davon, dass die Anwendbarkeit des Erlasses auf Grund einer nach den Regeln des bürgerlichen Rechts auszulegenden arbeitsvertraglichen Bezugnahme begründet ist. Danach ist - entsprechend dem Grundsatz des § 133 BGB - der wirkliche Wille des Hoheitsträgers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks einer Willenserklärung zu haften, wobei aber nur der Wille berücksichtigt werden kann, der in den im Zusammenhang mit dem Erlass stehenden Schriftstücken seinen Niederschlag gefunden hat. Hierbei ist insbesondere die systematische und teleologische Interpretation von Bedeutung. Dem gemäß ist auch der Gesamtzusammenhang der Regelung der einzelnen Erlasse des Kultusministers ein wichtiges Auslegungskriterium (zB - ZTR 2001, 226, zu II B 2 a cc der Gründe; - 4 AZR 524/93 - BAGE 77, 23, 39, jeweils mwN).
bb) Schon der Wortlaut der Ziff. 10.2 Erfüllererlass spricht dafür, dass sich die Vergütung der angestellten Lehrer nach den beamtenrechtlichen Besoldungsvorschriften richten soll. Die Eingruppierung soll in "die" Vergütungsgruppe erfolgen, die nach Nr. 6 der Vorbemerkung zu allen Vergütungsgruppen "der Besoldungsgruppe vergleichbarer Funktionsstelleninhaberinnen, Funktionsstelleninhaber entspricht". Ein vergleichbarer Funktionsstelleninhaber/in ist nur dann in die entsprechende Besoldungsgruppe eingestuft, wenn die besoldungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Notwendigkeit der Erfüllung der beamtenrechtlichen Voraussetzungen ergibt sich auch aus der Systematik des Erfüllererlasses, dem Sinn und Zweck dieser Regelung und dem Gesamtzusammenhang der Regelungen zur Eingruppierung von Lehrkräften im Angestelltenverhältnis. Der Erfüllererlass erfasst diejenigen Lehrkräfte, welche die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen, und beabsichtigt, im Beamten- und Angestelltenverhältnis gleichwertige Lehrkräfte zu beschäftigen und ihnen möglichst gleiche Vergütung für gleichwertige Tätigkeiten zu gewähren (Senat - 4 AZR 394/92 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 171 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 11, zu II c bb der Gründe; - 4 AZR 304/83 - AP BAT §§ 22, 23 Lehrer Nr. 13). Die Regelungen des Erfüllererlasses, auch der Ziff. 10.2 dienen der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrkräften. Um diese vergütungsrechtliche Gleichbehandlung zu gewährleisten, finden nach dem Willen des Erlassgebers die beamtenrechtlichen Vorschriften für die Einstufung in die entsprechende Besoldungsgruppe Anwendung.
Dementsprechend erfüllen Lehrkräfte die Tätigkeitsmerkmale der Ziff. 1 bis 8 Erfüllererlass nur, wenn sie die Funktion auf Dauer übertragen bekommen haben (vgl. §§ 19, 46 BBesG). Es gibt keine Grundlage dafür, dass bei der Übertragung von Funktionen, für die Ziff. 1 bis 8 keine Tätigkeitsmerkmale vorsehen und für die Ziff. 10.2 auf die entsprechende Besoldung vergleichbarer Funktionsstelleninhaber/innen verweist, etwas anderes gelten soll.
cc) Danach steht dem Kläger nach Ziff. 10.2 Erfüllererlass die höhere Vergütung entsprechend der Besoldung eines stellvertretenden Schulleiters schon deshalb nicht zu, weil ihm diese Aufgabe nur vorübergehend übertragen worden ist.
b) Der Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus Ziff. 10.2 des Erfüllererlasses iVm. § 46 BBesG.
aa) § 46 BBesG findet auf angestellte Lehrer entsprechende Anwendung (vgl. - AP BAT-O § 24 Nr. 5 = EzBAT BAT §§ 22, 23 M. Lehrer Nr. 81, zu § 2 Nr. 3 Satz 2 Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O). Zwar verweist Ziff. 10.2 Erfüllererlass hinsichtlich der Eingruppierung der angestellten Lehrer nur auf die Besoldungsgruppe vergleichbarer Funktionsstelleninhaber/innen. Ob die angestellte Lehrkraft Anspruch auf Zahlung einer Zulage für die vorübergehende Wahrnehmung eines höher wertigen Amtes hat, ist eine Frage der Eingruppierung; denn § 46 BBesG hat einen entsprechenden Regelungsgehalt wie der zum Abschnitt "Eingruppierung" gehörende § 24 BAT. § 46 BBesG will einem Beamten, dem die Aufgaben des höheren Amtes übertragen werden, nach Ablauf einer Übergangsfrist die Bezahlung aus dem höheren - nicht statusrechtlich übertragenen - Amt unter bestimmten Voraussetzungen verschaffen. Das Ziel des Erfüllererlasses, die vergütungsrechtliche Gleichbehandlung von angestellten und beamteten Lehrkräften, schließt eine Nichtanwendung zu Lasten der angestellten Lehrkräfte aus.
bb) Werden einem Beamten die Aufgaben eines höher wertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen, erhält er nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift wird die Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt seiner Besoldungsgruppe und dem Grundgehalt gewährt, dem das höher wertige Amt zugeordnet ist.
cc) Danach kann dem Kläger die Zulage für die kommissarische Wahrnehmung der Tätigkeit als stellvertretender Schulleiter nicht gewährt werden. Wäre er Beamter, hätte er die Voraussetzungen des § 46 BBesG nicht erfüllt. Er hat die ihm vorübergehend übertragene Aufgabe als stellvertretender Schulleiter nur zehn Monate wahrgenommen und damit die für die Zulage nach § 46 BBesG mindestens erforderlichen 18 Monate nicht zurückgelegt.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DAAAB-94100
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein