BAG Urteil v. - 4 AZR 271/02

Leitsatz

[1] Der Klageantrag, mit dem eine Gewerkschaft gegenüber einem Arbeitgeber dessen Verurteilung - unter Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung - erstrebt, die Anwendung näher bezeichneter untertariflicher Arbeitsbedingungen hinsichtlich ihrer Mitglieder zu unterlassen, bedarf zu seiner hinreichenden Bestimmtheit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO der namentlichen Benennung der Arbeitnehmer, die Mitglied der Klägerin sind.

Gesetze: ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 313 Abs. 1 Nr. 4; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; ArbGG § 73 Abs. 2; ArbGG § 65

Instanzenzug: ArbG Zwickau 3 Ca 2446/00 vom LAG Sachsen 7 Sa 118/01 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten (noch) darüber, ob die Klägerin von der Beklagten verlangen kann, es zu unterlassen, Regelungen aus von ihr mit ihren Mitarbeitern getroffenen Vereinbarungen vom bei den Mitgliedern der Klägerin anzuwenden.

Die Klägerin ist eine im Betrieb der Beklagten vertretene Gewerkschaft. Die Beklagte, die seinerzeit ca. 290 Arbeitnehmer beschäftigte, war bis zum Mitglied des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie e.V. Dieser hat mit der Klägerin ua. folgende Tarifverträge geschlossen, die bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz am unverändert galten:

- den Manteltarifvertrag für die Angestellten der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vom in der Fassung vom

- den Manteltarifvertrag für die Arbeiter in der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vom in der Fassung vom

- das Tarifabkommen über die Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens für die Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vom .

Nach ihrem Verbandsaustritt legte die Beklagte jedem ihrer Arbeitnehmer mit dem Ziel der Kostensenkung eine auf den datierte Vereinbarung vor. Darin war anstelle der in den genannten Manteltarifverträgen geregelten regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Wochenstunden eine Regelarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche sowie die Ersetzung der tariflichen Ansprüche auf Urlaubsgeld und 13. Monatseinkommen durch ein ergebnisabhängiges 13. Monatseinkommen vorgesehen. "Als Gegenleistung" dafür beinhaltet die Vereinbarung für die Arbeitnehmer der Beklagten eine Arbeitsplatzgarantie - in Form des verbindlichen Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen - am bisherigen Standort bis zum . Das Vertragsangebot stand unter dem Vorbehalt der Annahme durch mindestens 80 % der Arbeitnehmer der Beklagten. Diese Annahmequote wurde erreicht.

Mit ihrer am erhobenen Klage erstrebt die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten, die Anwendung der Vereinbarung vom in den Arbeitsverträgen ihrer Mitarbeiter, insbesondere hinsichtlich der wöchentlichen Arbeitszeit sowie des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes, zu unterlassen. Am schloß die Beklagte mit der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) einen Haustarifvertrag, der ein 14. Monatsgehalt vorsieht und dessen Regelungen ansonsten nahezu identisch mit dem Inhalt der Vereinbarung vom sind.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe im Betrieb der Beklagten 199 Mitglieder. Sie müsse deren Namen in der Klage nicht aufführen, die Klage sei auch ohne die Nennung der Namen ihrer Mitglieder hinreichend bestimmt. Sie habe gegenüber der Beklagten einen Anspruch darauf, die Anwendung der in der Vereinbarung vom enthaltenen Regelungen durch die Beklagte generell, zumindest aber hinsichtlich ihrer - der Klägerin - Mitglieder zu unterlassen. Die Vereinbarung sei wegen Verstoßes gegen das Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG) unwirksam. Trotz des Austritts der Beklagten aus dem Verband der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie e.V. gälten noch die genannten Tarifverträge für die Arbeitsverhältnisse weiter, weil die Tarifverträge noch nicht beendet seien. An deren Geltung habe auch der Abschluß des Haustarifvertrages der Beklagten mit der CGM vom nichts geändert. Die von der Beklagten gewollte Tarifpluralität führe nicht zur Verdrängung der mit ihr - der Klägerin - abgeschlossenen Verbandstarifverträge. Zudem sei der Haustarifvertrag wegen gewichtiger formeller und inhaltlicher Mängel und auch deshalb nichtig, weil die CGM die Anforderungen der Gewerkschaftseigenschaft nicht erfülle.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt:

1. Der Beklagten wird aufgegeben, es zu unterlassen, die in den Arbeitsverträgen ihrer Mitarbeiter vom einzelvertraglich vereinbarten Regelungen in der nachstehenden Form anzuwenden:

a) Ziffer 2 Satz 2

"Die Regelarbeitszeit beträgt jedoch rückwirkend zum 40 Stunden pro Woche",

b) Ziffer 3

"Urlaubs- und Weihnachtsgratifikationen/Sonderzuwendungen:

Der Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld entfällt und wird ersetzt durch den Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen in Höhe des durchschnittlichen Monatseinkommens des jeweils laufenden Jahres. Das 13. Monatseinkommen ist ergebnisabhängig und wird jeweils im Januar des Folgejahres gezahlt. Dies bedeutet, daß ein 13. Monatsgehalt dann ausgezahlt wird, wenn das Unternehmen ein Betriebsergebnis von mindestens Null erreicht. Auf Wunsch des Gesellschafters ist die Geschäftsführung beauftragt, im Laufe der für diesen Vertrag geltenden Laufzeit von drei Jahren mit dem Betriebsrat Regelungen zu einer Gewinnbeteiligung zu finden, die sowohl den Interessen der Mitarbeiter als auch den Interessen des Gesellschafters dienen. Alle am gelltenden arbeitsvertraglichen Regelungen werden unverändert übernommen und fortgeführt, soweit sie nicht dieser Vereinbarung widersprechen.";

c) Ziffer 4

"Entgegenstehende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen:

Soweit Tarifverträge und/oder Betriebsvereinbarungen den vorstehenden Regelungen entgegenstehen, werden sie zwischen den Parteien nicht mehr angewandt".

2. Der Beklagten wird weiter aufgegeben, es zu unterlassen, die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer nach dem auf mehr als 38 Stunden zu verändern.

3. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die beantragten Verpflichtungen zu Ziff. 1. und 2. ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Ordnungsgeld angedroht.

4. Für den Fall, daß diesen Anträgen nicht stattgegeben wird, werden die Anträge nach der Maßgabe gestellt, daß sie sich auf die Arbeitnehmer beziehen, die in der IG Metall Mitglied sind.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ihre Rüge der unzulässigen Verfahrensart hat die Beklagte bereits im ersten Rechtszug nicht aufrechterhalten. Sie hat - soweit für die Revision von Bedeutung - geltend gemacht, die Klage sei schon mangels Bestimmtheit des Unterlassungsantrages unzulässig. Unklar sei zum einen, was von ihr mit dem Antrag, die vereinbarten Arbeitsbedingungen vom "nicht anzuwenden", verlangt werde. Zudem sei der Antrag auch deshalb nicht hinreichend bestimmt, weil die Klägerin die Arbeitnehmer, die angeblich bei ihr organisiert seien, nicht namentlich benannt habe. Dies gelte vor allem deswegen, weil sie darin frei sei, mit nicht organisierten oder solchen Arbeitnehmern, die einer anderen Gewerkschaft angehörten, jederzeit vom Verbandstarifvertrag abweichende Arbeitsverträge zu schließen. Jedenfalls sei die Klage unbegründet. Die Arbeitsplatzgarantie bei geringerer Vergütung sei günstiger als die Beibehaltung der bisherigen Vergütung mit dem Risiko des Verlustes des Arbeitsplatzes. Davon abgesehen habe der Haustarifvertrag nach dem Spezialitätsprinzip die Verbandstarifverträge verdrängt. Dieser leide weder an formellen noch an inhaltlichen Mängeln. Die CGM erfülle auch die Anforderungen der Gewerkschaftseigenschaft. Insbesondere verfüge sie über eine ausreichende Mächtigkeit, was sich darin zeige, daß die CGM in den Tarifverhandlungen mit ihr - der Beklagten - ein 14. Monatsgehalt durchgesetzt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im übrigen hat das Landesarbeitsgericht der Klage nur hinsichtlich des Hilfsantrages Ziff. 4 in Verbindung mit den Anträgen Ziff. 1 und 3 stattgegeben und die "Zwangsgeld"androhung dahin präzisiert, daß der Beklagten für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht je Arbeitnehmer ein "Zwangsgeld" in Höhe von 1.000,00 DM angedroht wird. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision ist begründet. Die unter Androhung von Ordnungsgeld auf Unterlassung gerichtete Klage ist, soweit ihr das Landesarbeitsgericht stattgegeben hat, unzulässig.

I. Die Zulässigkeit der Verfahrensart ist nach § 73 Abs. 2, § 65 ArbGG nicht zu prüfen. Diese Prüfung wäre nur dann ausnahmsweise erforderlich, wenn das Arbeitsgericht darüber trotz ausdrücklicher Rüge nicht vorab durch Beschluß, sondern in der Entscheidung zur Hauptsache mitentschieden hätte ( - BAGE 91, 210, 218 = AP GG Art. 9 Nr. 89 = EzA GG Art. 9 Nr. 65 mwN). Dies ist nicht der Fall. Die Beklagte hat im ersten Rechtszug ausdrücklich erklärt, daß die Rüge der unzulässigen Verfahrensart nicht weiter aufrechterhalten bleibe.

II. Das Berufungsurteil kann jedoch, soweit es der Klage stattgegeben hat, keinen Bestand haben, denn die Klageanträge Ziff. 4 - Hilfsantrag - in Verbindung mit dem Antrag Ziff. 1 und demjenigen der Ziff. 3, soweit er auf den der Ziff. 1 rückbezogen ist, und damit auch der entsprechende Urteilsausspruch genügen nicht den Bestimmheitsanforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.

1. Der in die Revision gelangte Hilfsantrag ist nicht darauf gerichtet, die Anwendung der Vereinbarung vom gegenüber allen Arbeitnehmern der Beklagten zu unterlassen, sondern nur gegenüber solchen, die Mitglieder der Klägerin sind. Mit dem Klageantrag Ziff. 4 erstrebt sie nur (noch) die Verurteilung der Beklagten, es bezüglich des vorstehend genannten Personenkreises zu unterlassen, die einzelvertraglich vereinbarten Regelungen vom hinsichtlich der im Antrag Ziff. 1, Buchst. a bis c beschriebenen Arbeitsbedingungen anzuwenden. Ergänzend dazu erstrebt die Klägerin - Antrag 3 - für den jeden Fall der Zuwiderhandlung durch die Beklagte, dieser ein Ordnungsgeld anzudrohen; dies hat das Landesarbeitsgericht dahin verstanden, daß damit "je Arbeitnehmer" für den Fall der Zuwiderhandlung die Androhung eines Ordnungsgeldes erstrebt werde. Zur hinreichenden Bestimmung dieses Anspruchs bedarf es eines auf die Mitgliedschaft abgestellten Unterlassungsantrags. Er muß die Mitglieder der antragstellenden Gewerkschaft benennen, denen gegenüber die Arbeitgeberin die Anwendung tarifunterschreitender Arbeitsbedingungen zu unterlassen haben soll.

2. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dürfen ein Unterlassungsantrag und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (ständige Rechtsprechung des BGH; zB - I ZR 40/99 - LM ZPO § 253 Nr. 143 mwN).

a) Der Hilfsantrag - Antrag Ziff. 4 in Verbindung mit den Anträgen Ziff. 1 und 3 - ist nicht hinreichend bestimmt. Er enthält nicht die Angabe, hinsichtlich welcher ihrer Mitarbeiter die Beklagte die Anwendung der vertraglichen Einheitsregelung vom bei Meidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen unterlassen soll. Diese Angabe ist zur hinreichenden Bestimmtheit der Hilfsanträge iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich.

aa) Der mit den Hilfsanträgen verfolgte Unterlassungsanspruch betrifft nur die bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder der Klägerin. Dies erfordert zur hinreichenden Bestimmtheit der Klageanträge deren namentliche Benennung (Glaubitz FA 2000, 276, 278). Welche Mitarbeiter der Beklagten Mitglied der Klägerin sind, ist jedoch weder in den Anträgen angegeben noch in der Begründung derselben vorgetragen. Damit ist der Rahmen der gesetzlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) nicht abgegrenzt. Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) sind nicht klar umrissen.

bb) Die Unbestimmtheit des Unterlassungsantrages der Klägerin ist auch deshalb nicht hinnehmbar, weil die Beklagte sich gegen diesen nicht erschöpfend verteidigen kann.

(1) Es ist ein das rechtsstaatliche Verfahren beherrschender Grundsatz, daß der Prozeßgegner die Möglichkeit haben muß, Kenntnis von allen entscheidungserheblichen Tatsachen zu nehmen und die Angaben der darlegungs- und beweisbelasteten Partei selbst nachzuprüfen. Dieses Recht gründet sich auf Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG (zB - BGHZ 131, 90). Der Beklagten wird bei dem gestellten Antrag und dessen Begründung die Möglichkeit abgeschnitten, zB darzutun und ggf. dazu unter Gegenbeweis anzutreten, daß bestimmte Personen überhaupt nicht (mehr) bei ihr beschäftigt sind oder entgegen der Behauptung der Klägerin nicht (mehr) deren Mitglied sind. Gelingt bei solcher Verteidigung der Beklagten der Klägerin hinsichtlich einzelner im Klageantrag benannter Personen der ihr obliegende Beweis nicht, ist die Klage insoweit abzuweisen.

(2) Durch die Unbestimmtheit ihres Klageantrags wälzt die Klägerin unzulässigerweise (vgl. zB - NJW 1999, 954) das Risiko ihres eventuell teilweisen Unterliegens auf die Beklagte ab. Dieser sind die Mitglieder der Klägerin nicht bekannt. Sie hat mehrfach mit Nichtwissen bestritten, daß auch nur einer ihrer Mitarbeiter Mitglied bzw. noch Mitglied der Klägerin sei. Die Beklagte hat auch nicht die Möglichkeit, selbst zu ermitteln, welcher Mitarbeiter Mitglied der Klägerin ist. Denn die Frage des Arbeitgebers nach der Gewerkschaftszugehörigkeit ist nach herrschender Meinung grundsätzlich unzulässig (zB Däubler/Kittner/Klebe BetrVG 8. Aufl. § 94 Rn. 20 mwN). Die Beklagte kann somit nicht differenziert auf das Unterlassungsbegehren der Klägerin reagieren, ihm also nur hinsichtlich der von ihr benannten Mitglieder (oder nur eines Teiles derselben) nachkommen und im übrigen die vertragliche Einheitsregelung vom anwenden. Die Möglichkeit, daß die Beklagte bereit ist, ihr benannte Mitglieder der Klägerin von der Anwendung der vertraglichen Einheitsregelung vom auszunehmen, ist durchaus nicht lediglich theoretischer Natur. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß eine Gewerkschaft, will sie den gewerkschaftlichen Unterlassungsanspruch durchsetzen, ihre Mitglieder im Unterlassungsantrag bzw. zu dessen Konkretisierung und Begründung nur mit deren ausdrücklicher Einwilligung benennen darf, weil die Gewerkschaftszugehörigkeit zu den besonders geschützten sensitiven Daten iSd. BDSG (vgl. § 3 Abs. 9 BDSG) gehört (Däubler/Kittner/Klebe/Berg aaO § 2 Rn. 30). Dies ist auch der eigene in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragene Rechtsstandpunkt der Klägerin. Hinsichtlich im Unterlassungsantrag nicht genannter Gewerkschaftsmitglieder kann die Gewerkschaft keinen Unterlassungsanspruch durchsetzen, selbst wenn man annehmen wollte, alle der betreffenden Gewerkschaft angehörenden Arbeitnehmer würden den Standpunkt der Gewerkschaft teilen. Indessen erscheint eine solche Annahme in einer Situation wie der vorliegenden nicht unbedingt wahrscheinlich. Näherliegend ist, daß gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter der Beklagten mit ihrer namentlichen Benennung in dem gewerkschaftlichen Unterlassungsklageverfahren nicht einverstanden sind, zB weil sie das Sanierungskonzept für richtig oder jedenfalls für akzeptabel halten, weil sie es zumindest nicht durch Ablehnung gefährden wollen oder auch nur, weil sie zu ihrem einmal dazu erklärten Einverständnis stehen. Vermag die Klägerin daher zB lediglich 30 ihr als Mitglieder angehörende Mitarbeiter der Beklagten zu benennen, könnte sich die Beklagte dafür entscheiden, bei diesen die Anwendung der vertraglichen Einheitsregelung vom zu unterlassen, da sie deren Durchführung von dem Einverständnis von mindestens 80 % aller Arbeitnehmer abhängig gemacht hat. Die Beklagte könnte daher den Unterlassungsantrag - mit der Kostenfolge aus § 93 ZPO - anerkennen. Bei der vorprozessualen hinreichenden Bestimmung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin wäre bei dieser Annahme die Erhebung der Klage entbehrlich.

(3) Zwar kann ein erhebliches oder gar überwiegendes rechtliches Interesse es ausnahmsweise rechtfertigen, eine Ausnahme von dem oben unter (1) behandelten Verfahrensgrundsatz zuzulassen (vgl. - BGHZ 131, 90). Vorliegend ist ein solches Interesse der Klägerin an der Geheimhaltung der Namen ihrer bei der Beklagten beschäftigten Mitglieder nicht gegeben. Es läßt sich nicht aus § 3 Abs. 9 BDSG ableiten. Denn für die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs ist die namentliche Benennung der Mitglieder der Klägerin unentbehrlich. Dessen Vollstreckung soll durch die Androhung und Festsetzung eines Ordnungsgeldes von - nach dem angefochtenen Urteil - 1.000,00 DM je Arbeitnehmer gegenüber der Beklagten erfolgen. Dies setzt die namentliche Benennung der Mitglieder der Klägerin spätestens im Zwangsvollstreckungsverfahren voraus (so - BAGE 91, 210, 234 = AP GG Art. 9 Nr. 89 = EzA GG Art. 9 Nr. 65), wovon auch die Klägerin ausgeht. Unterbleibt die namentliche Benennung der Mitglieder im Vollstreckungsverfahren, wird der Vollstreckungsantrag zurückgewiesen. Damit ist den Interessen der Beklagten jedoch nicht ausreichend Rechnung getragen. Diese muß die Möglichkeit haben, es ggf. durch anspruchsgerechtes Verhalten zu vermeiden, überhaupt Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt zu werden, zumal die Ordnungsmittel des § 890 ZPO nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch strafrechtliche Elemente haben ( - BVerfGE 20, 323, 332 = AP GG Art. 2 Nr. 16; - 1 BvR 575/80 - BVerfGE 58, 159; - 1 BvR 1443/87 - BVerfGE 84, 82).

cc) Durch die Unbestimmtheit des Unterlassungsantrages bleibt im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen, gegenüber welchen Mitarbeitern die Unterlassungspflicht der Beklagten besteht, was ihr also - allgemein gesagt - verboten ist. Das ist prozessual unzulässig.

b) Mit dieser Auffassung setzt der Senat sich nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit mittelbarer Beweismittel, zB einer notariellen Erklärung, für den Nachweis des Vertretenseins einer Gewerkschaft im Betrieb als Voraussetzung ihres Zugangsrechts nach § 2 Abs. 2 BetrVG (vgl. - BAGE 70, 85 = AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 2 Nr. 14; - AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4a = EzA BetrVG 1972 § 2 Nr. 14a). Denn dabei geht es nicht um Ansprüche hinsichtlich bestimmter Arbeitnehmer, sondern allein darum, daß die Gewerkschaft überhaupt durch eines ihrer Mitglieder im Betrieb "vertreten" ist. Dieser Anspruch erfordert - anders als der Unterlassungsanspruch im vorliegenden Fall - nicht die namentliche Benennung eines oder mehrerer Gewerkschaftsmitglieder. Dies mag es auch rechtfertigen, die Zulässigkeit mittelbarer Beweise bei diesem speziellen Anspruch anzunehmen. Für den - rechtskräftig abgewiesenen - mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch der Klägerin, die Anwendung der vertraglichen Einheitsregelung vom bei allen Mitarbeitern der Beklagten (einschließlich der nicht bei der Klägerin organisierten) zu unterlassen, erscheint deren namentliche Benennung ebenso entbehrlich. Denn die Beklagte weiß, welche Arbeitnehmer bei ihr beschäftigt sind. Ob für den mit diesem Antrag verfolgten Anspruch einzelne der Klägerin als Mitglied angehörende Arbeitnehmer oder zumindest ein solcher namentlich benannt werden müssen/muß (Rieble ZTR 1999, 483, 486; Löwisch BB 1999, 2080) oder ob diese Benennung erst im Vollstreckungsverfahren ausreichend ist, kann hier dahinstehen.

c) Die Sache bedarf nicht der Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Dem Kläger obliegt es, bei seiner Prozeßführung die zentralen Punkte der Rechtsverteidigung des Gegners zu berücksichtigen (vgl. - LM ZPO § 253 Nr. 143). Dies hat die Klägerin hier versäumt. Denn die Beklagte hat sich erst- wie zweitinstanzlich gegenüber der Klage damit verteidigt, diese sei mangels hinreichender Bestimmtheit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - ua. wegen der unterlassenen namentlichen Benennung von Mitarbeitern, die Mitglied der Klägerin sind - unzulässig. Dies ist nicht nur beiläufig geschehen, sondern war ein zentraler Punkt ihrer Rechtsverteidigung, gerade auch gegenüber dem Hilfsantrag der Klägerin, den diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am in den Rechtsstreit eingeführt hat. Die Rüge der Beklagten, der Hilfsantrag sei "zu unbestimmt", ist vom Arbeitsgericht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen worden. Die Klägerin hatte daher hinreichenden Anlaß und prozessuale Gelegenheit, ihren Antrag entsprechend zu ergänzen.

III. Die Rechtsfrage, ob der Anspruch einer Gewerkschaft auf Unterlassung der Anwendung - nach ihrer Auffassung - tarifwidriger Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber allein im Verhältnis zu ihren Mitgliedern zu seiner hinreichenden Bestimmtheit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die namentliche Benennung der Gewerkschaftsmitglieder im Klageantrag erfordert, bedarf nicht der Vorlage an den Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts. Es sind weder die Voraussetzungen für eine Anrufung des Großen Senats wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 45 Abs. 4 ArbGG) gegeben noch weicht der erkennende Senat in dieser Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats ab (§ 45 Abs. 2, 3 ArbGG). Insbesondere hat die Entscheidung des Ersten Senats vom (- 1 ABR 72/98 - BAGE 91, 210 = AP GG Art. 9 Nr. 89 = EzA GG Art. 9 Nr. 65) zu den bei einer solchen Fallkonstellation nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO an den Klageantrag zu stellenden Anforderungen keine von den vorstehenden Ausführungen abweichende Rechtsauffassung vertreten. Sie hat sich mit der vorgenannten Rechtsfrage weder durch Aufstellung eines Rechtssatzes noch subsumierend befaßt. Die Norm des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist in der Entscheidung auch weder ausdrücklich genannt noch nach ihren Voraussetzungen behandelt. Der den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverweisende Beschluß des Ersten Senats enthält lediglich in der Handlungsanleitung für das Berufungsgericht fallbezogen den Hinweis, im Vollstreckungsverfahren müsse die Gewerkschaft die vertragswidrig einbezogenen Arbeitnehmer benennen. Zu Rechtsfragen des § 253 ZPO ist damit nicht zwingend etwas ausgeführt.

IV. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen (§§ 97, 91 ZPO).

Fundstelle(n):
BB 2003 S. 2355 Nr. 44
DB 2003 S. 2555 Nr. 47
FAAAB-94027

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