Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BetrVG § 102; KSchG § 1; BGB § 613a; UmwG § 324
Instanzenzug: ArbG Düsseldorf 4 Ca 6821/02 vom LAG Düsseldorf 3 (18) Sa 1444/02 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine ordentliche, auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung.
Der mit einem GdB von 50 schwerbehinderte Kläger trat im Jahre 1997 in die Dienste der N H AG (iF: N.-H.). Er war als Sachbearbeiter im Schadensservicebüro D tätig.
Die N.-H. war die Konzernmuttergesellschaft der N.-Gruppe, zu der eine Reihe von Versicherungsgesellschaften gehörten. Im Jahre 2001 kaufte die Z A Management GmbH (iF: Z A) sämtliche Aktien der N.-H. Die Z A ist ein Unternehmen der Z-Gruppe, der auch die Beklagte angehört.
Im Herbst 2001 beschloss der Vorstand der N.-H., alle betrieblichen Aktivitäten einzustellen und ihre sämtlichen Betriebe - einschließlich des Schadensservicebüros D - spätestens bis zum zu schließen.
Darüber hinaus wurde der Entschluss gefasst, die N.-H. auf die jetzige Beklagte als aufnehmende Gesellschaft zu verschmelzen. Die Tochtergesellschaften der N.-H. sollten auf die jeweiligen Spartenversicherungsgesellschaften verschmolzen werden. Der Verschmelzungsvertrag zwischen der N.-H. und der Beklagten wurde am geschlossen. Der Betriebsrat der N.-H. wurde mit Schreiben vom 4. Juli über die Verschmelzungen unterrichtet. Die Eintragung der die N.-H. und die Beklagte betreffenden Verschmelzung ins Handelsregister erfolgte am .
Zuvor hatte die N.-H. mit dem Betriebsrat am einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen. Darin nahm der Betriebsrat ua. die Schließung des Schadensbüros D (Beschäftigungsbetrieb des Klägers) und den damit verbundenen Wegfall sämtlicher Arbeitsplätze zur Kenntnis. Ferner wurde eine Regelung über die Höhe der an die gekündigten Arbeitnehmer zu zahlenden Abfindungen getroffen.
Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, sie beabsichtige das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum wegen Schließung des Schadensservicebüros D zu kündigen. Zu diesem Zeitpunkt lag die am beantragte Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor. Sie wurde erst am erteilt.
Am richtete die Personalabteilung der N H AG ein Anhörungsschreiben
"An den Betriebsrat über den Betriebsratsvorsitzenden im Hause".
Den Empfang quittierte "für den Betriebsrat" durch Unterschrift das Betriebsratsmitglied Frau K nebst Datumsangabe "" in dem hierfür vorgesehenen Feld. In dem Anhörungsschreiben wurde der Betriebsrat darauf hingewiesen, dass die ordentliche Kündigung des Klägers zum wegen der Schließung des Schadensservicebüros D und des damit verbundenen Arbeitsplatzwegfalls beabsichtigt sei. Die "abschließende Stellungnahme" des Betriebsrats wurde wiederum von Frau K am in dem vorgesehenen Feld "für den Betriebsrat" unterzeichnet.
Am ging dem Kläger die von der N.-H. mit Datum vom erklärte Kündigung zum zu.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Es liege ein Betriebsübergang auf die Beklagte vor. Außerdem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Juli zum nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden. Die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil der Arbeitsplatz des Klägers durch Schließung des Beschäftigungsbetriebs ersatzlos entfallen sei. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Frau K sei nach der internen Vertretungsregelung des Betriebsrats im Falle der Abwesenheit seines Vorsitzenden sowie dessen Stellvertreters vertretungsberechtigt für den Betriebsrat. Etwaige Fehler im Verfahren des Betriebsrats gingen nicht zu Lasten des Arbeitgebers.
Das Arbeitsgericht hat die zunächst gegen die N.-H. gerichtete Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren haben die Parteien übereinstimmend erklärt, die Klage richte sich nunmehr gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der N.-H. Dementsprechend wurde das Beklagtenrubrum geändert. In der Sache hat das Landesarbeitsgericht nach dem Klageantrag erkannt.
Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Gründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Kündigung sei nach § 102 BetrVG unwirksam. Ein ordnungsgemäßer Eingang des Anhörungsschreibens vom sei nicht feststellbar gewesen. Grundsätzlich sei zur Entgegennahme von Mitteilungen des Arbeitgebers an den Betriebsrat nur dessen Vorsitzender oder im Falle der Verhinderung der Stellvertreter berechtigt. Das Anhörungsschreiben vom habe jedoch mit Frau K ein Mitglied des Betriebsrats entgegengenommen, von dem nicht ersichtlich sei, dass es hierzu bevollmächtigt gewesen sei. Auch eine Sondersituation - etwa gemeinsame Abwesenheit von Betriebsratsvorsitzendem und Stellvertreter - sei nicht zu erkennen. Frau K sei somit Erklärungsbotin gewesen, so dass der konkrete Zeitpunkt des Zugangs an den Betriebsrat offen geblieben sei. Selbst wenn aber eine Empfangsberechtigung vorgelegen habe, so hätten sich doch dem Arbeitgeber hier Zweifel an der ordnungsgemäßen Beschlussfassung des Betriebsrats aufdrängen müssen, da Zugang des Anhörungsschreibens und schriftliche Stellungnahme am selben Tag erfolgt seien. Auch die zunächst am erfolgte Anhörung des Betriebsrats sei nicht ausreichend gewesen. Ein Betriebsübergang liege entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor, weil die Beklagte keine betriebliche "Einheit" übernommen, sondern das Geschäft der N.-H.-Gruppe im Rahmen der Verschmelzung in die bereits bestehenden Einheiten der Z.-Gruppe integriert worden sei.
B. Dem stimmt der Senat in Teilen der Begründung, nicht aber im Ergebnis zu.
I. Ob die Annahme des Landesarbeitsgerichts zutrifft, die Kündigung sei nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, steht noch nicht fest.
1. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Nach Satz 3 der Norm ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (s. schon - 2 AZR 266/74 - BAGE 27, 209; - 2 AZR 974/94 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 89) und der einhelligen Auffassung in der Literatur (beispielsweise Fitting BetrVG 21. Aufl. § 102 Rn. 56; KR-Etzel 7. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 106 ff.), dass eine Kündigung nicht nur unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat überhaupt zu beteiligen, sondern auch dann, wenn er ihn nicht richtig beteiligt hat, vor allem seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausführlich genug nachgekommen ist.
a) Nach der gleichfalls ständigen Rechtsprechung des Senats (siehe schon - 2 AZR 266/74 - BAGE 27, 209; zuletzt etwa - 2 AZR 707/01 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 129 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 2) vollzieht sich die erforderliche Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG in zwei aufeinanderfolgenden Verfahrensabschnitten. Diese sind nach ihrem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich voneinander abzugrenzen. So hat zunächst der Arbeitgeber unter Beachtung der in § 102 Abs. 1 BetrVG beschriebenen Erfordernisse das Anhörungsverfahren einzuleiten. Im Anschluss daran ist es Aufgabe des Betriebsrats, sich mit der beabsichtigten Kündigung zu befassen und darüber zu entscheiden, ob und wie er Stellung nehmen will. Die Trennung dieser beiden Verantwortungsbereiche ist wesentlich für die Entscheidung der Frage, wann eine Kündigung iSd. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG "ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochen" und deswegen unwirksam ist. Da im Regelungsbereich des § 102 Abs. 1 BetrVG sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Betriebsrat Fehler unterlaufen können, ermöglicht diese Abgrenzung eine sachgerechte Antwort auf die Frage, wem im Einzelnen ein Fehler zuzurechnen ist. Nur wenn dem Arbeitgeber bei der ihm obliegenden Einleitung des Anhörungsverfahrens ein Fehler unterläuft, liegt darin eine Verletzung des § 102 Abs. 1 BetrVG mit der Folge der Unwirksamkeit der Kündigung. Mängel, die im Verantwortungsbereich des Betriebsrats entstehen, führen entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts grundsätzlich auch dann nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Solche Fehler gehen schon deshalb nicht zu Lasten des Arbeitgebers, weil der Arbeitgeber keine wirksamen rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Beschlussfassung des Betriebsrats hat ( - aaO; KR-Etzel 7. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 115; APS/Koch 2. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 153 ff.; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 282).
b) Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn in Wahrheit keine Stellungnahme des Gremiums "Betriebsrat", sondern erkennbar zB nur eine persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden vorliegt oder der Arbeitgeber den Fehler des Betriebsrats durch unsachgemäßes Verhalten selbst veranlasst hat (zuletzt etwa Senat - 2 AZR 707/01 - AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 129 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 2).
2. Ob die Ordnungsgemäßheit der Anhörung bei Anwendung dieser Maßstäbe zu beanstanden ist, kann auf Grund der bisher getroffenen Feststellungen noch nicht beurteilt werden.
a) Soweit das Landesarbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung damit begründet, die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, wann dem Betriebsrat das Anhörungsschreiben konkret zugegangen sei, stimmt der Senat ihm nicht zu.
aa) Die Erklärung des Arbeitgebers, mit der er den BBetriebsrat nach § 102 BetrVG zu einer beabsichtigten Kündigung anhört, muss dem Betriebsrat zugehen. Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist der Vorsitzende oder sein Stellvertreter zur Entgegennahme von Erklärungen berechtigt ( - BAGE 49, 136; - 7 AZR 30/80 - BAGE 40, 95; vgl. im Einzelnen APS/Koch 2. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 77 ff.; KR-Etzel 7. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 81 ff.). Der Betriebsrat kann einzelne seiner Mitglieder zum Empfang bevollmächtigen. Er kann auch Erklärungsboten bestellen. Die Behauptung der Beklagten, Frau K, die das Anhörungsschreiben entgegengenommen hat, sei mit Empfangsvollmacht ausgestattet gewesen, hat das Landesarbeitsgericht für nicht ausreichend substantiiert gehalten.
bb) Diese Würdigung überspannt die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers. Der Zweck der Anhörungspflicht liegt nicht in der Schaffung von Verfahrenskomplikationen, sondern darin, eine gleichberechtigte, vertrauensvolle Erörterung der Kündigungsabsicht zu gewährleisten ( - BAGE 107, 221). Der Arbeitgeber muss dementsprechend auch im Prozess nicht von sich aus - gleichsam vorauseilend - sämtliche Schritte des von ihm befolgten Verfahrens im Einzelnen darlegen und möglichen Einwänden mit ausführlichen Gegeneinwänden und entsprechenden Beweisantritten zuvorkommen. Die Beklagte hatte erstinstanzlich vorgetragen, sie habe den Betriebsrat am angehört. Nach dem dem Kläger mit der Kündigung übersandten und von der Beklagten erstinstanzlich bereits vorgelegten Anhörungsschreiben hatte der Betriebsrat Bedenken gegen die Kündigungsabsicht geäußert und dies der Beklagten am mitgeteilt. Damit hatte die Beklagte ausreichend zur Einhaltung ihrer Verpflichtung nach § 102 BetrVG vorgetragen. Es wäre nun Sache des Klägers gewesen darzulegen, inwiefern er das Vorbringen der Beklagten bestreite oder für nicht ausreichend halte. Der Kläger hatte indes die Tatsache der Anhörung und die der Stellungnahme entsprechend dem Anhörungsschreiben im ersten Rechtszug nicht bestritten. Das Arbeitsgericht ist demgemäß von der Anhörung des Betriebsrats ausgegangen und hat sie für ordnungsgemäß gehalten. Mit der Berufungsbegründung hat der Kläger die Tatsache der Anhörung und der Beschlussfassung durch den Betriebsrat ebenfalls nicht bestritten. Erst in der Berufungsverhandlung scheinen insoweit Zweifel beim Kläger und beim Gericht aufgekommen zu sein, die auch die Empfangsvollmacht von Frau K ergriffen haben müssen. Wenn die Beklagte nunmehr behauptete, Frau K sei mit Empfangsvollmacht ausgestattet gewesen, so war dies jedenfalls ausreichend.
cc) Ausreichend wäre es ebenfalls gewesen, wenn Frau K zwar keine Empfangsvollmacht hatte, die Beklagte aber von einer Bevollmächtigung ausgehen konnte.
b) Ebenfalls nicht zustimmen kann der Senat der weiteren Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei auch deshalb nach § 102 BetrVG unwirksam, weil sich der Beklagten angesichts des Umstands, dass die Übergabe des Anhörungsschreibens und die schriftliche Stellungnahme des Betriebsrats am selben Tag erfolgt seien, hätten Zweifel aufdrängen müssen, und zwar sowohl allgemein an der Ordnungsgemäßheit des vom Betriebsrat beobachteten Verfahrens als auch besonders daran, dass überhaupt ein Beschluss habe erfolgen können.
aa) Wie ausgeführt, sind Fehler im Verantwortungsbereich des Betriebsrats grundsätzlich nicht dem Arbeitgeber zuzurechnen. Eine Ausnahme kann dann gelten, wenn erkennbar keine Stellungnahme des Betriebsrates, sondern lediglich die Äußerung eines Mitglieds vorliegt oder der Arbeitgeber den Fehler selbst veranlasst hat.
bb) Weder das eine noch das andere hat das Landesarbeitsgericht jedoch festgestellt. Der Kläger hatte auf den ins Einzelne gehenden Vortrag der Beklagten zur Anhörung des Betriebsrats im Wesentlichen erwidert, die Beklagte habe den Betriebsrat nicht vollständig unterrichtet, weil sie ihm den - nach Auffassung des Klägers vorliegenden - Betriebsübergang bzw. die Verschmelzung nicht mitgeteilt habe. Dass der Betriebsrat als Gremium übergangen oder etwa Frau K im "Alleingang" die Anhörung entgegengenommen und die Stellungnahme des Betriebsrats eigenmächtig und ohne Beschluss des Betriebsrats abgegeben hätte und dies vor der Beklagten veranlasst oder auch nur bemerkt worden wäre, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Gleichwohl ist es der zumindest bis zum Berufungstermin vom Kläger nicht bestrittenen Behauptung der Beklagten, der Betriebsrat habe einen Beschluss über die Kündigung gefasst, nicht nachgegangen. Gab es aber einen solchen Beschluss und eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats oder mussten sich der Beklagten jedenfalls keine Zweifel daran aufdrängen - weil etwa Frau K in Anwesenheit des Personalverantwortlichen der Beklagten das Anhörungsformular ohne weiteres und sofort vollständig ausfüllte und zurückgab -, so kam es nicht darauf an, ob Frau K Empfangsvollmacht hatte.
3. Die Kündigung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte den Betriebsrat am inhaltlich nicht ausreichend unterrichtet hätte.
a) Nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat diejenigen Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Diesen Kündigungssachverhalt muss er in der Regel unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, dann ist die Anhörung ordnungsgemäß, weil eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung der Kündigungsgründe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG führt. Eine in diesem Sinne objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber allerdings, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen. Der Arbeitgeber kommt dagegen seiner Unterrichtungspflicht nicht nach, wenn er aus seiner Sicht dem Betriebsrat bewusst unrichtige oder unvollständige Sachdarstellungen unterbreitet (st. Rspr., vgl. zB - BAGE 110, 331; - 2 AZR 599/01 - AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 40 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 50; - 2 AZR 103/88 - BAGE 59, 295; KR-Etzel 7. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 63a).
b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat sie aber - aus seiner Sicht zutreffend - auf den Kenntnisstand des Betriebsrats im Februar 2002, nicht jedoch auf den am , angewandt. Für den Februar 2002, so das Landesarbeitsgericht, habe keine ausreichende Kenntnis des Betriebsrats von der Verschmelzung und den damit verbundenen Abläufen, also vor allem dem Übergang des Versicherungsbestandes auf die Z.-Gruppe, bestanden. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte der Betriebsrat jedoch am Kenntnis von der Verschmelzung und der damit verbundenen Abläufe. Die fehlende Kenntnis dieser Umstände kann also - unabhängig von der Frage, ob die Verschmelzung als solche dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG hat mitgeteilt werden müssen - die Unvollständigkeit der Anhörung allenfalls dann begründen, wenn die Anhörung vom als unwirksam anzusehen sein sollte.
c) Als weiteren Umstand, der der Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung entgegenstehe, hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe dem Betriebsrat nicht mitgeteilt, dass die Kündigung auf einem Betriebsübergang beruhe. Indes steht jedenfalls die Beklagte auf dem Standpunkt, ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden. Damit war sie schon nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung nicht verpflichtet, die vom Kläger erwartete, aus ihrer Sicht jedoch falsche rechtliche Bewertung dem Betriebsrat mitzuteilen.
II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei unwirksam, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO).
1. Die Kündigung ist nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, ein Betriebsübergang liege nicht vor, ist zutreffend.
a) Ein Betriebsübergang iSv. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt.
aa) Ob ein im wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit "Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falles. Zu den maßgeblichen Tatsachen zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, in betriebsmittelarmen Betrieben die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (st. Rspr., BAG im Anschluss an - EuGHE I 1997, 1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145; zuletzt beispielsweise - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210; - 8 AZR 639/02 - EzA BGB 2002 § 613a Nr. 23).
bb) Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt ( - AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185; - 8 AZR 583/01 - EzA BGB § 613a Nr. 209). Bei den übertragenen sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (zuletzt etwa - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210; - 8 AZR 583/01 - aaO).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann im Streitfall weder ein Betriebsteil- noch ein Betriebsübergang angenommen werden. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, eine Fortführung des Schadensservicebüros, in dem der Kläger beschäftigt war, sei nicht festzustellen gewesen. Ob, wie die Beklagte behauptet hat, die Versicherungsverträge auf die Tochtergesellschaft der Beklagten nach Sparten aufgeteilt wurden oder insgesamt auf die Beklagte übergegangen sind, hat das Landesarbeitsgericht offen gelassen, weil jedenfalls die "Einheit", in der der Kläger beschäftigt war, nicht erhalten, sondern die einzelnen Aufgaben in die schon vor der Verschmelzung vorhanden gewesenen verschiedenen Betriebsorganisationen des Z.-Konzerns integriert worden seien. Damit ist die frühere organisatorische Einheit nicht übertragen, sondern zerschlagen worden. Die ursprünglich bei der N.-H. bestehende wirtschaftliche Einheit ist nicht erhalten geblieben, sondern, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, aufgelöst worden. Der "Z-Konzern" führt nicht die wirtschaftliche Einheit fort, sondern er hat sie in unterschiedlich große Elemente zerlegt und in seinem Interesse in die Konzernorganisation eingepasst. Seit wann dies so geplant war, kann dahinstehen. Auch die geplante Zerschlagung einer Einheit führt zur Auflösung der Einheit ( - AP BGB § 613a Nr. 260 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 15).
c) Die Anwendbarkeit des § 613a BGB folgt auch nicht bereits aus § 324 UmwG.
Die Voraussetzungen des Betriebsübergangs sind auch im Falle der Umwandlung selbständig zu prüfen ( - BAGE 95, 1). Die Vorschrift des § 324 UmwG enthält eine Rechtsgrundverweisung mit der Maßgabe, dass der Übergang nicht durch Rechtsgeschäft erfolgt sein muss (vgl. APS/Stefan 2. Aufl. § 324 UmwG Rn. 3; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 324 UmwG Rn. 1; ErfK/Preis 5. Aufl. § 613a BGB Rn. 178).
d) Ob dem von einer aufnehmenden Verschmelzung betroffenen Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB ein Widerspruchsrecht zusteht und welche Folgen ein solcher Widerspruch hätte (vgl. nur Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 6. Aufl. § 324 UmwG Rn. 4), kann dahinstehen, da der Kläger nicht widersprochen hat.
2. Andere Gründe, aus denen die Kündigung unwirksam sein könnte, sind auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.
III. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO). Ob die Kündigung vom wirksam ist, steht noch nicht fest.
1. Ob die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, wie das Arbeitsgericht angenommen hat, ist vom Landesarbeitsgericht nicht überprüft worden. Von Bedeutung ist insoweit, dass der Beschäftigungsbetrieb geschlossen worden und eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bisher nicht ersichtlich ist. Auch ein freier Arbeitsplatz bei Ausspruch der Kündigung oder im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung scheint im Unternehmen nicht vorhanden gewesen zu sein. Eine Sozialauswahl konnte offenbar nicht stattfinden, weil kein Arbeitnehmer im Betrieb weiterbeschäftigt wird.
2. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats habe am auch bei Anwendung der oben niedergelegten Grundsätze nicht stattgefunden, so wird es erneut zu prüfen haben, ob nicht bereits die Anhörung vom den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
a) Nach dem Grundsatz der subjektiven Determination muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die aus seiner Sicht die Kündigungsabsicht tragenden Umstände mitteilen (vgl. oben B I 3 a).
b) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, hierzu habe dem Betriebsrat 48 die Kenntnis "der Verschmelzung und der damit verbundenen Abläufe" vermittelt werden müssen, was am noch nicht geschehen sei. Die Beklagte hatte hierzu vorgetragen, die Verschmelzung und das Schicksal des Versicherungsbestandes seien für ihren Kündigungsentschluss nicht maßgeblich gewesen. Abgesehen davon habe der Betriebsrat insoweit ausreichende Kenntnis gehabt. Dieses Vorbringen hat das Landesarbeitsgericht als nicht ausreichend angesehen. Genaue Feststellungen über den Sach- und Streitstand insoweit enthält das Berufungsurteil allerdings nicht. Hierzu wird das Landesarbeitsgericht den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen geben müssen, der - sollte es darauf ankommen - unter Beachtung der Rechtsprechung des Senats zur subjektiven Determination und zum Umfang der Anhörungspflicht bei dem Betriebsrat schon bekannten Kündigungsgründen ( - 2 AZR 536/02 - AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 65 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 5) zu würdigen sein wird. Dabei kommt einerseits in Betracht, dass für den Kündigungsentschluss die Verschmelzungsabsicht unmaßgeblich war. Auszuschließen ist auch nicht, dass die Kenntnis des Betriebsrats die etwa doch für den Kündigungsentschluss maßgebliche Verschmelzungsabsicht und etwa weitere maßgebliche Abläufe umfasste.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2006 S. 567 Nr. 10
EAAAB-93680
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