Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: VTV vom § 48 Abs. 1 Satz 1; VTV vom § 50; VTV vom § 1 Abs. 2 Abschn. I; VTV vom § 1 Abs. 2 Abschn. II; VTV vom § 1 Abs. 2 Abschn. III; VTV vom § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 5; VTV vom § 29; VTV vom § 36; VTV vom § 41; VTV vom § 18 Abs. 1 Satz 1; VTV vom § 22 Abs. 1 Satz 1; ArbGG § 61 Abs. 2 Satz 1
Instanzenzug: ArbG Berlin 98 Ca 74460/03 vom LAG Berlin 7 Sa 2303/04 vom LAG Berlin 7 Sa 488/05 vom
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte im Klagezeitraum einen von den allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes erfassten Betrieb unterhalten, deshalb für die Monate Januar 1998 bis November 1999 Beiträge iHv. 15.253,91 Euro sowie für die Monate Dezember 1999 bis Dezember 2001 und Januar 2004 bis März 2004 Beiträge iHv. 22.521,97 Euro zu leisten, für die Zeit von September 2002 bis Dezember 2003 Auskünfte zu erteilen und im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Entschädigung iHv. 12.480,00 Euro zu zahlen hat. Die Auskunftsklage für den Zeitraum Januar bis August 2002 haben die Parteien während des Revisionsverfahrens übereinstimmend für erledigt erklärt, wobei die Klägerin die beanspruchte Entschädigung auf 12.480,00 Euro vermindert hat.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK).
Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Die Beklagte betreibt ein Spezialunternehmen für Unterwasserarbeiten und bezeichnet sich als "Industrie- und Bautaucherei". Sie wird für Bauunternehmen im Rahmen größerer Baumaßnahmen als Subunternehmerin tätig. In einem Schreiben vom teilte die Beklagte der ZVK mit, dass sie seit dem Arbeitnehmer beschäftigt. Sie nannte ferner ihre Tätigkeitsschwerpunkte sowie deren jeweiligen Anteil am Gesamtumsatz. In einem weiteren Schreiben an die ZVK vom erläuterte die Beklagte ihre Angaben. Danach ist ein Tätigkeitsschwerpunkt der Beklagten mit einem Anteil am Gesamtumsatz von ca. 35 % die Ausführung von Unterwasserbrennarbeiten. Dabei handelt es sich um ein thermisches Trennverfahren zum Durchtrennen von Metallen. Die von der Beklagten ausgeführten Unterwasserbrennarbeiten dienen vor allem dem Abbrennen von Stahlspundwänden und damit der Flutung von Baugruben für Wasserbauwerke, nachdem die Auftraggeber der Beklagten die Baukörper der Wasserbauwerke in durch Spundwandkästen vor dem Eindringen von Wasser geschützten, trockenen Baugruben erstellt haben. Nach dem Rammen von Spundwänden repariert die Beklagte auch Schadstellen, zB an Kaimauern, und führt dazu Unterwasserschweißarbeiten aus, die ca. 5 % ihres Gesamtumsatzes ausmachen. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt der Beklagten mit einem Anteil von ca. 30 % am Gesamtumsatz ist der Einbau von Unterwasserbeton nach von ihren Auftraggebern vorgegebenen Höhen und Statiken. Untersuchungen wasserbaulicher Anlagen durch Abtauchen dieser Anlagen und Besichtigen des Ist-Zustandes der Bauteile unter Wasser machen ca. 10 % des Gesamtumsatzes der Beklagten aus. Ebenfalls ca. 10 % ihres Gesamtumsatzes erzielt die Beklagte durch das Verlegen von Geotextilien, durch Saug- und Spülarbeiten, Kontrollen und weitere Dienstleistungen im Unterwasserbereich vorwiegend für Wasserbau- und Tiefbauunternehmen. Geotextilien sind Fliesstoffe, welche hauptsächlich im Wasserbau unter Steinschüttungen als Schutz vor Auskolkungen eingebaut werden. Um eine ordnungsgemäße Verlegung und Überlappung der Geotextilbahnen unter Wasser zu gewährleisten, beauftragen Wasserbaufirmen die Beklagte mit der Einweisung der Wasserbaugeräte und der Kontrolle des Einbaus. 5 % des Gesamtumsatzes der Beklagten entfällt auf die Reparatur und Wartung in Kühlsystemen von Kraftwerksanlagen. Schließlich führt die Beklagte auch Taucherarbeiten im Zusammenhang mit der Bergung havarierter Schiffe und sonstigem schwimmenden Gerät aus. Im Verband Deutscher Taucherei- und Bergungsbetriebe e.V. ist die Beklagte nicht Mitglied.
In dem im Klagezeitraum in den jeweiligen Fassungen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom (VTV/1986) und vom (VTV/1999) heißt es - soweit hier von Interesse - zum Geltungsbereich:
"§ 1 Geltungsbereich
(1) Räumlicher Geltungsbereich: ...
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
...
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
...
5. Beton- und Stahlbetonarbeiten einschließlich Betonschutz- und Betonsanierungsarbeiten sowie Armierungsarbeiten;
...
29. Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten;
...
36. Tiefbauarbeiten;
...
41. Wasserwerksbauarbeiten, Wasserhaltungsarbeiten, Wasserbauarbeiten (z. B. Wasserstraßenbau, Wasserbeckenbau, Schleusenanlagenbau);
..."
Die ZVK ist der Ansicht, die Beklagte unterfalle auf Grund der von ihren Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend erbrachten baulichen Leistungen dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV. Nicht nur die von der Beklagten ausgeführten Unterwasserbetonierungsarbeiten und Unterwasserschweißarbeiten seien bauliche Leistungen, sondern auch das Verlegen von Geotextilien unter Steinschüttungen und das Abbrennen von Stahlspundwänden unter Wasser zur Flutung der Baugruben von Wasserbauwerken. Solche Unterwasserbrennarbeiten seien Wasserbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 41 VTV.
Die ZVK hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Klägerin 15.253,91 Euro zu zahlen,
2. der Klägerin auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten September 2002 bis Dezember 2003 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
3. für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an die Klägerin eine Entschädigungssumme in Höhe von 12.480,00 Euro zu zahlen,
4. an die Klägerin weitere 22.521,97 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, sie habe keinen Baubetrieb unterhalten. Das Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt-Thüringen habe ihr bescheinigt, dass sie nicht an der Winterbauumlage teilnehme. Die von ihr beschäftigten Taucher seien keine Bauarbeiter. Ein wesentlicher Teil der Unterwassertätigkeit entfalle auf Schweißarbeiten. Das Abbrennen der Spundwände sei keine Tätigkeit an einem Bauwerk. Bei der Erstellung von Unterwasserbetonsohlen kontrollierten ihre Mitarbeiter größtenteils lediglich die Beschaffenheit des Betons sowie das Absaugen der sich bildenden Schlammwalze und stünden mit den Arbeitnehmern der ausführenden Baufirma über Funk in Kontakt, um diese bei den Betonarbeiten einzuweisen. Soweit sie Unterwasserbeton selbst einbaue, handele es sich um kleine Flächen. Ihr Betrieb sei als Taucherbetrieb angemeldet und nicht berechtigt, Wasserbauarbeiten oder sonstige Bauarbeiten auszuführen. Im Übrigen seien die Tarifverträge für die Taucherei- und Bergungsbetriebe gegenüber dem VTV sachnäher und verdrängten diesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert, die Klage abgewiesen und die Anschlussberufung der ZVK zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die ZVK die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung und verfolgt ihre mit der Anschlussberufung geltend gemachten Beitragsansprüche weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der ZVK zurückzuweisen.
Gründe
Die Revision der ZVK hat Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zusammengefasst angenommen, die ZVK habe keinen Anspruch auf die geltend gemachten Beiträge und die verlangten Auskünfte. Der Betrieb der Beklagten sei im Klagezeitraum nicht als Baubetrieb vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst worden. Die Arbeitnehmer der Beklagten hätten nicht arbeitszeitlich überwiegend gewerblich bauliche Leistungen erbracht, sondern nur insoweit, als sie Unterwasserbetonarbeiten ausgeführt oder kontrolliert, zur Vermeidung von Auskolkungen Geotextilien verlegt und Unterwasserschweißarbeiten, zB bei der Reparatur von Kaimauern, verrichtet hätten. Die von der Beklagten durchgeführten Untersuchungen wasserbaulicher Anlagen, die von ihr ausgeführten Reparaturen und Wartungen in Kühlsystemen von Kraftwerksanlagen und das Abbrennen von Spundwänden seien dagegen keine baulichen Leistungen. Das Abbrennen von Spundwänden erfülle nicht das tarifliche Tätigkeitsbeispiel "Wasserbauarbeiten". Die Unterwasserbrennarbeiten erfolgten erst nach der vollständigen Erstellung des eigentlichen Bauwerks. Für die Funktionsfähigkeit sei die Flutung der Baugrube durch die Beseitigung der Spundwände nicht erforderlich. Die Unterwasserbrennarbeiten seien auch keine Tiefbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 VTV. Das Fluten einer auf Grund eines Spundwandkastens trockenen Baugrube eines Wasserbauwerks durch Abbrennen der Spundwände unterscheide sich von dem Verfüllen einer Baugrube eines sonstigen Bauwerks. Mit dem Abbrennen der Spundwände führten die Arbeitnehmer der Beklagten auch keine Abbrucharbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 29 VTV aus. Diese Arbeiten führten nicht zu einem Substanzverlust des Wasserbauwerks. Die Spundwände selbst seien kein Bauwerk oder Bauwerksteil.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Der ZVK stehen nach § 48 Abs. 1 iVm. § 50 VTV/1986 und nach § 18 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 1 VTV/1999 in den im Klagezeitraum jeweils gültigen Fassungen die für die Monate Januar 1998 bis Dezember 2001 sowie Januar 2004 bis März 2004 beanspruchten Beiträge iHv. insgesamt 37.775,88 Euro (15.253,91 Euro + 22.521,97 Euro = 37.775,88 Euro) zu. Über die Höhe der von der ZVK geltend gemachten Beiträge besteht kein Streit. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 VTV/1999 schuldet die Beklagte die von der ZVK für die Zeit von September 2002 bis Dezember 2003 verlangten Auskünfte. Nach § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG hat die ZVK Anspruch auf die geltend gemachte Entschädigung, wenn die Beklagte die Auskünfte nicht fristgerecht erteilt.
2. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankommt, ob im Anspruchszeitraum im Betrieb der Beklagten vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste Tätigkeiten verrichtet worden sind, wobei auf die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer der Beklagten und nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst, aber auch nicht auf handels- und gewerberechtliche Kriterien abzustellen ist (st. Rspr., vgl. zB - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 193 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 79; - 10 AZR 182/03 -AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263; - 10 AZR 119/04 -, zu II 2 der Gründe). Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts haben die Arbeitnehmer der Beklagten jedoch in den Kalenderjahren des Klagezeitraums bezogen auf die betriebliche Gesamtarbeitszeit überwiegend bauliche Leistungen erbracht.
3. Betriebe, die überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannten Tätigkeiten ausführen, fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV, ohne dass die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen (st. Rspr., vgl. - BAGE 45, 11; - 10 AZR 182/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263; - 10 AZR 488/03 -). Danach hat die Beklagte einen Baubetrieb geführt.
4. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten entfiel bei Berücksichtigung aller im streitbefangenen Zeitraum ausgeführten Arbeiten der überwiegende Anteil der Gesamtarbeitszeit ihrer Arbeitnehmer auf Unterwasserbrennarbeiten, Unterwasserschweißarbeiten und den Einbau von Unterwasserbeton. Die Beklagte hat diese Tätigkeiten der ZVK in ihrem Schreiben vom als Tätigkeitsschwerpunkte mitgeteilt. Allerdings beziehen sich die von der Beklagten in diesem Schreiben genannten Prozentsätze dem Wortlaut nach auf den Anteil am Gesamtumsatz und nicht auf den Anteil an der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. Die Beklagte ist jedoch dem Vorbringen der ZVK nicht entgegengetreten, wonach der jeweilige Anteil der von der Beklagten genannten Tätigkeitsschwerpunkte am Gesamtumsatz dem jeweiligen Anteil an der betrieblichen Gesamtarbeitszeit entspricht. Die Beklagte geht vielmehr selbst davon aus. In ihrem Schreiben vom hat sie angegeben, der mit dem Einbau von Unterwasserbeton erzielte Umsatz betrage ca. 30 % des Gesamtumsatzes. In der Berufungsbegründung vom behauptet die Beklagte, die Tätigkeiten ihrer Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Einbau von Unterwasserbeton machten ca. 30 % der Gesamtarbeitszeit aus.
5. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Arbeitnehmer der Beklagten im Zusammenhang mit dem Einbau von Unterwasserbeton zu ca. 30 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit bauliche Leistungen erbracht haben. Der Einbau von Unterwasserbeton fällt unter das Tätigkeitsbeispiel "Betonarbeiten" in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 5 VTV.
a) Mit der Verwendung des Begriffs "Betonarbeiten" in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 5 VTV stellen die Tarifvertragsparteien mangels eigener Begriffsbestimmung erkennbar auf das Tätigkeitsfeld des den baulichen Berufen zuzuordnenden Beton- und Stahlbetonbauers ab, dessen Tätigkeitsfeld durch die Herstellung und Verarbeitung von Betonmischungen, also durch Arbeiten mit dem Baumaterial Beton gekennzeichnet ist ( - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263). Betonbau ist die Errichtung von Bauwerken aus Beton, wobei die Erfüllung von Teilaufgaben beim Betoniervorgang genügt ( -).
b) Die Beklagte räumt selbst ein, dass ihre Arbeitnehmer kleinere Mengen Unterwasserbeton selbst einbauen und sie die dazu benötigten Geräte anmietet. Aber auch soweit die Beklagte behauptet, bei der Erstellung von Unterwasserbetonsohlen kontrollierten ihre Arbeitnehmer größtenteils lediglich die Beschaffenheit des Betons sowie das Absaugen der sich bildenden Schlammwalze und stünden mit den Arbeitnehmern des ausführenden Bauunternehmens über Funk in Kontakt, um diese bei den Betonarbeiten einzuweisen, erfüllen diese Tätigkeiten das tarifliche Tätigkeitsbeispiel "Betonarbeiten". Diese Arbeitsleistungen haben den Zweck, die ordnungsgemäße Erstellung der Unterwasserbetonsohlen sicherzustellen. Die Arbeitnehmer der Beklagten verrichten insoweit Teilaufgaben beim Betoniervorgang, die zur Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels "Betonarbeiten" ausreichen.
6. Das Landesarbeitsgericht hat auch die von den Arbeitnehmern der Beklagten zu ca. 5 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausgeführten Unterwasserschweißarbeiten im Ergebnis zutreffend als gewerblich bauliche Leistungen qualifiziert. Nach dem Vorbringen der Beklagten dienen diese Schweißarbeiten hauptsächlich der Reparatur von Schadstellen nach dem Rammen von Spundwänden, zB Kaimauern. Das erfüllt das tarifliche Tätigkeitsbeispiel "Wasserbauarbeiten" in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 41 VTV.
a) In dieser Tarifvorschrift haben die Tarifvertragsparteien bestimmt, dass zu den in § 1 Abs. 2 Abschn. I bis III genannten Betrieben diejenigen gehören, in denen Wasserwerksbauarbeiten, Wasserhaltungsarbeiten, Wasserbauarbeiten (zB Wasserstraßenbau, Wasserbeckenbau, Schleusenanlagenbau) ausgeführt werden. Die Tarifvertragsparteien haben zwar für Wasserbauarbeiten mehrere Beispielsfälle genannt, den Begriff "Wasserbauarbeiten" jedoch nicht selbst bestimmt, so dass davon auszugehen ist, dass sie diesen Begriff in seiner allgemeinen Bedeutung verstanden wissen wollen ( -).
b) Wasserbau ist der Bau von Anlagen im Wasser (Wahrig Deutsches Wörterbuch 7. Aufl. Stichwort "Wasserbau"). Allgemein werden unter Wasserbau bauliche Maßnahmen für die Ziele der Wasserwirtschaft, zum Schutz vor Naturkatastrophen, zur Minimierung von Landverlusten, zur Vermeidung von Wassermangel, zur Regulierung des Bodenwasserhaushalts, zur Reduzierung oder Verhinderung von Wasserverschmutzungen, zum Landschafts- und Umweltschutz, zur Energieerzeugung, für die Belange der Schifffahrt und der Fischerei sowie für Erholungszwecke verstanden. Unter Wasserbau fällt auch Küstenschutz ( -).
c) Die von den Arbeitnehmern der Beklagten unter Wasser verrichteten Schweißarbeiten zur Reparatur von Schadstellen nach dem Rammen von Spundwänden dienen der Instandhaltung befestigter Uferanlagen und sind damit Wasserbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 41 VTV, soweit diese Schweißarbeiten gemäß dem Vorbringen der Beklagten an Kaimauern ausgeführt werden. Erfolgen die Unterwasserschweißarbeiten zur Reparatur von Stahlspundwänden eines Spundwandkastens, der die Baugrube eines Wasserbauwerks vor dem Eindringen von Wasser schützen soll, handelt es sich ebenfalls um Wasserbauarbeiten. Die Unterwasserschweißarbeiten gewährleisten in einem solchen Fall, dass die baulichen Leistungen in trockener Baugrube sachgerecht ausgeführt werden können. Sie dienen damit der Erstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung von Wasserbauwerken.
7. Mit Erfolg rügt die Revision, das Landesarbeitsgerichts habe zu Unrecht angenommen, die von den Arbeitnehmern der Beklagten zu ca. 35 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit verrichteten Unterwasserbrennarbeiten seinen keine baulichen Leistungen. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts fallen auch diese Tätigkeiten unter das Tätigkeitsbeispiel "Wasserbauarbeiten" in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 41 VTV.
a) Durch die von den Arbeitnehmern der Beklagten verrichteten Unterwasserbrennarbeiten werden im Rahmen eines thermischen Trennverfahrens die Stahlspundwände von Spundwandkästen abgebrannt, die die für die sachgerechte Ausführung der Bauarbeiten erforderlichen trockenen Baugruben von Wasserbauwerken wie Wehren oder Brückenpfeilern vor dem Eindringen von Wasser schützten. Der Tätigkeitsschwerpunkt der Arbeitnehmer der Beklagten "Unterwasserbrennarbeiten" dient damit dem Fluten der Baugruben von Wasserbauwerken. Dieses Fluten erfolgt entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts nicht erst nach der Erstellung oder Änderung des Wasserbauwerks. Die zum Fluten der Baugrube erforderlichen Unterwasserbrennarbeiten führt die Beklagte aus, bevor das Wasserbauwerk erstellt oder geändert ist. Sie erbringt damit gewerblich Leistungen, die der Erstellung oder Änderung eines Bauwerks dienen und somit bauliche Leistungen.
b) Ein Bauwerk ist dann erstellt oder geändert, wenn es in vollem Umfang seinen bestimmungsgemäßen Zweck erfüllen kann. Zur Erstellung des Bauwerks gehört daher nicht nur die Fertigstellung des Rohbaues, sondern auch der vollständige Ausbau, wie er vom Bauherrn in Auftrag gegeben worden ist. Dazu zählen alle Leistungen, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Vollendung des Bauwerks zu dienen bestimmt sind (st. Rspr., vgl. - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 221 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 95; - 10 AZR 182/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 263).
c) Die zum Fluten der Baugruben von Wasserbauwerken von den Arbeitnehmern der Beklagten ausgeführten Unterwasserbrennarbeiten bezwecken die Herstellung oder Wiederherstellung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit der Wasserbauwerke.
aa) Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom selbst als ein Beispiel für die von ihren Arbeitnehmern verrichteten Unterwasserbrennarbeiten das Abbrennen von Stahlspundwänden zum Fluten der Baugruben von Wehren genannt. Wehre erhöhen oder verringern als quer durch ein fließendes Gewässer gebaute Anlagen den Wasserstand und die Wassergeschwindigkeit, um zB Schiffsverkehr auf Wasserstraßen zu ermöglichen oder Gebiete vor Hochwasser zu schützen. In trockenen Baugruben könnten Wehre diese bestimmungsgemäßen Zwecke nicht erfüllen. Das ermöglicht erst das Abbrennen der Stahlspundwände der Spundwandkästen und das dadurch bewirkte Fluten der Baugruben.
bb) Mit Recht weist die ZVK darauf hin, dass auch andere Wasserbauwerke mit der Fertigstellung ihrer Baukörper in trockenen Baugruben noch nicht erstellt sind. So müssen Wasserbauwerke für Belange der Schifffahrt wie Stege oder Hafenanlagen von Wasser umgeben sein, damit sie ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können. Dies gilt auch für das ebenfalls von der Beklagten als Beispiel für Unterwasserbrennarbeiten genannte Abbrennen von Stahlspundwänden zum Fluten der Baugruben von Brückenpfeilern. Musste die Baugrube eines Brückenpfeilers zu dessen Errichtung oder Instandsetzung durch einen Spundwandkasten vor dem Eindringen von Wasser geschützt werden, ist die Brücke über ein Gewässer ungeachtet etwaiger Gefahren für einen Schiffsverkehr durch nicht abgebrannte Stahlspundwände erst erstellt oder instandgesetzt, wenn der Brückenpfeiler wie vom Bauherrn in Auftrag gegeben (wieder) im Wasser steht. Insoweit steht das Fluten einer auf Grund eines Spundwandkastens trockenen Baugrube eines Wasserbauwerks dem Verfüllen der Baugrube eines Bauwerks mit Erdreich gleich, das in der Regel ungeachtet der dazu eingesetzten Arbeitsmittel das tarifliche Tätigkeitsbeispiel "Tiefbauarbeiten" in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 36 VTV erfüllt (vgl. -).
8. Da die Arbeitnehmer der Beklagten in den Kalenderjahren des Klagezeitraums zu ca. 70 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Unterwasserbeton einbauten und Unterwasserschweiß- sowie Unterwasserbrennarbeiten verrichteten, kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beklagte noch andere baulichen Leistungen im Sinne des VTV erbracht hat, zB beim Verlegen von Geotextilien unter Wasser zum Schutz vor Auskolkungen.
9. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ohne Bedeutung, dass ihr vom Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt-Thüringen bescheinigt wurde, dass sie an der Winterbauumlage nicht teilnimmt, und dass die baulichen Leistungen von Tauchern erbracht wurden.
a) Die gesetzlichen Regelungen der Winterbauförderung in Verbindung mit der Baubetriebeverordnung einerseits und die Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes andererseits legen unterschiedliche Voraussetzungen fest und verfolgen unterschiedliche Zwecke. Deshalb ist es für die Anwendbarkeit des VTV ohne Bedeutung, ob ein Betrieb an der Winterbauförderung teilnahm ( - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265; - 10 AZR 507/01 - EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 114).
b) Tauchen ist - vom Sporttauchen abgesehen - kein Selbstzweck und kann als solches nicht Betriebszweck eines Betriebes sein. Taucher werden nicht beschäftigt, um zu tauchen, sondern um unter Wasser bestimmte Arbeiten zu verrichten, wobei es sich um sehr unterschiedliche Tätigkeiten handeln kann ( - AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 7 = EzA TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 2). Die Tarifvorschriften zum Geltungsbereich des VTV enthalten keine Einschränkung in Bezug auf die Erstellung, Instandsetzung oder Beseitigung von Bauwerken, die sich im oder unter Wasser befinden. Deshalb werden vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV auch Betriebe erfasst, die gewerblich bauliche Leistungen durch Taucher unter Wasser erbringen ( -).
10. Ohne Erfolg macht die Beklagte auch geltend, ihr Betrieb falle unter den fachlichen Geltungsbereich des ab dem gültigen, im Vergleich zu den Bautarifverträgen sachnäheren Rahmentarifvertrages vom für das Taucherei- und Bergungsgewerbe. Dem steht bereits entgegen, dass die Beklagte nach der ausdrücklichen Feststellung des Landesarbeitsgerichts nicht Mitglied im Verband Deutscher Taucherei- und Bergungsbetriebe e.V. war, der diesen nicht allgemeinverbindlichen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr abschloss. Die Voraussetzungen einer Tarifpluralität sind damit nicht erfüllt, so dass der VTV auch nach der mit Beschluss vom (- 10 AS 6/04 -) teilweise aufgegebenen Rechtsprechung des Senats zur Auflösung von Fällen der Tarifpluralität nicht durch einen möglicherweise sachnäheren Tarifvertrag verdrängt worden wäre.
III. Die Beklagte trägt nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits.
Auch soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, hat die Beklagte nach § 91a Abs. 1 ZPO die Kosten zu tragen. Das entspricht aus vorstehenden Gründen nach billigem Ermessen dem bisherigen Sach- und Streitstand.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
XAAAB-93519
1Für die amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein