BAG Urteil v. - 10 AZR 28/05

Leitsatz

[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: AEntG aF vom idF der Änderungsgesetze vom (BGBl. I S. 594), (BGBl. I S. 2985) und (BGBl. I 3843) § 1; EGBGB Art. 34; SGB III § 211 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 2; EG Art. 49; EG Art. 50; EG Art. 310; Richtlinie 96/71/EG vom - EG-Entsenderichtlinie (ABl. EG 1997 L 18/1); Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom (ABl. EG 1993 L 348/1 ff.) -Assoziationsabkommen Art. 55; Baubetriebe-Verordnung vom (BGBl. I S. 2033) § 1; Baubetriebe-Verordnung vom (BGBl. I S. 2033) § 2; BRTV vom idF vom § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5; BRTV vom idF vom § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 23; BRTV vom idF vom § 1 Abs. 2 Abschnitt VI Unterabs. 1 Satz 2; BRTV vom idF vom § 8 Nr. 6.1; BRTV vom idF vom § 8 Nr. Nr. 15.2; VTV/1999 vom idF vom 9. April sowie vom § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5; VTV/1999 vom idF vom 9. April sowie vom § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 23; VTV/1999 vom idF vom 9. April sowie vom § 1 Abs. 2 Abschnitt VI Unterabs. 1 Satz 2; VTV/1999 vom idF vom 9. April sowie vom § 56; VTV/1999 vom idF vom 9. April sowie vom § 61 Abs. 1; VTV/2000 vom idF vom § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5; VTV/2000 vom idF vom § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 23; VTV/2000 vom idF vom § 1 Abs. 2 Abschnitt VI Unterabs. 1 Satz 2; VTV/2000 vom idF vom § 3 Abs. 1 Satz 1; VTV/2000 vom idF vom § 5; VTV/2000 vom idF vom § 6; VTV/2000 vom idF vom § 13 Abs. 1 Satz 1; VTV/2000 vom idF vom § 18 Abs. 1

Instanzenzug: ArbG Wiesbaden 4 Ca 136/01 vom

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Mindestbeiträgen zur Urlaubskasse für die Monate April 1999 bis Februar 2000 sowie April bis August 2000 in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt 42.336,96 Euro.

Der Kläger ist die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK). Dieser ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten Vorschriften des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV) und des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tariflichen Urlaubsvergütung zu sichern. Zur Finanzierung seiner Leistungen erhebt er von den Arbeitgebern Beiträge, die er von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland selbst einzieht. Den Beitragseinzug regelten im Anspruchszeitraum von April 1999 bis Dezember 1999 der allgemeinverbindliche Tarifvertrag über das Sozialkassenverfah-ren im Baugewerbe vom idF vom 9. April sowie vom (VTV/1999) und im übrigen Anspruchszeitraum der allgemeinverbindliche VTV vom in der rückwirkend zum in Kraft gesetzten Fassung vom (VTV/2000).

Die Beklagte ist eine juristische Person polnischen Rechts mit Sitz in W (Polen). Sie führte im Klagezeitraum auf der Grundlage von Werkverträgen mit deutschen Unternehmen mit nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern überwiegend in den alten Bundesländern auf Baustellen Rohbauarbeiten in der Form von Beton-, Stahlbeton- und Maurerarbeiten durch. In B unterhielt sie eine Zweigniederlassung. Im Geschäftsverkehr mit deutschen Auftraggebern und gegenüber öffentlichen Stellen trat sie unter der Bezeichnung "J GmbH, Bauunternehmung, Hoch-, Tief- und Stahlbetonbau" und unter der Anschrift ihrer Zweigniederlassung in B auf. Auch in einem Schreiben an die ULAK vom bezeichnete sie sich als Bauunternehmen J GmbH und gab im Briefkopf die Adresse ihrer Zweigniederlassung in B und einen auf diese Niederlassung bezogenen Telefon- und Faxanschluss an. In Polen erbrachte die Beklagte im Klagezeitraum ebenfalls gewerblich bauliche Leistungen. Darüber hinaus handelte sie mit Baustoffen und verwaltete Immobilien. Bei Berücksichtigung der in Polen und in Deutschland im streitbefangenen Zeitraum ausgeführten Arbeiten entfiel der überwiegende Anteil der Gesamtarbeitszeit der Arbeitnehmer der Beklagten nicht auf die Erbringung von baulichen Leistungen.

In § 1 des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen (Arbeitnehmer-Entsendegesetz - AEntG) vom (BGBl. I S. 227) in der im Klagezeitraum gültigen Fassung (AEntG aF) der Änderungsgesetze vom (BGBl. I S. 594), (BGBl. I S. 2985) und (BGBl. I 3843) heißt es:

"(1) Die Rechtsnormen eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Bauhauptgewerbes oder des Baunebengewerbes im Sinne der §§ 1 und 2 der Baubetriebe-Verordnung vom (BGBl. I S. 2033), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom (BGBl. I S. 1954), die

1. die Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze oder

2. die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches Urlaubsgeld zum Gegenstand haben, finden auch auf ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinem im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 211 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch erbringt und auch inländische Arbeitgeber ihren im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern mindestens die am Arbeitsort geltenden tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewähren müssen. ...

...

(3) Sind im Zusammenhang mit der Gewährung von Urlaubsansprüchen nach Absatz 1 die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch allgemeinverbindliche Tarifverträge einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien übertragen, so finden die Rechtsnormen solcher Tarifverträge auch auf einen ausländischen Arbeitgeber und seinen im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung, wenn in den betreffenden Tarifverträgen oder auf sonstige Weise sichergestellt ist, dass

1. der ausländische Arbeitgeber nicht gleichzeitig zu Beiträgen nach dieser Vorschrift und Beiträgen zu einer vergleichbaren Einrichtung im Staat seines Sitzes herangezogen wird und

2. das Verfahren der gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien eine Anrechnung derjenigen Leistungen vorsieht, die der ausländische Arbeitgeber zur Erfüllung des gesetzlichen, tarifvertraglichen oder einzelvertraglichen Urlaubsanspruchs seines Arbeitnehmers bereits erbracht hat.

Ein Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist verpflichtet, einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien die ihr nach Satz 1 zustehenden Beiträge zu leisten. ...

...

(4) Für die Zuordnung zum betrieblichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach den Absätzen 1, 2, 3 und 3a gelten die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb.

..."

§ 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 Satz 2 BRTV und § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 Satz 2 VTV in den im Klagezeitraum gültigen Fassungen bestimmen:

"Selbständige Betriebsabteilungen sind Betriebe im Sinne dieses Tarifvertrages."

Die ULAK ist der Ansicht, die Beklagte habe Urlaubskassenbeiträge für ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer zu zahlen. Die Beklagte habe im Klagezeitraum zur Ausführung der Rohbauarbeiten in Deutschland jedenfalls eine vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasste selbständige Betriebsabteilung unterhalten.

Die ULAK hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 42.336,96 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, sie schulde der ULAK keine Beiträge, weil sie im streitbefangenen Zeitraum weder arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Leistungen erbracht, noch in Deutschland eine selbständige Betriebsabteilung unterhalten habe. Aus der Existenz ihrer Zweigniederlassung in Deutschland könne nicht auf eine selbständige Betriebsabteilung geschlossen werden. Eine solche Folgerung verletze die Niederlassungsfreiheit ausländischer Werkvertragsunternehmen. Diese würden abgeschreckt, in Deutschland Niederlassungen zu errichten. Auch die räumliche Entfernung zwischen dem Mutterbetrieb in Polen und der Zweigniederlassung in B rechtfertige nicht die Annahme einer selbständigen Betriebsabteilung. Ihr Geschäftsführer habe die auf den Baustellen in Deutschland eingesetzten Arbeitnehmer von Polen aus überwacht und angewiesen. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur Urlaubskasse würde sie doppelt belasten und damit gegen § 1 Abs. 3 AEntG verstoßen. Nach polnischem Recht habe sie ihren Arbeitnehmern nach deren Rückkehr nach Polen Urlaubsabgeltung zahlen müssen, ohne dass die ULAK ihr die ausgezahlte Urlaubsabgeltung nach der tariflichen Regelung zu erstatten habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die ULAK beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der ULAK für den streitbefangenen Zeitraum Mindestbeiträge iHv. 42.336,96 Euro zustehen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Erstreckung des Urlaubskassenverfahrens in der Bauwirtschaft in § 1 Abs. 3 AEntG aF auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland sei wirksam. Die Beklagte habe im Klagezeitraum in Deutschland einen Betrieb des Baugewerbes unterhalten. Dies folge allerdings nicht aus § 1 Abs. 4 AEntG aF, wonach für die Zuordnung zum betrieblichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages nach den Absätzen 1, 2, 3 und 3a die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb gegolten hätten. Diese gesetzliche Fiktion hätte sich ausschließlich auf die tarifliche Zuordnung und nicht auf den Betriebsbegriff des § 1 Abs. 1 AEntG aF bezogen. Die Beklagte habe zwar bei Berücksichtigung der von ihren Arbeitnehmern sowohl in Polen als auch in Deutschland ausgeführten Tätigkeiten im Klagezeitraum nicht arbeitszeitlich überwiegend gewerblich bauliche Leistungen erbracht. "Betrieb" iSv. § 211 Abs. 1 SGB III sei jedoch auch eine Betriebsabteilung. Auf Grund der Inbezugnahme dieser Vorschrift in § 1 Abs. 1 AEntG aF werde auch eine Betriebsabteilung eines Arbeitgebers mit Sitz im Ausland von der gesetzlichen Erstreckung des Urlaubskassenverfahrens erfasst, wenn diese Betriebsabteilung in Deutschland arbeitszeitlich überwiegend Bauleistungen erbringe. Die Merkmale einer baulichen Betriebsabteilung seien erfüllt. Die von der Beklagten in Polen und in Deutschland ausgeführten Tätigkeiten seien schon auf Grund der Entfernung deutlich abgegrenzt gewesen. Die Bauleistungen in Deutschland hätte eine eigene Personaleinheit erbracht. Ein steter Arbeitnehmeraustausch habe nicht stattgefunden. Auch die Arbeitsmittel seien nicht ausgetauscht worden. Die Beklagte habe für die in Deutschland erbrachten baulichen Leistungen eigene, auf diese Arbeiten ausgerichtete technische Arbeitsmittel verwendet. Es spreche bereits eine Vermutung dafür, dass die Beklagte für die in Deutschland ausgeführten Tätigkeiten einen vom übrigen Betrieb abgegrenzten, verselbständigten, arbeitstechnischen Leitungsapparat unterhalten habe. Ohne einen solchen speziellen Leitungsapparat sei ein den jeweiligen Gegebenheiten an den Baustellen Rechnung tragender Personaleinsatz praktisch nicht möglich. Die Umstände des Entscheidungsfalles bestätigten dies. Die in Deutschland ausgeführten Rohbauarbeiten unterschieden sich deutlich von dem Baustoffhandel und der Immobilienverwaltung in Polen. Derart verschiedene arbeitstechnische Zwecke könnten in der Regel nur sachgerecht verfolgt werden, wenn für beide Bereiche relativ verselbständigte arbeitstechnische Leistungseinheiten vorhanden seien. Die Niederlassung der Beklagten in B belege, dass eine vom übrigen Betrieb abgegrenzte Leitungseinheit tatsächlich bestanden habe. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Urlaubsvergütung oder Urlaubsabgeltung an ihre Arbeitnehmer nach polnischem Recht ändere an der gesetzlichen Erstreckung des Urlaubskassenverfahrens nichts. Die Beklagte werde dadurch nicht unzulässig doppelt belastet. Sie habe gegen die ULAK einen Ausgleichsanspruch.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat im Ergebnis und auch weitgehend in der Begründung.

1. Der ULAK stehen nach § 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG aF iVm. § 8 Nr. 15.1 Satz 2 BRTV und den §§ 56, 61 Abs. 1 VTV/1999 für die Monate April bis Dezember 1999 sowie nach § 3 Abs. 1 Satz 1, § 18 Abs. 1 VTV/2000 für Februar 2000 und die Monate April bis August 2000 die geltend gemachten Mindestbeiträge iHv. insgesamt 42.336,96 Euro zu.

2. Die Anwendung des § 1 AEntG aF folgt aus Art. 34 EGBGB. Danach sind Bestimmungen des deutschen Rechts ohne Rücksicht auf das im Übrigen anzuwendende Schuldrecht maßgebend, wenn sie den Sachverhalt zwingend regeln. § 1 AEntG aF enthält zwingendes Recht iSv. Art. 34 EGBGB (vgl. - AP AEntG § 1 Nr. 18 = EzA AEntG § 1 Nr. 3; - 9 AZR 405/00 - BAGE 101, 357, 359; - 9 AZR 440/01 - zu B II 1 der Gründe). Ohne Bedeutung ist deshalb, dass die Arbeitsverhältnisse der von der Beklagten nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer polnischem Recht unterlagen.

3. Die Erstreckung der tariflichen Bestimmungen des Urlaubskassenverfahrens in der Bauwirtschaft auf Arbeitgeber mit Sitz in Polen nach § 1 Abs. 3 Satz 1 AEntG in der im Klagezeitraum geltenden Fassung ist wirksam ( - BAGE 101, 357, 370 f.).

a) Die Voraussetzungen, die in § 1 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 iVm. Abs. 1 AEntG aF für die Anwendung der den Beitragseinzug regelnden tariflichen Rechtsnormen aufgestellt sind, werden durch den BRTV, den VTV/1999 und den VTV/2000 erfüllt (st. Rspr., vgl. - AP AEntG § 1 Nr. 18 = EzA AEntG § 1 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; - 9 AZR 439/01 - BAGE 102, 1, 6 f.).

b) Die Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 1 AEntG aF verstößt nicht gegen Europa- oder Völkerrecht.

aa) Polen ist erst seit dem Mitglied der EG. Die Beklagte hatte damit im streitbefangenen Zeitraum ihren Sitz in einem Land, das kein Mitgliedstaat der EG war. Ein Verstoß gegen die in Art. 49 und Art. 50 EG geregelte Dienstleistungsfreiheit und die EG-Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG vom - ABl. EG 1997 L 18/1) scheidet deshalb von vornherein aus ( - BAGE 101, 357, 370 f.).

bb) Auch das Europa-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Polen andererseits vom (ABl. EG 1993, L 348/1 ff. - Assoziationsabkommen), das ein Beitrittsabkommen iSv. Art. 310 EG ist, steht der Erstreckung der tariflichen Bestimmungen des Urlaubskassenverfahrens in der Bauwirtschaft auf die Beklagte nicht entgegen. Die den Dienstleistungsverkehr zwischen der Gemeinschaft und Polen betreffende Regelung in Art. 55 Abs. 1 Assoziationsabkommen begründete keine unmittelbaren Rechte (vgl. - BAGE 101, 357, 371) und bezweckte keine Besserstellung von Arbeitgebern mit Sitz in Polen gegenüber Arbeitgebern mit Sitz in einem EG-Mitgliedstaat. Nach Art. 55 Abs. 3 Assoziationsabkommen hatte der Assoziationsrat die erforderlichen Maßnahmen zur schrittweisen Durchführung von Absatz 1 zu treffen. Art. 55 Assoziationsabkommen diente damit der schrittweisen Beseitigung innerstaatlicher Hindernisse für den freien Dienstleistungsverkehr. Aus diesem Zweck des Art. 55 Assoziationsabkommen wird deutlich, dass diese Bestimmung Polen für die Übergangsphase der Assoziation keine weitergehende Freiheit des Dienstleistungsverkehrs sichern sollte als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander auf Grund des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft einräumen. Die schrittweise angestrebte Gleichstellung Polens mit den EG-Mitgliedstaaten war nicht nur Ziel, sondern zugleich auch immanente Grenze der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs. Da der freie Dienstleistungsverkehr mit Polen auf das Maß der einem EG-Mitgliedstaat eingeräumten Dienstleistungsfreiheit begrenzt war, könnte die Beklagte selbst dann aus Art. 55 Assoziationsabkommen nichts herleiten, wenn diese Bestimmung ihr unmittelbare Rechte gewährte. Die Erstreckung der tariflichen Bestimmungen des Urlaubskassenverfahrens in der Bauwirtschaft auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland ist seit dem mit dem in Art. 49 und Art. 50 EG festgelegten Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs vereinbar ( - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 1 c der Gründe mwN; - 9 AZR 146/04 -AP AEntG § 1 Nr. 21 = EzA AEntG § 1 Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 2 der Gründe). Die Neufassung des AEntG durch das Gesetz vom (BGBl. I S. 3843, 3850 f., Art. 10 Nr. 1) hat die potentielle Begünstigung inländischer Arbeitgeber (vgl. -C 49/98 ua. - Finalarte ua. - EuGHE I 2001, 7884) aufgehoben. Seit dem In-Kraft-Treten der Änderung am ist die Regelung in § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AEntG aF damit uneingeschränkt anwendbar ( - AP AEntG § 1 Nr. 18 = EzA AEntG § 1 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

4. Die Beklagte war im Klagezeitraum Arbeitgeberin iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG aF. Sie unterhielt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und damit im räumlichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlichen Bautarifverträge (§ 1 Abs. 1 VTV/1999, § 1 Abs. 1 VTV/2000 und § 1 Abs. 1 BRTV) einen Baubetrieb iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV/1999, § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV/2000 und § 1 Abs. 2 Abschnitt VI BRTV.

a) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass bei Berücksichtigung der in Polen und in Deutschland im Klagezeitraum ausgeführten Arbeiten der überwiegende Anteil der Gesamtarbeitszeit der Arbeitnehmer der Beklagten nicht auf die Erbringung baulicher Leistungen entfiel. Dies schließt jedoch die Anwendung der allgemeinverbindlichen tariflichen Bestimmungen des Urlaubskassenverfahrens in der Bauwirtschaft noch nicht aus. Dafür ist allerdings der nur auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland anwendbare Betriebsbegriff in § 1 Abs. 4 AEntG aF nicht maßgebend.

aa) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die gesetzliche Fiktion in § 1 Abs. 4 AEntG aF, wonach für die Zuordnung zum betrieblichen Geltungsbereich eines erstreckten Tarifvertrages die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb galten, sich schon dem Wortlaut nach nicht auf den Betriebsbegriff des § 1 Abs. 1 AEntG aF bezog. Diese zum durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom (BGBl. I S. 2848) aufgehobene Vorschrift kann auch für die Zuordnung der von der Beklagten in den Jahren 1999 und 2000 nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer zum VTV und BRTV nicht angewandt werden. Der Europäische Gerichtshof ( - Rs-C 49/98 ua. - Finalarte ua. - EuGHE I 2001, 7884) hat diese Regelung als gemeinschaftsrechtlich unzulässige Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 59, 60 EG-Vertrag, jetzt Art. 49, 50 EG) beanstandet. Der Gesetzgeber hat deshalb § 1 Abs. 4 AEntG aufgehoben und in § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG aF vor dem Wort "überwiegend" die Wörter "oder die selbständige Betriebsabteilung im Sinne des fachlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrages" eingefügt (Art. 92 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 1 Buchst. a des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom - BGBl. I S. 2848). Mit dieser Änderung des AEntG hat der Gesetzgeber nicht nur auf einen eigenständigen Betriebsbegriff in Bezug auf Arbeitgeber mit Sitz in einem Mitgliedsland der EG verzichtet (BT-Drucks. 15/1515 S. 131). Er hat damit auch von einer Sonderregelung für Arbeitgeber mit Sitz außerhalb der EG abgesehen. Die Anwendung des aufgehobenen § 1 Abs. 4 AEntG durch Organe - auch Gerichte - der EG-Mitgliedstaaten ist nach dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelung unzulässig. Dies gilt auch, wenn es sich - wie hier - um Zeiträume vor In-Kraft-Treten der Änderung handelt und der Arbeitgeber seinen Sitz nicht in einem EG-Mitgliedstaat hatte (vgl. - auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2 b aa der Gründe; - 9 AZR 154/04 - zu I 2 b bb (1) der Gründe; - 9 AZR 343/03 - AP AEntG § 1 Nr. 18 = EzA AEntG § 1 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

bb) Für die Erstreckung der tariflichen Bestimmungen des Urlaubskassenverfahrens auf die Beklagte ist maßgebend, dass die Beklagte im streitbefangenen Zeitraum in Deutschland eine Betriebsabteilung iSd. § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III und eine selbständige Betriebsabteilung iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV/1999 und § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV/2000 unterhalten hat.

(1) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG aF finden ua. die Rechtsnormen eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages des Bauhauptgewerbes oder des Baunebengewerbes iSd. Baubetriebe-Verordnung vom (BGBl. I S. 2033), die die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches Urlaubsgeld zum Gegenstand haben, auch auf ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinem im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen iSd. § 211 Abs. 1 SGB III erbringt und auch inländische Arbeitgeber ihren im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern mindestens die am Arbeitsort geltenden tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewähren müssen. Voraussetzung für die Erstreckung war damit, dass entweder ein Betrieb des Baugewerbes vorlag, also ein Betrieb, der gewerblich überwiegend Bauleistungen auf dem Baumarkt erbrachte (§ 211 Abs. 1 Satz 1 SGB III), oder dass eine Betriebsabteilung baugewerbliche Arbeiten in diesem Umfang ausführte (st. Rspr., vgl. - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 1 a aa der Gründe; - 9 AZR 146/04 - AP AEntG § 1 Nr. 21 = EzA AEntG § 1 Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 3 e der Gründe; - 9 AZR 405/00 - BAGE 101, 357, 374). § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG aF nahm den gesamten Absatz 1 des § 211 SGB III in Bezug. § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III bestimmt, dass Betrieb im Sinne der Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft auch eine Betriebsabteilung ist. Dieses Auslegungsergebnis bestätigt § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG aF, der auf die §§ 1 und 2 der Baubetriebe-Verordnung Bezug nimmt. Auch § 1 Baubetriebe-Verordnung erfasst nicht nur Betriebe, sondern auch Betriebsabteilungen. Würde bei Arbeitgebern mit Sitz im Ausland für die Erstreckung ausschließlich auf den gesamten Betrieb abgestellt, würde dies im Ergebnis zu einer Besserstellung gegenüber inländischen Arbeitgebern führen, die das AEntG verhindern soll ( - BAGE 101, 357, 374).

(2) Auch das erstreckte Tarifrecht der Bauwirtschaft erfasst nicht nur Betriebe des Baugewerbes. § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 Satz 2 BRTV und § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 Satz 2 VTV in den im Klagezeitraum gültigen Fassungen regeln, dass selbständige Betriebsabteilungen Betriebe iSd. Tarifvertrages sind. Nach den mit Wirkung vom für allgemeinverbindlich erklärten Neufassungen des BRTV (AVE vom , Bekanntmachung im BAnz. Nr. 34 vom S. 3025) und des VTV (AVE vom , Bekanntmachung im BAnz. Nr. 218 vom S. 25297) vom gilt nach dem in § 1 Abs. 2 Abschnitt VI Unterabsatz 1 neu eingefügten Satz 3 auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die außerhalb der stationären Betriebsstätte eines nicht baugewerblichen Betriebes baugewerbliche Arbeiten ausführt, als selbständige Betriebsabteilung. Diese Neuregelung ist für den streitbefangenen Zeitraum allerdings ohne Bedeutung.

b) Unter einem Betrieb iSd. § 1 Abs. 2 VTV/1999 und § 1 Abs. 2 VTV/2000 ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen ( - zu II 2 a aa der Gründe; - 4 AZR 17/89 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 115). Dieser Begriff des Betriebes deckt sich mit dem in § 211 Abs. 1 Satz 1 SGB III gebrauchten Betriebsbegriff ( - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 1 a bb der Gründe).

c) Eine Betriebsabteilung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein räumlich, personell und organisatorisch vom Gesamtbetrieb abgegrenzter Betriebsteil, der mit eigenen technischen Betriebsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch nur ein Hilfszweck sein kann ( - AP AEntG § 1 Nr. 21 = EzA AEntG § 1 Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 3 e aa der Gründe mwN). Das zusätzliche tarifliche Merkmal der Selbständigkeit in § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV erfordert eine auch für Außenstehende wahrnehmbare räumliche und organisatorische Abgrenzung sowie einen besonders ausgeprägten spezifischen arbeitstechnischen Zweck ( - aaO, zu I 3 e aa der Gründe; - 9 AZR 44/04 - zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B I 1 a bb der Gründe; - 10 AZR 169/04 - AP ArbGG 1979 § 61 Nr. 12 = EzA ArbGG 1979 § 61 Nr. 19, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2 c der Gründe). Eine bloße betriebsinterne Spezialisierung der Art, dass getrennte Arbeitsgruppen jeweils bestimmte Aufgaben versehen, genügt für die Annahme einer selbständigen Betriebsabteilung nicht ( - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 268; - 10 AZR 120/03 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265). Eine selbständige Betriebsabteilung liegt dagegen vor, wenn der ausländische Arbeitgeber in Deutschland eine Niederlassung unterhält, von der aus er den Einsatz der von ihm entsandten Arbeitnehmer koordiniert ( - aaO, zu B I 2 b aa der Gründe; - 9 AZR 322/01 -zu B II 5 d bb der Gründe). Die Voraussetzung einer für Außenstehende wahrnehmbaren räumlichen und organisatorischen Abgrenzung vom Gesamtbetrieb ist in einem solchen Fall erfüllt. Eine gewisse Selbständigkeit ist wesentliches Merkmal einer Zweigniederlassung. Eine Zweigniederlassung bildet auch einen eigenen, von der Hauptniederlassung zu unterscheidenden selbständigen Mittelpunkt der Geschäfte und ist ein abgesonderter Teil des Gesamtunternehmens ( - aaO, zu B I 2 b bb der Gründe mwN).

d) Daran gemessen war die Beklagte im Klagezeitraum Arbeitgeberin iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG aF. Sie hat in Deutschland eine selbständige Baubetriebsabteilung und damit einen Baubetrieb iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG aF iVm. § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III sowie iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV/1999, § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV/2000 und § 1 Abs. 2 Abschnitt VI BRTV unterhalten.

aa) Mit den von ihr in Deutschland in der Form von Beton-, Stahlbeton- und Maurerarbeiten ausgeführten Rohbauarbeiten erbrachte sie vom betrieblichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlichen Bautarifverträge erfasste Leistungen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5 und 23 VTV/1999, § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5 und 23 VTV/2000 und § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 5 und 23 BRTV), die der Herstellung von Bauwerken dienten und damit nach der Legaldefinition des § 211 Abs. 1 Satz 2 SGB III Bauleistungen waren. Nach dieser Vorschrift sind Bauleistungen alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

bb) Diese Bauleistungen erbrachte eine selbständige Betriebsabteilung der Beklagten in Deutschland. Die Beklagte hatte im streitbefangenen Zeitraum in B eine Zweigniederlassung. Sie trat nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Geschäftsverkehr mit deutschen Auftraggebern und gegenüber öffentlichen Stellen unter der Bezeichnung "J GmbH, Bauunternehmung, Hoch-, Tief- und Stahlbetonbau" und unter der Anschrift ihrer Zweigniederlassung in B auf. Von dieser vom Betriebssitz in W in Polen räumlich weit entfernten Niederlassung in B aus hat die Beklagte auch den Einsatz der von ihr nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer koordiniert. Die Beklagte hat zwar die Behauptung der ULAK bestritten, wonach die Niederlassung in B über eine eigenständige Leitung verfügt hat. Sie hat behauptet, die Leitung, Überwachung und Erteilung von Weisungen zur Durchführung der Werkverträge seien nicht von ihrem Büro in B aus erfolgt. Diese Aufgaben habe ihr Geschäftsführer von Polen aus wahrgenommen. Damit hat die Beklagte das von der ULAK behauptete Bestehen eines eigenständigen Leitungsapparates jedoch nicht substantiiert und damit nicht wirksam bestritten. Angesichts der von der ULAK dargelegten und vom Landesarbeitsgericht festgestellten deutlichen räumlichen Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche in Polen und Deutschland, des Einsatzes einer eigenen Personaleinheit zur Erfüllung der mit deutschen Unternehmen abgeschlossenen Werkverträge sowie der Verwendung von speziell auf die in Deutschland ausgeführten baugewerblichen Arbeiten ausgerichteten Arbeitsmitteln durfte sich die Beklagte nicht auf die pauschale Behauptung beschränken, alle Leitungsaufgaben habe ihr Geschäftsführer von Polen aus erledigt. Hat die ULAK ihrer Darlegungslast genügt, indem sie die äußeren Umstände dargetan hat, unter denen ein ausländischer Arbeitgeber in Deutschland bauliche Leistungen erbracht hat, und behauptet, der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland habe für die Durchführung der Werkverträge eine eigene Leitungsebene eingerichtet, hat sich der von der ULAK in Anspruch genommene Arbeitgeber hierzu nach § 138 Abs. 2 ZPO konkret zu äußern. Die pauschale Behauptung, alle Leitungsaufgaben hätte ihr Geschäftsführer vom Betriebssitz im Ausland aus wahrgenommen, genügt nicht ( - AP AEntG § 1 Nr. 21 = EzA AEntG § 1 Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu I 3 e bb (2) der Gründe).

e) Entgegen der Auffassung der Revision benachteiligt die Annahme einer selbständigen Betriebsabteilung die Beklagte als Arbeitgeberin mit Sitz im Ausland nicht unzulässig gegenüber inländischen Arbeitgebern. Unterhält ein Arbeitgeber mit Sitz im Inland eine vom Betriebssitz räumlich weit entfernte Niederlassung mit eigenem Personal und speziellen Arbeitsmitteln und koordiniert und leitet er von der Niederlassung aus den Personaleinsatz, gelten keine anderen Maßstäbe. Selbst wenn man die von der Beklagten behauptete Benachteiligung annehmen wollte, könnte die Beklagte daraus keine unzulässige Beeinträchtigung der nur den EG-Mitgliedstaaten eingeräumten Dienstleistungsfreiheit (Art. 59, 60 EG-Vertrag, jetzt Art. 49, 50 EG) ableiten. Die Beklagte hat ihren Sitz in Polen, das im Klagezeitraum noch nicht Mitglied der EG war.

5. Auch die von der Beklagten gerügte unzulässige Doppelbelastung liegt nicht vor. Hat ein nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer nach den Vorschriften seines Heimatstaates Anspruch auf Urlaubsabgeltung und gilt der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland diesen Urlaub ab, hat der ausländische Arbeitgeber in entsprechender Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 1 VTV/2000 auch dann einen Erstattungsanspruch, wenn die Urlaubsabgeltung nicht nach Maßgabe des § 8 Nr. 6.1 BRTV erfolgt ist ( - AP AEntG § 1 Nr. 21 = EzA AEntG § 1 Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2 b der Gründe; - 9 AZR 405/00 - BAGE 101, 357, 375 f.). Die zur Vermeidung einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland und mit Sitz im Inland gebotene entsprechende Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 1 VTV/2000 setzt allerdings voraus, dass der ausländische Arbeitgeber seine Meldepflichten nach § 5 und § 6 VTV/2000 vollständig und ordnungsgemäß erfüllt hat (vgl. - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265). Eine Erstattung trotz nicht erfüllter Meldepflichten führte zu einer ebenfalls nicht gerechtfertigten Privilegierung von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland ( - aaO, zu II 2 c der Gründe).

Fundstelle(n):
DB 2006 S. 397 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 14/2006 S. 1095
JAAAB-93499

1Für die Amtliche Sammlung: nein; Für die Fachpresse: nein