Leitsatz
[1] Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Auskünfte verlangen, die er benötigt, um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen für die Errichtung eines Europäischen Betriebsrats oder die Vereinbarung eines Verfahrens zur grenzüberschreitenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen oder Unternehmensgruppen vorliegen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine gewisse tatsächliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Voraussetzungen des EBRG erfüllt sind.
Gesetze: EBRG § 5 Abs. 1; EBRG § 5 Abs. 2; EBRG § 6
Instanzenzug: ArbG Wesel 3 BV 9/98 vom LAG Düsseldorf 5 TaBV 87/98 vom
Gründe
A. Die Beteiligten streiten - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, den Betriebsrat über ihre Beteiligungen und die Beteiligungen ihrer Gesellschafter an anderen Unternehmen der sog. bofrost*-Gruppe zu unterrichten. Der Betriebsrat will anhand dieser Informationen die Voraussetzungen für die Bildung eines Europäischen Betriebsrats oder einer Vereinbarung über grenzüberschreitende Unterrichtung und Anhörung nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) prüfen.
Die Arbeitgeberin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz in S. Sie beschäftigt ca. 1.900 Arbeitnehmer. Für diese ist der antragstellende Betriebsrat gebildet. Gesellschafter der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin sind H. L., M. B., A. B. und P. B. mit Stammeinlagen von je 15.000,00 DM. M., A. und P. B. sind die Kinder des "Firmengründers" J. B., des Beteiligten zu 3). Sie sind zugleich Kommanditisten der Arbeitgeberin mit Stammeinlagen von je 127.000,00 DM (= 5 %). Weiterer Kommanditist ist der Beteiligte zu 3) mit einer Stammeinlage von 2.159.000,00 DM (= 85 %).
In der Bundesrepublik gibt es folgende weitere Unternehmen der sog. bofrost*-Gruppe:
- die bofrost* J. B. Deutschland Ost GmbH & Co. KG in A. mit ca. 610 Arbeitnehmern,
- die bofrost* Dienstleistungs GmbH & Co. KG in S. mit ca. 730 Arbeitnehmern,
- die spedbo Speditions GmbH & Co. KG in S. mit ca. 40 Arbeitnehmern,
- die bofrost* Vertrieb International GmbH & Co. KG in S.,
- die bofrost* Vertrieb International GmbH & Co. KG in E. und
- die bofrost* International Beteiligungs GmbH.
Bei den als GmbH & Co. KG organisierten Gesellschaften ist der Beteiligte zu 3) nicht an den Komplementär-GmbH beteiligt. Er hält folgende Kommanditanteile:
- bofrost* J. B. Deutschland Ost GmbH & Co. KG 100 %;
- bofrost* Dienstleistungs GmbH & Co. KG ca. 70 %;
- bofrost* Vertrieb International GmbH & Co. KG 100 %.
An der bofrost* International Beteiligungs GmbH besitzt er 100 % der Gesellschaftsanteile.
Im April 1993 schloss die Arbeitgeberin - damals noch unter der Bezeichnung bofrost* J. B. GmbH & Co. KG - mit den fünf weiteren Kommanditgesellschaften einen sog. Gleichordnungskonzernvertrag (im Folgenden: nationaler Gleichordnungskonzernvertrag). Dieser enthält ua. folgende Bestimmungen:
"I.
Die Gesellschaften stellen sich nach Maßgabe nachstehender Vereinbarungen unter eine einheitliche Konzernleitung entsprechend § 18 Abs. 2, § 291 Abs. 2 AktG, ohne daß dadurch eine dieser Gesellschaften von der anderen abhängig wird.
Die Konzernleitung haben die Gesellschaften dem von ihnen gebildeten Lenkungsausschuß (Ziffer II) übertragen.
II.
Der Lenkungsausschuß koordiniert die Geschäftstätigkeit der Gesellschaften. ...
III.
Der Lenkungsausschuß setzt sich aus Geschäftsführern der Gesellschaften zusammen. Die zu Mitgliedern des Lenkungsausschusses ernannten Geschäftsführer haben jeweils eine Stimme.
Ist die im Rahmen des Kollegialitätsprinzips anzustrebende Einstimmigkeit in der Beschlußfassung nicht zu erzielen, entscheidet der Lenkungsausschuß mit mindestens 2/3 Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Das Nähere wird durch Geschäftsordnung geregelt.
IV.
Der in den Gesellschaften jeweils personengleich bestehende Gesellschafterbeirat hat im Lenkungsausschuß beratendes Stimmrecht. Der Gesellschafterbeirat kann jedoch bestimmen, daß Entscheidungen über von ihm zu definierende Maßnahmen und Geschäfte nur mit seiner Zustimmung getroffen werden dürfen.
Das Nähere wird durch Geschäftsordnung geregelt."
Nach Nr. 2.2 Satz 1 der Geschäftsordnung zum nationalen Gleichordnungskonzernvertrag (im Folgenden: Geschäftsordnung) trägt der Lenkungsausschuss gegenüber dem Gesellschafterbeirat die volle Verantwortung für die Führung der Geschäfte der bofrost*-Familienunternehmen. In seinen Aufgabenbereich fallen nach Nr. 2.2 Satz 2 Buchst. a die "Festlegung und Formulierung der Geschäftspolitik in Abstimmung mit den Geschäftsführungen" sowie nach Nr. 2.2 Satz 2 Buchst. f das "Erteilen von bindenden Anweisungen an die Geschäftsführungen zur Durchsetzung von Richtlinien". Nach der Anlage 3 zur Geschäftsordnung bedürfen die Geschäftsführungen zu zahlreichen Geschäften und Maßnahmen der vorherigen Zustimmung des Lenkungsausschusses. Hinsichtlich des Gesellschafterbeirats enthält die Geschäftsordnung unter Nr. 3 insbesondere folgende Bestimmungen:
"3.1 Organisation
a) Die Mitgliedschaft und der Vorsitz im Gesellschafterbeirat regeln sich nach Maßgabe der Gesellschaftsverträge der bofrost*-Familienunternehmen.
...
3.2 Aufgaben und Kompetenzen
Die Aufgaben und Kompetenzen des Gesellschafterbeirats entsprechen den für einen Aufsichtsrat gemäß § 111 Aktiengesetz getroffenen Regelungen. Der Gesellschafterbeirat berät und überwacht also die Geschäftsführungen und die Geschäftsführer der bofrost*-Familienunternehmen.
...
Die Überwachungspflicht des Gesellschafterbeirats erstreckt sich auf Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Vorteilhaftigkeit der Geschäftstätigkeit für die bofrost*-Familienunternehmen.
Der Gesellschafterbeirat nimmt seine Aufgaben nach Maßgabe der ihm gesellschaftsvertraglich zugewiesenen Rechte und Pflichten, insbesondere durch Festlegung derjenigen Geschäfte war, welche nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen; Einzelheiten ergeben sich aus Anlage 2 der Geschäftsordnung.
3.3 Beschlußfassung
a) Der Gesellschafterbeirat ist beschlußfähig, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist.
b) Beschlüsse des Gesellschafterbeirats bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der absoluten Mehrheit aller Mitglieder. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende."
In der Anlage 2 zur Geschäftsordnung sind die Geschäfte des Lenkungsausschusses aufgeführt, die der Zustimmung durch den Gesellschafterbeirat bedürfen. Dort heißt es:
"Der Lenkungsausschuß bedarf zu allen über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Geschäften und Maßnahmen der vorherigen Zustimmung des Gesellschafterbeirates. In den einzelnen Arbeitsgebieten sind generell folgende Geschäfte und Maßnahmen zustimmungspflichtig:
I. Geschäfte und Maßnahmen, durch welche die Grundstrukturen der bofrost*-Familienunternehmen berührt werden, insbesondere
1. ... das grundsätzliche Zusammenwirken der Gesellschaften der Gruppe ...
2. die Aufnahme neuer Geschäftszweige bzw. Vertriebswege oder deren Aufgabe,
...
4. die Führungsstruktur und das Vergütungssystem innerhalb der einzelnen Gesellschaften der Gruppe, soweit es sich um einen Systemwechsel handelt ... sowie die Besetzung der Führungspositionen bis einschließlich 1. Ebene unterhalb der Geschäftsführung der Gesellschaften, einschließlich der Regelung der Vergütung dieser Positionen,
5. die Verteilung der Geschäftsführungsaufgaben zwischen den Mitgliedern der Geschäftsführung in den einzelnen Gesellschaften,
6. Betriebsvereinbarungen von grundsätzlicher Bedeutung
...
II. Investitionen und Kosten sowie sonstige unmittelbar auf die Gesellschaftsinteressen sich auswirkende Vorgänge, insbesondere,
1. das Investitions- und Kostenbudget ...
2. die Zuführung ersparter Mittel zur Dispositionsreserve ...
3. der Erwerb, die Herstellung, Veräußerung oder Belastung von Immobilien.
III. Kredite, Darlehen, Haftungsübernahme, insbesondere
...
2. Kredite aus Lieferungen ... von mehr als DM 5.000.-- ... bei der Vertriebsgesellschaft,
3. Darlehen an Geschäftsführer, Führungskräfte und Mitarbeiter,
4. Übernahme von Haftungen und Bürgschaften einschließlich Patronatserklärung jeder Art,
5. Belastung und Abtretung von Vermögenswerten jeder Art.
IV. Personal- und Sozialwesen, insbesondere
1. Bestellung und Abberufung von Prokuristen,
2. Einstellung, Beförderung und Entlassung von Führungskräften bis zur 1. Ebene unterhalb der Geschäftsführung,
...
4. Jährliche Festlegung des Rahmens für die Gehälter von außertariflich vergüteten Führungskräften und Mitarbeitern ..."
Zustimmungsvorbehalte bestehen des Weiteren hinsichtlich des Rechts- und Vertragswesens, der Steuern, des Rechnungswesens sowie in Bezug auf den Bereich Finanzen.
Vorsitzender des nationalen Gesellschafterbeirats ist der Beteiligte zu 3), weiteres Mitglied Rechtsanwalt Dr. H., der Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin und des Beteiligten zu 3).
Weitere Gesellschaften der europaweit über 8.000 Mitarbeiter beschäftigenden bofrost*-Gruppe sind in Italien, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, den Niederlanden, Spanien und Österreich ansässig. In Italien sind etwa 1.800 Arbeitnehmer, in Spanien etwa 600, in Frankreich etwa 200, in den Niederlanden etwa 40 und in Griechenland etwa 30 Arbeitnehmer beschäftigt.
Die Arbeitgeberin hält an den im Ausland tätigen Unternehmen keine Beteiligungen. Die bofrost* International Beteiligungs GmbH ist zu 60 % an der bofrost* Italia S.p.A beteiligt. An anderen Auslandsgesellschaften ist mehrheitlich die bofrost* Vertrieb International GmbH & Co. KG beteiligt. Nach der in der Anhörung vor dem Senat bestätigten Erklärung des Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin im Termin vor dem Arbeitsgericht am hält der Beteiligte zu 3) "im Sinne einer indirekten Beteiligung ... die Kapital- und Stimmenmehrheit in den vom Betriebsrat angeführten Unternehmen".
Dem Betriebsrat sind nach seinem eigenen Vorbringen die Beteiligungsverhältnisse jedenfalls für die inländischen Unternehmen auf Grund der Handelsregisterauszüge bekannt. Der Betriebsrat hatte dies im Schriftsatz vom auch hinsichtlich der Unternehmen in Österreich und Italien vorgetragen, in der mündlichen Anhörung vor dem Senat hierzu aber erklärt, zum einen seien diese Kenntnisse unvollständig, zum andern seien zwischenzeitlich Änderungen eingetreten. Die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 3) sind dem nicht entgegengetreten.
Im April 1997 unterzeichneten "die Mitglieder des bofrost* Lenkungsausschusses Europa" und der Gesellschafterbeirat - der Beteiligte zu 3) sowie Rechtsanwalt Dr. H. - eine Vereinbarung "Internationaler Gleichordnungskonzernvertrag zwischen den Unternehmen der bofrost*-Gruppe in Europa" (im Folgenden: Internationaler Gleichordnungskonzernvertrag). Diese sieht ua. vor:
"1. Gleichordnung der Vertragsparteien
1.1 Vertragsparteien sind die in Europa operativ tätigen bofrost*-Unternehmen unter Führung ihrer jeweiligen nationalen Leitungsorgane.
1.2 Die Vertragsparteien organisieren ihre länderübergreifende einheitliche Leitung entsprechend der deutschen Regelung zu § 18 Abs. 2 AktienG und § 291 Abs. 2 AktienG dahingehend, daß keine Vertragspartei von einer anderen Vertragspartei oder einem anderen Unternehmen abhängig ist oder wird.
1.3 Die einheitliche Leitung aller in Europa operativ tätigen bofrost*-Unternehmen erfolgt durch den von den Vertragsparteien in S. (Bundesrepublik Deutschland) etablierten "bofrost* Lenkungsausschuß Europa".
2. bofrost* Lenkungsausschuß Europa
2.1 Der bofrost* Lenkungsausschuß Europa hat die Aufgabe, die Grundlinien der Geschäftstätigkeit der bofrost*-Unternehmen mit dem Ziel eines möglichst einheitlichen und effektiven Marktantritts der Marke bofrost* in Europa unter Berücksichtigung der jeweiligen länderspezifischen Besonderheiten festzulegen.
2.2 Der bofrost* Lenkungsausschuß Europa setzt sich aus den von den bofrost*-Unternehmen jeweils nach Maßgabe der landesspezifischen Regelungen zu bestimmenden Mitgliedern der nationalen Leitungsorgane zusammen. Auf jede Vertragspartei (d.h. auf jedes Land, in welchem bofrost*-Unternehmen operativ tätig sind) entfällt eine Stimme, wird eine Vertragspartei von mehreren Personen vertreten, können diese das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.
2.3 Beschlußfassungen erfolgen einstimmig; läßt sich die Einstimmigkeit nicht erreichen, muß der Beschluß auf eine spätere Zusammenkunft vertagt werden. Gefaßte Beschlüsse sind für alle davon jeweils erfaßten Vertragsparteien verbindlich und von den national zuständigen Leitungsorganen innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches eigenverantwortlich umzusetzen.
3. Gesellschafterbeirat
3.1 Der von den Mehrheitsgesellschaftern der bofrost*-Unternehmen eingesetzte Gesellschafterbeirat nimmt beratend an den Sitzungen des bofrost* Lenkungsausschusses Europa teil.
3.2 Entsprechend der gegenüber den einzelnen bofrost*-Unternehmen bestehenden Beratungs- und Überwachungspflicht äußern sich die Mitglieder des Gesellschafterbeirates anläßlich der Sitzungen des bofrost* Lenkungsausschusses Europa in bezug auf die Vorteilhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit der zur Beschlußfassung vorgeschlagenen Maßnahmen.
3.3 Bei Beschlußfassungen über Geschäfte und Maßnahmen, welche über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen, üben die Mitglieder des Gesellschafterbeirates in analoger Anwendung zu § 164 HGB das Zustimmungsrecht der Gesellschafter aus."
Mitglieder des Gesellschafterbeirats sind ebenso wie auf nationaler Ebene der Beteiligte zu 3) als Vorsitzender und Rechtsanwalt Dr. E. H.
Der Betriebsrat forderte die Arbeitgeberin und den Lenkungsausschuss wiederholt erfolglos auf, ihn über die durchschnittliche Gesamtzahl der Arbeitnehmer und ihre Verteilung auf Mitgliedstaaten, die Unternehmen und Betriebe sowie über die Struktur der Unternehmen und der Unternehmensgruppe zu unterrichten.
Die Arbeitgeberin hat - im Lauf des vorliegenden Verfahrens - mit inhaltlich gleichlautenden Schreiben vom einen Teil der Unternehmen, hinsichtlich derer der Betriebsrat Auskunft begehrt, um entsprechende Informationen einschließlich schriftlicher Unterlagen gebeten. Die angefragten Unternehmen haben dies abgelehnt.
Der Betriebsrat hat sein Auskunftsverlangen in dem am eingeleiteten Beschlussverfahren auf § 5 Abs. 1 und 2 EBRG gestützt und geltend gemacht, er benötige die Informationen, um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen für die Errichtung eines Europäischen Betriebsrats vorliegen. Bei der bofrost*-Gruppe handele es sich um eine gemeinschaftsweit tätige Unternehmensgruppe. Herrschendes Unternehmen sei der Beteiligte zu 3). Nur er komme als zentrale Leitung in Betracht. Er könne auf Grund seiner Beteiligungen und seiner Stellung im Gesellschafterbeirat beherrschenden Einfluss auf die anderen Unternehmen ausüben. Im Übrigen bestehe der Unterrichtungsanspruch nach § 5 EBRG auch dann, wenn noch nicht feststehe, ob ein Unternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe herrschend sei. Der Auskunftsanspruch folge auch aus § 80 Abs. 2 BetrVG.
Der Betriebsrat hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, ihn durch Vorlage und Aushändigung schriftlicher Unterlagen darüber zu unterrichten, ob und in welchem Umfang sie mit folgenden Unternehmen
- bofrost* J. B. Deutschland Ost GmbH & Co. KG
- bofrost* Dienstleistungs GmbH & Co. KG
- spedbo Speditions GmbH & Co. KG
- bofrost* Italien
- bofrost* Spanien
- bofrost* Österreich
- bofrost* Frankreich
- bofrost* Niederlande
- bofrost* Griechenland
- bofrost* England
in dem Sinne verbunden ist, dass sie selbst oder ihre Gesellschafter daran direkt oder indirekt Anteile halten.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dem Antrag fehle teilweise das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Betriebsrat über einen Teil der begehrten Informationen bereits verfüge. Im Übrigen finde das EBRG auf die bofrost*-Gruppe keine Anwendung, da es sich um einen Gleichordnungskonzern handele. Der Beteiligte zu 3) sei kein herrschendes Unternehmen. Eine etwaige, auf seine Beteiligungen an den Unternehmen gestützte Vermutung sei auf Grund des Internationalen Gleichordnungskonzernvertrags widerlegt. Auch aus seiner Funktion im Gesellschafterbeirat folge nicht die Möglichkeit, die nationalen und europäischen Unternehmen der Gruppe zu leiten. Die Rechte der Gesellschafterbeiräte seien typische Überwachungsrechte, aber keine Mittel, um die bofrost*-Familienunternehmen zu steuern. Außerdem sei die Arbeitgeberin nicht in der Lage, sämtliche geforderten Informationen zu geben. Sie verfüge über die Informationen nicht und habe gegenüber anderen Unternehmen oder ihren eigenen Gesellschaftern auch keine entsprechenden Auskunftsansprüche.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat nach Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom - Rs C-62/99 - bofrost* - Slg. 2001, I-2579 = AP EWG-Richtlinie Nr. 94/45 Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 94/45/EG Nr. 2) die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin weiterhin die Abweisung des Antrags. Der Betriebsrat bittet um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Der vom Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligte J. B. hat sich dem Antrag der Arbeitgeberin angeschlossen und sich deren Vorbringen zu Eigen gemacht.
B. Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Der dem Senat angefallene Antrag ist teils begründet, teils unbegründet. Der Betriebsrat hat einen Anspruch gegen die Arbeitgeberin auf Auskunft über die Beteiligungen von J. B. an den zur Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen insoweit, als er hierüber noch keine zuverlässige Kenntnis besitzt. Dagegen ist der Antrag insoweit unbegründet, als der Betriebsrat bereits über die begehrten Informationen verfügt. Unbegründet ist der Antrag auch, soweit der Betriebsrat Informationen über die Beteiligungen der Arbeitgeberin, deren Komplementär-GmbH sowie der Kommanditisten M., A. und P. B. verlangt. Der Betriebsrat bedarf dieser Informationen nicht.
I. Der Antrag bedarf in mehrfacher Hinsicht der Auslegung.
1. Auslegungsbedürftig ist er zunächst insoweit, als der Betriebsrat die einzelnen Gesellschafter der Arbeitgeberin nicht ausdrücklich benannt hat. Gemeint sind erkennbar alle Gesellschafter. Dazu gehört zum einen die Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin, die bofrost* J. B. Verwaltungs Deutschland West GmbH. Zwar haben weder der Betriebsrat noch die Vorinstanzen diese ausdrücklich bezeichnet. Ihre Identität ergibt sich aber zweifelsfrei aus der Rechtsbeschwerdeschrift sowie der Auskunft des Amtsgerichts Kleve vom . Gesellschafter sind außerdem die Kommanditisten der Arbeitgeberin, also der Beteiligte zu 3) sowie die weiteren Kommanditisten M., A. und P. B.
2. Der Auslegung bedarf der Antrag ferner hinsichtlich des Umfangs der Informationen, die zum direkten oder indirekten Halten von Anteilen begehrt werden. Er ist dahin zu verstehen, dass der Betriebsrat nicht nur wissen will, ob die Arbeitgeberin oder deren Gesellschafter überhaupt irgendwelche Anteile an den Unternehmen der bofrost*-Gruppe halten, sondern auch, wie groß diese Anteile jeweils sind. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass es für die Frage der Beherrschung, um die es in dem Verfahren entscheidend geht, auf die Höhe der Beteiligungen ankommen kann.
3. Auslegungsbedürftig ist auch die Frage, was mit "Anteilen" gemeint ist.
a) Soweit von der Auskunft Kommanditgesellschaften nach deutschem Recht betroffen sind, richtet sie sich auf die Beteiligung der Kommanditisten an der Gesamteinlage, also auf die Kapitalanteile (vgl. § 120 Abs. 2, § 167, § 264c Abs. 2 HGB, § 4 MitbestG).
b) Auch bei den ausländischen Gesellschaften geht es ersichtlich um die Kapitalbeteiligung. Bei reinen Kapitalgesellschaften ist dies das "gezeichnete Kapital" iSv. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 94/45/EG vom über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (im Folgenden: Richtlinie 94/45/EG). Bei Gesellschaften, die der deutschen GmbH, KG oder OHG entsprechen (vgl. zur Kapitalbeteiligung an Handelsgesellschaften auch Hueck DB 1966, 1043), ist die Stimmrechte begründende kapitalmäßige Beteiligung iSv. Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 94/45/EG gefragt.
c) "Direkt" gehalten im Sinne des Antrags werden die Anteile, die der Arbeitgeberin oder ihren Gesellschaftern unmittelbar selbst zustehen. "Indirekt" gehalten werden die Anteile, die einer Gesellschaft zustehen, an der wiederum die Arbeitgeberin bzw. die Gesellschafter beteiligt sind.
4. Der Auslegung bedarf der Antrag ferner hinsichtlich der Frage, an welchen Unternehmen die Beteiligung mitgeteilt werden soll. Keine Zweifel können insoweit hinsichtlich der drei namentlich bezeichneten deutschen Kommanditgesellschaften bestehen. An einer ausdrücklichen Angabe von Unternehmen fehlt es indessen, soweit in dem Antrag von bofrost* Italien, Spanien, Österreich, Frankreich, Niederlande und Griechenland die Rede ist. Wie sich aus der im Verfahren vorgelegten Aufstellung ergibt, gibt es in diesen Ländern nicht jeweils nur ein Unternehmen der bofrost*-Gruppe. Da alle diese Unternehmen bei der Bildung eines Europäischen Betriebsrats in Betracht kommen, hat der Senat den Antrag dahin verstanden, dass er sowohl darauf gerichtet ist, ob und ggf. an welchen der ausländischen zur bofrost*-Gruppe gehörenden Unternehmen die Arbeitgeberin und ihre Gesellschafter Anteile halten, als auch darauf, wie groß diese Anteile sind. Nicht erfasst ist von dem Antrag allerdings nach dessen eindeutigem Wortlaut das in der vorgelegten Aufstellung ebenfalls aufgeführte Luxemburger Unternehmen.
5. Auslegungsbedürftig ist der Antrag schließlich auch insoweit, als der Betriebsrat die Unterrichtung "durch Vorlage und Aushändigung schriftlicher Unterlagen" verlangt. Der Senat hat den Antrag dahin verstanden, dass die Auskunft schriftlich erteilt werden soll. Wäre der Antrag weitergehend dahin zu verstehen, dass zusätzlich zur Auskunft die Vorlage und Aushändigung von Unterlagen begehrt wird, bliebe völlig unklar, um welche Unterlagen es sich insoweit handeln soll. In diesem Fall wäre dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt, der Antrag hätte insoweit als unzulässig abgewiesen werden müssen (vgl. aber dazu, dass dem Betriebsrat materiellrechtlich ein Anspruch auf Vorlage bestimmter - im Prozess allerdings konkret zu bezeichnender - Unterlagen zustehen kann, - bofrost* - Slg. 2001, I-2579 = AP EWG-Richtlinie Nr. 94/45 Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 94/45/EG Nr. 2, Rn. 40, 41).
II. Mit dem dargestellten Inhalt ist der Antrag zulässig.
1. Er ist hinreichend bestimmt im Sinne des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Für die Arbeitgeberin ist - in einer ggf. auch eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO (vgl. Zöller/Stöber ZPO § 888 Rn. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO § 887 Rn. 21) ermöglichenden Weise - erkennbar, welche Auskünfte von ihr verlangt werden.
2. Der Antrag ist auch hinsichtlich der Informationen zulässig, die der Betriebsrat bereits besitzt. Es fehlt ihm insoweit nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dieses bedarf bei Leistungsanträgen - anders als gemäß § 256 Abs. 1 ZPO bei Feststellungsanträgen - regelmäßig keiner gesonderten Prüfung, sondern folgt aus dem behaupteten Anspruch. Ob dieser besteht, ist eine Frage der Begründetheit.
III. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG ist der als zentrale Leitung im Sinne des EBRG in Betracht kommende J. B. beteiligt. Die in den Vorinstanzen unterbliebene Beteiligung konnte im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden. Der Beteiligte zu 3) hat hiergegen keine Einwendungen erhoben.
IV. Der Antrag ist insoweit begründet, als es um die Beteiligungen von J. B. an den ausländischen bofrost*-Unternehmen geht. Der Anspruch folgt aus § 5 Abs. 2 iVm. Abs. 1 EBRG.
1. Der gegen die zentrale Leitung einer Unternehmensgruppe gerichtete Informationsanspruch nach § 5 Abs. 1 EBRG soll sicherstellen, dass die Arbeitnehmervertretungen Kenntnis von den Fakten erhalten, an Hand derer sie beurteilen können, ob die Voraussetzungen für eine grenzübergreifende Unterrichtung und Anhörung in ihren Unternehmen oder in ihrer Unternehmensgruppe gegeben sind (BT-Drucks. 13/4520 S. 19; BT-Drucks. 13/5021 S. 7; Müller EBRG § 5 Rn. 1; Blanke EBRG § 5 Rn. 1).
a) Die nach § 5 Abs. 1 EBRG geschuldete Auskunft betrifft nicht nur die durchschnittliche Gesamtzahl und Verteilung der Arbeitnehmer, sondern auch die Struktur der Unternehmensgruppe (vgl. Blanke EBRG § 5 Rn. 5; DKK-Däubler § 5 EBRG Rn. 3; Joost BB 2001, 2214, 2215). Dies entspricht Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 94/45/EG, dessen Umsetzung § 5 EBRG dient (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19). Die danach den Unternehmen aufzuerlegende Informationspflicht betrifft über den reinen Wortlaut der Richtlinie hinaus nicht nur die Beschäftigtenzahl, sondern nach der vom Normzweck gebotenen Auslegung auch das Bestehen eines Beherrschungsverhältnisses zwischen den betroffenen Unternehmen. Daher "hat, wenn die Daten über die Struktur oder die Organisation einer Unternehmensgruppe zu den Informationen gehören, die zur Aufnahme von Verhandlungen zur Errichtung eines Europäischen Betriebsrats oder zur Schaffung eines Verfahrens zur länderübergreifenden Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer unerlässlich sind, ein Unternehmen dieser Unternehmensgruppe diese Daten, soweit es über sie verfügt oder sie sich beschaffen kann, den Organen der internen Arbeitnehmervertretung auf Antrag zur Verfügung zu stellen" ( - bofrost* - Slg. 2001, I-2579 = AP EWG-Richtlinie Nr. 94/45 Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 94/45/EG Nr. 2, Rn. 39).
b) Der Auskunftsanspruch hat eine "dienende" Funktion. Sein Ziel ist nicht, der Arbeitnehmervertretung unabhängig von der Frage, ob die Informationen für die Errichtung eines Europäischen Betriebsrats von Bedeutung sind, detaillierte Kenntnisse über sämtliche Verästelungen der Struktur einer Unternehmensgruppe zu verschaffen. Es geht vielmehr darum, dass sie die Informationen bekommt, die zur Aufnahme von Verhandlungen zur Errichtung eines Europäischen Betriebsrats "unerlässlich" sind ( - bofrost* - Slg. 2001, I-2579 = AP EWG-Richtlinie Nr. 94/45 Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 94/45/EG Nr. 2, Rn. 39 - 41). Weitergehende Auskünfte können danach nicht verlangt werden (Schmidt RdA 2001, Sonderbeilage Heft 5 S. 12, 16; vgl. auch Thüsing/Leder SAE 2002, 171, 173). "Unerlässlich" sind für den Betriebsrat nur solche Informationen, über die er nicht oder jedenfalls nicht zuverlässig verfügt. Ein Auskunftsanspruch des Betriebsrats besteht daher insoweit regelmäßig nicht, als der Betriebsrat zuverlässige, vom Arbeitgeber nicht bestrittene Informationen bereits besitzt.
c) Der Auskunftsanspruch nach § 5 Abs. 1 EBRG setzt nicht voraus, dass die Existenz einer gemeinschaftsweit tätigen Unternehmensgruppe sowie eines herrschenden Unternehmens bereits feststeht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Der Auskunftsanspruch besteht daher dann nicht, wenn feststeht, dass die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des EBRG nicht vorliegen.
Entsprechende Grundsätze gelten für den Auskunftsanspruch nach § 80 Abs. 2 BetrVG (vgl. insb. - BAGE 90, 288, 295 f. = AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 56 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 43, zu B II 1 der Gründe; - 1 ABR 28/97 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 57 = EzA BetrVG 1972 § 80 Nr. 44, zu B II 1 der Gründe). Dieser soll es dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben. Die Grenzen des Auskunftsanspruchs liegen danach dort, "wo Anhaltspunkte dafür fehlen, dass ein Beteiligungsrecht in Betracht kommt" ( aaO). Ausreichend für den Auskunftsanspruch ist "eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Bestehen von Aufgaben des Betriebsrats" ( aaO; aaO jeweils mwN). Bei der Beurteilung dieser Wahrscheinlichkeit ist vom jeweiligen Kenntnisstand des Betriebsrats auszugehen ( aaO). Es ist sachgerecht und entspricht dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (Art. 9 Richtlinie 94/45/EG, § 2 Abs. 1 BetrVG), diese Maßstäbe auf den Auskunftsanspruch nach § 5 EBRG anzuwenden (ebenso Thüsing/Leder SAE 2002, 171, 174 f.).
aa) Dabei betrifft die "gewisse Wahrscheinlichkeit" für die Anwendbarkeit des EBRG nur die Tatsachen, nicht deren rechtliche Beurteilung. Ein Auskunftsverlangen lässt sich daher nicht darauf stützen, dass für die vom Betriebsrat geltend gemachte Rechtsauffassung eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe. Vielmehr kommt es insoweit auf die objektive Rechtslage an. Dies gilt auch für die Frage, ob das Unternehmen, dessen Leitung der Betriebsrat auf Auskunft in Anspruch nimmt, unter dem beherrschenden Einfluss des als zentrale Leitung in Betracht kommenden Unternehmens steht. Sind die dafür maßgeblichen Tatsachen bekannt, müssen sie rechtlich gewürdigt werden. Ergibt sich hiernach die Abhängigkeit des in Anspruch genommenen Unternehmens, kann von diesem gemäß § 5 Abs. 2 EBRG die Auskunft über unbekannte Tatsachen verlangt werden, die für die Würdigung erforderlich sind, ob und ggf. welche anderen Unternehmen abhängig sind. Ergibt sich dagegen keine Abhängigkeit des in Anspruch genommenen Unternehmens, kann der Betriebsrat von diesem keine Auskunft über Umstände verlangen, die möglicherweise die Abhängigkeit anderer Unternehmen von der in Betracht kommenden zentralen Leitung begründen.
bb) Sind dem Betriebsrat Umstände unbekannt, die zur Beurteilung eines Abhängigkeitsverhältnisses des in Anspruch genommenen Unternehmens erforderlich sind, kann er hierüber Auskunft verlangen. Hierzu gehören auch Informationen über das Bestehen eines Gleichordnungskonzerns iSv. § 18 Abs. 2 AktG, mit dem ein Abhängigkeitsverhältnis iSd. Richtlinie nicht vereinbar wäre.
Nach § 2 Abs. 1 und 2 EBRG gilt das Gesetz allerdings grundsätzlich nur, wenn es überhaupt eine zentrale Leitung gibt. Daher findet das EBRG nach ganz allgemeiner Auffassung auf den Gleichordnungskonzern iSv. § 18 Abs. 2 AktG keine Anwendung (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19; Engels/Müller DB 1996, 981, 983; Thüsing/Leder SAE 2002, 171, 173; Blanke EBRG § 6 Rn. 5; DKK-Kittner EBRG § 6 Rn. 1; Fitting Übersicht EBRG Rn. 19; vgl. zur Frage, ob es den Gleichordnungskonzern ohne Abhängigkeit in der Praxis überhaupt geben kann, Wellkamp DB 1993, 2517). Dies entspricht europarechtlichen Vorgaben. Zwar hat der - Rs C-62/99 - bofrost* - Slg. 2001, I-2579 = AP EWG-Richtlinie Nr. 94/45 Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 94/45/EG Nr. 2) nicht ausdrücklich zu der Frage Stellung genommen, ob die Richtlinie auf den Gleichordnungskonzern nach deutschem Recht anwendbar ist. Mit der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 94/45/EG, nach der eine Unternehmensgruppe eine Gruppe ist, die aus einem herrschenden und den von diesem abhängigen Unternehmen besteht, ist aber die Einbeziehung gleichgeordneter Unternehmen ohne herrschendes Unternehmen nicht vereinbar (vgl. Thüsing/Leder aaO; Grimm EWiR § 5 EBRG 1/01, 527, 528; Ritzberger-Moser ZESAR 2002, 85, 87, die das Ergebnis freilich für nicht befriedigend hält).
Trotz der Unanwendbarkeit des EBRG auf Gleichordnungskonzerne muss für den Auskunftsanspruch nach § 5 EBRG das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses noch nicht feststehen. Vielmehr kommt der Auskunftsanspruch gerade auch dann in Betracht, wenn noch ungeklärt ist, ob es eine zentrale Leitung gibt und wer diese ist. Gerade dann, wenn die Arbeitnehmervertretung bestimmte Informationen benötigt, um feststellen zu können, ob das EBRG überhaupt zur Anwendung kommt, müssen diese - gemäß § 5 Abs. 1 EBRG von der potenziellen Leitung oder gemäß § 5 Abs. 2 EBRG von der örtlichen Betriebs- oder Unternehmensleitung - erteilt werden (Thüsing/Leder SAE 2002, 171, 173; Schmidt RdA 2001 Sonderbeilage Heft 5 S. 12, 16; Laber/Klein ArbRB 2002, 115, 116; Junker RdA 2002, 32, 33; Joost BB 2001, 2214, 2216; Fitting Übersicht EBRG Rn. 6; DKK-Däubler § 5 EBRG Rn. 3). Dies folgt jedenfalls aus der richtlinienkonformen Auslegung des § 5 EBRG (vgl. zu der entsprechenden Verpflichtung nationaler Gerichte etwa - Kutz-Bauer - Slg. 2003, I-2741 = AP EWG-Richtlinie Nr. 76/207 Nr. 32 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 76/207/EG Nr. 5, Rn. 70, 73; - AP BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 12, = EzA ArbZG § 7 Nr. 4, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B IV 3 b dd (1) der Gründe mwN). Es ist "aus Gründen der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie ... unerlässlich, den betroffenen Arbeitnehmern Zugang zu den Informationen zu verschaffen, auf Grund derer sie feststellen können, ob sie einen Anspruch auf Aufnahme von Verhandlungen zwischen der zentralen Leitung - wenn eine solche besteht - und ihren eigenen Vertretern haben" ( - bofrost* - Slg. 2001, I-2579 = AP EWG-Richtlinie Nr. 94/45 Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 94/45/EG Nr. 2, Rn. 32). Daher steht "den Arbeitnehmern eines Unternehmens, das zu einer Unternehmensgruppe iSv. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie gehört, dieses Recht auf Unterrichtung bereits dann zu, wenn noch nicht feststeht, ob es innerhalb der Gruppe ein herrschendes Unternehmen iSv. Art. 3 der Richtlinie gibt" ( aaO Rn. 34).
d) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist der Unterrichtungsanspruch nach § 5 Abs. 2 EBRG gegenüber dem Anspruch nach Abs. 1 nicht nachrangig. Bei einer im Inland liegenden zentralen Leitung hat der Betriebsrat vielmehr ein Wahlrecht, ob er nach § 5 Abs. 1 EBRG die zentrale Leitung oder nach § 5 Abs. 2 EBRG die örtliche Betriebs- oder Unternehmensleitung in Anspruch nimmt. Dies entspricht bereits dem Wortlaut, der insoweit keine Einschränkung enthält. Gegen eine Beschränkung des § 5 Abs. 2 EBRG spricht auch die Gesetzessystematik. Nach § 2 Abs. 4 EBRG gilt das Gesetz - ua. - für "den Auskunftsanspruch (§ 5 Abs. 2) ... auch dann, wenn die zentrale Leitung nicht im Inland liegt." Hieraus ergibt sich, dass § 5 Abs. 2 EBRG sowohl dann anwendbar ist, wenn die zentrale Leitung im Ausland als auch dann, wenn sie im Inland liegt. Dies entspricht Sinn und Zweck der Bestimmung. Den inländischen Arbeitnehmervertretungen soll die Informationsbeschaffung erleichtert werden (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19). Hierfür besteht zwar besonders dann ein Bedürfnis, wenn die zentrale Leitung nicht im Inland liegt (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19). Dies gilt aber auch, wenn Zweifel bestehen, wo sich die zentrale Leitung befindet (vgl. Engels/Müller DB 1996, 981, 983; Müller EBRG § 5 Rn. 5), oder wenn die zentrale Leitung im Inland liegt (Blanke EBRG § 5 Rn. 3; Junker RdA 2002, 32, 35).
2. Hiernach kann im Streitfall der Betriebsrat von der Arbeitgeberin gemäß § 5 Abs. 2 Halbsatz 1 iVm. Abs. 1 EBRG die beantragte Auskunft über die Beteiligungen von J. B. an den bofrost*-Unternehmen im europäischen Ausland verlangen. Die Schwellenwerte des § 3 Abs. 2 EBRG sind überschritten. Auch steht auf Grund der unstreitigen Tatsachen fest, dass die Arbeitgeberin vom Beteiligten zu 3) abhängig ist. Zur Beantwortung der Frage, ob dieser auch gegenüber den bofrost*-Unternehmen in den anderen europäischen Ländern herrschendes Unternehmen ist, bedarf es der Auskunft über die an ihnen bestehenden Beteiligungen.
a) Der Beteiligte zu 3) ist gegenüber der Arbeitgeberin herrschendes Unternehmen iSd. EBRG.
aa) Die in § 6 Abs. 1 EBRG enthaltene Legaldefinition des herrschenden Unternehmens gilt ausschließlich für den Anwendungsbereich des EBRG (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19; Müller EBRG § 6 Rn. 3). Dies entspricht dem 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 94/45/EG, deren Art. 3 durch § 6 EBRG umgesetzt werden soll (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19).
Auf die Rechtsform des herrschenden oder des abhängigen Unternehmens kommt es nicht an. § 6 EBRG ist - ebenso wie §§ 15 ff. AktG - rechtsformneutral. Ebenso wie im konzernrechtlichen Sinn (vgl. dazu - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 54 Nr. 5, zu B II 1 a der Gründe mwN) kann daher auch eine natürliche Person "Unternehmen" im Sinne des EBRG sein (vgl. Schmidt RdA 2001, Sonderbeilage Heft 5 S. 12, 15; Müller EBRG § 6 Rn. 2, 12; DKK-Kittner § 6 EBRG Rn. 6). Unerheblich für das Vorliegen eines herrschenden Unternehmens ist auch, ob dieses einen eigenen Geschäftsbetrieb hat und ob es selbst Arbeitnehmer beschäftigt (Hromadka DB 1995, 1125, 1126; Müller aaO; DKK-Kittner § 6 EBRG Rn. 6).
Sowohl nach dem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift genügt - ebenso wie nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 94/45/EG - bereits die Möglichkeit, das abhängige Unternehmen zu beherrschen. Darauf, ob hiervon tatsächlich Gebrauch gemacht wird, kommt es - anders als nach § 54 Abs. 1 BetrVG iVm. § 18 Abs. 1 AktG für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats (vgl. dazu - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 54 Nr. 5, zu B II 1 und B II 1 d der Gründe) - nicht an (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19; Engels/Müller DB 1996, 981, 982; Müller EBRG § 6 Rn. 5; Blanke EBRG § 6 Rn. 4; DKK-Kittner § 6 EBRG Rn. 3; Windbichler ZfA 1996, 1, 11).
Während § 6 Abs. 1 EBRG das herrschende Unternehmen generalklauselartig definiert, normiert § 6 Abs. 2 Satz 1 EBRG widerlegbare gesetzliche Vermutungen für einen beherrschenden Einfluss (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19; Blanke EBRG § 6 Rn. 6; Müller EBRG § 6 Rn. 7). Dabei entsprechen die Vermutungsregeln des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 EBRG inhaltlich im Wesentlichen der Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG iVm. § 16 Abs. 1 AktG (vgl. BT-Drucks. 13/4520 S. 19; Fiedler AuR 1996, 180, 182; Müller aaO; Blanke EBRG § 6 Rn. 12). Die Vermutung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EBRG geht indesssen über die Vermutungen nach dem Aktiengesetz hinaus. Die Fähigkeit, mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des anderen Unternehmens zu bestellen (vgl. auch § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB), ist zwar auch im Rahmen des § 17 Abs. 1 AktG zu berücksichtigen. Nach dem EBRG führt sie aber darüber hinaus zur Vermutung der Abhängigkeit, die widerlegt werden muss.
bb) Hiervon ausgehend ist der Beteiligte zu 3) nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen jedenfalls im Verhältnis zur Arbeitgeberin als herrschendes Unternehmen im Sinne des EBRG anzusehen.
(1) Bereits unabhängig von den Vermutungstatbeständen des § 6 Abs. 2 EBRG ist davon ausgehen, dass der Beteiligte zu 3) zumindest mittelbar einen beherrschenden Einfluss iSv. § 6 Abs. 1 EBRG auf die Arbeitgeberin ausüben kann. Diese Einflussmöglichkeit ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände. Neben der hohen Kapitalbeteiligung von 85 % der Kommanditeinlagen spricht dafür vor allem die Ausgestaltung der Befugnisse des Gesellschafterbeirats. Diese eröffnen dem Beteiligten zu 3) entscheidende Einflussmöglichkeiten auf die Geschäfte der Arbeitgeberin. So hat der Gesellschafterbeirat nach Nr. IV Satz 1 des nationalen Gleichordnungskonzernvertrags im Lenkungsausschuss beratendes Stimmrecht. Vor allem aber bedarf der Lenkungsausschuss nach der Anlage 2 zur Geschäftsordnung zum nationalen Gleichordnungskonzernvertrag "zu allen über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehenden Geschäften und Maßnahmen der vorherigen Zustimmung des Gesellschafterbeirates". Dazu gehören nach Nr. I.4. der Anlage die Führungsstruktur und das Vergütungssystem, nach Nr. I.5. die Verteilung der Geschäftsführungsaufgaben sowie nach Nr. I.6. - insbesondere für die Beteiligung des Betriebsrats bedeutsam - Betriebsvereinbarungen von grundsätzlicher Bedeutung.
Damit gehen die Kompetenzen des Gesellschafterbeirats deutlich über die Befugnisse hinaus, die einem Aufsichtsrat nach dem AktG zustehen. Dieser hat nach § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung zu überwachen. Er kann aber nicht nahezu alle wesentlichen Geschäfte und Maßnahmen seiner Zustimmung unterwerfen. Zwar hat nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG die Satzung oder der Aufsichtsrat zu "bestimmen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen". Dabei sind auch ad-hoc-Entscheidungen möglich (vgl. ZR II 235/92 - BGHZ 124, 111, 127; Geßler AktG § 111 Rn. 6). Der Zustimmungsvorbehalt hat sich aber auf "bestimmte Arten von Geschäften" zu beziehen. Dies ist erforderlich, damit die dem Vorstand nach § 76 Abs. 1 AktG zustehende Leitungsverantwortung im Kern bei diesem verbleibt (Hüffer AktG § 111 Rn. 18). Wegen des Bestimmtheitserfordernisses können daher nicht generalklauselartig alle wesentlichen Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden (Hüffer AktG § 111 Rn. 18; Mertens in Kölner Kommentar zum AktG § 111 Rn 67). Eben dies sieht aber im Streitfall die Anlage 2 zur Geschäftsordnung zum nationalen Gleichordnungskonzernvertrag ausdrücklich vor. Zudem ist der Gesellschafterbeirat nicht auf den umfangreichen Katalog von Zustimmungsvorbehalten in der Anlage 2 beschränkt, sondern hat nach Nr. IV Satz 2 des nationalen Gleichordnungskonzernvertrags eine gegenständlich nicht beschränkte Kompetenz zur Definition zustimmungsbedürftiger "Maßnahmen und Geschäfte". Zur Absicherung dieser Befugnisse legt Nr. 2.2 Abs. 1 der Geschäftsordnung die "volle Verantwortung" des Lenkungsausschusses, der seinerseits nach Nr. 2.2 Abs. 2 Buchst. f im Verhältnis zu den Geschäftsführungen weisungsbefugt ist, gegenüber dem Gesellschafterbeirat fest. Hierauf gestützte Weisungen des Beirats sind, anders als im Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand nach § 76 Abs. 1 AktG, nicht ausgeschlossen.
Somit kann der Beteiligte zu 3), der nach Nr. 3.3 Buchst. b der Geschäftsordnung als Vorsitzender bei Stimmengleichheit in dem 2-köpfigen Gremium die Entscheidungsbefugnis besitzt, viel weitergehend als ein Aufsichtsrat die Geschicke der Arbeitgeberin beeinflussen. Zwar mag allein die Möglichkeit, etwa durch eine Sperrminorität bestimmte Arten von Entscheidungen zu verhindern ("negative Beherrschung"), nicht ohne Weiteres ausreichen, um eine Abhängigkeit zu begründen (vgl. Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG § 17 Rn. 22 mwN). Die Einflussmöglichkeiten des Gesellschafterbeirats gehen aber, wie dargestellt, weit über diejenigen hinaus, die in einer Aktiengesellschaft mit einer Sperrminorität verbunden sind. Darauf, ob und in welchem Umfang der Beteiligte zu 3) von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch macht, kommt es nicht an.
(2) Im Übrigen besteht gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EBRG eine Vermutung für den beherrschenden Einfluss des Beteiligten zu 3) auf die Arbeitgeberin. Diese Vermutung ist entgegen deren Auffassung nicht widerlegt.
(a) § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EBRG ist auf Kapitalbeteiligungen an Kommanditgesellschaften anwendbar. Andernfalls würde der Anwendungsbereich der Vorschrift in zweckwidriger Weise reduziert. Zwar ist eine Kommanditgesellschaft keine Kapital-, sondern eine Personengesellschaft. Gleichwohl hat sie - und verstärkt gilt dies für die GmbH & Co. KG - "einen starken kapitalistischen Einschlag und nähert sich insofern den Kapitalgesellschaften" (Hueck DB 1966, 1043). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof etwa die Schenkung eines Kommanditanteils anerkannt ( - BGHZ 112, 40). Auch ist gemäß § 161 Abs. 1 HGB die Beteiligung als Kommanditist ohne die Zusage einer besonderen Vermögenseinlage nicht möglich. Schließlich sieht das Handelsgesetzbuch in § 120 Abs. 2, § 167 Abs. 2, § 264c Abs. 2 "Kapitalanteile" auch bei Personengesellschaften ausdrücklich vor.
(b) Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EBRG liegen vor. Der Beteiligte zu 3) hält 85 % der Kommanditanteile der Arbeitgeberin. Daher wird vermutet, dass er einen beherrschenden Einfluss auf diese hat.
(c) Die Vermutung ist nicht widerlegt.
(aa) Zu § 17 Abs. 2 AktG wird allerdings allgemein die Auffassung vertreten, allein aus dem Mehrheitsbesitz oder der Stimmenmehrheit könne bei Personengesellschaften wegen des Einstimmigkeitsprinzips in § 119 Abs. 1 HGB regelmäßig von einer Abhängigkeit nicht ausgegangen werden (vgl. - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 54 Nr. 5, zu B II 1 b der Gründe; Emmerich/Sonnenschein/Habersack Konzernrecht § 33 III 1; Hüffer AktG § 17 Rn. 17; Windbichler in Großkomm. AktG § 17 Rn. 28; Koppensteiner in Kölner Kommentar zum AktG § 17 Rn. 68). Maßgeblich sei hier nicht die Beteiligung, sondern der Gesellschaftsvertrag (Windbichler aaO). Eine Abhängigkeit komme nur in Betracht, wenn im Gesellschaftsvertrag das Einstimmigkeitsprinzip abbedungen sei ( aaO).
(bb) Es ist bereits fraglich, ob auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 17 Abs. 2 AktG ohne weiteres von einem solchen, auf das Einstimmigkeitsprinzip des § 119 Abs. 1 HGB gestützten Regel-Ausnahme-Verhältnis ausgegangen werden kann. Immerhin findet sich in § 4 Abs. 1 Satz 1 MitbestG, wo für die Anwendung des Gesetzes auf bestimmte Unternehmen ungeachtet des Einstimmigkeitsprinzips einschränkungslos auf die Anteils- oder Stimmenmehrheit der Kommanditisten abgestellt wird, die entgegengesetzte Wertung.
Jedenfalls bietet das EBRG, in dem der Begriff des herrschenden Unternehmens eigenständig abgegrenzt ist, keinen Anlass für die Annahme, die Abhängigkeitsvermutung sei bereits deshalb als widerlegt anzusehen, weil es sich bei dem als abhängig in Betracht kommenden Unternehmen um eine KG handelt. Gegen eine derartige Einschränkung der Vermutungsregelung sprechen vielmehr sowohl der Wortlaut als auch der Sinn und Zweck des - im Lichte der Richtlinie 94/45/EG auszulegenden - § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EBRG. Die Vorschrift soll die Darlegung eines Abhängigkeitsverhältnisses erleichtern. Diesem Zweck liefe es zuwider, wenn bei einer Kommanditgesellschaft die Abhängigkeitsvermutung regelmäßig als widerlegt zu gelten hätte. Vielmehr hat im Falle einer Mehrheitsbeteiligung auch bei der KG derjenige, der sich auf die Widerlegung der Vermutung beruft, konkret die Umstände darzulegen, die einem Abhängigkeitsverhältnis entgegenstehen sollen. Hierzu sind erforderlichenfalls die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, insbesondere die Regelungen des Gesellschaftsvertrags offen zu legen.
(cc) Hiernach ist im Streitfall die Vermutung des § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EBRG nicht widerlegt. Die Arbeitgeberin hat weder behauptet, auf Grund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen sei dem Beteiligten zu 3) eine Beherrschung der Arbeitgeberin nicht möglich, noch hat sie die Regelungen des Gesellschaftsvertrags offengelegt.
(dd) Die Vermutung wird entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin auch nicht durch den nationalen Gleichordnungskonzernvertrag widerlegt. Dieser mag Beherrschungsverhältnisse zwischen den vertragsschließenden Gesellschaften verhindern. Einer Abhängigkeit dieser Unternehmen vom Beteiligten zu 3) steht er jedoch nicht entgegen. Die Beherrschungsmöglichkeiten des Beteiligten zu 3) folgen aus dessen Kapitalbeteiligung und dem Vorsitz im Gesellschafterbeirat. Sie werden durch den nationalen Gleichordnungskonzernvertrag nicht beseitigt. Vielmehr begründen dieser und die Geschäftsordnung gerade die starke Stellung des Vorsitzenden des Gesellschafterbeirats.
(3) Im Ergebnis konnte dahin stehen, ob auch der Vermutungstatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EBRG gegeben ist. Immerhin dürfte es sich bei dem für den nationalen Gleichordnungskonzern errichteten Gesellschafterbeirat zumindest um ein "Aufsichtsorgan" im Sinne dieser Vorschrift handeln. Hierfür spricht, dass die Kompetenzen des Gesellschafterbeirats nicht nur nach Nr. 3.2 Abs. 1 der Geschäftsordnung zum nationalen Gleichordnungskonzernvertrag ausdrücklich die einem Aufsichtsrat nach § 111 AktG zustehenden Befugnisse umfassen, sondern - wie ausgeführt - noch deutlich über diese hinausgehen. Darüber, wer den Gesellschafterbeirat bestellt, sind allerdings keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Vielmehr lässt sich der Nr. IV des nationalen Gleichordnungskonzernvertrags nur entnehmen, dass in den Gesellschaften jeweils personengleiche Gesellschafterbeiräte bestehen, und aus Nr. 3.1 Buchst. a der Geschäftsordnung zum nationalen Gleichordnungskonzernvertrag folgt, dass sich "die Mitgliedschaft und der Vorsitz im Gesellschafterbeirat ... nach Maßgabe der Gesellschaftsverträge der bofrost*-Familienunternehmen" regeln. Letztere liegen nicht vor. Gleichwohl spricht auf Grund der Beteiligungsverhältnisse bei der Arbeitgeberin vieles dafür, dass der Beteiligte zu 3) mehr als die Hälfte der Mitglieder des Gesellschafterbeirats bestellen kann. Im Ergebnis kam es hierauf jedoch nicht an.
b) Um beurteilen zu können, ob der Beteiligte zu 3) beherrschenden Einfluss auch auf die bofrost*-Unternehmen in den anderen europäischen Staaten besitzt, benötigt der Betriebsrat die Auskunft über dessen Beteiligungen an diesen Unternehmen. Diese Informationen betreffen die Struktur der Unternehmensgruppe iSv. § 5 Abs. 1 EBRG. Der Betriebsrat könnte die Auskunft allerdings dann nicht beanspruchen, wenn es für das Bestehen einer Unternehmensgruppe unter Einbeziehung der ausländischen Unternehmen keinerlei Anhaltspunkte gäbe, wenn bereits auf Grund der vorliegenden Tatsachen feststünde, dass diese Unternehmen nicht vom Beteiligten zu 3) abhängig sind, wenn im Gegenteil bereits feststünde, dass er diese Unternehmen ebenfalls beherrscht, oder wenn der Betriebsrat über die beanspruchten Informationen bereits zuverlässig verfügen würde. All dies ist aber nicht der Fall.
aa) Hinreichende Anhaltspunkte für das Bestehen einer Unternehmensgruppe, für welche die Anwendbarkeit des EBRG in Betracht kommt, ergeben sich schon aus der einheitlichen Firmierung der Unternehmen und aus ihrer Verbindung durch den internationalen Gleichordnungskonzernvertrag.
bb) Eine Abhängigkeit der ausländischen Unternehmen vom Beteiligten zu 3) wird durch diesen Vertrag nicht ausgeschlossen. Zwar sind darin die Einflussmöglichkeiten des Gesellschafterbeirats nicht so deutlich festgelegt wie auf nationaler Ebene. Gleichwohl besteht auch auf internationaler Ebene zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Unternehmen vom Beteiligten zu 3) abhängig sind. Zur Verifizierung oder Falsifizierung bedarf der Betriebsrat der Kenntnis der Beteiligungen von J. B. an den ausländischen Gesellschaften.
cc) Ebenso wenig lässt sich umgekehrt auf Grund der feststehenden Tatsachen eine Beherrschung der ausländischen Gesellschaften durch den Beteiligten zu 3) bereits mit solcher Sicherheit feststellen, dass ein auf die genauen Beteiligungsverhältnisse gerichteter Auskunftsanspruch des Betriebsrats entfiele. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Arbeitgeberin im Termin vor dem Arbeitsgericht am durch ihren Verfahrensbevollmächtigten erklärt und in der Anhörung vor dem Senat bestätigt hat, im Sinne einer indirekten Beteiligung halte J. B. die Kapital- und Stimmenmehrheit in den vom Betriebsrat aufgeführten Unternehmen. Vielmehr bedarf es - zumal angesichts der im internationalen Gleichordnungskonzernvertrag zurückhaltender beschriebenen Stellung des Gesellschafterbeirats - zur Beurteilung der Abhängigkeitsverhältnisse der Kenntnis der genauen Beteiligungsverhältnisse.
dd) Der Betriebsrat verfügt hinsichtlich der ausländischen Gesellschaften nicht etwa bereits über hinreichend zuverlässige Informationen. Dies gilt auch für die bofrost*-Unternehmen in Italien und Österreich. Der Betriebsrat hatte insoweit zwar mit Schriftsatz vom vorgetragen, ihm seien die Beteiligungsverhältnisse bekannt. Er hat hierzu aber in der Anhörung vor dem Senat unwidersprochen erklärt, zum einen seien seine Kenntnisse unvollständig, zum andern seien seit Januar 1999 Änderungen eingetreten. Hiernach kann nicht angenommen werden, der Betriebsrat besitze hinsichtlich der Beteiligungen an den bofrost*-Unternehmen in Italien und Österreich hinreichend zuverlässige, aktuelle und vollständige Kenntnisse.
c) Ohne Erfolg beruft sich die Arbeitgeberin darauf, sie könne keine Auskunft über die Beteiligungen von J. B. erteilen. Sie hat nicht dargetan, dass sie erfolglos alles ihr Mögliche und Zumutbare unternommen hätte, um den Betriebsrat über die Beteiligungen unterrichten zu können. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeberin ihrer Verpflichtung nach § 5 Abs. 2 Halbsatz 2 EBRG nachgekommen wäre, die für die Auskünfte erforderlichen Informationen und Unterlagen bei dem Beteiligten zu 3) als der - jedenfalls ihr gegenüber - zentralen Leitung einzuholen. Sie hat nicht einmal behauptet, dies erfolglos versucht zu haben. Im Übrigen hat nach der Richtlinie 94/45/EG jedes Unternehmen einer Unternehmensgruppe die betreffenden Daten, soweit es über sie verfügt oder sie sich beschaffen kann, den Organen der internen Arbeitnehmervertretung auf Antrag zur Verfügung zu stellen ( - Kühne & Nagel - EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 94/45/EG Nr. 3, Rn. 47, 57).
d) Auch der Einwand der Arbeitgeberin, der Auskunftsanspruch sei in Familienunternehmen durch Art. 6 GG begrenzt, hat keinen Erfolg. Es ist nicht zu erkennen, warum einer Auskunft über Beteiligungen von J, B. an den ausländischen bofrost*-Unternehmen Art. 6 GG entgegen stehen soll.
3. Die Frage, ob § 80 Abs. 2 BetrVG neben § 5 EBRG zur Anwendung kommt, oder durch die speziellere Regelung verdrängt wird, bedurfte im Streitfall keiner abschließenden Beurteilung.
V. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.
1. Soweit der Betriebsrat Auskünfte über die Beteiligungen von J. B. an den inländischen Unternehmen der bofrost*-Gruppe verlangt, besteht kein Auskunftsanspruch, da der Betriebsrat nach seinem eigenen Vortrag insoweit bereits - insbesondere auf Grund von Handelsregisterauszügen - über zuverlässige Informationen verfügt.
2. Der Betriebsrat hat auch keinen Anspruch auf Auskunft über die Beteiligungen der Arbeitgeberin selbst. Er bedarf dieser Informationen nicht. Nach seinem eigenen Vorbringen kommt als zentrale Leitung ausschließlich der Beteiligte zu 3) in Betracht. Die von diesem beherrschten Unternehmen gehören zur Unternehmensgruppe. Auf die Beteiligungen der Arbeitgeberin kommt es nicht an. Soweit über sie Beteiligungen von J. B. an anderen Unternehmen vermittelt werden, erfährt dies der Betriebsrat bereits im Rahmen der Auskunft über dessen mittelbare Beteiligungen. Im Übrigen hat die Arbeitgeberin bereits mitgeteilt, dass sie an ausländischen Unternehmen nicht beteiligt ist.
3. Unbegründet ist der Auskunftsanspruch auch insoweit, als es um die Beteiligungen der anderen Gesellschafter - also der Komplementär-GmbH und der drei weiteren Kommanditisten M., P. und A. B. - geht. Auch diese kommen nach dem Vorbringen des Betriebsrats nicht als zentrale Leitung in Betracht.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
DB 2004 S. 1997 Nr. 37
WAAAB-93366
1Für die Amtliche Sammlung: Ja; Für die Fachpresse: Nein