BFH Urteil v. - IX R 50/05

Kein gesondertes Feststellungsverfahren über die Verrechenbarkeit von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften

Gesetze: EStG § 10d Abs. 4, EStG § 23 Abs. 3

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob trotz der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides für das Verlustentstehungsjahr ein verbleibender Verlustvortrag aus ursprünglich nicht erklärten Wertpapiergeschäften gesondert festzustellen ist.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden für das Streitjahr (2000) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Einbezogen wurden neben Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger und nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung auch gesondert festgestellte Gewinne des Klägers aus privaten Veräußerungsgeschäften. Den darüber hinaus vom Kläger aus Aktien- und Optionsverkäufen unstreitig erzielten Veräußerungsverlust von 8 222 DM gaben die Kläger nicht an.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) setzte die Einkommensteuer im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom unter Ansatz sonstiger Einkünfte von 0 DM bestandskräftig fest. Im Januar 2003 beantragten die Kläger, für das Streitjahr gemäß § 23 Abs. 3 i.V.m. § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen vortragsfähigen Verlust in Höhe von 8 222 DM festzustellen. Das lehnte das FA ab.

Die Klage hatte größtenteils Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stellte den Verlust unter Verrechnung des im bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid bereits berücksichtigten Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften fest. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 418 veröffentlichten Urteil führte es zur Begründung aus, die Kläger hätten einen Antrag entsprechend dem (BFHE 195, 545, BStBl II 2002, 817) mangels Belehrung durch das FA nach § 356 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) noch fristgerecht stellen können.

Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision. Für eine entsprechende Belehrungspflicht, wie sie das FG in Anwendung des BFH-Urteils in BFHE 195, 545, BStBl II 2002, 817 annehme, gäbe es keine Rechtsgrundlage.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung der im Streitjahr nicht ausgleichbaren Verluste aus den Einkünften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, weil diese Vorschrift ein solches Feststellungsverfahren nicht vorsieht. Über die Berücksichtigung derartiger Verluste ist erst in denjenigen Veranlagungszeiträumen zu entscheiden, in denen der Steuerpflichtige positive Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt. Der Senat verweist zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom IX R 21/04 (BFH/NV 2006, 1185).

Ist ein gesondertes Feststellungsverfahren über die Verrechenbarkeit von Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften von vornherein nicht statthaft, kommt es nicht auf die von den Beteiligten hervorgehobene Frage an, ob die Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides für das Verlustentstehungsjahr einer Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der Fassung des Streitjahres entgegenstünde.

2. Die Sache ist spruchreif. Die eine gesonderte Feststellung des nicht ausgeglichenen verbleibenden Verlustabzugs enthaltende Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1836 Nr. 10
MAAAB-92957