Verletzung des Rechts auf Gehör; unterbliebener Hinweis auf geänderte Rechtsauffassung
Gesetze: FGO § 96 Abs. 2
Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 2 K 1830/02
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) verletzt nicht das Recht des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf rechtliches Gehör.
a) Nach § 96 Abs. 2 FGO darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) schützt die Beteiligten aber auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen. Deshalb kommt in besonders gelagerten Fällen eine Verletzung des Rechts auf Gehör in Betracht, wenn das Gericht die Beteiligten nicht auf eine Rechtsauffassung hinweist, die es seiner Entscheidung zu Grunde legen will. Das ist z.B. der Fall, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (z.B. , BFH/NV 2004, 1421, m.w.N.). Der BFH hat finanzgerichtliche Urteile z.B. dann als unzulässige Überraschungsentscheidungen angesehen, wenn das Gericht von der in seinem Beweisbeschluss unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen Rechtsansicht abweicht, ohne die Rechtsfragen nochmals zur Erörterung gestellt zu haben (, BFH/NV 1999, 185).
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Kläger beanstandet, das FG habe die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei nicht gemeinnützig, weil die in § 60 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorgeschriebenen Erfordernisse an die Satzung nicht —wie von § 60 Abs. 2 AO 1977 verlangt— während des gesamten Veranlagungszeitraums vorgelegen hätten. Im Schreiben vom habe der Berichterstatter jedoch zum Ausdruck gebracht, dass die Rechtsprechung bei Sportvereinen vergleichsweise großzügig sei und davon ausgehe, dass Sportvereine die Ausübung des Sports ermöglichten.
Der Kläger durfte nicht wegen dieses Schreibens darauf vertrauen, das FG werde der Klage stattgeben, nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hierauf erwidert hatte, er halte an seiner Rechtsauffassung fest. Die formellen Anforderungen an die Satzung seien nicht erfüllt. Der Kläger musste damit rechnen, dass sich das FG dieser Auffassung anschließen würde, zumal seit diesem Schreiben bis zur Entscheidung des FG zwei Jahre verstrichen waren und weitere Schriftsätze der Beteiligten folgten.
2. Das FG hat seinem Urteil keinen vom Senatsurteil vom I R 19/96 (BFHE 183, 371, BStBl II 1997, 794) abweichenden Rechtssatz zugrunde gelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO). Es war nicht der Auffassung, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung in der Satzung über die Art und Weise der Verwirklichung des Vereinszwecks generell zur Versagung der Gemeinnützigkeit führe. Vielmehr hat es ausgeführt, eine Auslegung der Gesamtheit der Satzungsbestimmungen komme nicht in Betracht, da die Satzung keinerlei Anhaltspunkte zu der Art der Verwirklichung der Satzungszwecke enthalte.
3. Einen schwer wiegenden Rechtsanwendungsfehler, der die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, hat der Kläger nicht dargetan. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO insoweit ab.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1862 Nr. 10
KAAAB-92936