Zeitliche Zuordnung eines Veräußerungsgewinns; steuerrechtliche Anerkennung rückwirkender Vereinbarungen
Gesetze: EStG § 16
Instanzenzug:
Gründe
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) —eine KG— war Kommanditistin der X-KG. Aus dieser schied die Klägerin aufgrund der Auseinandersetzungsvereinbarung vom mit Wirkung zum mit der Folge aus, dass sie ab nicht mehr am Ergebnis der X-KG beteiligt war. Erklärungsgemäß erfasste der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) den Veräußerungsgewinn im Rahmen der Gewinnfeststellung 1994. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der geltend gemacht wurde, der Veräußerungsgewinn sei erst im Wirtschaftsjahr 1995 anzusetzen, hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Die Beschwerde genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung einer der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Sie ist deshalb zu verwerfen.
Dies gilt insbesondere für den Vortrag, der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die zivilrechtliche Rückwirkung einer Vereinbarung steuerrechtlich anzuerkennen sei, komme grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
a) Die Vorinstanz ist hierbei von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ausgegangen, nach der das steuerrechtliche Rückwirkungsverbot nur in engen Grenzen durchbrochen werden kann. Eine —im Streitfall einschlägige— Ausnahme hiervon sei jedoch —so das FG— anzuerkennen, wenn die Rückwirkung sich nur über eine kurze Zeit erstrecke und mit ihr kein steuerlicher Vorteil erstrebt werde, sie mit anderen Worten lediglich der technischen Vereinfachung der Besteuerung diene und sich in der Zwischenzeit (d.h. im Rückwirkungszeitraum) nichts ereignet habe, was möglicherweise für die Besteuerung noch erheblich sein könne (vgl. z.B. , BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55, m.w.N.; ebenso zur Veräußerung von Mitunternehmeranteilen , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1965, 258; Schmidt/Wacker, EStG, 25. Aufl., § 16 Rz. 443).
b) Da das FG somit lediglich eine feststehende Rechtsprechung auf den ihm vorgelegten Einzelfall angewandt hat, hätte es zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache substantiierter Ausführungen dazu bedurft, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Rechtsfrage erforderlich ist. Der bloße Hinweis darauf, die Rechtsprechung sei auf Kritik gestoßen oder werde in der Literatur nicht durchgängig geteilt, genügt hierfür nicht. Vielmehr ist im Einzelnen auszuführen, welche gewichtigen und vom BFH bisher nicht geprüften Erwägungen gegen die Rechtsauffassung des BFH geltend gemacht worden sind (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz. 33, m.w.N.).
c) Nicht ausreichend ist mithin der Verweis der Beschwerdeschrift auf eine Kommentarstelle, in der die vom FG herangezogene Rechtsprechung noch nicht einmal erwähnt wird. Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag, die Rechtsprechung sei insoweit unklar, als ihr nicht zu entnehmen sei, ob eine Rückwirkung bereits anerkannt werden müsse, wenn die Beteiligten hiermit keinen steuerlichen Vorteil erstrebten, oder ob zusätzlich die Voraussetzung zu beachten sei, dass —woran es im Falle der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils mit Rücksicht auf die bis zum Zeitpunkt der Auseinandersetzungsvereinbarung angefallenen Gewinne fehle— im Rückwirkungszeitraum (objektiv) keine steuerlich erheblichen Ereignisse eingetreten seien. Die Ausführungen lassen außer Acht, dass über die steuerrechtliche Anerkennung einer rückwirkenden Abrede nach Maßgabe der Verhältnisse des Einzelfalls zu entscheiden ist (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55) und demgemäß bereits das BFH-Urteil in HFR 1965, 258 dem Umstand der Umqualifikation des dem Ausscheidenden zustehenden Anteils am laufenden Gewinn in einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn Bedeutung zugemessen hat. Der Beschwerdeschrift kann deshalb —auch soweit sie darauf verweist, dass die ab dem Veranlagungszeitraum 1995 festgesetzte Einkommensteuer einer Ergänzungsgabe (Solidaritätszuschlag) unterliegt— lediglich die Rüge entnommen werden, das FG habe die bisherige Rechtsprechung auf den von ihm entschiedenen Fall fehlerhaft angewandt; ein solcher (materieller) Rechtsverstoß ist jedoch —sein Vorliegen unterstellt— weder geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen noch kann er das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung begründen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO; vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24 und § 116 Rz. 45).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1829 Nr. 10
YAAAB-92136