Anforderungen an die Darlegung von Revisionszulassungsgründen
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—), der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) sowie von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.
1. Der Kläger hat gegen die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) und Finanzgericht (FG) angenommene Betriebsaufspaltung zwischen ihm (Kläger) als Besitzunternehmer und der X-GmbH (GmbH) als Betriebsgesellschaft in seiner Beschwerdebegründung eingewendet, dass die „fiskalische Rechtskonstruktion (der Betriebsaufspaltung) der gesetzlichen Grundlage entbehre. Er (Kläger) sei als Anwalt Freiberufler und nicht Inhaber eines Gewerbebetriebes gewesen. Anderenfalls hätte man ihm die Zulassung entzogen. Kein Kriterium der Betriebsaufspaltung (meint: weder die sachliche noch die personelle Verflechtung) sei mit dem vorliegenden Fall in Deckungskongruenz zu bringen”.
Hieraus ergebe „sich die grundsätzliche Bedeutung im Sinne der Rechtsfortbildung und einer einheitlichen Rechtsprechung zum Thema Betriebsaufspaltung. Es (bestehe) ein Bedürfnis nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für alle Personen mit identischer Interessenlage. Letztlich gehe es um die Definition des Gestaltungsspielraums”.
Er (Kläger) habe „zu keiner Zeit weder faktisch noch rechtlich die beherrschende Alleingewalt hinsichtlich Grundstück und GmbH (gehabt). Er (sei) durch den speziellen und überformenden Treuhandvertrag der drei Akteure (meint: er selbst, seine Lebensgefährtin, Frau D, und Herr M) schon vor Erwerb der Grundstücke und der GmbH-Gründung…quasi vertragsgrundrechtlich gebunden und verpflichtet (gewesen). Hierzu (sei) unter Beweisantritt substantiiert vorgetragen (worden)”.
Das FG habe „es versäumt, den Inhalt der Grundtreuhandvereinbarung festzustellen, der formlos wirksam (sei)”. Die Ladung des Zeugen M sei unterblieben. Die Zeugin D sei am verstorben.
Die angefochtene FG-Entscheidung sei nicht das Ergebnis der mündlichen Verhandlung, sondern vorgefertigt gewesen. Man habe die Sache „in einem konzentrierten Kraftakt bewältigen” wollen. Die Relation zwischen Verhandlungszeit und Textumfang des Urteils sei „diskongruent”. Die sich geradezu aufdrängende Notwendigkeit einer Beweisaufnahme sei versagt worden.
Das FG habe seine prozessuale Amtsverpflichtung zur Aufklärung und Feststellung des entscheidungserheblichen Prozessstoffs nicht wahrgenommen und sei deshalb zu einem rechtlich falschen Ergebnis gelangt.
Der Grundtreuhandvertrag sei im Herbst 1991 zwischen ihm (Kläger), Frau D und Herrn M geschlossen worden. Es sei vereinbart worden, dass eine gemeinschaftliche Unternehmung durchgeführt werden sollte. An den zu erwerbenden Kiesgrundstücken habe wirtschaftliches Eigentum aller drei genannten Personen bestanden. Bei der GmbH habe die wirtschaftliche Beteiligung je zur Hälfte bei M und bei ihm (Kläger) gelegen. Alleinige Geschäftsführerin der GmbH sei Frau D gewesen. Die technische Betriebsleitung habe M inne gehabt. Dieser sei verpflichtet gewesen, jedes Geschäft zur Bewilligung an Frau D zu melden. Er selbst (Kläger) habe nur eine beratende Tätigkeit ausgeübt. Angesichts dieser Verhältnisse habe es keine alleinige Herrschaftsgewalt des Klägers gegeben.
2. Mit diesem Vortrag vermochte der Kläger keinen der zur Stützung seines Begehrens in Anspruch genommenen Zulassungsgründe schlüssig darzulegen.
a) Mit der bloßen Behauptung, dass die „fiskalische Rechtskonstruktion” der Betriebsaufspaltung keine gesetzliche Grundlage habe, hat er eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht substantiiert dargetan.
Zur schlüssigen Begründung der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage hätte er ausführen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen deren Beantwortung zweifelhaft und streitig sei. Dazu hätte insbesondere gehört, sich mit der zu dieser Frage bereits vorhandenen jahrzehntelangen umfänglichen Rechtsprechung auseinander zu setzen und substantiiert vorzutragen, inwiefern und aus welchen Gründen das in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung tradierte Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63; aus jüngster Zeit , BFH/NV 2006, 1407, insbesondere unter II.3.a aa und bb sowie b, m.w.N.; vgl. ferner auch , BVerfGE 25, 28, 37) weiterhin umstritten sei, insbesondere welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der FG und/oder in der Literatur gegen diese höchstrichterliche Rechtsprechung vorgebracht worden seien (vgl. z.B. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 33).
Daran fehlt es im Streitfall.
b) Aus den zu a angeführten Gründen kommt eine Zulassung der Revision auch nicht wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) in Betracht (zur Qualifikation dieses Zulassungsgrundes als speziellen Tatbestand der „Grundsatzrevision” vgl. z.B. Ruban in Gräber, a.a.O., § 116 Rz 38).
c) Ebenso wenig hat der Kläger schlüssig dargelegt, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
Die Zulassung der Revision wegen dieses Erfordernisses ist insbesondere dann geboten, wenn das angefochtene Urteil des FG in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (vgl. z.B. Ruban in Gräber, a.a.O., § 116 Rz 41).
Dies hat der Kläger nicht substantiiert behauptet, geschweige denn —wie es indessen für eine schlüssige Divergenzrüge geboten gewesen wäre (vgl. z.B. Ruban in Gräber, a.a.O., § 116 Rz 42, m.w.N.)— tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den mutmaßlichen (genau —mit Datum und/oder Fundstelle— bezeichneten) Divergenzentscheidungen andererseits herausgearbeitet und einander gegenübergestellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen.
d) Im Kern erschöpft sich die Beschwerdebegründung des Klägers zu diesem Punkt —nach Art einer Revisionsbegründung— in Ausführungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall unrichtig entschieden habe. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision (vgl. z.B. Ruban in Gräber, a.a.O., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.).
e) Auch die vom Kläger im Zusammenhang mit den vom FG im Streitfall bejahten Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung erhobenen Verfahrensrügen sind unschlüssig.
aa) Wird —wie im vorliegenden Fall— mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung (vgl. § 76 FGO) geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge übergangen, so muss der Beschwerdeführer nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. substantiiert darlegen,
- inwiefern das angefochtene Urteil —ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann,
- was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre (vgl. z.B. , BFH/NV 1995, 238) und
- da es sich bei der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes um einen „verzichtbaren” Mangel handelt, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde (vgl. z.B. , BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841) oder —wenn dies nicht geschehen sein sollte— weshalb die Rüge dem Beschwerdeführer nicht möglich war (vgl. die Nachweise aus der BFH-Rechtsprechung bei Ruban in Gräber, a.a.O., § 120 Rz 69).
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht.
bb) Aus den nämlichen Gründen genügt ebenso die Rüge des Klägers, das FG habe den Sachverhalt auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen weiter aufklären müssen, nicht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. z.B. Ruban in Gräber, a.a.O., § 120 Rz 70, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
cc) Auch soweit der Kläger beanstandet, die „Relation zwischen Verhandlungszeit und Textumfang” des angefochtenen Urteils (110 DIN A 4-Seiten) sei „diskongruent”, so dass das FG-Urteil nicht dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung entspreche, sondern „vorgefertigt gewesen” sei, und damit sinngemäß eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—; § 96 Abs. 2 FGO) rügt, kann seine dahin gehende Verfahrensrüge keinen Erfolg haben.
Selbst wenn der Berichterstatter des vorliegenden FG-Verfahrens —was nach Lage des Falles nahe liegt, aber letztlich offen bleiben kann— bereits vor der mündlichen Verhandlung ein in Urteilsform gehaltenes schriftliches Votum mit dem Vorschlag der (weitgehenden) Klageabweisung gefertigt haben sollte, wäre dieses Verfahren als solches nicht zu beanstanden (zur näheren Begründung vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X R 55/94, BFHE 177, 344, BStBl II 1995, 604, unter II.3. der Gründe). Die vom Kläger sinngemäß geltend gemachte Versagung des rechtlichen Gehörs könnte in diesem Fall vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn das FG den vorab gefertigten Urteilsentwurf verwendet hätte, ohne die ggf. vom Kläger in der mündlichen Verhandlung neu vorgetragenen Gesichtspunkte zu berücksichtigen (vgl. , BVerfGE 9, 213, 215, unter II.A.1. der Gründe; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 96 FGO Rz. 250).
Letzteres anzunehmen, besteht indessen nicht der geringste Anlass. Wie sich aus der außergewöhnlich umfänglichen und sorgfältigen Vorentscheidung ergibt, hat sich das FG mit dem gesamten wesentlichen Vorbringen des Klägers sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht erschöpfend auseinander gesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung neue tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte in das Verfahren eingeführt hätte, welche vom FG nicht gebührend beachtet worden wären, sind —auch aus der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung— nicht erkennbar. Auch der Kläger hat Gegenteiliges nicht substantiiert behaupten können.
3. Unsubstantiiert sind des Weiteren auch die vom Kläger im Zusammenhang mit der Höhe der vom FG im Anschluss an die Ermittlungen des FA vorgenommenen Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen erhobenen Aufklärungsrügen.
Auch insoweit fehlt es insbesondere an schlüssigen Darlegungen darüber, inwiefern die angefochtene Entscheidung —ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf der unterlassenen Sachaufklärung beruhen könne und welches Ergebnis diese voraussichtlich zu Tage gefördert hätte. Überdies mangelt es wiederum an substantiierten Ausführungen dazu, dass die (vermeintlichen) Aufklärungsmängel in der mündlichen Verhandlung beanstandet worden seien bzw. aus welchen (nicht vom Kläger zu vertretenden) Gründen eine solche Beanstandung nicht möglich gewesen sein soll (vgl. dazu z.B. Ruban in Gräber, a.a.O., § 120 Rz 69 und 70, jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Im Übrigen trifft es nicht zu, dass das FG sich mit den vom Kläger vorgelegten „Bilanzen”, „Analysen” und Berechnungen zur Höhe der in den angefochtenen Bescheiden des FA zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlagen nicht auseinander gesetzt habe. Der angerufene Senat verweist insoweit insbesondere auf die ausführlichen Darlegungen auf S. 96 ff. des angefochtenen Urteils.
4. Schließlich bleibt auch die Rüge des Klägers erfolglos, dass der Tatbestand des FG-Urteils „gravierende Fehler” enthalte. Denn Fehler im Urteilstatbestand können grundsätzlich nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern nur mit dem fristgebundenen Antrag auf Tatbestandsberichtigung (vgl. § 108 FGO) geltend gemacht werden (vgl. hierzu die Nachweise aus der Rechtsprechung des BFH bei Ruban in Gräber, a.a.O., § 115 Rz 81).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1877 Nr. 10
SAAAB-92112