Buchführungs- und Archivierungssysteme – Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit, digitaler Unterlagen
Durch Änderung der Vorschriften in §§ 146, 147 und 200 AO haben die Finanzbehörden im Rahmen von Außenprüfungen bei DV-gestützten Buchführungssystemen ab das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem der Unternehmen zur Prüfung zu nutzen. Vor diesem Hintergrund wird zunehmend an die OFD die Frage herangetragen, ob die Einführung eines Buchführungs- oder Archivierungssystems durch die Finanzverwaltung zu genehmigen oder vorab anzuerkennen ist. Nachfolgend ein Musterschreiben, mit dem die OFD Düsseldorf diese Anfragen beantwortet:
Die Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen sowie für die Aufbewahrung von Unterlagen in der AO (§§ 146, 147 AO) und im HGB (§ 257 HGB) sehen nicht vor, dass die Einführung eines Buchführungssystems oder eines Archivierungssystems durch die Finanzverwaltung zu genehmigen oder vorab anzuerkennen ist. Eine Stellungnahme, ob ein bestimmtes System den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht, kann schon aus Gründen der Wettbewerbsneutralität nicht erfolgen.
Allgemein ist jedoch Folgendes anzumerken:
Wird die Buchführung mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, muss sichergestellt sein, dass während der Dauer der Aufbewahrungsfrist die Daten jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können, § 145 Abs. 5 AO.
Zur Speicherung von Unterlagen lässt § 147 Abs. 2 AO den Einsatz von Bildträgern oder anderen Datenträgern zu, wenn das jeweilige Verfahren den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht.
Die Finanzverwaltung hat mit dem Erlass vom (S 0316 – 1 – VC 5) „Grundsätze ordnungsmäßiger DV – gestützter Buchführungssysteme” (GOBS) aufgestellt in diesem Erlass wurden unter anderem auch Grundsätze zur Ordnungsmäßigkeit von Dokumentenarchivierungen aufgenommen.
Des Weiteren haben die Rechtsänderungen „Datenzugriff ” zur Folge, dass „konventionelle” EDV-Buchführungen, bei denen die Grundbücher und Konten laufend oder am Jahresende ausgedruckt (oder mikroverfilmt) und die Datenträger anschließend gelöscht werden, ab dem nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen entsprechen. Der Erwerb eines besonderen Archivierungsprogramms ist allerdings nicht erforderlich, soweit das genutzte Buchführungsprogramm über hinreichende Archivierungsfunktionen verfügt oder auf andere Weise – etwa durch Einsatz der im Betriebssystem vorhandenen Funktionen – der Datenzugriff gewährleistet werden kann. Künftig müssen die gespeicherten Daten selbst bereitgehalten werden, wenn sie mittels EDV verarbeitet wurden. Eine Verarbeitung von Daten durch den Stpfl. mittels EDV liegt vor, wenn die Daten in elektronischer Form in das DV-System eingehen oder im DV-System erzeugt werden.
Nähere Einzelheiten regelt das , das im BStBl 2001 I S. 415 veröffentlicht wurde.
Über die oben beschriebenen Grundsätze hinaus ist aber für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit eines Buchführungs und Archivierungssystems unter anderem entscheidend, ob die Belegerfassung lückenlos und die Verantwortlichkeit für die Belegarchivierung feststellbar ist.
Die Belegspeicherung sowie die Wiedergabe der Daten muss geordnet erfolgen und für einen fremden Dritten nachvollziehbar sein. Auch muss verfahrensbedingt ausgeschlossen sein, dass an einem einmal erfassten Beleg Veränderungen vorgenommen werden können.
Es muss sichergestellt sein, dass die Reproduktion immer mit dem Originalbeleg übereinstimmt. Soweit § 147 Abs. 2 Nr. 1 AO eine bildliche Übereinstimmung fordert, ist eine digital/optische Archivierung dann unbedenklich, wenn alle auf dem Originalbeleg enthaltenen Informationen originalgetreu bildlich wiedergegeben werden.
Ob die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen, kann allerdings im Einzelfall nur im Rahmen einer Außenprüfung zusammen mit der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung beurteilt werden. Bei solch einer Prüfung wird darüber hinaus festzustellen sein, ob das Archivierungssystem so ausgestaltet ist, dass die abgelegten Daten während des gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungszeitraums keinen system- bzw. materialbedingten Veränderungen unterliegen. Hinsichtlich der Aufbewahrungsfristen ist auch § 147 Abs. 3 Satz 2 AO zu beachten. Für die Prüfung ist eine aussagefähige Verfahrensdokumentation unbedingt notwendig.
Die System- und Verfahrensdokumentation muss so angelegt sein, dass ein sachverständiger Dritter in der Lage ist, das System und das Verfahren des Buchführungssystems und der Archivierung innerhalb angemessener Zeit zu überprüfen und nach zuvollziehen. Es ist zu beachten, dass alle System- bzw. Verfahrensänderungen inhaltlich und zeitlich lückenlos dokumentiert werden. Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, bestehen gegen einen Einsatz eines Buchführungs oder eines digital/optischen Archivierungssystems keine grundsätzlichen Bedenken.
Es bleibt noch besonders darauf hinzuweisen, dass die Originalunterlagen nur dann vernichtet werden können, soweit nicht nach anderen Rechtsvorschriften die Aufbewahrung im Original vorgeschrieben ist. Dies gilt z. B. für Eröffnungsbilanzen, sowie Jahres und Konzernabschlüsse (§ 257 Abs. 3 HGB, § 147 Abs. 2 AO).
Soweit aus Dokumenten Vorsteuer und/oder Einfuhrumsatzsteuer zum Abzug angemeldet werden soll, ist Abschn. 255 Abs. 2 und 3 UStR 2000 zu beachten.
Abschließend bleibt festzustellen, dass es dem Stpfl. grundsätzlich selbst überlassen bleibt, den Anforderungen an die Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen und den Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit der Aufbewahrung gerecht zu werden.
Sowohl in der Art und Weise, als auch in der Wahl des Speichermediums ist er frei.
OFD Düsseldorf v. - S 0316 - 6 - St 421
Fundstelle(n):
VAAAB-91178