Beförderungspapier für den Nachweis der Einfuhr im Drittland
Gesetze: VO (EWG) Nr. 3665/87
Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte unter Inanspruchnahme vorschussweise gezahlter Ausfuhrerstattung Rindfleisch nach Russland aus. Mit Berichtigungsbescheiden forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt —HZA—) die Erstattungen zuzüglich eines Zuschlags von 15 % mit der Begründung zurück, dass wegen nicht zutreffender Verzollungsnachweise die Einfuhr der Erzeugnisse im Bestimmungsland nicht nachgewiesen sei. Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch und legte neue Ankunftsnachweise vor, u.a. eine Kopie der internationalen Frachtbriefe (CMR). Das HZA erkannte die Ankunftsnachweise zwar nunmehr an, wies aber den Einspruch mit der Begründung zurück, dass die im Einspruchsverfahren überreichten Kopien der CMR-Frachtbriefe nicht innerhalb der Frist des Art. 47 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften —ABlEG— Nr. L 351/1) vorgelegt worden seien.
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage ab und urteilte, dass die Klägerin innerhalb der zwölfmonatigen Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 und auch innerhalb der sechsmonatigen Nachfrist des Art. 48 Abs. 3 Buchst. b VO Nr. 3665/87 kein Beförderungspapier vorgelegt habe. Mit der Kopie einer Urkunde, die auf dem für einen CMR-Frachtbrief vorgeschriebenen Muster ausgestellt worden sei und welche die Klägerin innerhalb der maßgeblichen Vorlagefristen eingereicht habe, werde kein Frachtvertrag zwischen der Klägerin und dem Frachtführer verbrieft, da das Feld 16 des Formulars keine Angaben über den Frachtführer enthalte, im Feld 23 ein leserlicher Stempel des Frachtführers fehle und das Feld 24 keine Angaben über den Empfänger der Ware erkennen lasse. Diese fehlenden Angaben auf dem eingereichten Dokument seien in erstattungsrechtlicher Hinsicht wesentlich und könnten nicht nach dem Ablauf der genannten Fristen nachgeholt werden. Es sei dem HZA nicht verwehrt, sich erstmals in der Einspruchsentscheidung auf die Versäumung der Frist zur Vorlage des Beförderungspapiers zu berufen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, die sie auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) stützt.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
1. Die von der Beschwerde formulierte Rechtsfrage, ob die Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 einer nachträglichen Ergänzung der im vorgelegten Frachtbrief enthaltenen Angaben entgegensteht, ist im Streitfall nicht klärungsfähig.
Voraussetzung für die Gewährung der im Streitfall differenzierten Ausfuhrerstattung ist (u.a.) gemäß Art. 16 Abs. 1, Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 die Vorlage einer Kopie des Beförderungspapiers. Die Einreichung der notwendigen Unterlagen —somit auch des Beförderungspapiers— hat nach Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach dem Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung zu erfolgen. Diese Frist kann unter den Voraussetzungen von Art. 47 Abs. 4 VO Nr. 3665/87 verlängert werden. Werden die Unterlagen erst nach diesen Fristen innerhalb von sechs Monaten eingereicht, so besteht nach Art. 48 Abs. 3 Buchst. b VO Nr. 3665/87 nur ein Anspruch auf 85 % der eigentlich vorgesehenen Ausfuhrerstattung.
Wie der Senat bereits entschieden hat, ist mit dem nach Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 erforderlichen Beförderungspapier eine über den den Transport der Ware betreffenden Frachtvertrag (§ 407 des Handelsgesetzbuchs —HGB—) ausgestellte Urkunde (z.B. § 408 HGB) gemeint (Senatsurteil vom VII R 50/02, BFHE 206, 488; Senatsbeschluss vom VII B 23/00, BFH/NV 2000, 1510). Im grenzüberschreitenden Verkehr kommt als Beförderungspapier der CMR-Frachtbrief in Betracht, der nach Maßgabe des Übereinkommens vom über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (BGBl II 1961, 1120) auszustellen ist. Wie der Senat ebenfalls entschieden hat, liegt jedoch ein CMR-Frachtbrief nicht vor, wenn lediglich auf dem für diesen Frachtbrief vorgeschriebenen Muster ein Dokument ausgestellt worden ist, welches (u.a.) keine Angaben über den Namen und die Anschrift des Frachtführers und keine Bestätigung des Empfängers, das Gut empfangen zu haben, enthält, denn eine solche Urkunde verbrieft keinen Frachtvertrag zwischen dem Ausführer und dem Frachtführer oder zwischen dem Empfänger der ausgeführten Erzeugnisse und dem Frachtführer (Senatsurteil in BFHE 206, 488).
Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass das seitens der Klägerin innerhalb der vorgeschriebenen Frist auf dem Formular eines CMR-Frachtbriefs eingereichte Dokument im Feld 16 keine und im Feld 23 keine leserlichen Angaben über den Frachtführer sowie im Feld 24 keine Angaben über den Empfänger der Ware enthalten hat. Das FG hat in Anbetracht dieser Umstände zutreffend erkannt, dass innerhalb der vorgeschriebenen Fristen lediglich ein auf dem für einen CMR-Frachtbrief vorgeschriebenen Muster ausgestelltes Dokument, nicht aber ein Beförderungspapier i.S. des Art. 18 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 eingereicht worden ist. Daher stellt sich die Frage, ob Angaben in einem vorgelegten Beförderungspapier noch nach dem Ablauf der Vorlagefristen ergänzt werden dürfen, im Streitfall nicht. Denn es geht nach den Feststellungen des FG nicht um die Ergänzung, sondern vielmehr um die erstmalige Vorlage eines Frachtbriefs. Dass aber bei nicht fristgerechter Vorlage des Beförderungspapiers die vorschussweise gewährte Ausfuhrerstattung zurückzufordern ist, auch wenn die zuständige Behörde das Fehlen des Beförderungspapiers zunächst nicht beanstandet hat, ist nicht zweifelhaft (vgl. Senatsurteil in BFHE 206, 488).
Soweit das FG mit dem von der Beschwerde vorgelegten Urteil vom IV 51/04 (nicht veröffentlicht) in einem ähnlich liegenden Fall die nachträgliche Ergänzung eines den Anforderungen nicht genügenden Beförderungspapiers auch noch nach Ablauf der Vorlagefristen als zulässig angesehen hat, ist dieser Umstand allein nicht ausreichend, den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung schlüssig zu begründen. Jedenfalls das im Streitfall angefochtene Urteil des FG entspricht —wie ausgeführt— der Rechtsprechung des beschließenden Senats. Lediglich eine weitere insoweit abweichende Entscheidung des FG macht eine erneute Befassung des Senats mit den im Streitfall maßgebenden Rechtsfragen nicht erforderlich.
2. Die Frage, ob die Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 dann nicht eingreift, wenn das Erstattungsverfahren im Zeitpunkt der Vorlage des betreffenden Dokuments aus anderen Gründen noch nicht abgeschlossen ist, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie sich bereits anhand der maßgebenden Vorschrift zweifelsfrei verneinen lässt. Die für das Erstattungsverfahren nach Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 vorgeschriebene zwölfmonatige Frist für die Einreichung der für die Zahlung erforderlichen Unterlagen verlängert sich nicht, wenn das Erstattungsverfahren —z.B. wegen eines gegen die Ablehnung der beantragten Erstattung eingelegten Rechtsbehelfs— über den Fristablauf hinaus andauert. Anders als die Beschwerde meint, kann der Vorschrift auch kein Anhaltspunkt für die Annahme entnommen werden, dass der Fristablauf in solchen Fällen unschädlich ist, in denen sich das Erstattungsverfahren aus anderen Gründen ohnehin verzögert hat und deshalb die zügige Durchführung des Verwaltungsverfahrens durch die verspätete Vorlage des betreffenden Nachweisdokuments nicht beeinträchtigt worden ist.
Die Erwägungen des Senats in seinem Beschluss vom VII B 145, 146/00 (BFH/NV 2001, 75), auf den die Beschwerde sich beruft, lassen sich auf den Streitfall nicht übertragen. In jenem Beschluss ist der Senat nach summarischer Prüfung zu der Auffassung gelangt, dass es ernsthaft zweifelhaft sei, ob eine bereits gewährte Ausfuhrerstattung nach Art. 11 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 auch dann zurückzufordern ist, wenn bei ihrer Gewährung übersehen worden ist, dass bestimmte Beförderungspapiere nicht vorgelegt worden sind, die aber vorhanden waren und nach Bemerken des Fehlers unverzüglich nachgereicht worden sind. Während es in jenem Verfahren um die Rückforderung einer vom HZA bereits endgültig gewährten Ausfuhrerstattung ging, hatte das HZA im Streitfall noch darüber zu entscheiden, ob eine solche, die bisher nur unter Vorbehalt der Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen vorschussweise gewährt wurde, tatsächlich geschuldet wird. Das Verwaltungsverfahren betreffend die Gewährung der Ausfuhrerstattung war also anders als in dem genannten Fall noch nicht abgeschlossen, sondern war offen. Denn es war noch zu prüfen, ob sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrerstattung erfüllt waren, bevor das HZA endgültig darüber entschied, ob die Klägerin einen Anspruch auf die Ausfuhrerstattung hatte. Anders als in jenem Fall, in dem die Entscheidung über den Erstattungsanspruch bereits getroffen war, konnte die Frist hier noch ihren Zweck erfüllen, eine abschließende Entscheidung über den Ausfuhrerstattungsanspruch auch dann zu ermöglichen, wenn das Beförderungspapier nicht vorgelegt worden ist (vgl. dazu: Senatsurteil vom VII R 49/01, BFHE 200, 453). Zu Unrecht macht daher die Beschwerde im Streitfall geltend, dass das HZA das als Beförderungspapier vorgelegte Dokument zunächst als ausreichend akzeptiert habe. Das FG hat dies nicht festgestellt. Denn das HZA hatte der Klägerin eine Ausfuhrerstattung nicht bereits gewährt. Vielmehr war, nachdem die Ausfuhrerstattung als Vorschuss gezahlt worden war, über die Frage, ob der Klägerin der entsprechende Erstattungsanspruch auch zustand, noch nicht entschieden.
3. Die weitere von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob eine Verletzung der dem HZA gemäß § 25 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) obliegenden Beratungspflicht es dem HZA verbietet, sich auf den Ablauf der Frist des Art. 47 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 zu berufen, ist im Streitfall nicht klärungsfähig, denn nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen. So kann nicht angenommen werden, dass die fristgerechte Vorlage eines ordnungsgemäßen Beförderungspapiers —aus der insofern maßgeblichen Sicht des HZA— offensichtlich nur versehentlich bzw. aus Rechtsunkenntnis unterblieben ist (vgl. dazu: Senatsurteil in BFHE 206, 488). Soweit die Beschwerde vorträgt, dass das HZA unvollständig ausgefüllte CMR-Frachtbriefe jahrelang als Beförderungspapier akzeptiert und dann plötzlich seine Praxis geändert habe, fehlt es an entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Urteil. Darüber hinaus kann nach den Feststellungen des FG auch nicht davon ausgegangen werden, dass das HZA im Streitfall —was Voraussetzung für eine Beratungspflicht wäre— bereits vor Fristablauf erkannt hatte, dass das Beförderungspapier fehlte.
Soweit die Beschwerde meint, dass das HZA verpflichtet sei, die eingereichten Unterlagen vor Ablauf der zwölfmonatigen Frist auf ihre Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit zu überprüfen, ist diese Frage nicht klärungsbedürftig. Der Senat hat bereits entschieden, dass derjenige, dem die Ausfuhrerstattung vorschussweise unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen gewährt worden ist, allein verantwortlich ist für die Erfüllung dieser Voraussetzungen und dass das HZA gegenüber dem Erstattungsbeteiligten nicht verpflichtet ist, auf die rechtzeitige Erfüllung dieser Voraussetzungen zu dringen oder auch nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen und eine verbindliche Auskunft darüber zu erteilen (Senatsurteil in BFHE 200, 453).
4. Die Frage, ob mögliche andere Gründe für die Rückforderung einer Ausfuhrerstattung vom HZA nicht mehr nachgeschoben werden dürfen, wenn seit der Erstattungsgewährung eine Frist von mehr als vier Jahren verstrichen ist, ist weder klärungsbedürftig noch im Streitfall klärungsfähig.
Soweit sich die Beschwerde auf die —im Streitfall ohnehin nicht anwendbare— Verjährungsvorschrift des Art. 52 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 102/11) beruft, verkennt sie, dass es im Streitfall nicht um die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten Ausfuhrerstattung geht, sondern um die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine ihr zunächst nur als Vorschuss gezahlte Ausfuhrerstattung hat. Die Entscheidung dieser Frage unterliegt keinen Verjährungsvorschriften.
Das Gleiche gilt, soweit die Beschwerde eine für das HZA im Streitfall zu beachtende vierjährige Frist aus Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 (VO Nr. 2988/95) des Rates vom über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 312/1) herleiten will. Um eine der Klägerin gewährte, aber wegen Begehung einer Unregelmäßigkeit zurückzufordernde Ausfuhrerstattung geht es im Streitfall nicht, sondern um die Frage, ob die Klägerin im Erstattungsverfahren ein für den Nachweis des Bestehens ihres Erstattungsanspruchs erforderliches Dokument fristgerecht eingereicht hat.
Im Übrigen hat der Senat bereits entschieden, dass die Verjährungsvorschrift des Art. 3 VO Nr. 2988/95 nichts mit der Frage zu tun hat, ob eine fristgerecht ergriffene Verwaltungsmaßnahme aufgehoben werden muss, wenn für sie eine zutreffende Begründung erst nach Fristablauf gefunden wird, und dass das HZA weder aufgrund von Vorschriften des VwVfG noch der FGO gehindert ist, einen angefochtenen Änderungsbescheid noch im Klageverfahren auf eine andere Begründung zu stützen (Senatsurteil in BFHE 206, 488).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1721 Nr. 9
ZAAAB-90520