Senatsverwaltung für Fin Berlin - III A - S 2333 - 3/2005

Leistungen für die Zukunftssicherung von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH und von Vorstandsmitgliedern einer AG oder eines VVaG

1. GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer

Arbeitgeberbeiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer sind nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei. Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer liegt arbeitsrechtlich kein Arbeitsverhältnis vor, so dass der Arbeitgeber gesetzlich nicht zur Zahlung von Arbeitgeberanteilen verpflichtet ist (vgl. BStBl 2002 II S. 886).

Ob es sich um einen beherrschenden, nicht sozialversicherungspflichtigen Gesellschafter-Geschäftsführer oder um einen abhängig beschäftigten Arbeitnehmer handelt, beurteilt sich allein nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die Entscheidung trifft die zuständige Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger. Sie ist infolge ihrer Tatbestandswirkung auch im Besteuerungsverfahren zu beachten, sofern sie nicht offensichtlich rechtswidrig ist.

Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu der GmbH liegt sozialversicherungsrechtlich i.d.R. nicht vor, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH ausüben kann. Das ist i.d.R. der Fall, wenn der Anteil am Stammkapital der GmbH mindestens 50 v.H. beträgt. Das Gleiche gilt auch bei einem Kapitalanteil von weniger als 50 v.H., wenn aufgrund des Gesellschaftsvertrags für Beschlüsse der Gesellschaft eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist und dieser Anteil eine Sperrminorität darstellt, die ausreicht, eine Beschlussfassung zu verhindern oder wenn der Geschäftsführer hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ist und seine Tätigkeit wirtschaftlich gesehen nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübt.

Die beigefügte Übersicht (Anlage) gibt versicherungsrechtliche Entscheidungen zur Behandlung von Gesellschafter-Geschäftsführern, mitarbeitenden Gesellschaftern und Geschäftsführern wieder. Für den Fall, dass noch keine Entscheidung der zuständigen Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger vorliegen sollte, kann sie als Entscheidungshilfe herangezogen werden.

Zukunftssicherungsleistungen, die nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind, zählen aber nur zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, soweit keine verdeckten Gewinnausschüttungen vorliegen. Um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt es sich z.B., wenn die Arbeitgeberanteile nicht klar und eindeutig in den Dienstverträgen festgelegt sind. Das Gleiche gilt, wenn die Gesamtausstattung der Tätigkeitsvergütungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer unangemessen hoch ist. Ob es sich im Zweifelsfall um Arbeitslohn oder um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt, ist im Einvernehmen mit der für die GmbH zuständigen VerSt zu entscheiden.

2. Vorstandsmitglieder einer AG oder eines VVaG

Vorstandsmitglieder einer AG unterliegen nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI rentenversicherungspflichtig, wenn sie nicht durch § 1 Satz 4 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit sind.

Sie sind als Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzusehen, wenn sie funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilhaben. Ihnen fehlt es an einem echten unternehmerischen Risiko, das eine selbständige Tätigkeit auszeichnet. Vielmehr unterliegen sie der Kontrolle der Aufsichtsräte, die in der Regel jährlich eine Entlastung der Vorstandsmitglieder der AG’en von der persönlichen Haftung für ihre unternehmerischen Entscheidungen aussprechen und sie damit vom Unternehmerrisiko befreien. Vorstandsmitglieder der AG’en können mit Chefärzten eines Krankenhauses verglichen werden, die ihre fachlichen Entscheidungen ebenfalls ohne Weisung der Krankenhausverwaltung treffen und dennoch als abhängig Beschäftigte betrachtet werden. Eine andere Beurteilung ist nur vorzunehmen, wenn Vorstandsmitglieder selbst eine Mehrheitsbeteiligung an der AG halten.

Vorstandsmitglieder haben Anspruch auf einen Zuschuss zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag nach § 257 SGB V und zu ihrem Pflegeversicherungsbeitrag nach § 61 SGB XI. Sie erhalten diese Zuschüsse steuerfrei nach § 3 Nr. 62 EStG, da sie aufgrund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden und im Übrigen die Finazverwaltung der Entscheidung des zuständigen Sozialversicherungsträgers grundsätzlich zu folgen hat ( BStBl 2003 II S. 34).

Auch Vorstandsmitglieder einer großen WaG sind grundsätzlich Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne.

Die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger sind grundsätzlich zu beachten.

3. Vorstandsmitglieder eingetragener Genossenschaften

Für Vorstandsmitglieder eingetragener Genossenschaften ( SozR-2940 § 3 Nr. 1, NZA 1990, 950) und angestellte Vorstandsmitglieder öffentlicher Sparkassen ( SozR 3-2940 § 3 Nr. 2) hat das BSG die Arbeitnehmereigenschaft bejaht. Hinsichtlich der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder gesetzlicher Krankenkassen und deren Verbände gehen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger davon aus, dass es sich um abhängig Beschäftigte i.S. des § 7 SGB IV handelt. Arbeitgeberzuschüsse zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie die gesetzlichen Ansprüche auf Arbeitgeberzuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sind im Rahmen des § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei.

Die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger sind grundsätzlich zu beachten.

Versicherungsrechtliche Beurteilung: Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH/GmbH-Geschäftsführer

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Beurteilungskriterien
Entscheidung
Arbeitnehmer
Fallgruppe I: Kapitalanteil unter 50 v. H.
Beispiel 1:
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil unter 50 v.H.
Anstellungsvertrag,
keine Sperrminorität,
keine Verhinderung von
Gesellschafterbeschlüssen
Weisungsgebundenheit,
Eingliederung in den Be-
trieb.
Ein aufgrund eines Anstellungsvertrages
tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer
einer GmbH ist versicherungspflichtig,
wenn er als Gesellschafter keinen maß-
gebenden Einfluss auf die Gesellschaft
hat. Das ist der Fall, wenn der Geschäfts-
führer weniger als die Hälfte der Ge-
schäftsanteile besitzt und auch nicht hin-
sichtlich wesentlicher Gesellschaftsbe-
schlüsse eine Sperrminorität besitzt.
ja
Beispiel 2:
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil 33,3 v.H. des
Gesamtkapitals,
vertretungsberechtigt mit
einem weiteren zu einem
Drittel beteiligten Ge-
schäftsführer,
kein anderer Gesellschafter
hat mehr als ein Drittel des
Gesamtkapitals, keine Wei-
sungsgebundenheit nach
den tatsächlichen Verhält-
nissen,
freie Bestimmung der Tätig-
keit (Arbeitszeit, Urlaub
usw.).
Ein GmbH-Geschäftsführer, der an der
GmbH mit einem Drittel am Kapital betei-
ligt ist und die GmbH mit einem weiteren
zu einem Drittel beteiligten Geschäftsfüh-
rer gemeinschaftlich vertritt, unterliegt
nicht der Versicherungspflicht.
nein
Entscheidend ist: Der Gesellschaftsführer
trägt nach der tatsächlichen Gestaltung
der Tätigkeit das volle Unternehmerrisiko,
unterliegt keinerlei Weisungen und kann
seine Tätigkeit nach den Belangen des
Unternehmens, die in Wirklichkeit mit
seinen eigenen Belangen übereinstim-
men, selbst frei bestimmen.
Bei freier Bestimmung über Arbeits- und
Urlaubszeit nimmt er als Geschäftsführer
weitgehend unternehmerische Funktio-
nen wahr und steht nicht in einem per-
sönlichen Abhängigkeitsverhältnis.
Beispiel 3:
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Alleinvertretungsberechti-
gung,
Kapitalanteil unter 50 v.H.,
Anstellungsvertrag,
keine Beschränkung in
Gestaltung und Ausführung
der Arbeit durch Vertrag
oder nach den tatsächli-
chen Verhältnissen,
keine Weisungsgebunden-
heit.
Ein alleinvertretungsberechtigter Ge-
schäftsführer, der vertraglich seine Arbeit
uneingeschränkt gestalten und ausführen
kann (besonders hinsichtlich der Arbeits-
zeit), unterliegt nicht der Versicherungs-
pflicht. Die tatsächliche Durchführung
des Vertrags muss aber dieser Vereinba-
rung entsprechen.
nein
Beispiel 4:
Gesellschafter,
kein Geschäftsführer,
Führung des Unternehmens
wegen seiner Branchen-
kenntnisse,
Geschäftsanteil ein Drittel
des Gesamtkapitals,
keine Beschränkung in
Gestaltung und Ausführung
der Arbeit,
keine Weisungsgebunden-
heit,
ohne ausdrücklichen Ge-
sellschafterbeschluss oder
schriftlichen Anstellungs-,
Arbeits-, Dienstvertrag tätig.
Ein beschäftigter Gesellschafter mit ei-
nem Drittel Kapitalbeteiligung, der auf-
grund stillschweigender Übereinkunft
wegen seiner einschlägigen Branchen-
kenntnisse maßgeblich bei der Führung
des Unternehmens mitwirkt, die Gesell-
schaft nach außen ohne ausdrücklichen
Gesellschafterbeschluss oder schriftli-
chen Anstellungsvertrag vertritt und in
der Gestaltung seiner Arbeit und der Be-
stimmung seiner Arbeitszeit keinen Wei-
sungen unterliegt, steht nicht in einem
abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
Der Gesellschafter ist nicht wie eine
fremde Arbeitskraft in den Betrieb einge-
gliedert, sondern tatsächlich als Mitinha-
ber des unter seinem Namen in der
Rechtsform einer GmbH geführten Un-
ternehmens tätig.
nein
Beispiel 5:
Ehegatten-GmbH,
Gesellschafterin,
Geschäftsführerin,
Kapitalanteil unter 50 v.H.,
Ehegatte als weiterer Ge-
sellschafter mit restlichem
Kapitalanteil,
keine Weisungsgebunden-
heit.
Eine als Geschäftsführerin tätige Ehe-
frau, die gleichzeitig Gesellschafterin der
GmbH ist (sie unter, Ehemann über
50 v.H. Kapitalanteil), steht nicht in einem
sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-
gungsverhältnis, wenn sie an keine Ar-
beitszeit und an keine Weisungen ge-
bunden ist. Das gilt auch, wenn ihr Ge-
halt steuerrechtlich als Betriebsausgabe
behandelt wird.
nein
Die unterschiedliche Kapitalbeteiligung
von Ehegatten an einer GmbH ist nicht
das ausschlaggebende Merkmal für die
Beurteilung der Sozialversicherungs-
pflicht. Für die Frage der Sozialversiche-
rungspflicht sind Kapitalanteile von Ehe-
gatten nicht zusammenzurechnen.
 
Fallgruppe II: Kapitalanteil 50 v.H.
Beispiel 1:
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil 50 v.H.
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit
50 v.H. Kapitalbeteiligung kann durch
sein Stimmrecht bei Gesellschafterbe-
schlüssen einen maßgeblichen Einfluss
auf die Entscheidung der GmbH aus-
üben. Er steht nicht in einer persönlichen
Abhängigkeit zur Gesellschaft, auch
wenn er aufgrund eines Dienstvertrages
mit monatlich feststehender Vergütung,
Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw. tätig
wird.
nein
Beispiel 2:
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil 50 v.H.
ein weiterer Geschäftsfüh-
rer mit 50 v.H. Kapitalanteil.
Zwei Geschäftsführer, die je zur Hälfte
am Stammkapital einer GmbH beteiligt
sind und die Gesellschaft gemeinschaft-
lich vertreten, können nur übereinstim-
mend handeln. Daraus ergibt sich: Es
besteht kein persönliches Abhängigkeits-
verhältnis zu der Gesellschaft im Sinne
einer Weisungsgebundenheit oder eines
entsprechenden Direktionsrechts. Jeder
der beiden Geschäftsführer hat insoweit
eine unabhängige Stellung, als ohne ihn
keine Beschlüsse gefasst werden kön-
nen.
nein
Beispiel 3:
Gesellschafter,
leitender Angestellter (kein
Geschäftsführer),
Kapitalanteil 50 v.H.,
in der Angestelltentätigkeit
leistungsbezogenes Ent-
gelt,
ein weiterer Gesellschafter
mit 50 v.H. Kapitalanteil.
Ein leitender Angestellter (Prokurist),
dessen Gehalt vertraglich „entsprechend
der erbrachten Leistung” festgesetzt wird,
unterliegt nicht der Versicherungspflicht.
Beide zu je 50 v.H. Beteiligte haben glei-
chen Anteil an den Entscheidungen der
Gesellschaft, keiner der Gesellschafter ist
gegenüber der GmbH weisungsgebun-
den.
nein
 
Fallgruppe III: Kapitalanteil über 50 v.H.
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil über 50 v.H.
Ein in einer GmbH als Geschäftsführer
tätiger Gesellschafter, der Geschäftsan-
teile von mehr als 50 v.H. besitzt und
allein in dem Unternehmen tätig ist, steht
nicht in einem versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis.
nein
 
Fallgruppe IV: ohne Kapitalanteil
kein Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Weisungsgebundenheit
gegenüber der Gesellschaf-
terversammlung,
monatlich gleich bleibende
Vergütung, persönliche und
wirtschaftliche Abhängig-
keit.
Ein nicht an einer Gesellschaft beteiligter
Geschäftsführer, der nach seiner Ar-
beitsplatzbeschreibung der Gesellschaf-
terversammlung im Rahmen des GmbH-
Gesetzes und des Gesellschaftervertrags
unterstellt ist, dem die allgemeine Verwal-
tung der GmbH obliegt, dabei nur im
Rahmen der Gesellschafterbeschlüsse
handeln darf und insoweit der Prüfung
und Überwachung durch die Gesellschaf-
ter unterliegt, für seine Tätigkeit eine mo-
natliche gleich bleibende Vergütung so-
wie bezahlten Urlaub erhält, steht in ei-
nem abhängigen, d.h. sozialversiche-
rungspflichtigen Beschäftigungsverhält-
nis.
ja

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Fundstelle(n):
YAAAB-89308