BFH Beschluss v. - I B 60/05

Instanzenzug: FG des Landes Brandenburg Urteil vom 2 K 2154/03

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, den verbleibenden Verlustabzug einer auf sie verschmolzenen GmbH, der F-GmbH (F), geltend machen kann. Die Sache befindet sich (nach Revisionsentscheidung des Senats vom I R 38/01, BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822 —auf die verwiesen wird—) im zweiten Rechtsgang.

Die beiden Gesellschafter der Klägerin errichteten im Jahr 1993 die F. Diese erzielte in den Jahren 1994 bis 1996 insgesamt Verluste. Zum wurden ein verbleibender Verlustabzug zur Körperschaftsteuer und ein vortragsfähiger Gewerbeverlust festgestellt.

Mit Verschmelzungsvertrag vom übertrug die F ihr gesamtes Vermögen nach § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die Klägerin (Verschmelzung durch Aufnahme). Als Übertragungsstichtag i.S. des § 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG 1995) war der , 24.00 Uhr bestimmt. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgte am .

In ihren Steuererklärungen für das Streitjahr 1996 machte die Klägerin u.a. die festgestellten Verluste der F geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) —im zweiten Rechtsgang— ab. Die F habe am maßgeblichen Stichtag der Eintragung des Vermögensübergangs ins Handelsregister —dem — ihren Geschäftsbetrieb bereits eingestellt gehabt; sie sei zu diesem Zeitpunkt daher nicht mehr im Sinne des Senatsurteils in BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822 wirtschaftlich aktiv gewesen.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision.

Sie rügt Verfahrensmängel der Vorinstanz (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) infolge der Verletzung ihrer Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO).

Sie, die Klägerin, habe zu ihrem Vorbringen, dass die F bis einschließlich wirtschaftlich aktiv gewesen sei, in unterschiedlichen Schriftsätzen diverse Beweisanträge gestellt. Diese Anträge habe sie laut Sitzungsprotokoll in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am wiederholt und zu Protokoll gegeben.

Zudem macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Der Bundesfinanzhof (BFH) habe bislang nicht geklärt, „unter welchen Bedingungen eine übertragende Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensüberganges im Handelsregister ihren Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt hatte”.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

1. Der Senat braucht nicht abschließend darüber zu befinden, ob die Klägerin den von ihr geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) in einer den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt hat. Denn jedenfalls ist diese Rüge unbegründet, der Streitsache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Rechtsfrage voraus, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt; es muss sich um eine Frage handeln, die über den jeweiligen Einzelfall hinaus klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Beschlüsse vom I B 79/04, BFH/NV 2005, 1232; vom VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, unter welchen Bedingungen i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 eine übertragende Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Vermögensüberganges im Handelsregister ihren Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt hat, wäre in einem Revisionsverfahren nicht weiter klärungsfähig. Mit Urteil in BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822 hat der Senat entschieden, dass diese „Nichteinstellung” des Geschäftsbetriebs einer Betätigung bedarf, die zwar nicht einen gegenüber einem früheren Zeitpunkt gleich bleibenden Umfang aufweist, wohl aber ins Gewicht fallen und das Unternehmen als wirtschaftlich aktiv erscheinen lässt. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, habe das FG auf Grund des abschließend ermittelten Sachverhalts zu beurteilen. Das Erfordernis einer tatrichterlichen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls steht einer weiterreichenden grundsätzlichen Bedeutung der zugrunde liegenden Rechtsfrage entgegen.

2. Die von ihr gerügte Verletzung der dem FG obliegenden Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 76 Abs. 1 FGO) hat die Klägerin bereits nicht entsprechend den Erfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

a) Wird als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung wegen Nichterhebung angebotener Beweise gerügt, sind neben der Benennung der angebotenen Beweismittel Ausführungen dazu erforderlich, was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme im tatsächlichen Bereich gewesen wäre und inwiefern das Urteil des FG —auf Grund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung— auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom V B 153/92, BFH/NV 1995, 601; vom X B 124/94, BFH/NV 1995, 238; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz. 69). Dies gilt insbesondere in Fällen wie dem Streitfall, in dem das FG bereits von Amts wegen die Beteiligten zur Vorlage bestimmter Beweismittel aufgefordert hat.

b) Nach dem Inhalt der Streitakten hat das FG der Klägerin mit Verfügung vom aufgegeben, die in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung zum ausgewiesenen Erlöse anhand der entsprechenden Ausgangsrechnungen zu belegen, zudem sämtliche von der F im Jahr 1997 abgegebenen Angebote sowie das Auftragsbuch im Original vorzulegen und darzulegen, welche Aufträge von welchen Unternehmen, von welchen Arbeitnehmern und zu welchem Zeitpunkt tatsächlich ausgeführt worden sind. Mit weiteren Verfügungen vom 19. Januar und hat das FG die Klägerin (gemäß § 79b Abs. 2 FGO) aufgefordert, sämtliche einem (vorliegenden) Angebot vom vorausgegangenen Angebote der F im Original vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin sieben von der F im Zeitraum zwischen Januar und September 1997 abgegebene Angebote „noch einmal in Erinnerung gerufen"; sie hätten allerdings nur zu einem Teil zu tatsächlichen Aufträgen und somit Umsatzerlösen geführt. Darauf stellte das FG im Tatbestand der Vorentscheidung vier zwischen dem 24. Februar und erteilte Ausgangsrechnungen und eine am von der F erteilte Ausgangsrechnung fest. Am 3. und seien zwei Angebote abgegeben worden.

Auf dieser Grundlage entschied das FG, die F habe am keine maßgebliche aktive wirtschaftliche Tätigkeit mehr ausgeübt. Von Ende Juni bis habe sie nur einen Auftrag ausgeführt, der zudem einen geringen Umfang aufgewiesen (ca. 1 180 DM) und sich lediglich auf die Beseitigung von Mängeln aus einem Auftrag aus dem Jahr 1996 beschränkt habe; dies stelle keine wirtschaftlich aktive Tätigkeit im geforderten Sinne einer werbenden Tätigkeit dar. Die Auftragssummen der vier bis Juni 1997 ausgeführten Aufträge hätten insgesamt lediglich 3 v.H. der Vorjahresumsätze erreicht. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die F ihr Anlagevermögen veräußert habe. Angesichts dieser Umstände sei unbeachtlich, dass bei der F noch zwei Arbeitnehmer und ein Auszubildender beschäftigt worden seien. Auch aus den von der F im September 1997 abgegebenen beiden Angeboten sei eine maßgebende wirtschaftliche Tätigkeit nicht abzuleiten. Im Hinblick auf die auszuführenden Tätigkeiten und die Angebotssummen fielen sie nicht entscheident ins Gewicht; eine nachhaltige Betätigung am Markt sei daraus nicht abzuleiten. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass die F in den Jahren 1996/1997 und 1997/1998 noch in Telefonbüchern mit entsprechenden Anzeigen eingetragen gewesen sei. Diese Eintragungen seien auf darauf lautende Aufträge zur Eintragung aus dem Jahr 1996 zurückzuführen.

c) Vor dem Hintergrund der Feststellungen und der darauf gestützten Begründung der Vorentscheidung wäre zur schlüssigen Darlegung einer Verletzung der Verpflichtung des FG zur weiteren Sachaufklärung im Einzelnen auszuführen gewesen, was das voraussichtliche Ergebnis der jeweils vermissten weiter gehenden Beweisaufnahme gewesen wäre und inwieweit dies zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.

Nicht ausreichend ist hingegen die bloße Behauptung der Klägerin, mit der antragsgemäßen Durchführung der Beweisaufnahme wäre das FG an der getroffenen Entscheidung „gehindert gewesen”, da nachgewiesen worden wäre, dass die F bis zum wirtschaftlich aktiv gewesen sei und ihren Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt habe.

Mit diesem Vorbringen rügt die Klägerin lediglich die Würdigung der Umstände des Streitfalles durch das FG, die, wie die Vorentscheidung im Anschluss an die Senatsentscheidung in BFHE 202, 507, BStBl II 2003, 822 ausführt, diesem als Tatsacheninstanz obliegt. Die Würdigung des FG auch im tatsächlichen Bereich ist der Rüge eines Verfahrensmangels entzogen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa , BFH/NV 2006, 341).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1501 Nr. 8
VAAAB-88282