Leitsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: BVerfGG § 93b; BVerfGG § 93a; BVerfGG § 93a Abs. 2; BVerfGG § 90 Abs. 2 Satz 1; StPO § 98 Abs. 2 Satz 2; GG Art. 13 Abs. 1
Instanzenzug: LG Mannheim 24 Qs 7/03 vom LG Mannheim 24 Qs 8/03 vom AG Mannheim 42 Gs 2768/02 vom
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Soweit die vorläufige Sicherstellung von potentiellen Beweismitteln betroffen ist, wird in der Verfassungsbeschwerde nicht vorgetragen, bei welchem der Beschwerdeführer welche Gegenstände sichergestellt wurden. Ungeachtet dessen haben die Beschwerdeführer insoweit, entgegen § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, den Rechtsweg noch nicht erschöpft. Die Beschwerdeführer haben bislang noch keine amts- oder landgerichtliche Entscheidung entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO herbeigeführt (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 1992, S. 551 <552>).
2. Soweit die Durchsuchungsanordnungen betroffen sind, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.
a) Art. 13 Abs. 1 GG verpflichtet den die Durchsuchung anordnenden Richter, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (BVerfGE 103, 142 <151>). Ein Durchsuchungsbeschluss, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem weder die Art noch den denkbaren Inhalt der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, erkennen lässt, wird diesen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Angaben nach dem Ergebnis der Ermittlungen ohne Weiteres möglich sind (vgl. BVerfGE 42, 212 <220 f.>). Dieser Begrenzungsfunktion haben die Fachgerichte in hinreichender Weise Rechnung getragen.
aa) Die angegriffenen Entscheidungen erschöpfen sich - soweit der Tatvorwurf betroffen ist - nicht in der bloßen Angabe des Rechtsbegriffs der vorgeworfenen Tat (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, StV 2002, S. 406 <407>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 2002, S. 1941 <1942>). Vielmehr ergibt sich aus den angefochtenen Beschlüssen in hinreichender Weise, dass dem Beschwerdeführer verbotene Insidergeschäfte bezogen auf Papiere der Firma M. im angegebenen Tatzeitraum zur Last gelegt werden. Aus einer Zusammenschau der vorgenannten Angaben mit den unter anderem beispielhaft benannten Beweismitteln sind die verfassungsrechtlichen Erfordernisse insoweit gewahrt. Die Betroffenen sind damit in den Stand versetzt, die Durchsuchung zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 42, 212 <220 f.>; 103, 142 <151 f.>).
bb) Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung ist - soweit die Präzisierung der erforderlichen Angaben betroffen ist (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des -, NJW 1994, S. 2079 <2080>) - in besonderer Weise der Stand des Verfahrens zu berücksichtigen. Dass den Fachgerichten in dem frühen Stadium der Ermittlungen weitere Konkretisierungen möglich gewesen wären, wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
b) Ein auf konkreten Tatsachen beruhender Anfangsverdacht liegt dann vor, wenn nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit einer verfolgbaren Straftat gegeben ist (vgl. Schoreit, in: Karlsruher Kommentar, 5. Aufl., § 152 Rn. 28; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 152 Rn. 4). Die Annahme der Fachgerichte, dass im konkreten Fall ein Anfangsverdacht vorgelegen hat, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Die Auslegung und Anwendung des Strafprozessrechts ist Aufgabe der Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht kann nur eingreifen, wenn dabei spezifisches Verfassungsrecht verletzt wurde (vgl. BVerfGE 95, 96 <128>).
Gegen das verfassungsrechtliche Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen die Ausführungen des Landgerichts jedenfalls nicht. Willkür ist nicht schon dann gegeben, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten. Hinzukommen muss vielmehr, dass Rechtsanwendung und Verfahren bei einer verständigen Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <96>; 59, 95 <97>). Wegen der erhöhten Gefahr und des nur schwer bewertbaren Risikos einer falschen Verdächtigung durch anonyme Anzeigen (vgl. LG Offenburg, StV 1997, S. 626 <627>) wäre es gegebenenfalls verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, wenn die Anzeige ungeprüft zum Anlass des schwer wiegenden Grundrechtseingriffs genommen worden wäre. Das Landgericht hat jedoch darauf abgestellt, dass einzelne Positionen der anonymen Anzeige, welche insgesamt auf ein profundes Sachwissen des Anonymus hinwiesen, einer Überprüfung unterzogen und einzelne Punkte hierbei verifiziert worden seien. Das Landgericht hat die Annahme des Anfangsverdachts auch nicht auf Umstände gestützt, die das Vorliegen einer Straftat für sich genommen nicht begründen könnten. Vielmehr hat das Landgericht erkennbar die verifizierten Umstände gemeinsam mit der anonymen Anzeige einer Würdigung unterzogen. Ob die fachgerichtliche Würdigung die Annahme einer hohen Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Aussage der anonymen Anzeige zutreffend sei, rechtfertigt, kann offen bleiben. Gegen die damit zugleich getroffene Annahme der Möglichkeit verfolgbarer Straftaten ist jedenfalls verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.
c) Die Durchsuchung greift schwerwiegend in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre der Beschwerdeführer ein. Die Durchsuchung sowie deren Anordnung stehen daher unter dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>). Es wird auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Sache und der Stärke des Tatverdachts nicht erkennbar, dass die Fachgerichte diesen verfassungsrechtlichen Maßstab verkannt haben; die fachgerichtliche Annahme der Verhältnismäßigkeit ist jedenfalls vertretbar.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstelle(n):
FAAAB-86663