BVerfG Beschluss v. - 2 BvR 1206/98

Leitsatz

Zur Zulässigkeit von nachträglichen Vollstreckungsanordnungen nach § 35 BVerfGG.

Gesetze: BVerfGG § 35;

Gründe

Das Verfahren betrifft den Erlaß einer Vollstreckungsanordung nach § 35 BVerfGG nach erfolgreicher Verfassungsbeschwerde.

I.

1. Der Senat hat mit seiner Entscheidung vom (2 BvR 1206/98, EuGRZ 1998, S. 612) die Rückführung zweier Kinder nach Frankreich auf der Grundlage des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (BGBl II 1990, S. 206) davon abhängig gemacht, daß bei gegenläufigen Rückführungsanträgen das Kindeswohl besonders geprüft wird. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts wurde aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Das Oberlandesgericht hatte für den Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Der Antragsteller, der Beschwerdeführer zu 1., meldete die beiden Kinder krank und erschien nicht zum Termin. Mit Beschluß vom entzog das Oberlandesgericht ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder und übertrug es dem Kreisjugendamt Diepholz. Dieses entschied, daß die Kinder bis auf weiteres beim Antragsteller verbleiben.

Das Oberlandesgericht hat für den erneut Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und das persönliche Erscheinen beider Eltern und der Kinder angeordnet.

2. Mit Schriftsatz vom beantragt der Beschwerdeführer zu 1. mit eingehender Begründung den Erlaß einer Vollstreckungsanordnung nach § 35 BVerfGG, derzufolge die im angeordnete Zurückverweisung abgeändert und die Sache an das Oberlandesgericht eines anderen Bundeslandes verwiesen werden soll.

II.

Der Antrag wird verworfen, weil er unzulässig ist.

1. Grundsätzlich kann das Bundesverfassungsgericht auch nachträglich Vollstreckungsanordnungen auf der Grundlage des § 35 BVerfGG treffen (vgl. BVerfGE 6, 300 <304>; 68, 132 <140>). Allerdings darf die Vollstreckungsanordnung die Sachentscheidung, deren Vollstreckung sie dient, nicht ändern, modifizieren, ergänzen oder erweitern (vgl. BVerfGE a.a.O.).

2. Die begehrte Vollstreckungsanordnung würde über diese Grenzen hinausgehen. Mit dem Antrag wird das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, eine vom Antragsteller prognostizierte, also zukünftige Entscheidung eines noch nicht abgeschlossenen fachgerichtlichen Verfahrens zu überprüfen. Hierdurch würde nicht nur der ursprüngliche Verfahrensgegenstand um den vom Antragsteller behaupteten Inhalt der noch nicht ergangenen fachgerichtlichen Entscheidung erweitert, sondern auch das Verhältnis von fachgerichtlichem und verfassungsgerichtlichem Rechtsschutz verkehrt. Das Bundesverfassungsgericht griffe in unzulässiger Weise in ein laufendes fachgerichtliches Verfahren ein.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fundstelle(n):
DAAAB-86509