Leitsatz
1. Verfahrensbestimmungen lösen die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 84 Abs. 1 GG nicht aus, wenn sie keinen neuen Einbruch in die Verwaltungszuständigkeit der Länder darstellen.
2. Ändert das Parlament bestehende Rechtsverordnungen oder fügt in diese neue Regelungen ein, so ist das dadurch entstandene Normgebilde aus Gründen der Normenklarheit insgesamt als Rechtsverordnung zu qualifizieren.
3. Bei der Änderung von Verordnungsrecht ist der Gesetzgeber an das Verfahren nach Art. 76 ff. GG und an die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) gebunden. Die Zustimmungsbedürftigkeit richtet sich nicht nach Art. 80 Abs. 2 GG.
Gesetze: SGB V § 23 Abs. 1; SGB V § 27; SGB V § 31; SGB V § 31 Abs. 4; SGB V § 35 Abs. 5; SGB V § 35 a Abs. 4; SGB V § 71 Abs. 1; SGB V § 85 Abs. 2; SGB V § 85 Abs. 4; SGB V § 88 Abs. 2; SGB V § 130; SGB V § 130 Abs. 1; SGB V § 130 a; SGB V § 130 a Abs. 1; SGB V § 130 a Abs. 2; SGB V § 130 a Abs. 8; SGB V § 130 a Abs. 8 Satz 1; SGB V § 131; SGB V § 131 Abs. 1; SGB V § 131 Abs. 2; SGB V § 137 g Abs. 1 Satz 1; SGB V § 220 Abs. 1; SGB V § 220 Abs. 2; SGB V § 261 Abs. 3; RVO § 376; BPflV § 6; BPflV § 6 Abs. 1; BPflV § 6 Abs. 1 Satz 4; BPflV § 6 Abs. 1 Satz 6; BPflV § 19 Abs. 3; KHG § 16; KHG § 16 Satz 1; KHG § 16 Satz 1 Nr. 1; KHG § 17 Abs. 1 Satz 3; KHG § 18; KHG § 18 a; AMG § 48; AMG § 49; AMG § 78; AMG § 78 Abs. 1; SGB VI § 158; SGB VI § 159; SGB VI § 160 Nr. 1; SGB VI § 160 Nr. 2; SGB VI § 178 Abs. 3; SGB VI § 275 c; SGB VI § 275 c Abs. 1; SGB VI § 275 c Abs. 2; BSG 2003 § 2; ALG § 35 Abs. 1; ALG § 69; ALG § 120; AMPreisV §§ 1 ff.; AMPreisV § 2; VwGO § 47; SGB X § 53 Abs. 1; SGB X § 55 Abs. 1 Satz 1; BPflV § 3; BPflV § 6; BPflV § 6 Abs. 1 Satz 1; BPflV § 12 Abs. 1; BPflV § 13 Abs. 1; BPflV § 17; GG Art. 2; GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 12; GG Art. 12 Abs. 1; GG Art. 14; GG Art. 14 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 3; GG Art. 70 ff.; GG Art. 72 Abs. 2; GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 12; GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 19; GG Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a; GG Art. 74 Nr. 19a; GG Art. 76 ff.; GG Art. 80 Abs. 1; GG Art. 80 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 80 Abs. 2; GG Art. 83; GG Art. 84 Abs. 1; GG Art. 87 Abs. 2 Satz 1; GG Art. 100; GG Art. 100 Abs. 1; GG Art. 125 a Abs. 2 Satz 1; Zwölften SGB V-Änderungsgesetzes vom Art. 1c; GKV-Modernisierungsgesetz - GMG Art. 26; BSSichG Art. 1; BSSichG Art. 1 Nr. 7; BSSichG Art. 1 Nr. 8; BSSichG Art. 2 Nr. 4; BSSichG Art. 2 Nr. 5; BSSichG Art. 4; BSSichG Art. 4 Nr. 1; BSSichG Art. 4 Nr. 2; BSSichG Art. 4 Nr. 3; BSSichG Art. 5; BSSichG Art. 6; BSSichG Art. 7 Abs. 1; BSSichG Art. 7 Abs. 1 Satz 3; BSSichG Art. 8; BSSichG Art. 9; BSSichG Art. 11; BSSichG Art. 12; GMG Art. 24; GMG Art. 26; EGV Art. 28;
Gründe
Das Verfahren betrifft die Überprüfung des Beitragssatzsicherungsgesetzes, das die Antragstellerinnen für verfassungswidrig halten, weil der Bundesrat dem Gesetz hätte zustimmen müssen und weil es pharmazeutische Großhändler und Apotheker in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG verletze.
A.
I.
1. Das Beitragssatzsicherungsgesetz beruht auf einem Entwurf, den die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am in den Deutschen Bundestag einbrachten (BTDrucks 15/28). Gemeinsam mit dem Zwölften SGB V-Änderungsgesetz (BTDrucks 15/27) sollte es als so genanntes Vorschaltgesetz vor einer umfassenden Reform dem schnellen Ausgleich konjunktureller Belastungseffekte in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung dienen und deren Beitragssätze für das Jahr 2003 stabil halten. Beide Gesetze sollten das Beitragssatzniveau stabilisieren und finanzielle Spielräume für notwendige Reformen schaffen.
Im Gesetzgebungsverfahren wurden folgende Maßnahmen vorgeschlagen: Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung mit entsprechender Anhebung der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung; Absenkung der Schwankungsreserve in der Rentenversicherung; Festschreibung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung; Halbierung des Sterbegeldes; Staffelung des Rabatts, den die Apotheken den Krankenkassen gewähren; Abführen der Rabatte der pharmazeutischen Unternehmen und des pharmazeutischen Großhandels an die Krankenkassen; Nullrunden bei den Vergütungsvereinbarungen für die Krankenhausversorgung und die ambulante ärztliche und zahnärztliche Versorgung; Senkung der Preise für zahntechnische Leistungen um fünf Prozent, verbunden mit einer Nullrunde für das Jahr 2003. Die finanzielle Entlastung der Krankenkassen durch das Gesetz sollte bei knapp drei Milliarden Euro liegen.
Die Zustimmung des Bundesrates hielten die Entwurfsverfasser nicht für erforderlich.
2. Nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzesbeschlusses an, und er stellte fest, dass das Gesetz gemäß Art. 84 Abs. 1 GG seiner Zustimmung bedürfe. Es werde in das Verwaltungsverfahren der Krankenkassen eingegriffen; die rentenrechtlichen Regelungen würden üblicherweise durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates getroffen (BRatPlPr 783, S. 536 A ff.; BRDrucks 833/02 [Beschluss]).
3. Der Vermittlungsausschuss bestätigte das Gesetz. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz nicht zu und legte zugleich vorsorglich Einspruch ein (BRatPlPr 784, S. 570 A; BRDrucks 894/1/02; 894/02 [Beschluss]; BTDrucks 15/258). Am selben Tage wies der Bundestag den Einspruch zurück (BTDrucks 15/261; BTPlPr 15/17, S. 1360 D ff.; BRDrucks zu 894/02 [Beschluss]).
4. Das Gesetz wurde am verkündet (BGBl I S. 4637) und trat gemäß seinem Art. 13 größtenteils am in Kraft. Es wurde später durch Art. 1c des Zwölften SGB V-Änderungsgesetzes vom (BGBl I S. 844) und durch Art. 26 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom (BGBl I S. 2190 <2255>) geändert.
II.
Gegen das Gesetz haben Inhaber zahntechnischer Labore (1 BvR 24/03), Apotheker, Arzneimittelgroßhändler (1 BvR 2415/02, 2 BvR 1060, 1114/03) und pharmazeutische Unternehmen (1 BvR 112/03) Verfassungsbeschwerden erhoben. Anträge, durch einstweilige Anordnung das Inkrafttreten von Art. 1 Nr. 7 und 8, Art. 6 und Art. 11 BSSichG einstweilen aufzuschieben, hilfsweise, diese Regelungen außer Vollzug zu setzen, lehnte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts ab (vgl. BVerfGE 106, 351; 106, 359; 106, 369; 108, 45).
III.
Die Antragstellerinnen begehren vor allem eine Prüfung derjenigen Vorschriften des Beitragssatzsicherungsgesetzes, aus denen sich eine Zustimmungspflicht des Bundesrates ergeben kann oder die geeignet sind, in das Grundrecht aus Art. 12 GG einzugreifen.
1. Das Beitragssatzsicherungsgesetz ändert mit seinem Art. 1 das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Der Änderung des § 130 Abs. 1 SGB V wird entgegengehalten, sie belaste die Apotheker übermäßig. Die gleiche Wirkung auf pharmazeutische Unternehmen habe der neu eingefügte § 130 a Abs. 1 SGB V, während § 130 a Abs. 8 SGB V die Zustimmungsbedürftigkeit durch den Bundesrat auslöse.
a) Die Krankenkassen sind ihren Versicherten zur Versorgung mit Arzneimitteln verpflichtet (§ 31 Abs. 1 SGB V). Wird ein Arzneimittel von einer Apotheke zur Erfüllung dieser Pflicht an einen gesetzlich Krankenversicherten abgegeben, so hatte die Apotheke auch schon vor Inkrafttreten des Beitragssatzsicherungsgesetzes der Krankenkasse einen Rabatt (auch Apothekenabschlag genannt) von sieben, dann fünf Prozent, ab 2002 von sechs Prozent auf den aus Herstellerpreis und Handelsspannen zusammengesetzten Arzneimittelabgabepreis (Verbraucherpreis) zu gewähren. Diese Rabattverpflichtung wurde aus § 376 RVO in § 130 SGB V übernommen. Sie wird als sozialrechtliche Verpflichtung der Apotheken bei der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter und als skontoähnlicher Ausgleich für prompte Zahlung (§ 130 Abs. 3 SGB V) angesehen (vgl. Henninger, in: Schulin [Hg.], Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1, 1994, § 44 Rn. 32).
Die zur Ausgabenbegrenzung bei den Krankenkassen seit dem Ende der 1980er Jahre angestellten Reformbemühungen griffen neben einer Begrenzung der verschreibungsfähigen Arzneimittel (§§ 33a, 34 SGB V), der Einführung von Zuzahlungen der Versicherten (§ 31 Abs. 3, §§ 61, 62 SGB V) und der Arzneimittelbudgetierung (§ 84 SGB V) auch in die Preisgestaltung für Arzneimittel ein. Mit dem Gesundheits-Reformgesetz von 1988 wurde das Festbetragskonzept eingeführt. Für Gruppen wirkstoffgleicher Arzneimittel wurden Beträge festgelegt (§§ 35, 35a SGB V) und der Leistungsanspruch der Versicherten gegenüber den Krankenkassen auf diese Festbeträge begrenzt (§ 31 Abs. 2 SGB V): Bis zum Festbetrag übernimmt die Krankenkasse die Arzneimittelkosten - zunächst ohne, inzwischen mit Zuzahlung -, darüber hinaus muss sie der Versicherte selbst tragen (vgl. § 73 Abs. 5 Satz 3 SGB V). Die Preisbildung wurde dadurch rechtlich nicht weiter beschränkt als sie es durch die Begrenzung der Handelsspannen bereits war (§§ 2 ff. AMPreisV). Die Arzneimittelhersteller können weiterhin jeden Preis verlangen, den sie für angemessen halten; der Abgabepreis wird durch Hinzurechnen der Handelsspannen bestimmt. Die Nachfragemacht der Krankenkassen verleiht den Festbeträgen faktisch aber preisregulierende Wirkung (Mrozynski, in: Wannagat [Hg.], SGB, Losebl. [August 2002], § 35 SGB V Rn. 5 f.). Die Hersteller begrenzen ihre Preise auf die Festbeträge, weil die die Festbeträge übersteigenden Mehrkosten von den Versicherten am Markt nicht zu erlangen sind. Die Festbetragsbildung ist durch das Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 ausgeweitet worden, um bis zu 80 Prozent der auf Kosten der Krankenkassen abgegebenen Arzneimittel zu erfassen (Schneider, in: Schulin [Hg.], a.a.O., § 22 Rn. 180).
Zugleich mit der Einführung des Festbetragskonzepts wurden die Apotheken verpflichtet, an der bis dahin allein dem Arzt obliegenden Auswahl preisgünstiger Arzneimittel teilzunehmen (§ 129 Abs. 1 SGB V). Die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Spitzenorganisation der Apotheker haben hierzu Einzelheiten in einem Rahmenvertrag zu regeln, der auch Sanktionen vorsehen muss (§ 129 Abs. 2 bis 4 SGB V). Kommt ein solcher Vertrag nicht zustande, so wird der Vertragsinhalt durch eine Schiedsstelle festgesetzt (§ 129 Abs. 7 und Abs. 8 SGB V). Für die Landesebene können ergänzende Verträge geschlossen werden (§ 129 Abs. 5 SGB V).
Als diese seit 1989 geltenden Instrumentarien einen weiteren Anstieg der Arzneimittelausgaben nicht verhinderten, wurde mit Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz) vom (BGBl I S. 2266) eine Budgetierung unter anderem der Arzneimittelkosten eingeführt. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen hatten mit der Kassenärztlichen Vereinigung jährlich Arzneimittelvereinbarungen zu treffen, durch die die von den Vertragsärzten insgesamt veranlassten Ausgaben für Arzneimittel begrenzt werden (§ 84 SGB V). Diese globale Begrenzung des Ausgabevolumens sollte - nach der zuletzt geltenden Rechtslage - dadurch gesichert werden, dass die Kassenärztliche Vereinigung bei Überschreitungen einen finanziellen Ausgleich an die Krankenkassen leistet; dies ist in den Vereinbarungen zu regeln (§ 84 Abs. 3 SGB V).
Art. 30 Abs. 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes reglementierte außerdem die Herstellerabgabepreise derjenigen Arzneimittel, für die kein Festbetrag (§ 35 SGB V) galt. Für 1993 und 1994 wurden die Preise bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf 95 % und bei nicht verschreibungspflichtigen auf 98 % der am geltenden Preise gesenkt.
Das Beitragssatzsicherungsgesetz lässt das Festbetragssystem und die Budgetierung unberührt, erhöht aber den von den Apotheken zu gewährenden Rabatt und führt Rabattverpflichtungen der Großhändler und Hersteller zugunsten der Krankenkassen ein (siehe unten 4.). Für den Apothekenabschlag wird eine Staffelung mit Rabattsätzen zwischen sechs und zehn Prozent vorgesehen (Art. 1 Nr. 7 BSSichG, § 130 Abs. 1 SGB V). Die Apotheken haben außerdem bei Abgabe nicht festbetragsgebundener Arzneimittel den Krankenkassen einen Rabatt in Höhe von sechs Prozent des Herstellerabgabepreises zu gewähren, den die Hersteller den Apotheken zu erstatten haben (§ 130 a Abs. 1 bis 7 SGB V, Art. 1 Nr. 8 BSSichG).
§ 130 a Abs. 8 SGB V, für den geltend gemacht wird, dass er das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates auslöse, regelt, dass Krankenkassen oder ihre Verbände mit pharmazeutischen Unternehmen weitere Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren können.
b) Art. 1 BSSichG hat folgenden Wortlaut:
Artikel 1
Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom , BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 4621), wird wie folgt geändert:
1. bis 6. ...
7. § 130 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
"(1) Die Krankenkassen erhalten von den Apotheken auf den für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis einen Abschlag. Der Abschlag beträgt bei einem Arzneimittelabgabepreis
- von bis zu 52,46 Euro 6 vom Hundert,
- von 54,81 Euro bis 820,22 Euro 10,0 vom Hundert,
- von über 820,22 Euro 82,02 Euro plus 6 vom Hundert des Differenzbetrages zwischen 820,22 Euro und dem für den Versicherten maßgeblichen Arzneimittelabgabepreis.
- Der mit der Krankenkasse abzurechnende Betrag beträgt bei einem Arzneimittelabgabepreis
- von 52,47 Euro bis 54,80 Euro 49,32 Euro."
8. Nach § 130 wird folgender § 130 a eingefügt:
"§ 130 a
Rabatte der pharmazeutischen Unternehmen
(1) Die Krankenkassen erhalten von Apotheken für ab dem zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 6 vom Hundert des Herstellerabgabepreises. Pharmazeutische Unternehmen sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten. Soweit pharmazeutische Großhändler nach Absatz 5 bestimmt sind, sind pharmazeutische Unternehmen verpflichtet, den Abschlag den pharmazeutischen Großhändlern zu erstatten. Der Abschlag ist den Apotheken und pharmazeutischen Großhändlern innerhalb von zehn Tagen nach Geltendmachung des Anspruches zu erstatten.
(2) Ab dem bis zum erhöht sich der Abschlag um den Betrag einer Erhöhung des Herstellerabgabepreises gegenüber dem Preisstand vom . Für Arzneimittel, die nach dem erstmals in den Markt eingeführt werden, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Preisstand der Markteinführung Anwendung findet.
(3) bis (7) ...
(8) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit pharmazeutischen Unternehmen zusätzlich zu den Abschlägen nach den Absätzen 1 und 2 Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren. Dabei kann auch ein jährliches Umsatzvolumen sowie eine Abstaffelung von Mehrerlösen gegenüber dem vereinbarten Umsatzvolumen vereinbart werden. Rabatte nach Satz 1 sind von den pharmazeutischen Unternehmen an die Krankenkassen zu vergüten. Eine Vereinbarung nach Satz 1 berührt Abschläge nach den Absätzen 1 und 2 nicht.
(9) ..."
c) Nach Inkrafttreten des Beitragssatzsicherungsgesetzes ist mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom (BGBl I S. 2190) erneut in die Regelung der Arzneimittelpreise eingegriffen worden: Die Staffelung des Apothekenabschlages (§ 130 Abs. 1 SGB V) ist durch feste Abschlagsbeträge für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ersetzt worden (Art. 1 Nr. 94 GMG). Der von den Herstellern zu erstattende Apothekenabschlag (§ 130 a Abs. 1 SGB V) ist für verschreibungspflichtige Arzneimittel im Jahre 2004 auf 16 % erhöht worden (§ 130 a Abs. 1a SGB V, Art. 1 Nr. 95 GMG). Die von den Lieferanten (pharmazeutische Großhändler oder Hersteller) den Apotheken zu gewährenden und von diesen an die Krankenkassen weiterzugebenden Abschläge sind wieder gestrichen (Art. 26 GMG) und durch eine Herabsetzung der Höchstzuschläge ersetzt worden, die die Preisbildung der Großhändler reglementieren (§ 2 Abs. 1 bis 3 AMPreisV, Art. 24 Nr. 2 GMG).
2. Auch für Art. 7 Abs. 1 Satz 3 BSSichG wird vertreten, die Norm sei zustimmungsbedürftig gewesen. Sie hat die Anwendung des § 220 Abs. 2 SGB V bis zum ausgeschlossen.
a) Die Höhe der Krankenkassenbeiträge ist nach dem Finanzierungsbedarf der Krankenkassen zu bemessen. Von den voraussichtlichen Ausgaben eines Haushaltsjahres werden die erwarteten sonstigen Einnahmen (Säumniszuschläge, Vermögenserträge, Ersatz- und Erstattungsleistungen) und ein etwaiger Betriebsmittelüberschuss abgezogen und zur Auffüllung des Betriebsmittel- und des Rücklagesolls (§ 260 Abs. 2, § 261 Abs. 2 SGB V) eventuell benötigte Beträge hinzugerechnet (§ 220 Abs. 1 SGB V). Der sich ergebende Betrag ist durch Beiträge aufzubringen. Er ist der Prozentwert, der durch die Summe der voraussichtlichen beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder (§§ 226 ff. SGB V) als Grundwert geteilt und mit 100 multipliziert wird, so dass sich als Prozentsatz der Beitragssatz ergibt (§ 241 SGB V). Die Beitragshöhe wird durch die Satzung festgelegt (§ 241, § 194 Abs. 1 Nr. 4 SGB V), und zwar, wie § 220 Abs. 1 und § 261 Abs. 3 SGB V zu entnehmen ist, vor Beginn eines Haushaltsjahres für das Haushaltsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht (§ 67 Abs. 1 SGB IV). Erweisen sich die der Bemessung der Beitragssatzhöhe zu Grunde liegenden Prognosen in der Weise als unzutreffend, dass die Einnahmen geringer oder die Ausgaben höher ausfallen oder dass beides eintritt, dann sind die Betriebsmittel zunächst aus der Rücklage und aus der Gesamtrücklage des Landesverbandes aufzufüllen (§ 220 Abs. 2 Satz 1, § 261 Abs. 3, § 262 SGB V).
Reicht dies nicht aus, dann sind während des Haushaltsjahres die Beiträge zu erhöhen, und zwar durch Satzungsänderung, bei Eilbedürftigkeit durch Vorstandsbeschluss oder, wenn ein Vorstandsbeschluss nicht zustande kommt, durch Anordnung der Aufsichtsbehörde (§ 220 Abs. 2 SGB V).
Art. 7 Abs. 1 BSSichG greift in dieses Regelungsprogramm in zweifacher Weise ein: Reguläre, vor Beginn des Haushaltsjahres beschlossene Beitragssatzanhebungen werden ausgeschlossen, wenn ein entsprechender Beschluss nicht vor der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag aufsichtsbehördlich genehmigt wurde (Satz 1). Beitragssatzerhöhungen während des Haushaltsjahres werden ausgeschlossen, indem die Anwendung des § 220 Abs. 2 SGB V ausgesetzt wird (Satz 3). Beide Maßnahmen sind bis zum befristet und mit Ausnahmen versehen, die Deckungslücken durch den Risikostrukturausgleich (§ 266 SGB V) und durch extreme wirtschaftliche Notlagen berücksichtigen (Art. 7 Abs. 3 BSSichG).
b) Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
Artikel 7
Gesetz zur Stabilisierung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahre 2003
(1) Bis zum sind Beitragssatzanhebungen der Krankenkassen (§ 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) nur zulässig, wenn die dafür erforderlichen Satzungsänderungen vor dem genehmigt worden sind. Eine hiervon abweichende Satzungsänderung ist unwirksam. § 220 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist in dem in Satz 1 genannten Zeitraum nicht anzuwenden.
(2) Absatz 1 gilt für Beiträge, die in Beitragsklassen festgesetzt werden, entsprechend.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit allein durch Veränderungen der Verpflichtungen oder Ansprüche im Risikostrukturausgleich Beitragssatzanhebungen zwingend erforderlich sind. Die Absätze 1 und 2 gelten ferner nicht für Krankenkassen, deren Mittel so weit erschöpft sind, dass eine Beitragssatzanhebung zwingend erforderlich ist, um die Leistungsfähigkeit der Krankenkasse zu sichern. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Krankenkasse auch nach Ausschöpfen sämtlicher Wirtschaftlichkeitsreserven und nach Aufbrauchen von Betriebsmitteln und Rücklagen nicht mehr die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, die unabweisbar notwendig sind, um die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten zu gewährleisten und ansonsten eine Kreditfinanzierung droht.
3. Art. 4 BSSichG wird ebenfalls eine Umgehung der Zustimmungsbedürftigkeit durch den Bundesrat entgegengehalten.
a) Auf der 1969 in das Grundgesetz eingefügten Kompetenzgrundlage des Art. 74 Nr. 19a GG hat der Bund das Krankenhausfinanzierungsgesetz erlassen. Das damit eingeführte dualistische System weist im Grundsatz (vgl. §§ 3, 4 AbgrV, 7 ff. BPflV) die Investitionskosten (§ 2 Nr. 2 KHG) der öffentlichen Hand zu und die Deckung der laufenden Betriebs- und Behandlungskosten den Pflegesätzen (§ 4 KHG); das sind die Entgelte der Benutzer oder ihrer Kostenträger (§ 2 Nr. 4 KHG). Ausgehend von diesem Grundsatz haben mehrfache Kostendämpfungsbemühungen zu einer Aufgliederung der Entgelte in Fallpauschalen, Sonderentgelte, ein Budget für davon nicht erfasste Leistungen und tagesgleiche Pflegesätze geführt (§§ 10 ff. BPflV). Höhe und Abgeltungsbereich aller Entgeltbestandteile werden in Vereinbarungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen oder deren Verbänden geregelt (§§ 18 f. KHG, §§ 15 ff. BPflV). Dabei haben die Vertragsparteien als ein Instrument der Kostendämpfung den Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten, der sich als allgemeiner Grundsatz für alle Leistungserbringer aus § 71 Abs. 1 SGB V ergibt und für den Bereich der Krankenhausfinanzierung durch § 17 Abs. 1 Satz 3 KHG wiederholt und durch § 6 BPflV konkretisiert wird: Beitragssatzerhöhungen sollen dadurch ausgeschlossen werden, dass der Gesamtbetrag der vereinbarten Vergütungen nicht stärker steigt als die beitragspflichtigen Einnahmen aller Mitglieder der Krankenkassen. Der Grundsatz erfährt Durchbrechungen, die eine Gefährdung der medizinischen Leistungen ausschließen und Verbesserungen ermöglichen sollen.
§ 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV regelt solche Durchbrechungen. Art. 4 BSSichG führt eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Beitragssatzstabilität ein. Der aus der Einnahmesteigerung der Mitglieder der Krankenkassen errechnete neue Gesamtbetrag der Vergütungen darf nach der neuen Nr. 6 des § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV auch dann überschritten werden, wenn aus dem Gesamtbudget so genannte Disease-Management-Programme vergütet werden. Der neue Satz 6 (Art. 4 Nr. 3 BSSichG) stellt klar, dass auch dies in den Pflegesatzverhandlungen zu beraten ist.
b) Art. 4 BSSichG und der mit ihm im Zusammenhang stehende Art. 12 BSSichG lauten:
Artikel 4
Änderung der Bundespflegesatzverordnung
§ 6 Abs. 1 der Bundespflegesatzverordnung vom (BGBl. I S. 2750), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 1412) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Satz 4 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 4 wird das Wort "oder" gestrichen.
b) In Nummer 5 werden das Semikolon durch die Angabe ", oder" ersetzt und folgende neue Nummer 6 angefügt:
"6. zusätzliche Leistungen aufgrund des Abschlusses eines Vertrages zur Durchführung eines strukturierten Behandlungsprogramms nach § 137 g Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder des Beitritts zu einem solchen Vertrag, soweit diese Leistungen erforderlich sind, um die Anforderungen des Sechsten Abschnitts der Risikostruktur-Ausgleichs-verordnung zu erfüllen;".
2. Der bisherige Satz 4 zweiter Halbsatz und Satz 5 folgen im Anschluss an die neue Nummer 6.
3. Folgender Satz wird angefügt:
"Auch die Tatbestände nach Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 und 5 sind Gegenstand der Pflegesatzverhandlungen."
Artikel 12
Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang
Die auf Artikel 4 des Gesetzes beruhenden Teile der Bundespflegesatzverordnung können aufgrund des § 16 Satz 1 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in Verbindung mit diesem Artikel durch Rechtsverordnung geändert werden.
c) Inzwischen ist dieses System abermals grundlegend verändert worden. Die Bundespflegesatzverordnung ist - außer für die Psychiatrie und die Psychosomatik - durch das Krankenhausentgeltgesetz ersetzt worden. Damit wird die Vergütung der Krankenhausleistungen auf das DRG-System (Diagnosis-Related-Groups, vgl. § 17 b Abs. 2 KHG) umgestellt. Dieses neue Vergütungssystem konnte für das Jahr 2003 freiwillig vereinbart werden; seit 2004 müssen alle Krankenhäuser danach abrechnen. Die Abstimmung des neuen DRG-Systems mit den Krankenhausbudgets soll in mehreren Übergangsphasen bis 2007 geschehen (vgl. Haaf, DRV 2003, 620 <622>). Der Anwendungsbereich des § 6 BPflV ist also wesentlich eingeengt worden, aber nicht gänzlich entfallen.
4. Übermäßige Belastung bewirkt nach Auffassung der Antragstellerinnen das mit Art. 11 BSSichG eingeführte Gesetz für die pharmazeutischen Großhändler. Auch dieses Gesetz umgehe zudem in unzulässiger Weise das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates.
a) Das durch Art. 11 BSSichG eingeführte Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler verpflichtet die Lieferanten der Apotheken (Großhändler oder Hersteller), einen Rabatt in Höhe von drei Prozent des Arzneimittelabgabepreises, also des Endverbraucherpreises, zu gewähren, soweit es sich um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt, die dem Versorgungsanspruch gesetzlich Krankenversicherter (§ 23 Abs. 1, §§ 27, 31, 34 SGB V) unterliegen. Den Abschlag haben die Apotheken an die Krankenkassen weiterzureichen. Damit ist eine Preissenkung zu Gunsten der Krankenkassen erreicht, die die Großhändler zu tragen haben.
b) Art. 11 BSSichG lautet:
Artikel 11
Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler
§ 1
Abschläge der pharmazeutischen Großhändler
Die pharmazeutischen Großhändler gewähren den Apotheken für Fertigarzneimittel, die der Verschreibungspflicht auf Grund von § 48 oder § 49 des Arzneimittelgesetzes und dem Versorgungsanspruch nach § 23 Abs. 1, §§ 27 und 31 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch unterliegen, einen Abschlag in Höhe von 3 vom Hundert des Arzneimittelabgabepreises.
§ 2
Abschläge bei unmittelbarem Bezug
Für Arzneimittel, die Apotheken unmittelbar von pharmazeutischen Unternehmen bezogen haben, gewähren die pharmazeutischen Unternehmen den Abschlag nach § 1.
§ 3
Weiterleitung der Abschläge
Für Arzneimittel nach den §§ 1 und 2 erhalten die Krankenkassen von den Apotheken einen Abschlag in Höhe von 3 vom Hundert des Arzneimittelabgabepreises.
Das Gesetz hat nur im Jahre 2003 gegolten. Es ist durch Art. 26 GMG aufgehoben worden. Die Preisreglementierung ist nun durch eine Änderung der Großhändlerspanne vorgenommen worden (§ 2 AMPreisV, Art. 24 GMG).
5. Schließlich sollen auch Art. 2 Nr. 4 und Nr. 5 und Art. 8 und Art. 9 BSSichG der Zustimmung durch den Bundesrat bedurft haben. Diese Vorschriften setzen für das Jahr 2003 die Beitragssätze, Beitragsbemessungsgrenzen, Beiträge und Beitragszuschüsse für die Rentenversicherung fest.
a) Der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung wird durch die Multiplikation der beitragspflichtigen Einnahmen mit dem Beitragssatz errechnet (§ 157 SGB VI).
Die beitragspflichtigen Einnahmen (§§ 162 ff. SGB VI) werden für die Beitragsberechnung nur bis zu einem Höchstbetrag, der Beitragsbemessungsgrenze, berücksichtigt (§ 157 SGB VI); der darüber hinausgehende Teil der Einnahmen bleibt für die Beitragsberechnung unberücksichtigt, so dass er in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherbar ist. Die Beitragsbemessungsgrenze verändert sich jährlich entsprechend der Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme (§ 159 SGB VI). Die Höhe der Beitragsbemessungsgrenzen für die einzelnen Jahre ergibt sich aus der Anlage 2 zum SGB VI. Durch § 160 Nr. 2 SGB VI wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Verordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Beitragsbemessungsgrenze festzusetzen, also die Anlage 2 unter Anwendung der durch § 159 SGB VI vorgegebenen Berechnungsmethode fortzuführen.
Für das Beitrittsgebiet gilt eine niedrigere Beitragsbemessungsgrenze (§ 275 a SGB VI), für deren Festsetzung ebenfalls eine Verordnungsermächtigung zu Gunsten der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates besteht (§ 275 b SGB VI). Der durch Art. 2 Nr. 4 BSSichG eingefügte § 275 c SGB VI setzt die Beitragsbemessungsgrenzen selbst fest, und zwar abweichend von der Berechnungsmethode des § 159 SGB VI. Während die bisherige Berechnung nach § 159 SGB VI eine Beitragsbemessungsgrenze von ungefähr dem 1,8-fachen des Durchschnittsverdienstes ergab, soll nun ungefähr das Doppelte des Durchschnittsverdienstes erreicht werden (BTDrucks 15/28, S. 12, 13, 17). Damit werden bislang beitragsfreie Anteile der Einnahmen von der Beitragspflicht erfasst, nämlich diejenigen, die zwischen der nur nach § 159 SGB VI erhöhten Beitragsbemessungsgrenze und der durch § 275 c Abs. 1 und 2 SGB VI neuen höheren Beitragsbemessungsgrenze liegen. Dies führt zu Mehreinnahmen, die gemeinsam mit der Herabsetzung der Schwankungsreserve (Art. 2 Nr. 2 BSSichG) ermöglichen sollen, die Beitragssätze nicht so sehr zu erhöhen, wie es ohne diese Maßnahmen erforderlich geworden wäre (BTDrucks 15/28, S. 12).
Die Beitragssätze werden für jedes Jahr auf Grund einer Prognose der Einnahmen und Ausgaben festgesetzt. Ob ein Bedarf besteht, die Beitragssätze zu verändern, hängt nach § 158 SGB VI davon ab, wie sich unter Berücksichtigung dieser Prognose die zur Liquiditätssicherung zu haltende Schwankungsreserve (§ 216 SGB VI) voraussichtlich entwickelt. Wird sie einen gewissen Anteil einer Monatsausgabe voraussichtlich unterschreiten, so sind die Beitragssätze zu erhöhen; wird sie einen gewissen Anteil überschreiten, so sind sie zu senken. Diese Prognose und die Festsetzung der Beitragssätze obliegen nach § 160 Nr. 1 SGB VI der Bundesregierung im Wege der Verordnung mit Zustimmung des Bundesrates; bleibt der Beitragssatz unverändert, wird dies bekannt gemacht (§ 158 Abs. 4 SGB VI).
Anstelle einer solchen Beitragssatzverordnung sind in den vergangenen Jahren die Beitragssätze wiederholt durch förmliches Gesetz festgesetzt worden, nämlich für die Jahre 1993, 1999, 2000 und 2002. Durch das Beitragssatzsicherungsgesetz ist zum einen der die Berechnung bestimmende Rahmen der Höchst- und Mindestschwankungsreserve nach unten verschoben worden (Art. 2 Nr. 2 BSSichG), um auf diese Weise die Beitragssätze in geringerem Umfang zu erhöhen als es nach dem bislang geltenden Rahmen erforderlich gewesen wäre. Die auf der neuen Grundlage berechneten Beitragssätze werden sodann durch ein mit Art. 8 BSSichG erlassenes förmliches Gesetz festgesetzt (§ 1 BSG 2003).
Von dem Grundsatz, dass die Rentenhöhe eine Abbildung der von dem Berechtigten in der Erwerbszeit gezahlten Beiträge ist, gelten zahlreiche Ausnahmen. So werden Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) behandelt, als habe der Rentenversicherte Beiträge gezahlt (§ 70 Abs. 2 SGB VI). Diese Beiträge zahlt der Bund, und zwar durch einen jährlich neu zu berechnenden pauschalen Abgeltungsbetrag (§ 177 SGB VI). Die Festsetzung erfolgt nach § 178 Abs. 3 SGB VI durch eine Verordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Davon weicht Art. 8 BSSichG ab, indem der durch ihn erlassene § 2 BSG 2003 den Abgeltungsbetrag festsetzt.
Für Landwirte und deren mitarbeitende Familienangehörige besteht ein besonderes, von der gesetzlichen Rentenversicherung getrenntes soziales Sicherungssystem. Die Beiträge werden hier nicht anhand eines Beitragssatzes und der jeweiligen Einnahmen der Versicherten berechnet. Vielmehr zahlen alle Versicherten einen einheitlichen Beitrag, der auf der Grundlage des Beitragssatzes und des Durchschnittsentgelts der gesetzlichen Rentenversicherung berechnet wird (§ 68 ALG). Zudem erhält jeder Versicherte einen nach dem Einkommen gestaffelten Zuschuss (§§ 32 f. ALG). Für die Festsetzung der Höhe der Beiträge und der Beitragszuschüsse enthalten die § 35 Abs. 1, §§ 69, 120 ALG Verordnungsermächtigungen für die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Davon weicht Art. 9 BSSichG ab, indem er mit dem durch ihn erlassenen förmlichen Gesetz die Beiträge und Beitragszuschüsse für das Jahr 2003 festsetzt (§§ 1, 2 BGL 2003).
b) Die hier angegriffenen Vorschriften lauten:
Artikel 2
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
Das Sechste Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 4621), wird wie folgt geändert:
1. bis 3. ...
4. Nach § 275 b wird folgender § 275 c eingefügt:
"§ 275 c
Beitragsbemessungsgrenzen für das Jahr 2003
(1) Die Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2003 beträgt in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten 61 200 Euro jährlich und 5 100 Euro monatlich und in der knappschaftlichen Rentenversicherung 75 000 Euro jährlich und 6 250 Euro monatlich.
(2) Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) für das Jahr 2003 beträgt in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten 51 000 Euro jährlich und 4 250 Euro monatlich und in der knappschaftlichen Rentenversicherung 63 000 Euro jährlich und 5 250 Euro monatlich.
(3) Der Ausgangswert zur Bestimmung der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2004 beträgt in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten 60 792,06 Euro und in der knappschaftlichen Rentenversicherung 74 816,79 Euro."
5. § 287 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
"§ 287
Weitergeltung der Beitragssätze des Jahres 2003".
b) Absatz 1 wird aufgehoben.
c) Die Absatzbezeichnung "(2)" wird gestrichen.
6. ...
Artikel 8
Gesetz zur Bestimmung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beitragszahlung des Bundes für Kindererziehungszeiten für das Jahr 2003 (Beitragssatzgesetz 2003 - BSG 2003)
§ 1
Beitragssätze in der Rentenversicherung
Der Beitragssatz für das Jahr 2003 beträgt in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten 19,5 Prozent und in der knappschaftlichen Rentenversicherung 25,9 Prozent.
§ 2
Zahlungen für Kindererziehungszeiten
Zur pauschalen Abgeltung für die Beitragszahlung für Kindererziehungszeiten zahlt der Bund an die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten für das Jahr 2003 einen Betrag in Höhe von 11 874 710 850 Euro.
Artikel 9
Gesetz zur Bestimmung der Beiträge und Beitragszuschüsse in der Alterssicherung der Landwirte für 2003 (Beitragsgesetz-Landwirtschaft 2003 - BGL 2003)
§ 1
Beitrag in der Alterssicherung der Landwirte
(1) Der Beitrag in der Alterssicherung der Landwirte beträgt für das Kalenderjahr 2003 monatlich 198 Euro.
(2) Der Beitrag in der Alterssicherung der Landwirte beträgt für das Beitrittsgebiet für das Kalenderjahr 2003 monatlich 166 Euro.
§ 2
Beitragszuschuss in der Alterssicherung der Landwirte
(1) In Anlage 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte wird der monatliche Zuschussbetrag für das Kalenderjahr 2003 wie folgt festgesetzt: (...)
(2) In Anlage 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte wird der monatliche Zuschussbetrag für das Beitrittsgebiet für das Kalenderjahr 2003 wie folgt festgesetzt: (...)
IV.
Die Antragstellerinnen halten in ihrer gemeinsamen Antragsbegründung das Beitragssatzsicherungsgesetz insgesamt für formell und einzelne Vorschriften zudem für materiell verfassungswidrig. Dazu tragen sie im Wesentlichen vor:
1. Das Beitragssatzsicherungsgesetz sei nicht verfassungsgemäß zustande gekommen, weil der Bundesrat nicht zugestimmt habe. Einzelne Vorschriften erfüllten die Tatbestände verschiedener Zustimmungserfordernisse:
§ 130 a Abs. 8 SGB V (Art. 1 Nr. 8 BSSichG) enthalte eine verfahrensrechtliche Regelung, die die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 84 Abs. 1 GG auslöse, weil die Krankenkassen zum Erreichen zusätzlicher Rabatte auf die Handlungsform der Vereinbarung festgelegt würden. Dadurch werde von der grundsätzlich geltenden Formenwahlfreiheit der Verwaltung abgewichen. Die administrativen Handlungsmöglichkeiten der Krankenkassen würden eingeschränkt, weil sie keine Verwaltungsakte erlassen dürften und dadurch auch das Privileg der Selbstvollstreckung nicht nutzen könnten, das der Durchsetzung von Verwaltungsakten vorbehalten sei. Da ein Großteil der Krankenkassen zur mittelbaren Landesverwaltung gehöre, bedeute die Vorschrift einen Einbruch des Bundes in die verfassungsrechtlich geschützte Verwaltungshoheit der Länder auf breiter Front. Die Grundentscheidung für die Selbstverwaltung der Krankenkassen werde durch den Eingriff in die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung empfindlich berührt. Das wiege deshalb besonders schwer, weil solche Beschränkungen der Tendenz zur Föderalisierung der Sozialversicherung (Art. 87 Abs. 2 Satz 2 GG) widersprächen.
Art. 4 BSSichG löse die Zustimmungsbedürftigkeit ebenfalls aus. Diese Regelung habe Verordnungsrang, weil sie die Bundespflegesatzverordnung ändere; dazu hätte es nach Art. 80 Abs. 2 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Auch wenn der parlamentarische Gesetzgeber selbst die Verordnung geändert habe, sei den auf dieser Änderung beruhenden Teilen einer Verordnung der Rang einer Verordnung, nicht eines förmlichen Gesetzes einzuräumen. Andernfalls komme es zu normativen Mischgebilden, für die Transparenz, Rechtsschutzmöglichkeiten und die Verwerfungskompetenz als problematisch zu beurteilen seien. Die Anordnung der Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang, die so genannte Entsteinerungsklausel, lasse den Willen des Gesetzgebers erkennen, eine Norm zu setzen, die nicht volle Gesetzeskraft haben solle, sondern durch Verordnung wieder geändert werden dürfe. Die Bundespflegesatzverordnung beruhe auf § 16 KHG, einem zustimmungsbedürftigen Gesetz. Das Ziel des Art. 80 Abs. 2 GG, auch bei der Ausführung und Ausfüllung eines zustimmungsbedürftigen Gesetzes die Beteiligungsrechte des Bundesrates zu wahren, dürfe nicht umgangen werden.
Mit Art. 11 BSSichG habe der Gesetzgeber einen Formenmissbrauch zur Umgehung des Bundesrates begangen. Die Regelung greife in die Preisgestaltung der pharmazeutischen Großhändler ein, die durch § 2 AMPreisV reglementiert sei. Wäre jene Verordnung geändert worden, hätte es dazu nach Art. 80 Abs. 2 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft; denn die Verordnung beruhe auf § 78 AMG, einem zustimmungsbedürftigen Gesetz. Dass das bestehende Regelungssystem nicht geändert, sondern ein neues Gesetz daneben gestellt worden sei, habe allein der Umgehung der Zustimmungsbedürftigkeit gedient. Bei sinnorientierter, die Schutzfunktion des Art. 80 Abs. 2 GG mitbedenkender Auslegung des Zustimmungserfordernisses müssten nicht nur formelle Verordnungsänderungen erfasst werden, sondern auch die materielle Änderung der Rechtslage durch ein neben die Verordnung gestelltes formelles Gesetz.
Andere Bedenken gegen die formelle Verfassungsgemäßheit des Gesetzes bestünden nicht. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergebe sich für alle Vorschriften aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (Sozialversicherung) und für Art. 4 BSSichG zudem aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG. Sowohl die Gesetzesänderungen als auch die Neuregelung von Rabattvorschriften hielten der Erforderlichkeitsprüfung nach Art. 72 Abs. 2 GG stand. Zweifelhaft sei allerdings, ob der Gesetzgeber eine ausreichende Prüfung der Erforderlichkeit angestellt habe. Die besondere Eile des Gesetzgebungsverfahrens spreche gegen eine detaillierte Tatsachenermittlung und Prognoseerstellung.
2. Auch materiell seien einzelne Vorschriften des Gesetzes verfassungswidrig. Der Apothekenabschlag (§ 130 Abs. 1 SGB V, Art. 1 Nr. 7 BSSichG), der Herstellerrabatt (§ 130 a Abs. 1 SGB V, Art. 1 Nr. 8 BSSichG) und der Großhandelsabschlag (Art. 11 BSSichG) verletzten die Grundrechte der Apotheker, Hersteller und Großhändler aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Preisreglementierung sei eine Berufsausübungsregelung, die nicht nur mangels Zustimmung des Bundesrates formell verfassungswidrig sei, sondern in Bezug auf die Hersteller zudem gegen Art. 28 EGV verstoße.
Die unentgeltliche Indienstnahme der Apotheker zur Abrechnung auch der Rabatte und Abschläge, die nicht sie, sondern die Hersteller und Großhändler wirtschaftlich treffen sollten, verstoße ebenfalls gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Für sich allein betrachtet, sei die Regelung zwar durch eine vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt und schränke die Berufsausübungsfreiheit nicht übermäßig ein. Die Verpflichtungen hätten die Gesamtbelastung der Apotheker in der Gesamtschau mit schon bestehenden Verpflichtungen zur Kostendämpfung aber in ein unverhältnismäßiges Ausmaß gesteigert. Aus der Addition ergebe sich eine neue Qualität der Freiheitsbeschränkung. Seit 1989 seien die Anteile der Apotheker an den Arzneimittelausgaben der Krankenkassen durch wiederholte Eingriffe des Gesetzgebers immer wieder deutlich abgesenkt worden. Die Belastung durch die jetzt getroffenen Regelungen sei falsch eingeschätzt worden. Die Apotheker würden nicht nur durch den selbst zu gewährenden Rabatt und die Verpflichtung zur Abwicklung des Großhändlerrabatts belastet, sie hätten außerdem die Überwälzung der Hersteller- und Großhändlerrabatte zu befürchten.
Die materielle Verfassungsgemäßheit einer Verordnungsänderung durch förmliches Gesetz (Art. 4, Art. 12 BSSichG) begegne nur dann Bedenken, wenn dem geänderten Teil der Verordnung Gesetzesrang zuzumessen wäre. Die Antragstellerinnen seien aber der Ansicht, dass ihm Verordnungsrang zukomme, so dass sich daraus die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 80 Abs. 2 GG ergebe. Hätten die betreffenden Teile einer Verordnung den Rang eines förmlichen Gesetzes, dann entstehe aus den ursprünglichen und den geänderten Teilen der Verordnung allerdings ein hybrides Normgebilde, das in mehrfacher Hinsicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoße. Die Anwendung der Norm sei unsicher, weil nur die Bestandteile mit Verordnungsrang einer gesetzeskonformen Auslegung zugänglich seien. Die Verwerfungskompetenz sei fraglich, denn nur für die Bestandteile im Range eines förmlichen Gesetzes bestehe das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts. Das führe zu unzumutbarer Erschwerung der Wahl des richtigen Rechtsschutzes, der sich nur für die Teile im Verordnungsrang nach § 47 VwGO richte.
V.
1. Für die Bundesregierung hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung Stellung genommen. Es hält das Beitragssatzsicherungsgesetz für verfassungsgemäß.
Art. 1 Nr. 8 BSSichG (§ 130 a Abs. 8 SGB V) erfordere die Zustimmung des Bundesrates nicht, weil die Norm der Verwaltung keine Handlungsanweisung erteile. In welchem Verfahren sich die Krankenkassen mit ihren Vertragspartnern verständigten, bleibe in ihr Ermessen gestellt. Art. 4 BSSichG löse die Zustimmungsbedürftigkeit nicht aus, weil die Änderung einer Verordnung durch ein Gesetz Gesetzesrang habe und daher nicht nach Art. 80 Abs. 2 GG zu beurteilen sei. Auch Art. 11 BSSichG begründe die Zustimmungsbedürftigkeit nicht. Mit dieser Norm habe der Gesetzgeber keinen Formenmissbrauch begangen, sondern eine finanzwirksame Entlastung der Krankenkassen aus einem Guss vorgelegt.
Die Antragstellerinnen hätten nicht darlegen können, dass einer der Betroffenen in der Handelskette der Arzneimittel durch die Rabattvorschriften und die Erstattungsregelungen übermäßig belastet worden sei. Die Apotheken rechneten durch die Übermittlung von ohnehin zu erhebenden Daten ab. Das Abschlagssystem sei zudem zum durch umfassende Neuregelungen in der Arzneimittelpreisverordnung abgelöst worden.
Der Bevollmächtigte der Bundesregierung hat zur Frage der Verfassungsgemäßheit einer Verordnungsänderung durch förmliches Gesetz ergänzend Stellung genommen: Da die Verordnung im Wege des formellen Gesetzgebungsverfahrens geändert werde, habe die abgeänderte oder neu eingefügte Norm die Qualität eines formellen Gesetzes. Die strenge Unterscheidung zwischen Gesetz und Verordnung könne der Gesetzgeber nicht aufheben. Auch die so genannte Entsteinerungsklausel bewirke nicht eine Rangänderung, sondern eröffne die Möglichkeit, die durch Gesetz geänderten Regelungen danach erneut durch eine Rechtsverordnung zu ändern.
Dies sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Vorrang des formellen Gesetzes bleibe unangetastet. Auch durch die Entsteinerungsklausel werde der Verordnungsgeber nur unter dem stillschweigenden Vorbehalt ermächtigt, dass das Parlament seine Zuständigkeit zur Rechtssetzung jederzeit wieder selbst ausüben könne. Rechtsklarheit, Rechtssicherheit und auch die rechtsstaatlich gebotene Formenstrenge seien nicht in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise beeinträchtigt. Ein mixtum compositum verschiedenrangiger Rechtsnormen sei ohnehin notwendige Folge eines jeden Nebeneinanders von ermächtigendem Gesetz und darauf beruhender Verordnung. Bei der Verordnungsänderung durch förmliches Gesetz handele es sich um eine besonders pointierte Form des Ineinandergreifens von Gesetz und Rechtsverordnung. Das Publizitätsgebot erfüllten die Verordnung ebenso wie das förmliche Gesetz und daher auch die Verbindung aus beidem. Der Rechtsschutz sei zwar etwas zweifelhaft, aber auf die Frage, ob die durch Gesetz geänderte Verordnung der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle unterliege, seien beide Antworten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auf den Schutz vor einer Aufhebung seiner Normen durch die Fachgerichte habe der parlamentarische Gesetzgeber mit dem verordnungsändernden Gesetz explizit verzichtet.
2. Die Bayerische Staatsregierung führt aus, das Beitragssatzsicherungsgesetz habe nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Art. 1 Nr. 8 BSSichG regele mit der Einführung des § 130 a Abs. 8 SGB V das Verfahren der der Landesaufsicht unterstehenden Krankenkassen. Diese Vorschrift stelle ein neues Handlungsinstrumentarium in den Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmen zur Verfügung, bestimme also die Handlungsform bei der Ausführung des Gesetzes.
3. Die Landesregierung Sachsen-Anhalts ist der Auffassung, der neue § 130 a Abs. 8 SGB V ermögliche direkte vertragliche Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen. Dadurch werde eine hinreichend konkrete Festlegung des Verwaltungshandelns bewirkt, so dass das Beitragssatzsicherungsgesetz ohne die Zustimmung des Bundesrates nicht wirksam habe zustande kommen können.
4. Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen hat zugleich im Namen des Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Krankenkassen, des IKK-Bundesverbandes, der Bundesknappschaft, des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e.V., des Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes e.V. und des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen Stellung genommen. Er meint, das Beitragssatzsicherungsgesetz habe nicht der Zustimmung des Bundesrates bedurft, und verweist dazu auf die Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung.
Im Übrigen verweist der Bundesverband auf die außerordentliche Bedeutung des Beitragssatzsicherungsgesetzes für die Krankenhausfinanzierung und für die Arzneimittelversorgung. Die Nullrunde im Krankenhausbereich (Art. 5 BSSichG) habe die Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung kalkulatorisch um 340 Mio. Euro vermindert. Die Eingriffe in die Wertschöpfungskette des Arzneimittelhandels (§ 130, § 130 a SGB V, Art. 11 BSSichG) hätten zur Einsparung von 1,8 Milliarden Euro geführt. Dennoch ergebe sich für das Jahr 2003 im Arzneimittelbereich ein Ausgabenanstieg von drei Prozent, der auf Vorzieheffekte des GKV-Modernisierungsgesetzes zurückzuführen sei. Da die autonome Preisgestaltung der pharmazeutischen Hersteller in Verbindung mit den reglementierten Zuschlägen für Großhandel und Apotheken zu ungebrochenem Ausgabenanstieg geführt habe, sei eine Einbeziehung aller Handelsstufen notwendig, geeignet und wirksam. Einbußen bei der Arzneimittelversorgung seien nicht eingetreten und wegen der Überversorgung mit 22.000 Apotheken auch nicht zu befürchten.
5. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. sieht die Hersteller von Nichtfestbetrags-Arzneimitteln durch die Rabattverpflichtung des § 130 a Abs. 1 und 2 SGB V in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die Rabattverpflichtung sei eine Preisregelung mit berufsregelnder Tendenz. Erforderlich sei diese Regelung nicht, denn Einsparmöglichkeiten könnten in weitaus höherem Ausmaß bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen verwirklicht werden. Entlastungen der Krankenkassen könnten auch aus dem Staatshaushalt bestritten werden, etwa durch Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Arzneimittel. Die Höhe des Zwangsrabatts sei zudem unverhältnismäßig. Die Gewinnmarge der pharmazeutischen Industrie werde so stark zurückgehen, dass Forschungsinvestitionen gefährdet würden. Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt, weil die Rabattverpflichtung auf patentgeschützte, nämlich von der Festbetragsregelung nicht erfasste Arzneimittel ziele, so dass die wirtschaftliche Ausnutzbarkeit der Patente beeinträchtigt werde. Der Abschlag komme zudem einer Sonderabgabe gleich, die wegen Verletzung der Finanzverfassung unzulässig sei.
Gleichheitswidrig sei die Sonderbelastung der Hersteller von Nichtfestbetrags-Arzneimitteln, weil eine gruppennützige Verwendung der Rabatte oder eine besondere Finanzierungsverantwortung der pharmazeutischen Industrie für die gesetzliche Krankenversicherung nicht bestehe. Schließlich bestünden gegenüber der Vereinbarkeit der Rabattverpflichtung mit Art. 28 EGV Bedenken, so dass der Europäische Gerichtshof anzurufen sei.
6. Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. ist der Auffassung, das Beitragssatzsicherungsgesetz habe wegen seines Art. 11 der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Die eingeführte Rabattverpflichtung der Großhändler gegenüber den Apotheken sei dem materiellen Inhalt nach eine Kürzung der Großhandelsspanne, die § 2 AMPreisV regele. Eine Änderung des § 2 AMPreisV hätte der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Nur um die Zustimmungsbedürftigkeit zu umgehen, sei neben die Regelung der Großhandelsspanne ein Sondergesetz mit einer Abschlagsverpflichtung gestellt worden. Der Gesetzgeber sei zwar grundsätzlich frei, die Art und Weise einer Rechtsänderung zu wählen. Dies finde aber dort eine Grenze, wo der gewählte Weg ausschließlich dazu diene, die Zustimmungsbedürftigkeit zu umgehen. Dass allein dieser Umgehungszweck Anlass zur Regelung des Art. 11 BSSichG gewesen sei, zeige dessen Aufhebung durch Art. 26 GMG und die entsprechende Änderung der Großhandelsspanne durch Art. 24 GMG: nachdem zwischen Bundestags- und Bundesratsmehrheit Einigkeit hergestellt worden sei, habe die Rabattverpflichtung der Großhändler durch Änderungen des § 2 AMPreisV ersetzt werden können.
Der durch Art. 11 BSSichG eingeführte Großhandelsabschlag verletze zudem Art. 12 Abs. 1 GG. Die Rabattverpflichtung sei eine Berufsausübungsregelung, die in Bezug auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßig sei. Zwischen den Großhändlern und den Krankenkassen bestünden keine vertraglichen oder sonstigen Beziehungen. Ihr Wettbewerbserfolg wirke sich auf die Ausgaben der Krankenkassen nicht aus. Es fehle deshalb ein sachlicher Anknüpfungspunkt für die Heranziehung der Großhändler zur Entlastung der Krankenkassen und damit eine vernünftige Erwägung des Allgemeinwohls, die einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen könnte. Jedenfalls sei die Rabattverpflichtung unverhältnismäßig; denn ihr Umfang, der im Gesetzgebungsverfahren mit 600 Mio. Euro angegeben worden sei, übersteige den Gewinn vor Steuern der Großhändler, der sich auf insgesamt nur 237 Mio. Euro belaufe (2002).
Die Inkassoverpflichtung der Großhändler (§ 130 a Abs. 5 SGB V) stelle ebenfalls eine verfassungswidrige Berufsausübungsregelung dar. Ohne sachlichen Grund würden den Großhändlern Abwicklungskosten und das finanzielle Risiko des Inkassos aufgebürdet.
B.
Die Anträge sind im Wesentlichen zulässig. Unzulässig sind sie, soweit die Antragstellerinnen beanstanden, Art. 1 Nr. 8 BSSichG (§ 130 a Abs. 1 Satz 3 SGB V) sei unvereinbar mit Art. 28 EGV. Das Bundesverfassungsgericht ist zur Entscheidung der Frage, ob eine innerstaatliche Norm des einfachen Rechts mit einer vorrangigen Bestimmung des europäischen Gemeinschaftsrechts oder eines völkerrechtlichen Vertrages vereinbar ist, nicht zuständig (vgl. BVerfGE 31, 145 <174>; 82, 159 <191>; 92, 365 <392>). Die Lösung eines solchen Normenkonflikts ist der insoweit nicht durch Art. 100 GG beschränkten Prüfungs- und Verwerfungskompetenz der zuständigen Fachgerichte überlassen (vgl. BVerfGE 31, 145 <174 f.>; 82, 159 <191>).
C.
Soweit die Anträge zulässig sind, sind sie unbegründet. Das Beitragssatzsicherungsgesetz ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
I.
Das Gesetz ist formell verfassungsgemäß. Es ist nach den Regelungen des Grundgesetzes zustande gekommen.
1. a) Für sämtliche Regelungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes ist die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gegeben.
Sozialversicherung im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ist als weit gefasster Gattungsbegriff zu verstehen. Er erfasst Systeme, die das soziale Bedürfnis nach Ausgleich besonderer Lasten erfüllen und dazu selbständige Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts als Träger vorsehen, die ihre Mittel im Wesentlichen durch Beiträge aufbringen. Dazu gehören jedenfalls die schon bei Entstehen des Grundgesetzes bekannten Versicherungszweige zum Ausgleich der Lasten infolge von Krankheit, Alter, Invalidität und Unfall (vgl. BVerfGE 11, 105 <111 ff.>), also auch die heute im V. und VI. Buch des Sozialgesetzbuches geregelte gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung. Neue Lebenssachverhalte wie die Pflegeversicherung (XI. Buch des Sozialgesetzbuches) gehören in das Gesamtsystem "Sozialversicherung", wenn sie ihm nach dem Zweck des Lastenausgleichs und der Art und Weise der Aufgabenerledigung durch beitragserhebende selbständige Sozialversicherungsträger zuzuordnen sind (vgl. BVerfGE 75, 108 <146>; 87, 1 <34>; 88, 203 <313>; 103, 197 <215>).
Da Beitrags- und Leistungsaspekte für den Begriff der Sozialversicherung bestimmend sind, erfasst der Kompetenztitel die Regelung der Finanzierung der zu erledigenden Aufgaben (Degenhart, in: Sachs, GG, 3. Aufl., 2003, Art. 74 Rn. 53a). Dazu gehören nicht nur das Aufbringen der Beiträge im engeren Sinne, sondern auch Regelungen zur finanziellen Entlastung der Sozialversicherungssysteme. Beides dient gleichermaßen dem Erhalt ihrer Leistungsfähigkeit.
b) Regelungen über Rabattverpflichtungen und über die Art und Weise ihrer Abwicklung in der Handelskette vom Arzneimittelhersteller über den Großhändler und die Apotheke bis zum Verbraucher (Art. 1 Nr. 7, 8, Art. 11 BSSichG) sind auch von der Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG gedeckt. Diese bezieht sich auf den Verkehr mit Arzneimitteln im weitesten Sinne (vgl. BVerfGE 102, 26 <36 ff.>). Gemeint sind der gesamte Umsatz und Vertrieb von der Herstellung über den Handel bis zum Verbraucher und damit auch die Preisbildung; denn die Entgeltlichkeit der Veräußerung von Arzneimitteln ist ein bestimmendes Element des Handels.
c) Die die Krankenhäuser betreffenden Entgeltregelungen (Art. 4, Art. 5 BSSichG) sind auch von der Kompetenzzuweisung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG gedeckt, der die Finanzhilfen und die Entgelte für teilstationäre und stationäre Krankenbehandlung umfasst.
2. Es kann offen bleiben, ob der Erlass des Beitragssatzsicherungsgesetzes den Bindungen des Art. 72 Abs. 2 GG in seiner seit 1994 geltenden Fassung unterlag oder ob Art. 125 a Abs. 2 Satz 1 GG von diesen Bindungen freistellt, weil das Gesetz fortgeltendes Bundesrecht nur modifiziert und dabei die wesentlichen Elemente bestehender Regelungen beibehält, ohne eine grundlegende Neukonzeption vorzunehmen (vgl. BVerfGE 111, 10 <31>; 111, 226 <269>). Das Beitragssatzsicherungsgesetz hält jedenfalls einer Prüfung am Maßstab des Art. 72 Abs. 2 n.F. GG stand.
Die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit gebietet es, das System der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung für ganz Deutschland einheitlich zu regeln. Erforderlich sind nicht bundeseinheitliche Beitragssätze - wie die unterschiedlich hohen Krankenkassenbeiträge zeigen -, wohl aber eine einheitliche Berechnungsmethode und daher auch eine einheitliche Regelung der Berechnungsgrundlagen und, wenn auf diese Berechnungsgrundlagen durch Gesetz Einfluss genommen werden soll, eine einheitliche Reglementierung. Wollte man die Reglementierung der Kosten für Waren und Dienstleistungen im Gesundheitswesen und damit das wesentliche Instrument zur Begrenzung der Beitragssätze der Regelung durch die Landesgesetzgeber überlassen, so müsste ein Wettbewerb hingenommen werden, der aus unterschiedlichen Preisreglementierungen entstünde. Anbieter mit ausreichender Wirtschaftskraft könnten die Märkte meiden, die durch strenge Preisbeschränkungen gekennzeichnet sind. Hier würden nur noch Anbieter auftreten, die den stark reglementierten Preis halten können, dies aber mit Qualitätsabstrichen erreichen. Eine Versorgung der Versicherten auf gleichmäßig hohem Niveau könnte nicht mehr gewährleistet werden.
3. Das Beitragssatzsicherungsgesetz bedurfte nicht der Zustimmung des Bundesrates.
a) Art. 1 Nr. 8 BSSichG löst nicht die Notwendigkeit der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 84 Abs. 1 GG aus. Eine Regelung des Verfahrens der Landeseigenverwaltung enthält der in § 130 a SGB V eingefügte Abs. 8 nicht; denn er nimmt lediglich eine bestehende und von den Ländern schon zu beachtende Verfahrensregelung auf. § 130 a Abs. 8 SGB V bewirkt auch keinen Ausschluss von Mitteln des Verwaltungshandelns, die ohne Geltung der fraglichen Bestimmung zur Verfügung stünden.
aa) Die Tätigkeit der Krankenkassen gehört zur Landeseigenverwaltung, soweit es sich um nicht länderübergreifend zuständige Krankenkassen handelt.
Nach dem durch Art. 83 GG angeordneten Regel-Ausnahme-Verhältnis handelt es sich um landeseigene Verwaltung, wenn sich aus dem Grundgesetz keine Zuweisung zur Bundesauftragsverwaltung oder zur bundeseigenen Verwaltung ergibt. Eine solche Zuweisung zur bundeseigenen Verwaltung sieht Art. 87 Abs. 2 Satz 1 GG für Sozialversicherungsträger vor, deren Zuständigkeitsbereich über das Gebiet eines Landes hinausreicht. Darunter fallen auch Krankenversicherungsträger; denn der Begriff der Sozialversicherung ist derselbe wie der von Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG verwendete (vgl. BVerfGE 63, 1 <35>). Da Art. 87 Abs. 2 Satz 1 GG eine Ausnahme zu der Regel der Landeseigenverwaltung nach Art. 83 GG enthält, ist die Zuweisung zur bundeseigenen Verwaltung auf die landesübergreifenden Versicherungsträger beschränkt (vgl. BVerfGE 63, 1 <36>; Lerche, in: Maunz/Dürig, GG, Losebl. [Februar 2004], Art. 87 Rn. 155).
Die Krankenkassen gehören zur mittelbaren Staatsverwaltung; sie sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 SGB V). Das hindert die Anwendung des Art. 84 Abs. 1 GG nicht. Der Anwendungsbereich der Norm ist nicht auf die unmittelbare Landesverwaltung beschränkt. So wie dem Bund bei der Einrichtung der Behörden der Zugriff auch auf die mittelbare Landesverwaltung offen steht (vgl. BVerfGE 22, 180 <209 f.>; 39, 96 <109>; 75, 108 <150 f.>; 77, 288 <299>), gilt dies auch für das Verwaltungsverfahren, das die Körperschaften der mittelbaren Landesverwaltung anzuwenden haben (vgl. BVerfGE 75, 108 <152 f.>). Auch insoweit greift demgemäß bei bundesgesetzlichen Organisations- und Verfahrensregelungen das in Art. 84 Abs. 1 GG vorgesehene Zustimmungserfordernis.
bb) § 130 a Abs. 8 SGB V betrifft das Verwaltungsverfahren. Dazu gehören das "Wie" des Verwaltungshandelns, die Einzelheiten des Verwaltungsablaufs, nämlich die Art und Weise der Ausführung eines Gesetzes einschließlich der dabei zur Verfügung stehenden Handlungsformen, die Form der behördlichen Willensbildung, die Art der Prüfung und Vorbereitung der Entscheidung, deren Zustandekommen und Durchsetzung sowie verwaltungsinterne Mitwirkungs- und Kontrollvorgänge (vgl. BVerfGE 37, 363 <385, 390>; 55, 274 <319, 320 f.>; 75, 108 <150, 152>; 105, 313 <331>). § 130 a Abs. 8 SGB V beschreibt den Weg, auf dem die Krankenkassen gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen zu zusätzlichen Abschlägen gelangen können, die über den in Abs. 1 angeordneten Sechs-Prozent-Rabatt hinausreichen. Solche zusätzlichen Rabatte sollen durch die Handlungsform der Vereinbarung erreicht werden können.
cc) Der Verweis auf eine Vereinbarung als Handlungsform der Krankenkassen zur Herbeiführung eines weiteren Preisabschlages enthält indes keine nach Art. 84 Abs. 1 GG zustimmungsbedürftige Regelung.
Verfahrensbestimmungen haben keinen die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 84 Abs. 1 GG auslösenden Regelungscharakter, wenn sie keinen neuen Einbruch in die Verwaltungszuständigkeit der Länder darstellen (vgl. BVerfGE 37, 363 <380, 388>; 55, 274 <323 f.>; Trute, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 4. Aufl., 2001, Art. 84 Rn. 17), sondern eine bestehende und von den Ländern schon zu beachtende Verfahrensregelung nur konkretisieren (vgl. BVerfGE 10, 20 <49>; kritisch: Lerche, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 50) oder sogar nur wiederholen (vgl. BVerfGE 55, 274 <323 f.>; Lerche, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 84 Rn. 50, 57).
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob es sich bei § 130 a Abs. 8 SGB V um eine Rechtsnorm mit eigenständigem Regelungsgehalt handelt oder nur um eine Wiederholung, einen Hinweis auf das schon Geltende. Eine bloß wiederholende Bestimmung bewirkt keine Veränderung im Bestand der Rechte und Pflichten, Zuständigkeiten und Befugnisse (vgl. Hans Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl., 2002, Rn. 408 ff., 633).
dd) § 130 a Abs. 8 SGB V ist entgegengehalten worden, ihm komme ein eigenständiger Regelungsgehalt zu. Den Krankenkassen werde eine neue Handlungsform zur Verfügung gestellt (Sodan, NJW 2003, S. 1761 <1762 f.>). An sie richte sich - so die Antragstellerinnen in diesem Verfahren - ein optionales Vertragsgebot, und mit dieser einseitigen Verpflichtung auf die Handlungsform der Vereinbarung werde die Freiheit der Handlungsformenwahl eingeschränkt, vor allem der Erlass eines Verwaltungsaktes ausgeschlossen.
Eine neue Handlungsform stellt § 130 a Abs. 8 SGB V indes nicht zur Verfügung. Ein zusätzliches Instrument der Aufgabenerfüllung, dessen sich die Kassen bislang nicht bedienen durften, sieht § 130 a Abs. 8 SGB V nicht vor.
Nach § 130 a Abs. 8 Satz 1 SGB V können die Krankenkassen oder deren Verbände den zusätzlichen Rabatt mit den pharmazeutischen Unternehmen "vereinbaren". Rechtlich handelt es sich um einen Vertrag, der durch übereinstimmende Willenserklärungen der Beteiligten zustande kommt. Die Gleichsetzung der Begriffe der Vereinbarung und des Vertrages findet sich zudem im § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zum Abschluss eines Vertrages bedarf es einer Ermächtigung durch § 130 a Abs. 8 SGB V nicht.
Die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmen sind öffentlich-rechtlicher Natur (§ 69 SGB V) (Krauskopf, in: Krauskopf [Hg.], SozKrV/PflV, Losebl. [Januar 2003], § 69 SGB V Rn. 2, 4; von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., 2001, § 53 Rn. 4a; Henninger, in: Schulin [Hg.], a.a.O., § 44 Rn. 21). Die Zulässigkeit eines Verwaltungsvertrages ist deshalb nach § 53 Abs. 1 SGB X zu beurteilen. Zur Durchsetzung des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots können sich die Krankenkassen aller Mittel des Verwaltungshandelns bedienen. Dazu zählt auch der Abschluss eines Verwaltungsvertrages, der einer besonderen Ermächtigungsnorm nicht bedarf. § 130 a Abs. 8 SGB V fügt dem nichts hinzu (ebenso für § 131 Abs. 1 SGB V: Knittel, in: Krauskopf [Hg.], a.a.O., § 131 SGB V Rn. 3).
Die Preisbildung der pharmazeutischen Unternehmen, also der Arzneimittelhersteller, war schon bislang frei; §§ 1 ff. AMPreisV betreffen die Herstellerpreise nicht. Die Krankenkassen durften sich schon bislang Preisnachlässe versprechen und vergüten lassen: der Sache nach waren sie durch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V) gehalten, solche Gelegenheiten wahrzunehmen, und ein Vertrag mit entsprechendem Inhalt fand in § 53 Abs. 1 SGB X eine ausreichende Grundlage. § 131 SGB V ist nichts anderes zu entnehmen. Diese Norm behandelt Rahmenverträge zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der pharmazeutischen Unternehmen. Wenn dazu vertreten wird, die Regelungsgegenstände seien abschließend genannt (Henninger, in: Schulin [Hg.], a.a.O., § 45 Rn. 3; § 130 a SGB V galt noch nicht, als diese Ansicht formuliert wurde), dann ist damit nicht gesagt, dass Verträge anderen Inhalts nicht geschlossen werden dürften. § 131 Abs. 2 SGB V betrifft vielmehr Gegenstände, die gesetzlich normiert sind, nämlich die Packungsgröße und -ausstattung durch die auf § 31 Abs. 4 SGB V beruhende Zuzahlungsverordnung sowie die Sammlung und der Austausch der Arzneimitteldaten durch § 35 a Abs. 4 und Abs. 5 SGB V. § 131 Abs. 2 SGB V hat nur insoweit eine begrenzende Funktion, als die Vorschrift die Abdingbarkeit der gesetzlichen Regelungen beschränkt: vom Gesetz Abweichendes darf nur im Rahmen des § 131 Abs. 2 SGB V vereinbart werden. Darum geht es aber im § 130 a Abs. 8 SGB V nicht; denn freiwillig gewährten Preisnachlässen ist im Sozialversicherungsrecht keine gesetzliche Grenze gesetzt.
ee) Für § 131 Abs. 1 SGB V wird außerdem vertreten, sein Regelungsgehalt beziehe sich auf die Bindungswirkung der von den Spitzenverbänden geschlossenen Verträge für deren Mitglieder (Knittel, in: Krauskopf [Hg.], a.a.O., § 131 SGB V Rn. 3). Auch dies findet in § 130 a Abs. 8 SGB V keine Entsprechung: Der vertraglich Verpflichtete, der den Preisnachlass gewährt, nämlich das pharmazeutische Unternehmen, ist selbst Vertragspartei. Schließt er mit einem Krankenkassenverband ab, so bedarf es keiner gesetzlichen Regelung, um die günstige Rechtsfolge des Preisnachlasses und des entsprechenden Zahlungsanspruches den Krankenkassen zuzuweisen; es kann ein Vertrag zu Gunsten Dritter geschlossen werden (§ 61 SGB X, § 328 Abs. 1 BGB).
Ein Vertrag, in dem ein pharmazeutisches Unternehmen freiwillig einen Preisnachlass in der Weise gewährt, dass der Rabatt nicht seinem Vertragspartner - dem Großhändler -, sondern der Krankenkasse vergütet wird, war also auch vor Inkrafttreten des § 130 a Abs. 8 SGB zulässig. Auch wenn man diese Norm neben der neuen Rabattverpflichtung (§ 130 a Abs. 1 SGB V) hinwegdächte, blieben solche Vereinbarungen angesichts des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V) zulässig.
ff) § 130 a Abs. 8 SGB V beschränkt die Krankenkassen zum Erreichen eines von den pharmazeutischen Unternehmen freiwillig gewährten Preisabschlages auch nicht auf das Mittel des Verwaltungsvertrages. Nur ein Ausschluss von Mitteln des Verwaltungshandelns, die ohne Geltung der fraglichen Bestimmung zur Verfügung stünden, würde die Art und Weise der Gesetzesausführung berühren.
Schließt eine Vorschrift ein für die Erreichung einer bestimmten Rechtsfolge geeignetes Mittel aus, dann regelt sie das Verwaltungsverfahren. Nennt eine Vorschrift hingegen lediglich die Mittel, die ohnehin (allein) in Betracht kommen, dann wiederholt sie nur, was das allgemeine Verwaltungsrecht bereits vorgibt, so dass eine Regelungsqualität fehlt.
Die Mittel, mit denen die Verwaltungsbehörden die ihnen durch das materielle Recht vorgegebenen Aufgaben erledigen, sind insbesondere die Norm (Verordnung und Satzung), der Verwaltungsakt, der Verwaltungsvertrag, der privatrechtliche Vertrag und das schlichte Verwaltungshandeln oder der Realakt. § 130 a Abs. 8 SGB V gibt als Ziel des Verwaltungshandelns eine Vereinbarung mit einem privatrechtlichen Unternehmen über einen Preisabschlag vor, der über die Rabattverpflichtung (§ 130 a Abs. 1 SGB V) hinausreicht. Auf den zusätzlichen Rabatt hat die Krankenkasse keinen Anspruch. Er kann nur im Einvernehmen mit dem pharmazeutischen Unternehmen gewährt werden. Ein für einen Verwaltungsakt kennzeichnendes Unterordnungsverhältnis, in dem die Krankenkasse die zusätzliche Rabattgewährung anordnen könnte oder müsste, wird durch § 130 a Abs. 8 SGB V nicht begründet. Danach jedoch liegt es fern, die Handlungsform des Verwaltungsaktes (§ 31 Satz 1 SGB X) in Erwägung zu ziehen. Vielmehr ist für das Bewirken einer einvernehmlichen, von beiden Seiten gewollten Rechtsfolge, deren nähere Ausformung - Rabatthöhe - ebenfalls nicht vom Gesetz vorgegeben ist, sondern der Einigung unterliegen soll, der Vertrag die sich aufdrängende Handlungsform. Die von den Antragstellerinnen vermisste "Freiheit der Handlungsformen" für das Erreichen eines zusätzlichen Rabatts von den pharmazeutischen Unternehmen hatte schon deshalb keine Bedeutung, weil es vor der Einfügung des Abs. 8 in § 130 a SGB V an der gesetzlichen Ermächtigung fehlte, einen zusätzlichen Preisabschlag gegenüber pharmazeutischen Herstellern anzuordnen.
b) Art. 7 Abs. 1 BSSichG, der die Anwendung des § 220 Abs. 2 SGB V bis zum ausgeschlossen hat, bedurfte ebenfalls nicht der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 84 Abs. 1 GG; denn diese Norm regelt nicht das Verwaltungsverfahren.
§ 220 Abs. 2 SGB V betrifft das Verwaltungsverfahren zur Erhöhung des Beitragssatzes während des Haushaltsjahres. Die Vorschrift regelt die Art und Weise der Ausführung eines Gesetzes, indem sie die Form der behördlichen Willensbildung (Satzungsänderung, Vorstandsbeschluss, Anordnung der Aufsichtsbehörde) sowie die Vorbereitung und das Zustandekommen der Entscheidung (Eileintritt des Vorstandes, Noteintritt der Aufsichtsbehörde) vorgibt. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Regelung, die den zeitlichen Anwendungsbereich des § 220 Abs. 2 SGB V betrifft, ebenfalls das Verwaltungsverfahren regele. Eine - hier zeitlich begrenzte - Beendigung des Verwaltungshandelns der Länder auf einem bestimmten Gebiet löst die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 84 Abs. 1 GG nicht aus; denn nicht die Aufgabenzuweisung oder der Aufgabenentzug, sondern nur die Regelung der Behördenorganisation und des verfahrensmäßigen Verhaltens der Verwaltung berührt die durch Art. 84 Abs. 1 GG geschützte Organisationsgewalt der Länder und ihre Kompetenz zur Verfahrensgestaltung (vgl. BVerfGE 10, 20 <49>; 14, 197 <219 f.>; 55, 274 <319>; 75, 108 <150, 152>; 105, 313 <331>).
Nur eine Vorschrift, die das bislang geltende Verfahren änderte, beträfe danach das Verwaltungsverfahren.
Art. 7 Abs. 1 BSSichG schreibt aber nicht ein anderes Vorgehen der Krankenkasse und der Aufsichtsbehörde zum Erreichen einer Beitragssatzerhöhung vor, sondern schließt Beitragssatzerhöhungen grundsätzlich - Ausnahmen in Absatz 3 - aus.
c) Das Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler (Art. 11 BSSichG) hat die Zustimmungsbedürftigkeit des Beitragssatzsicherungsgesetzes ebenfalls nicht ausgelöst. Ein Zustimmungserfordernis für das Gesetz als solches ist dem Grundgesetz nicht zu entnehmen. Die Regelungen des Art. 80 Abs. 2 GG, die für Verordnungen zur Preisregelung auf Grund von § 78 Abs. 1 AMG gelten, sind nicht entsprechend anwendbar.
Art. 11 BSSichG löst ein Zustimmungserfordernis nicht deshalb aus, weil eine Regelung mit gleicher Rechtsfolge, nämlich eine Änderung der bestehenden Handelsspannenreglementierung durch eine Verordnung, nach Art. 80 Abs. 2 GG zustimmungsbedürftig gewesen wäre.
Art. 11 BSSichG bewirkt eine Senkung des von den Krankenkassen zu tragenden Arzneimittelabgabepreises durch eine Verminderung der Handelsspanne der Großhändler, die die Apotheken weiterzureichen haben, also nicht etwa durch entsprechende Erhöhung ihrer Handelsspanne vereinnahmen dürfen. Da beide Handelsspannen - der Großhandelszuschlag (§ 2 AMPreisV) und der Apothekenzuschlag (§ 3 AMPreisV) - bereits Gegenstand gesetzlicher Reglementierung waren, hätte das Ziel einer Preissenkung zu Lasten der Großhändler im bestehenden Regelungssystem erfolgen können, nämlich durch eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung. Jene Verordnung beruht auf § 78 AMG. Das Arzneimittelgesetz bedurfte der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 84 Abs. 1 GG (vgl. §§ 64 ff. AMG). Die auf ihm beruhende Verordnung bedurfte deshalb der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 80 Abs. 2 GG (vgl. auch § 78 Abs. 1 AMG).
Die Ergänzung der Handelsspannenreglementierung durch förmliches Gesetz vermied jedoch die Zustimmungsbedürftigkeit, weil für dieses förmliche Gesetz eine die Zustimmungsbedürftigkeit auslösende Verfassungsnorm nicht ersichtlich ist. In der Wahl dieser Regelungsform kann eine von den Antragstellerinnen als Formenmissbrauch beanstandete Umgehung der Bundesratszustimmung, die durch die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes verhindert werden müsste, nicht gesehen werden.
Gesetzgebungsvorhaben so zu gestalten, dass die Zustimmung des Bundesrates ganz oder teilweise entbehrlich wird, ist in der Staatspraxis üblich und zulässig. Geläufig ist die Aufteilung eines Vorhabens in einen Gesetzentwurf, der alle nicht zustimmungsbedürftigen Regelungen enthält, und einen weiteren, der der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Auch das Beitragssatzsicherungsgesetz ist Bestandteil eines auf diese Weise geteilten Vorhabens: es enthält die nach Ansicht der Initianten nicht zustimmungsbedürftigen Teile, während im Entwurf eines Zwölften SGB V-Änderungsgesetzes die Regelungen zusammengefasst wurden, für die auch nach Meinung der Entwurfsverfasser die Zustimmung des Bundesrates erforderlich war.
Eine solche Teilung eines Gesetzgebungsvorhabens verbietet das Grundgesetz nicht (vgl. BVerfGE 37, 363 <382>; 105, 313 <338 ff.>; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, 5. Aufl., 2003, Art. 77 Rn. 23; Dittmann, in: Sachs, GG, 3. Aufl., 2003, Art. 84 Rn. 15; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl., 2004, Art. 77 Rn. 4). Allenfalls das Willkürverbot könnte entgegenstehen (vgl. BVerfGE 77, 84 <103>).
Art. 11 BSSichG gibt keine Veranlassung, von dieser Ansicht abzuweichen. Der Zweck des Zustimmungserfordernisses nach Art. 84 Abs. 1 GG liegt im Schutz der grundsätzlichen Verwaltungszuständigkeit der Länder. Eine Einwirkung des Bundes, die zu Verschiebungen in dem durch Art. 83, Art. 84 Abs. 1 GG vorgegebenen Gefüge führen kann, soll unter dem schützenden Vorbehalt der Bundesratszustimmung stehen (vgl. BVerfGE 1, 76 <79>; 37, 363 <381>; 48, 127 <178>; 55, 274 <319>; 105, 313 <339>; Hermes, in: Dreier, GG, Art. 84 Rn. 47 f.).
Alle Regelungskonstellationen, die keinen Einbruch oder weiteren Einbruch des Bundes in die Verwaltungszuständigkeiten der Länder bewirken, sind von der Zustimmungsbedürftigkeit ausgenommen, weil sie vom Zweck des Art. 84 Abs. 1 GG nicht erfasst werden. Aus demselben Grund braucht der Bundesrat weder der Aufhebung einer bei Erlass zustimmungsbedürftigen Verfahrensregelung zuzustimmen (vgl. BVerfGE 14, 197 <219 f.>) noch der Änderung eines Gesetzes, von der nur materielle, nicht aber Verfahrensregelungen betroffen sind (vgl. BVerfGE 37, 363 <382>).
Nach dem Zweck der Zustimmungsbedürftigkeit ist auch das Zustimmungserfordernis nach Art. 80 Abs. 2 GG zu beurteilen. Dieses Zustimmungserfordernis soll den Einbruch des Bundes in die Organisations- und Verfahrensautonomie der Länder mit einem schützenden Vorbehalt versehen. Es beruht auf der Erwägung, dass die Zustimmungsrechte des Bundesrates nicht durch die Delegation der Rechtssetzung auf die Exekutive erlöschen sollen, zumal gerade die Verordnungsregelungen häufig Ausführungs- und Durchführungs-, also Verfahrensregelungen enthalten (Bryde, in: von Münch/Kunig, a.a.O., Art. 80 Rn. 26). Allerdings ist die Delegation der Rechtssetzung gemäß Art. 80 Abs. 1 GG keinesfalls auf Organisations- oder Verfahrensregelungen beschränkt. Eine Verordnungsermächtigung kann sich auch auf materielle Detailregelungen richten. Für solche Verordnungen enthält Art. 80 Abs. 2 GG ein gewissermaßen überschießendes, den Schutzzweck verlassendes Zustimmungserfordernis, das schon deshalb nicht über den Wortlaut der Norm hinaus ausgedehnt werden kann, jedenfalls aber nicht entsprechend auf Regelungen des Parlaments, also außerhalb der Fälle einer Rechtssetzungsdelegation, anwendbar ist. Daher ist ein förmliches Gesetz, dessen Inhalt auch auf Grund einer bestehenden Ermächtigungsgrundlage als Verordnung hätte ergehen können, allein nach den Regeln zu beurteilen, die die Zustimmungsbedürftigkeit förmlicher Gesetze enthalten.
d) Art. 2 Nr. 4 und 5, Art. 8 und Art. 9 BSSichG lösen die Zustimmungsbedürftigkeit nicht aus. Sie enthalten förmliche Gesetze, für die keine der zustimmungsauslösenden Normen des Grundgesetzes in Betracht kommt.
Gesetzliche Regelungen bedürfen nicht deshalb der Zustimmung des Bundesrates, weil ihr Gegenstand bislang verordnungsrechtlich geregelt war. Für seine entgegenstehende Ansicht hat der Bundesrat eine Norm als Grundlage der Zustimmungsbedürftigkeit nicht benannt. Er meint, die Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 80 Abs. 2 GG werde umgangen (BRDrucks 833/02 [Beschluss], S. 5). Das trifft nicht zu. Der Gesetzgeber hat mit den Art. 2 Nr. 4 und Nr. 5, Art. 8 und Art. 9 BSSichG förmliche Gesetze erlassen, auf die Art. 80 Abs. 2 GG nicht entsprechend anwendbar ist. Er hat eine gesetzliche Regelung getroffen, obwohl auf Grund der vorhandenen Ermächtigung auch eine Regelung im Verordnungswege möglich gewesen wäre.
Das begegnet am Maßstab des Art. 80 Abs. 1 GG keinen Bedenken; denn die der Exekutive erteilte Verordnungsermächtigung wirkt nur zuweisend, nicht auch abschiebend (Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 80 Rn. 25; Bryde, in: v. Münch/Kunig, GG, Art. 80 Rn. 5; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 80 Rn. 14). Der parlamentarische Gesetzgeber begibt sich durch die Verordnungsermächtigung nicht seiner Regelungskompetenz; er bleibt weiter regelungsbefugt und behält sein Zugriffsrecht auf die von der Verordnungsermächtigung umfasste Materie (Bauer, in: Dreier, GG, Art. 80 Rn. 39; Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 80 Rn. 25; Lücke, in: Sachs, GG, Art. 80 Rn. 7; Kirchhof, Rechtsquellen und Grundgesetz, in: Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Bd. II, 1976, S. 50 <83>; Jekewitz, NVwZ 1994, S. 956 <957>; Lepa, AöR 105 [1980], 337 <350 f.>; Lippold, ZRP 1991, S. 254 <255>; Studenroth, DÖV 1995, S. 525 <527>). Regelt er selbst, so nimmt er eine eigene Kompetenz wahr, nicht die Kompetenz der Exekutive. Die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes bestimmt sich nicht nach dem nur für Verordnungen geltenden Art. 80 Abs. 2 GG, sondern nach den für förmliche Gesetze geltenden Normen, die hier nicht einschlägig sind.
Selbst wenn man der Regelung durch förmliches Gesetz entnehmen wollte, der parlamentarische Gesetzgeber habe dadurch die Verordnungsermächtigung aufgehoben, so führte dies nicht zur Zustimmungsbedürftigkeit. Die Aufhebung einer Ermächtigungsgrundlage bedarf ebenso wie ihr Erlass von sich aus nicht der Zustimmung des Bundesrates, sondern nur dann, wenn sich dies aus einer der für förmliche Gesetze geltenden Normen ergibt.
II.
Auch Art. 4 BSSichG löst die Zustimmungsbedürftigkeit nicht aus. § 6 Abs. 1 BPflV ist, soweit er auf der Änderung durch Art. 4 BSSichG beruht, als im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren geschaffenes Verordnungsrecht zu beurteilen. Ob der Bundesrat der gesetzlichen Regelung, die die Verordnungsänderung bewirkte, zuzustimmen hatte, richtet sich nach Art. 84 Abs. 1 GG. Danach bestand kein Zustimmungserfordernis, denn eine Regelung des Verfahrens der Landeseigenverwaltung enthält die Änderung des § 6 Abs. 1 BPflV nicht. Darüber hinaus genügt Art. 4 BSSichG den rechtsstaatlichen Anforderungen, die an die Änderung einer Verordnung durch den Gesetzgeber zu stellen sind.
1. Die Bundespflegesatzverordnung ist als Art. 1 der Verordnung zur Neuordnung des Pflegesatzrechts vom (BGBl I S. 2750) erlassen worden. Ihr § 6 wurde seither mehrfach, zumeist durch den parlamentarischen Gesetzgeber, geändert. Auch die Änderung von § 6 BPflV im Rahmen des Beitragssatzsicherungsgesetzes beruht auf einem förmlichen Gesetz.
Die Antragstellerinnen berufen sich für die Zustimmungspflichtigkeit von Art. 4 BSSichG auf Art. 80 Abs. 2 GG. Ermächtigungsgrundlage für Regelungen über die Höhe des Gesamtbetrages der Vergütungen für Krankenhausleistungen - die Begrenzung dieses Gesamtbetrages und die Durchbrechung der Begrenzung gehören dazu - ist § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG. Das Krankenhausfinanzierungsgesetz bedurfte gemäß Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates (vgl. nur § 18, § 18a, § 28 Abs. 1 KHG). Eine anderweitige, die Zustimmungsbedürftigkeit der Verordnung ausschließende Regelung (Art. 80 Abs. 2 GG) enthält das Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht. Vielmehr wiederholt § 16 Satz 1 KHG das Zustimmungserfordernis.
2. Eine über fünfzigjährige Staatspraxis zeigt, dass ein Bedürfnis für die Änderung einer Verordnung durch den parlamentarischen Gesetzgeber besteht (a). Eine verfassungskonforme Lösung erfordert allerdings, der geänderten Verordnung einen einheitlichen Rang zuzuweisen, damit nicht ein der Rechtssicherheit und dem Rechtsstaatsprinzip widersprechendes Mischgebilde entsteht (b). Die Verordnungsänderung durch förmliches Gesetz ist nur unter bestimmten Voraussetzungen und Maßgaben mit dem Grundgesetz vereinbar (c).
a) Der ändernde Eingriff in eine geltende Verordnung durch ein Parlamentsgesetz ist eine Erscheinungsform bereits der frühen Gesetzgebung unter der Geltung des Grundgesetzes (erstmals: § 2 Abs. 2 des Gesetzes vom [BGBl S. 7]). Diese Art der Verordnungsänderung hat in jüngerer Zeit an Bedeutung gewonnen. Vor allem in den großen, umfassenden Regelungsprogrammen des Steuer- und Sozialrechts, die besonders häufiger Änderung im Zuge kleinerer und größerer Reformen unterworfen sind, ist das Verordnungsrecht einer gleichen Änderungsintensität ausgesetzt wie die förmlichen Gesetze, auf denen es beruht. Dabei werden im Zuge einer umfassenden Änderungsgesetzgebung häufig auch die mit den Gesetzen verbundenen Verordnungen durch den parlamentarischen Gesetzgeber geändert. Das kann bei Verordnungen von zentraler Bedeutung dazu führen, dass sie häufiger durch Parlamentsgesetze als durch Verordnungen geändert werden. Die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, die über Jahre hindurch nur durch Parlamentsgesetze geändert wurde, ist dafür ein ebenso treffendes Beispiel (Kirchhof, EStG-Kompaktkommentar, 5. Aufl., 2004, § 51 Rn. 14; Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Loseblatt [November 2003], § 51 Rn. B 131; ders., ZG 2001, S. 50 <51 f.>) wie die Bundespflegesatzverordnung.
Die seit über fünfzig Jahren bestehende Staatspraxis zeigt, dass ein Bedürfnis für den parlamentarischen Gesetzgeber besteht, bei der Änderung komplexer Regelungsgefüge, in denen förmliches Gesetzesrecht und auf ihm beruhendes Verordnungsrecht ineinander verschränkt sind, auch das Verordnungsrecht anzupassen. Die Veränderung eines Regelungsprogramms und erst recht die grundlegende Reform eines ganzen Rechtsgebiets kann in vielen detailliert normierten Bereichen sinnvoll nur bewerkstelligt werden, wenn sowohl förmliche Gesetze als auch auf ihm beruhende Verordnungen in einem einheitlichen Vorgang geändert und aufeinander abgestimmt werden.
Es gehört zudem zur Gestaltungsfreiheit des Parlaments, sein Änderungsvorhaben umfassend selbst zu verwirklichen. Wäre es darauf beschränkt, nur förmliche Gesetze zu ändern, so müsste das Änderungsvorhaben entweder zerteilt werden, um den Gesetzesänderungen die von der Exekutive zu erledigenden Verordnungsänderungen nachfolgen zu lassen; oder der parlamentarische Gesetzgeber müsste die bislang durch Verordnung geregelten Gegenstände wieder in förmliches Gesetzesrecht übernehmen. Die Aufteilung in ein Änderungsgesetz und eine Änderungsverordnung kann zu erheblichen Verzögerungen führen (vgl. Sendler, DVBl 2005, S. 423 <425>). Außerdem besteht für das Parlament die Schwierigkeit, dass es ein differenziert ausgestaltetes und oft finanziell abgestimmtes Reformvorhaben nur teilweise selbst festlegen kann. Die Alternative der Rückholung des Verordnungsrechts hat den Nachteil gegen sich, dass künftige Änderungen durch die Exekutive und damit die für die Zukunft notwendige Flexibilität ausgeschlossen sind.
b) Das Rechtsstaatsprinzip und das hieraus folgende Prinzip der Rechtssicherheit erlauben nur eine Lösung, die der geänderten Verordnung einen einheitlichen Rang zuweist.
aa) Das Grundgesetz unterscheidet zwischen der Rechtssetzung in der Form des Gesetzes und der Rechtssetzung in der Form der Rechtsverordnung; Voraussetzung und Folgen der Rechtssetzung in der einen und der anderen Form sind nach dem Grundgesetz verschieden (vgl. BVerfGE 8, 274 <323>; 24, 184 <199>). Die damit getroffene Unterscheidung steht nicht zur beliebigen Disposition (vgl. BVerfGE 1, 372 <390>; 6, 273 <277>; 18, 389 <391>; 22, 330 <346>; 24, 184 <199>). Das hindert den Gesetzgeber aber nicht, die der Exekutive übertragenen Regelungsbefugnisse wieder zu übernehmen und bislang als Verordnung geltende Regelungen nun als Gesetz zu erlassen (vgl. BVerfGE 22, 330 <346>). Ebenso wenig ist der Gesetzgeber prinzipiell gehindert, den Inhalt einer geltenden Verordnung unmittelbar kraft Gesetzes zu ändern. Dabei dürfen jedoch die Grenzen zwischen Gesetz und Verordnung nicht in einer Weise überschritten oder verwischt werden, die der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen beiden Regelungsformen und der rechtsstaatlichen Klarheit in Bezug auf Geltungsvoraussetzungen, Rang, Rechtsschutzmöglichkeiten und Verwerfungskompetenzen, die für beide Normtypen unterschiedlich geregelt sind, zuwiderliefe.
Durch die Änderung darf keine missverständliche, irreführende Norm entstehen, deren Bezeichnung (Verordnung) und Kennzeichnung als Normsetzung auf Grund einer Ermächtigung (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) zu ihrem tatsächlichen Rang (förmliches Gesetz) und den davon abhängigen Rechtsfolgen im Widerspruch steht.
Eine Aneinanderreihung der ursprünglichen Fassung und der oftmals zahlreichen Änderungsanordnungen, die mitunter nur Satzteile oder einzelne Worte betreffen, kann vor allem bei häufig geänderten Verordnungen einen sicheren Überblick über den aktuellen Normbestand nicht verschaffen. Dazu bedarf es einer redaktionell bearbeiteten Fassung, die den Normtext so wiedergibt, dass alle in Kraft getretenen Änderungen berücksichtigt und an die Stelle der nicht mehr geltenden Teile gesetzt sind. Gälte der Inhalt einer durch förmliches Gesetz veränderten Verordnung, soweit die entsprechenden Änderungen reichen, im Gesetzesrang, so wäre allerdings aus einem solchen bereinigten Normtext nicht mehr zu erkennen, welche Teile davon Verordnungsrecht geblieben und welche durch Änderungsgesetze vom Gesetzgeber erlassen worden sind.
Der Rechtscharakter der einzelnen Normteile wäre nur noch mit Rückgriff auf die Gesetzgebungsmaterialien oder auf die verkündeten Fassungen von Änderungsnormen erkennbar. Auf die Auskünfte in der Überschrift und den einleitenden Worten, die auf eine genau bezeichnete Ermächtigungsgrundlage Bezug nehmen (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) wäre kein Verlass mehr; der wirkliche Status der einzelnen Bestimmungen könnte nur mit erheblichem Aufwand ermittelt werden.
Ein solcher Rechtszustand wäre mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Dass zur Normenklarheit auch Normenwahrheit gehört (vgl. BVerfGE 108, 1 <20>), wirkt sich hier denkbar einfach aus: Überschrift und Einleitung eines Regelungswerkes müssen auch nach zahlreichen Änderungen noch halten, was sie versprechen.
bb) Durch die Unklarheit über den Rang der im Verordnungstext enthaltenen Normen würde insbesondere auch das Postulat der Rechtsmittelklarheit verletzt, das als Bestandteil des Grundsatzes der Rechtssicherheit an der Verfassungsgarantie des Rechtsstaatsprinzips teilnimmt (vgl. BVerfGE 49, 148 <164>). Eine Norm darf die von ihr Betroffenen nicht im Unklaren darüber lassen, welchen Rang sie hat und wie gegen sie effektiver Rechtsschutz zu suchen ist - sei es auf einem direkt auf die Kontrolle der Norm gerichteten Rechtsweg oder durch eine indirekte Anfechtung im Zusammenhang mit einem Rechtsmittel gegen einen Vollzugsakt. Die grundlegende Verschiedenheit der Kontroll- und Verwerfungskompetenzen von förmlichen Gesetzen und Verordnungen im behördlichen und gerichtlichen Verfahren (vgl. BayVGH, NJW 2001, S. 2905 <2906 f.> einerseits und die aufhebende Revisionsentscheidung BVerwGE 117, 313 <317 ff.> andererseits) verbietet es, bei der parlamentarischen und exekutiven Rechtssetzung beide Rechtsformen so zu vermischen, dass eine klare Zuordnung nicht mehr möglich ist (vgl. Lücke, in: Sachs, GG, Art. 80 Rn. 7; Kirchhof, EStG-KK, § 51 Rn. 14 f., 54; Ossenbühl, JZ 2003, S. 1066 <1067>; Seiler, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 51 Rn. B 131, B 133, B 135; ders., ZG 2001, S. 50 <57 f.>; Studenroth, DÖV 1995, S. 525 <529>; vgl. auch Konzak, DVBl 1994, S. 1107 <1111>). Das Parlament kann nach der bisherigen Praxis beliebig mit förmlichem Gesetz ändernd in einen Verordnungstext eingreifen und dabei nicht nur Regelungen ändern, die mit dem Anliegen des Änderungsgesetzes im Zusammenhang stehen, sondern die Gelegenheit auch zu Änderungen wahrnehmen, die es aus anderen Gründen für zweckmäßig hält. Eine derartige Abgrenzung mit der Folge, dass gegen Regelungen in ein und derselben Norm der Rechtsschutz gegen bestimmte Regelungen einfach und schnell eröffnet ist, gegen andere hingegen von der Aussetzung und Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG abhängt, erweist sich als im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG nicht sachgerecht (vgl. BVerfGE 70, 35 <56 f.>).
Die praktischen Probleme werden in der Äußerung der Bundesregierung im vorliegenden Verfahren offenkundig, die den Rechtsschutz als "etwas zweifelhaft" ansieht und sowohl die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle als auch die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Möglichkeiten anbietet.
cc) Die aufgezeigten Schwierigkeiten vermeidet nur eine Lösung, die einerseits der geänderten Verordnung einen einheitlichen Rang zuweist und andererseits sicherstellt, dass der Gesetzgeber von dieser Praxis nur in den generellen Grenzen einer Verordnungsermächtigung Gebrauch macht. Ändert das Parlament wegen des sachlichen Zusammenhangs eines Reformvorhabens bestehende Verordnungen oder fügt in diese neue Regelungen ein, so ist das dadurch entstandene Normgebilde aus Gründen der Normenklarheit insgesamt als Verordnung zu qualifizieren.
c) Im Hinblick auf den Grundsatz der Formenstrenge der Rechtssetzung und auf das Prinzip der Rechtssicherheit ist eine Änderung der Verordnung durch den Gesetzgeber nur unter folgenden Voraussetzungen möglich:
aa) Dem parlamentarischen Gesetzgeber steht bei der Rechtsetzung eine freie Formenwahl nicht zu. Die Einordnung der Normen als förmliche Gesetze oder als Verordnungen allein nach ihrem Rang sichert eine klare Zuordnung von Kompetenzen und Verantwortung und bezieht ihre Notwendigkeit daher sowohl aus dem Rechtsstaats- als auch aus dem Demokratieprinzip. Die Durchbrechung dieses Grundsatzes durch die Bestimmung einer vom Parlament erlassenen Norm zur Verordnung kann nur hingenommen werden, wenn es sich um eine Anpassung im Rahmen einer Änderung eines Sachbereichs durch den Gesetzgeber handelt (vgl. Hans Schneider, Gesetzgebung, Rn. 664 a.E.). Die Änderung einer Verordnung durch den parlamentarischen Gesetzgeber unabhängig von sonstigen gesetzgeberischen Maßnahmen ist unzulässig.
bb) Auch wenn der parlamentarische Gesetzgeber Verordnungsrecht ändert, ist er an das Verfahren nach Art. 76 ff. GG gebunden. Der Umstand, dass die Verordnung in ihrer durch Gesetz geänderten Fassung insgesamt als Verordnungsrecht zu qualifizieren ist, ändert nichts daran, dass für das Zustandekommen des ändernden Gesetzes die grundgesetzlichen Regeln über die Gesetzgebung anzuwenden sind. Eine Verordnungsänderung in einem anderen Verfahren, etwa durch schlichten Parlamentsbeschluss, kommt nicht in Betracht. Das folgt schon aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen der Gesetzes- und der Verordnungsänderung, der Voraussetzung für die Zulässigkeit der parlamentarischen Verordnungsänderung ist. Befasst sich der parlamentarische Gesetzgeber mit einem Änderungsvorhaben, das sowohl Gesetzes- als auch Verordnungsänderungen umfasst, dann müssen Beratung, Beschlussfassung und Beteiligungsrechte der verschiedenen Organe einheitlich beurteilt werden können. Eine Aufteilung in verschiedene Verfahrensarten spräche gerade gegen die Notwendigkeit einer gleichzeitigen Änderung des Gesetzes- und des Verordnungsrechts.
cc) Der parlamentarische Gesetzgeber ist bei der Änderung einer Verordnung an die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) gebunden (vgl. auch Hans Schneider, a.a.O., Rn. 664). Das ist zwingende Folge des Ziels, rechtsstaatswidrige Mischgebilde aus förmlichem Gesetzes- und Verordnungsrecht zu vermeiden. Die einheitliche Einordnung des Normengefüges als Verordnung auch nach ändernden Eingriffen des parlamentarischen Gesetzgebers dient der Rechtsmittelklarheit und der Effizienz des Rechtsschutzes gegen jede einzelne Norm. Gleichviel, ob die Verordnung als Ganzes oder einzelne ihrer Teile angegriffen werden und ob ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht im Verfahren der Normenkontrolle oder als Vorfrage der Prüfung einer Normanwendung zu beurteilen ist, dürfen weder die Wahl des zutreffenden Rechtsweges noch die Prüfungskompetenz des angerufenen Gerichts oder der anzuwendende Prüfungsmaßstab davon abhängen, ob Änderungen im parlamentarischen Verfahren vorgenommen wurden. Die Verordnung und alle ihre Teile stehen zur Überprüfung durch jedes damit befasste Gericht, gegebenenfalls auch im Verfahren nach § 47 VwGO. Die Prüfung ist umfassend und erstreckt sich nicht nur auf die Einhaltung der Ermächtigungsgrundlage; sie kann zur Beanstandung der Verordnung durch das befasste Gericht selbst führen. Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht anwendbar; eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist unzulässig.
dd) Wird im Gesetzgebungsverfahren eine Verordnung geändert, so ist die Zustimmungsbedürftigkeit des betreffenden Gesetzes auch insoweit am Maßstab der für förmliche Gesetze geltenden Normen zu beurteilen, nicht nach Art. 80 Abs. 2 GG. Es gilt auch hier (vgl. bereits oben unter I. 3. c), dass Art. 80 Abs. 2 GG angesichts seines den Schutzzweck der Norm überschießenden Zustimmungserfordernisses nicht über seinen Wortlaut hinaus ausgedehnt werden kann.
Die von Art. 80 Abs. 2 GG bezweckte Fortsetzung des Schutzes der grundsätzlichen Verwaltungszuständigkeit der Länder kann im Verfahren der förmlichen Gesetzgebung unabhängig von Art. 80 Abs. 2 GG anhand der Einzelheiten des jeweiligen Regelungsvorhabens am Maßstab des Art. 84 Abs. 1 GG geprüft werden. Nur wenn die im Gesetzgebungsverfahren bewirkte Verordnungsänderung einen der zustimmungsauslösenden Tatbestände des Art. 84 Abs. 1 GG erfüllt, ist die Mitwirkungsbefugnis des Bundesrates gerechtfertigt.
ee) Die im Verfahren förmlicher Gesetzgebung in eine Verordnung eingefügten Teile stehen der abermaligen Änderung durch die Exekutive offen, die dabei allein an die Ermächtigungsgrundlage gebunden ist. Dies folgt daraus, dass es sich bei diesem Recht im Ergebnis um Recht im Range einer Verordnung handelt. Die Ermächtigung der Exekutive, den betreffenden Gegenstand selbst zu regeln, wird durch den Gesetzgeber nicht aufgehoben oder ausgesetzt. Es bedarf deshalb weder einer Herabstufung der durch die Änderung eingefügten Verordnungsteile (so Hans Schneider, a.a.O., Rn. 663 f.; Conradi, NVwZ 1994, S. 977; Külpmann, NJW 2002, S. 3436 <3438 f.>; Sendler, NJW 2001, S. 2859 <2860>; DVBl 2005, S. 423) noch einer besonderen, weiteren Ermächtigung der Exekutive, diese Teile erneut zu ändern (so BayVGH, NJW 2001, S. 2905 <2906>; BMJ, Handbuch der Rechtsförmlichkeit, 2. Aufl., 1999, Rn. 705; Uhle, DVBl 2004, S. 1272 <1275>). Die so genannte Entsteinerungsklausel hat insoweit nur klarstellende Bedeutung.
3. Nach diesen Maßstäben ist Art. 4 BSSichG verfassungsgemäß.
a) Art. 4 BSSichG bedurfte nach Art. 84 Abs. 1 GG nicht der Zustimmung des Bundesrates.
Art. 4 Nr. 1 BSSichG betrifft nicht das Verwaltungsverfahren, sondern die Vorgabe eines bestimmten Ziels des Verwaltungshandelns, nämlich eine Bedingung, unter der trotz des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität eine Gesamtbetragsüberschreitung erlaubt sein soll. Dem Art. 4 Nr. 2 BSSichG ist eine Regelungsqualität nicht zu entnehmen.
Art. 4 Nr. 3 BSSichG betrifft das Verwaltungsverfahren. Die Vorschrift verweist die Fragen der Gesamtbetragsüberschreitung wegen der Finanzierung von Disease-Management-Programmen, wegen Tariferhöhungen und wegen Verbesserungen der Arbeitszeitbedingungen in die Pflegesatzverhandlungen. Dies ist allerdings keine konstitutive Regelung, sondern eine bloß klarstellende Wiederholung dessen, was ohnehin schon galt (so auch die Entwurfsverfasser: BTDrucks 15/28, S. 18), und löst daher kein Zustimmungserfordernis aus (s.o. C I. 3. a) cc)). Nach den § 18 KHG, §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1, 13 Abs. 1, 17 BPflV unterliegen alle Bestandteile der Vergütung der Krankenhausleistungen den Pflegesatzvereinbarungen, die bei Scheitern der Verhandlungen durch eine Entscheidung der Schiedsstelle (§ 18 a KHG, § 19 BPflV) ersetzt werden, soweit dies nicht durch § 19 Abs. 3 BPflV ausgeschlossen ist. Diese Regelung des Verfahrens der Krankenkassen wird durch den neuen § 6 Abs. 1 Satz 6 BPflV weder ergänzend noch einschränkend berührt.
b) Die Bundespflegesatzverordnung ist im Zusammenhang mit anderen gesetzgeberischen Maßnahmen geändert worden.
Das Beitragssatzsicherungsgesetz beinhaltet nicht nur die Änderung der Bundespflegesatzverordnung, sondern enthält weitere Gesetze, die der Stabilisierung der Beitragssätze in den gesetzlichen Sozialversicherungssystemen dienen. Die Bundespflegesatzverordnung wird im Zusammenhang mit weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen geändert, die zu Einnahmesteigerungen und Ausgabenbegrenzungen oder Ausgabenkürzungen im Gesundheitswesen führen sollen.
c) Die Änderungen der Bundespflegesatzverordnung in Art. 4 BSSichG halten sich auch in den Grenzen der Ermächtigungsgrundlage (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG).
Die Verordnungsermächtigung zur Regelung der Pflegesätze (§ 16 Satz 1 Nr. 1 KHG) umfasst auch Maßnahmen zur Sicherung der Beitragssatzstabilität. § 17 Abs. 1 Satz 3 KHG wiederholt diese Verpflichtung gegenüber dem Verordnungsgeber ausdrücklich. Regelungen über die Höhe des Gesamtbetrages der Vergütungen für Krankenhausleistungen, über die Begrenzung dieses Gesamtbetrages und über die Durchbrechung der Begrenzung im Interesse der Erhaltung und Fortentwicklung des Versorgungsstandards erlässt der Verordnungsgeber im Rahmen des durch den Grundsatz der Beitragssatzstabilität näher beschriebenen Rechtssetzungsauftrages.
Dass sich das dazu in § 3 und § 6 BPflV entwickelte Instrumentarium einer Gesamtbetragsbegrenzung und ausnahmsweise zugelassener Überschreitungen des Gesamtbetrages innerhalb des Rahmens der Ermächtigung und der mit ihr verbundenen Inhalts-, Zweck- und Ausmaßbestimmung hält, ist für frühere Fassungen des § 6 BPflV nicht bezweifelt worden. Auch das Hinzufügen der weiteren Ausnahme durch Art. 4 BSSichG (§ 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 6 BPflV) begegnet keinen Bedenken.
III.
Das Gesetz ist auch im Übrigen materiell verfassungsgemäß.
1. Durch die Bestimmungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes werden Grundrechte nicht verletzt. Die Rabattvorschriften, Preissenkungen und Nullrunden (Art. 1 Nrn. 7 und 8, Art. 5, Art. 6, Art. 11 BSSichG) sind mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Die Antragstellerinnen selbst gehen von der Verfassungsmäßigkeit der einzelnen Regelungen aus; ihre Annahme, diese führten insgesamt zu einer "additiven" Grundrechtsbeeinträchtigung, kann nicht bestätigt werden.
a) Durch die genannten Regelungen werden die Preise für die künftigen (vgl. daher zu Art. 14 GG: BVerfGE 68, 193 <222 f.>) Leistungen und Lieferungen der betroffenen Unternehmen weiteren Reglementierungen unterworfen. Für keine der bezeichneten Unternehmergruppen war die Preisbildung vor Inkrafttreten des Beitragssatzsicherungsgesetzes frei. Für den Arzneimittelhandel ist das bereits ausgeführt worden (vgl. A. III. 1. a). Für die Vergütungen der Ärzte und der Zahntechniker ist auf § 85 Abs. 2 und 4 sowie auf § 88 Abs. 2 SGB V zu verweisen. Dem System aus gesetzlicher Reglementierung und Vereinbarungen der Unternehmerverbände und Krankenkassen über die Verteilung des reglementierten Gesamtbetrages hat das Beitragssatzsicherungsgesetz Regelungen hinzugefügt, nach denen die sich aus den geltenden Vorschriften ergebenden Gesamtbeträge oder Preise teilweise nicht erhöht, sondern teilweise gesenkt werden.
Art. 1 Nr. 7 BSSichG, § 130 SGB V ordnet die unbefristete Geltung eines Preisabschlages von mindestens 6 v.H. auf Apothekenabgabepreise an, den die Apotheken den Krankenkassen gewähren müssen. Pharmazeutische Hersteller haben einen Abschlag von 6 v.H. auf den Herstellerabgabepreis für nicht festbetragsgeregelte Arzneimittel und für nicht der aut-idem-Regelung unterliegende Arzneimittel (Art. 1 Nr. 8 BSSichG, § 130 a SGB V), Großhändler einen Abschlag von 3 v.H. auf den Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel (Art. 11 BSSichG) an die Krankenkassen zu leisten. Den Hersteller- und Großhandelsabschlag erhalten die Krankenkassen von den Apotheken, die gegenüber Herstellern und Großhändlern eine entsprechende Rückerstattung geltend machen.
Art. 5 BSSichG begrenzt die Ausgaben der Krankenkassen für vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Leistungen sowie stationäre Krankenhausleistungen für das Jahr 2003, indem die Veränderungsrate bei den Vergütungsvereinbarungen auf Null gesetzt wird. Mit Art. 6 BSSichG werden die zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen mit den Innungsverbänden der Zahntechniker vereinbarten Vergütungen (Höchstpreise) für die nach dem bundeseinheitlichen Verzeichnis abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen mit Wirkung vom um 5 v.H. abgesenkt.
Vor allem Inhaber zahntechnischer Labore, Apotheker, Arzneimittelgroßhändler und pharmazeutische Unternehmen wenden sich gegen die gesetzlichen Regelungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes. Sie machen im Wesentlichen einschneidende wirtschaftliche Folgen dieses Gesetzes geltend und sehen Art. 12 GG und Art. 14 GG als verletzt an.
Die Antragstellerinnen beschränken sich darauf, die materielle Verfassungsgemäßheit der Regelungen für Apotheker, pharmazeutische Großhändler und pharmazeutische Unternehmen zu erörtern. Sie lassen die Regelungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes außer Betracht, die zwar verfassungsrechtliche Fragen aufwürfen, bei denen aber die spezifische Regelung im Beitragssatzsicherungsgesetz keine Erfolg versprechende Veranlassung biete, die bisherige verfassungsrechtliche Akzeptanz dieser Regelungen nunmehr in Zweifel zu ziehen. Die Nullrunden für ärztliche Leistungen und die Absenkung der Höchstpreise für abrechnungsfähige zahntechnische Leistungen werden von den Antragstellerinnen nicht angegriffen.
b) Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Erwerbszwecken dienende Tätigkeit und ist insoweit nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf inländische juristische Personen oder andere privatrechtliche Vereinigungen anwendbar (vgl. BVerfGE 105, 252 <265>; 106, 275 <298>). Jede Preisreglementierung berührt die berufliche Betätigung, enthält also eine Berufsausübungsregelung (vgl. BVerfGE 68, 193 <216>; 106, 275 <298>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des u. a. -, NJW 2000, S. 1781).
Auch die Inanspruchnahme Privater zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe ist ein Eingriff in die freie wirtschaftliche Betätigung im Sinne einer Berufsausübungsregel (vgl. BVerfGE 68, 155 <170 f.>; 95, 173 <187>). An diesem Maßstab ist daher die Verpflichtung der pharmazeutischen Großhändler und der Apotheker zu messen, den Preisabschlag zu berechnen, den die Hersteller zu gewähren haben und der den Krankenkassen zu Gute kommen soll (Art. 1 Nr. 8 BSSichG, § 130 a Abs. 1 und 5 SGB V).
c) Berufsausübungsregelungen müssen durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Dazu gehört die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BVerfGE 68, 193 <218>). Diesen Zweck verfolgt das Beitragssatzsicherungsgesetz, das unter anderem mit den Preissenkungen zur Kostenbegrenzung der Krankenkassen beitragen will.
Die Eingriffe sind geeignet und erforderlich. Die Senkung der Arzneimittelpreise und der Vergütungen ärztlicher und zahntechnischer Leistungen können zur Ausgabenbegrenzung der Krankenkassen beitragen. Mildere Maßnahmen sind weder von den Antragstellerinnen aufgezeigt worden noch ersichtlich. Mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz sind neben den hier erörterten auch noch weitere Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung (Kürzung des Sterbegeldes, Begrenzung der Krankenhauskosten) ebenso ergriffen worden wie Maßnahmen zur Einnahmeverbesserung (Anhebung der Versicherungspflichtgrenze). Nachdem der Gesetzgeber wiederum (vgl. bereits BVerfGE 68, 193 <219>) überproportionale Ausgabensteigerungen in der Arzneimittelversorgung (BTDrucks 15/28, S. 12) und damit die Unzulänglichkeit früherer Kostendämpfungsmaßnahmen in diesem Bereich zur Kenntnis nehmen musste, durfte er eine weitere Begrenzung der Arzneimittelausgaben für notwendig halten. Es entsprach seinem weiten wirtschafts- und sozialpolitischen Gestaltungsspielraum, dass er Beitragssatzsteigerungen, mit denen Einnahmeverbesserungen hätten erreicht werden können, unbedingt vermeiden wollte, um einen damit verbundenen Anstieg der Lohnnebenkosten zu verhindern.
Auch die Beteiligung der Apotheker und Großhändler an der Abrechnung des Herstellerrabatts (§ 130 a Abs. 1 und Abs. 5 SGB V) ist erforderlich. Ein bloßer Eingriff in die Preisgestaltung hätte nicht die gleiche Wirkung haben können, sondern hätte die Hersteller empfindlicher getroffen. Ein bloßer Abschlag auf den vom Großhändler an den Hersteller gezahlten Preis mit der gleichzeitigen Verpflichtung, einen gleich hohen Rabatt auf die dem Apotheker und der Krankenkasse abverlangten Preise zu gewähren, hätte in der Handelsstufe zwischen Hersteller und Großhändler nicht unterscheiden können zwischen Medikamenten, die auf Kosten der Krankenkassen und solchen, die ohne Kostenübernahme der Krankenkassen, etwa an privat Krankenversicherte, verkauft werden (vgl. zur Unzumutbarkeit einer solchen generalisierenden Regelung: Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des u. a. -, NJW 2000, S. 1781 f.).
Die Preisregulierungen und ihre Ausgestaltung sind den Betroffenen schließlich auch zuzumuten. Die von den Betroffenen vorgetragenen Prognosen, das Zahntechnikerhandwerk werde nicht mehr gewinnbringend ausgeübt werden können, der Berufsstand werde zerschlagen (vgl. BVerfGE 106, 351 <354>), mehrere tausend Apotheken müssten wegen Unwirtschaftlichkeit geschlossen werden, so dass die Versorgungsstruktur zerschlagen werde (vgl. BVerfGE 106, 359 <362>), und das System der Arzneimitteldistribution werde irreversible Nachteile erleiden (vgl. BVerfGE 106, 369 <372>), haben sich nach inzwischen mehr als zweijähriger Geltung des Beitragssatzsicherungsgesetzes, soweit ersichtlich, nicht bewahrheitet.
Die Abwicklungsregelungen sind auch nicht unzumutbar. Sie nutzen ein bestehendes System (§ 300 SGB V), so dass bei der Datenerfassung, -verarbeitung und -übermittlung nur Veränderungen oder geringfügige Erweiterungen erforderlich waren, nicht hingegen der belastendere Neuaufbau eines solchen Systems. Die Pflicht zur Beteiligung der Großhändler und Apotheker, die von den Abschlägen auf den Herstellerabgabepreis nicht profitieren sollen, ihn aber abzuwickeln haben, kann mit der Sach- und Verantwortungsnähe (vgl. BVerfGE 95, 173 <187>) auch der Großhändler und Apotheker zur unverzichtbaren Aufgabe der Arzneimittelversorgung ebenso gerechtfertigt werden wie mit dem Nutzen, den auch sie aus der Einbindung in das System der gesetzlichen Krankenversicherung erfahren (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des u. a. -, NJW 2000, S. 1781 <1782>).
Die Antragstellerinnen selbst wenden sich nicht grundsätzlich gegen die gesetzlichen Regelungen für Apotheker, pharmazeutische Großhändler und pharmazeutische Unternehmen. Die Erstattungs- und Abschlagspflichten der pharmazeutischen Unternehmen (sog. Herstellerrabatte), die Abschlagspflicht der pharmazeutischen Großhändler (sog. Großhändlerrabatte) und die Abschlagspflicht der Apotheken (sog. Apothekenrabatte) seien zwar keine materiell verfassungswidrigen Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung. Die Unvereinbarkeit der jeweiligen Maßnahme mit Art. 12 GG ergebe sich aber aus der formellen Verfassungswidrigkeit. Lediglich im Hinblick auf die Apotheken wird geltend gemacht, dass durch die "additive" Gesamtbelastung der Apotheken durch alle derzeit wirkenden Grundrechtseingriffe das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschritten sei. Insoweit wird geltend gemacht, der Gesetzgeber sei bei der notwendigen Abwägung zwischen dem Gemeinwohlbelang der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung und der Eingriffsintensität des Beitragssatzsicherungsgesetzes in die Grundrechte der Apotheken offenbar von falschen Voraussetzungen hinsichtlich der tatsächlichen Belastung der Apotheken ausgegangen; daher liege ein erhebliches Abwägungsdefizit vor. Auch in materieller Hinsicht erreiche die (einseitige) Gesamtbelastung der Apotheken mit den neuen Pflichten des Beitragssatzsicherungsgesetzes ein Ausmaß, das auch durch den Gemeinwohlbelang der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung nicht hinreichend gerechtfertigt werden könne. Eine einseitige Belastung der Apotheker sehen die Antragstellerinnen vor allem darin, dass die den Herstellern und Großhändlern gesetzlich auferlegten Rabatte zu einem Großteil bei den Apotheken "abgelastet" würden; denn der Erstattungsanspruch der Apotheken sei insoweit nicht oder nur unzureichend durchsetzbar.
Diese recht allgemein gehaltenen Ausführungen der Antragstellerinnen begründen nicht die Verfassungswidrigkeit eines "additiven" Grundrechtseingriffs. Dies gilt schon im Hinblick darauf, dass die Antragstellerinnen nicht hinreichend deutlich machen, inwieweit die gesetzlichen Regelungen der sog. Herstellerrabatte und der sog. Großhändlerrabatte die Apotheken unmittelbar in ihrem Grundrecht aus Art. 12 GG betreffen. Soweit in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen wird, dass bisher freiwillig gewährte Rabatte von Herstellern oder Großhändlern mit dem neuen Erstattungsanspruch nach dem Beitragssatzsicherungsgesetz verrechnet würden, dürfte es sich lediglich um mittelbare Auswirkungen auf die Rechtsposition der Apotheker handeln.
Darüber hinaus sind die Ausführungen der Antragstellerinnen zum "additiven" Grundrechtseingriff bei den Apothekern überwiegend nicht näher belegte Vermutungen. In ihrer Stellungnahme setzt sich die Bundesregierung ausführlich hiermit auseinander und legt dar, dass die von den Antragstellerinnen aufgestellten Behauptungen nicht zuträfen. Die finanziellen Auswirkungen des Beitragssatzsicherungsgesetzes könnten allenfalls geschätzt werden; Angaben zu den Auswirkungen des finanziellen Beitrags der Handelsstufen auf das Einkommen der Apothekerinnen und Apotheker lägen nicht vor.
Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist in einem Sozialstaat ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Hierzu gehört auch die Beitragsstabilität, die unabdingbare Voraussetzung für ein Fortbestehen des gegenwärtigen Systems ist (Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG-Kommentar, 4. Aufl., 1999, Art. 12 Rn. 180 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat vor allem im Gesundheitswesen bei der Festlegung und Ausgestaltung sozialpolitischer Ziele einen weiten Gestaltungsspielraum. Soweit er die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch die gesetzliche Krankenversicherung zu gewährleisten sucht, muss er hierbei unterschiedliche Gemeinwohlbelange und - zum Teil gegenläufige - Grundrechtspositionen vieler Personengruppen miteinander zum Ausgleich bringen (vgl. BVerfGE 103, 172 <185 f.>). Wenn eine Verletzung von Art. 12 GG allein durch wirtschaftliche Belastungen einzelner Berufsgruppen im Zusammenhang mit Maßnahmen der Kostendämpfung zur Sicherung der Beitragsstabilität geltend gemacht wird, lässt sich auch eine Überschreitung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums erst dann feststellen, wenn die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit hinreichend substantiiert ist und belegt werden kann. Solange die Prognosen des Gesetzgebers lediglich durch Vermutungen und Behauptungen der wirtschaftlich Betroffenen in Frage gestellt werden, kann das Bundesverfassungsgericht nicht eingreifen.
2. Die Erhöhungen der Beitragsbemessungs- und Jahresarbeitsentgeltgrenzen (Art. 1 Nr. 1, Art. 2 Nr. 4 BSSichG) haben bislang nicht-versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit der Folge der Beitragspflicht in die gesetzliche Kranken- oder Rentenversicherung einbezogen und deren Arbeitgeber mit der Zahlung des Arbeitgeberanteils an den Beiträgen belastet.
Diese Festlegung auf eine bestimmte Form der Kranken- oder Altersvorsorge ist an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen; sie ist mit diesem Grundrecht vereinbar. Die Einbeziehung bislang Nicht-Versicherungspflichtiger in die sozialen Sicherungssysteme hat in vergleichbaren Konstellationen der Prüfung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG standgehalten (vgl. BVerfGE 29, 221 <235 f.>; 29, 245 <254>; 29, 260 <267 f.>; 103, 197 <221 ff.>; 103, 271 <286 ff.>; vgl. auch BVerfGE 102, 68 <89 f.>). Durchgreifende Bedenken gegen die jetzt normierte Abgrenzung zwischen der Pflichtmitgliedschaft in den sozialen Sicherungssystemen und der Möglichkeit zu selbst gewählter Vorsorge nach Maßgabe der sozialen Schutzbedürftigkeit und des Ziels, die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme zu erhalten, sind in Bezug auf die Erforderlichkeit der Regelungen nach den durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Maßstäben nicht ersichtlich.
3. § 130 a Abs. 1 und Abs. 2 SGB V (Art. 1 Nr. 8 BSSichG) ist mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie rügt insoweit eine Grundrechtsverletzung, weil der geregelte Abschlag im Ergebnis einer Sonderabgabe gleichkomme, ohne dass die für solche außersteuerlichen Geldleistungspflichten erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen sämtlich erfüllt wären (vgl. Kube/Palm/Seiler, NJW 2003, S. 927 ff.). Entscheidend für die Prüfung an den finanzverfassungsrechtlichen Maßstäben seien die abgabenähnliche Wirkung der Quersubventionierung und deren staatlich veranlasste Finanzierungswirkung. Der zentrale Grundtatbestand der staatlichen Einnahme erfordere sowohl eine private Belastungswirkung als auch eine hoheitlich zurechenbare, öffentliche Aufkommenswirkung. Diese Voraussetzungen seien bei Quersubventionierungen gegeben, die zielgerichtet und zwangsweise durchsetzbar auf private Mittel zugreifen, um sie privaten Dritten zuzuwenden. Die Mittelabschöpfung und -vergabe zur Verfolgung von Gemeinwohlzwecken umgehe allein technisch den finanzverfassungsrechtlich angelegten Weg über die haushaltsrechtliche Verbuchung; die Haushaltsflüchtigkeit erreiche mit ihnen eine neue Dimension (Kube/Palm/Seiler, NJW 2003, S. 929 f.).
Die Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht für die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben entwickelt hat, sind nicht auf staatliche Preisreglementierungen wie Mindestvergütungen oder Zwangsrabatte anwendbar. Sinn und Zweck der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Sonderabgaben ist es, eine Umgehung der Finanzverfassung in den Fällen zu verhindern, in denen der Gesetzgeber unter Rückgriff auf seine Kompetenzen aus Art. 70 ff. GG den Bürger jenseits der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln mit nichtsteuerlichen Abgaben belegt (vgl. BVerfGE 110, 370 <387 f.> m.w.N.). Die Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen und der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 1 GG) sollen gewährleistet bleiben. Preisinterventionen des Staates wirken sich demgegenüber nur im Bereich privatautonom vereinbarter Leistungsbeziehungen aus; der Schutzzweck der Rechtsprechung zu den Sonderabgaben greift hier nicht ein. In den Fällen, in denen der Gesetzgeber auf eine Abgabepflicht und entsprechende Finanzierungsinstrumente verzichtet, ist nicht die Finanzverfassung der entscheidende Prüfungsmaßstab. Es genügt vielmehr, wenn die entsprechenden Preisinterventionen den übrigen formellen und materiellen Voraussetzungen des Grundgesetzes entsprechen. Der Bürger ist insoweit hinreichend durch die Grundrechte aus Art. 14, aus Art. 12 und gegebenenfalls aus Art. 2 GG geschützt.
Abweichende Meinung
der Richterin Osterloh und des Richters Gerhardt
zum Beschluss des Zweiten Senats vom
- 2 BvF 2/03 -
Der Entscheidung stimmen wir im Ergebnis zu, halten jedoch die Auffassung für verfehlt, dass Gesetze als "im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren geschaffenes Verordnungsrecht" zu beurteilen sind, soweit sie Rechtsverordnungen ändern
(C. II. der Gründe).
1. Staats- und Gerichtspraxis haben sich bei der Beurteilung von Rechtsverordnungen, die durch das Parlament im Gesetzgebungsverfahren beschlossen oder geändert werden, bislang - von vereinzelten problematischen, aber auf Besonderheiten der Regelungsmaterie zurückführbaren Ausnahmen abgesehen (vgl. BVerfGE 70, 35 mit abweichender Meinung Steinberger; BVerwGE 117, 313) - von dem Grundsatz leiten lassen, dass die vom Gesetzgeber erlassenen Normen Gesetze sind und es ihm verwehrt ist, Verordnungen zu erlassen (BVerfGE 22, 330 <346>). Der Rang der einzelnen Regelungen und ihre Qualifikation als Gesetz im Sinne von Art. 100 Abs. 1 GG bestimmen sich ausschließlich und in strikt formeller Betrachtungsweise nach ihrem Urheber. Gleiches gilt für die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen ihres Zustandekommens. Demnach liegt ein Gesetz auch dann vor, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsverordnung ändert. In diesem Fall sind die Regeln über das Gesetzgebungsverfahren einzuhalten; die Voraussetzungen für den Erlass von Rechtsverordnungen spielen keine Rolle. Der Gesetzgeber handelt kraft seiner originären Rechtsetzungsmacht.
Ermächtigt der Gesetzgeber den Verordnungsgeber, die durch das Gesetz geänderten Teile der Rechtsverordnung - inhaltlich oder auch lediglich im Rang - zu ändern ("Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang" <hier: Art. 12 BSSichG>; sog. Entsteinerungsklausel), wird dadurch die Geltung des Gesetzes auf den Zeitraum bis zu einer Regelung durch Rechtsverordnung beschränkt (zur entsprechenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers vgl. BVerfGE 8, 155 <170>). Abweichende rechtliche Konstruktionen sind nicht veranlasst und finden keinen Rückhalt in der Verfassung, einem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers oder anerkannten Auslegungsmethoden. Weder wird das Gesetz eine "logische Sekunde" nach seinem In-Kraft-Treten zur Rechtsverordnung noch erlaubt das Grundgesetz dem Gesetzgeber, seinem Normsetzungsakt einen anderen Rang als den des Gesetzes zuzuweisen; insoweit begrenzt namentlich Art. 100 Abs. 1 GG die legislative Gestaltungsmacht.
Allerdings bewirkt die in Rede stehende Gesetzgebungstechnik, dass sich unter der Bezeichnung "Rechtsverordnung" auch, unter Umständen sogar überwiegend Regelungen mit Gesetzesrang finden. Dies mag das rechtsästhetische Empfinden verletzen, für die Rechtsanwendung ist es unschädlich. Soweit es auf den Rang einzelner Bestimmungen ankommt, kann er in aller Regel ohne Weiteres den Verkündungsblättern entnommen werden. Etwaige Zweifel sind durch Auslegung zu klären. Werden durch das Gesetz lediglich Satzteile oder Einzelbegriffe einer Verordnungsbestimmung inhaltlich überformt, ist in der Regel davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Sachzusammenhang der betroffenen Vorschrift im Auge hatte und regeln wollte, so dass die zur Sachregelung gehörigen, abgrenzbaren Bestandteile des Verordnungstextes Gesetzesqualität haben. Der Rechtsanwender steht hier vor keiner anderen Aufgabe als etwa bei der Qualifikation einer Norm als vor- oder nachkonstitutionell, als Bundes- oder Landesrecht, als für einen Zeitabschnitt gültig oder nicht. Aus der mehr als 50 Jahre andauernden Praxis ist kein Fall belegt, in dem diese Aufgabe nicht bewältigt worden wäre. Sollte das Nebeneinander von Gesetzes- und Verordnungsrecht in einem Text jemals unbehebbare und entscheidungserhebliche Zweifel am Gehalt oder Rang einer Bestimmung auslösen, ist das Gesetz, auf das diese Unklarheit zurückzuführen ist, unbestimmt und verfassungswidrig.
2. Die Gesichtspunkte, derentwegen die Senatsmehrheit von diesem Konzept abweicht, überzeugen nicht.
a) Aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Normenklarheit folgen nach bisheriger Rechtsprechung Anforderungen an den Inhalt einer Norm, der hinreichend bestimmt und widerspruchsfrei sein muss (vgl. etwa BVerfGE 14, 13 <16>; 17, 306 <314>; 21, 73 <79>; 38, 61 <82>; 52, 1 <41>; 52, 283 <302>; 59, 104 <114>; 62, 169 <183>; 108, 52 <74 f.>; 108, 169 <181 f.>). Die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift nimmt ihr nicht die hinreichende Bestimmtheit (BVerfGE 45, 400 <420>; 63, 312 <323 f.>; 83, 130 <145>; 86, 288 <311>; 93, 213 <238>; 102, 254 <337>; 108, 1 <20 f.>; 110, 33 <56 f.>).
Der Senat erstreckt den Grundsatz der Normenklarheit auf die Kennzeichnung und den Rang einer Norm. In Konkretisierung dieses Grundsatzes nimmt er an, der Rechtscharakter der einzelnen Normteile müsse ohne erheblichen Aufwand ermittelbar sein und dies sei bei durch Gesetz geänderten Rechtsverordnungen wegen der irreführenden Bezeichnung des Normbestandes als Rechtsverordnung und des notwendigen Rückgriffs auf die Verkündungsblätter zur Ermittlung des Rangs der einzelnen Bestimmungen generell nicht der Fall. Damit erfährt der Grundsatz der Normenklarheit eine nicht mehr an seinem Zweck und an greifbaren Rechtstatsachen orientierte Verabsolutierung, die für die Rechtsentwicklung kaum absehbare Folgen haben kann.
Die Normunterworfenen sind in gleicher Weise an Gesetzes- wie an Verordnungsrecht gebunden (vgl. BVerfGE 18, 52 <59>; 19, 17 <29>). Für sie sind - anders als der Norminhalt und eine voraussehbare Normanwendung (vgl. BVerfGE 108, 52 <75>; 110, 33 <61 ff.>) - Bezeichnung und Rang einer Rechtsvorschrift in aller Regel ohne Bedeutung. Die Normenhierarchie spielt erst bei Zweifeln an der Gültigkeit der Norm eine Rolle. Dass in diesem Stadium ein gewisser Aufwand - einschließ-lich professioneller Unterstützung - zu betreiben ist, um die Rechtslage präzise zu ermitteln, genügt nicht, die von der Senatsmehrheit festgestellte Rechtsstaatswidrigkeit zu begründen. Dies gilt umso mehr, als der von der Senatsmehrheit angestrebte, namentlich im schillernden Begriff der Normenwahrheit angelegte Purismus bereits in ihrem eigenen Ansatz verfehlt wird, hält doch das eine Rechtsverordnung ändernde Gesetz nicht, was es nach Überschrift und Einleitung verspricht, nämlich (ausschließlich) Regelungen mit Gesetzesrang zu enthalten.
b) Rechtsstaatliche Bedenken gegen ein Nebeneinander von Regelungen mit Gesetzes- und solchen mit Verordnungsrang in einer Rechtsverordnung lassen sich nicht daraus ableiten, dass Rechtsverordnungen durch jedes Gericht als ungültig verworfen werden können, während dies in Bezug auf Gesetze dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist (Art. 100 Abs. 1 GG).
Zweifelhaft erscheint bereits, inwiefern, wie die Senatsmehrheit meint, das Postulat der Rechtsmittelklarheit betroffen ist. Dieses verpflichtet den Gesetzgeber, dem Rechtssuchenden in klarer Abgrenzung den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen zu weisen (vgl. BVerfGE 49, 148 <164>; 87, 48 <65>). Diese Pflicht wird durch die Verteilung der Normverwerfungskompetenzen, also eine innerprozessuale Zuständigkeitsfrage, erkennbar nicht berührt. Ferner besteht, was das Prozessrecht anbelangt, keine Unklarheit. Wenn die Senatsmehrheit gleichwohl die Rechtsmittelklarheit für gefährdet hält, so kann sie sich nur auf mögliche Schwierigkeiten der Rechtsanwendung beziehen. Damit allerdings droht, dass das genannte Postulat jegliche Kontur verliert. Dieser grundsätzlichen Frage ist indes nicht weiter nachzugehen, weil das Postulat der Rechtsmittelklarheit auch in dem von der Senatsmehrheit verwendeten weiten Sinne nicht verletzt wird.
Die Prämisse des Senats, dass ein und dieselbe Norm nicht verschiedenen, von ihrem Rang abhängigen Verwerfungskompetenzen unterliegen kann, trifft zwar zu, führt aber nicht weiter. Gegenstand der inzidenten Normenkontrolle ist nicht die normtechnische Einheit, also der gesamte Verordnungstext, sondern die konkret erhebliche Regelung. Deren Rang lässt sich, wie dargelegt, den Verkündungsblättern entnehmen und, wenn nötig, durch Auslegung ermitteln. Handelt es sich um Verordnungsrecht, hat der Richter zu prüfen, ob die für ungültig gehaltenen Bestimmungen sachlich untrennbar mit Normen im Gesetzesrang verbunden sind. Ist dies der Fall, ist für den gesamten Regelungskomplex das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG durchzuführen. Gleiches gilt, wenn Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen zwar nicht untrennbar verbunden sind, gegen sie aber ein gemeinsamer Angriffspunkt vorgetragen wird, der eine einheitliche Überprüfung gebietet; dies wird der Fall sein, wenn die Ermächtigungsgrundlage mit dem Ziel einer bestimmten Änderung der Rechtsverordnung geändert wird (unten 3.b). Ein etwaiges Problem liegt also nicht im Nebeneinander von Bestimmungen unterschiedlichen Rangs in einem Textkörper, sondern in der allgemeinen Frage des notwendigen (sachlichen) Zusammenhangs bzw. der Teilbarkeit von Regelungen, zu deren Beantwortung auf reichlich vorhandene Judikatur zurückgegriffen werden kann (vgl. zum Ganzen BVerfGE 75, 166 <176 f.>; 87, 114 <134 f.>). Aus diesem Grunde gehen auch die von der Senatsmehrheit im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG geäußerten Bedenken fehl.
Die von der Senatsmehrheit gefundene Lösung trägt zudem zur Rechtssicherheit praktisch nicht bei, eher ist das Gegenteil zu erwarten.
Die Senatsmehrheit geht davon aus, dass das Parlament bestehende Rechtsverordnungen "wegen des sachlichen Zusammenhangs eines Reformvorhabens" ändert. In einem solchen Fall kommt indes die isolierte Verwerfung des Verordnungsrechts durch die Fachgerichte, soll das "Reformvorhaben" nicht zum Torso werden, regelmäßig nicht in Betracht, denn der Gesetzgeber schnürt in den fraglichen Fällen (etwa bei der Umsetzung von EU-Richtlinien) häufig ein Gesamtpaket, das - jedenfalls nach seiner Vorstellung - sachlich untrennbar ist (vgl. zur Gesamtnichtigkeit, wenn Vorschriften im Rahmen einer Gesamtregelung untrennbar miteinander verbunden sind: BVerfGE 8, 274 <301>; 26, 246 <258>; 48, 127 <177>; 61, 149 <206 f.>). Ungeachtet des Rangs des geänderten Verordnungsrechts wird die vom Senat erstrebte einheitliche Verwerfungskompetenz in Bezug auf die Rechtsverordnung mithin in vielen Fällen nicht erreicht.
Überdies können Gerichte nicht nur die Gültigkeit von Normen, sondern auch ihre Trennbarkeit von einem Regelungskomplex unterschiedlich beurteilen. Handelte es sich bei den durch Gesetz geänderten Verordnungsbestimmungen um Gesetze, blieben divergierende Auffassungen in dieser Frage ohne Belang, da in jedem Fall die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen ist. Die Vorlage eines Gerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG eröffnet zudem anderen Rechtsanwendern die Möglichkeit zu verfahrensökonomischer, die Entscheidung im Einzelfall offen haltender Vorgehensweise. Nach dem Konzept der Senatsmehrheit ist dies anders. Die dadurch ermöglichte Verwerfung von Verordnungsteilen des "Reformvorhabens" durch Fachgerichte hat - ungeachtet der grundsätzlich auf die Parteien beschränkten Reichweite gerichtlicher Entscheidungen - höheres Gewicht als eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG. Die Fachgerichte treffen abschließende Sachentscheidungen und haben insbesondere keine Alternativen zur inzidenten Nichtigerklärung der Norm, wie sie dem Bundesverfassungsgericht - etwa in Gestalt der Unvereinbarerklärung - zur Verfügung stehen. Der entstehenden Rechtsunsicherheit, die bereits durch eine bloß temporäre Rechtszersplitterung eintritt, könnte zwar mit dem Instrument des Normbestätigungsverfahrens (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG) begegnet werden. Indes ist nicht zu erkennen, weshalb dieser - wohl voraussetzungsbedingt nur selten benutzte - Weg zu einer verfassungsgerichtlichen Klärung der prinzipiellen Eröffnung der konkreten Normenkontrolle vorzuziehen sein sollte.
3. Die Senatsmehrheit setzt an die Stelle des von ihr für rechtsstaatswidrig erachteten allein quantitativen Mischgebildes - Nebeneinander von Gesetzes- und Verordnungsrecht in einem Textkörper - ein qualitatives Mischgebilde, nämlich einen im Gesetzgebungsverfahren unter zusätzlicher Beachtung des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zustande gekommenen Rechtssatz, der in seinen Wirkungen als Rechtsverordnung behandelt wird. Ob diese Neuschöpfung zur Rechtsklarheit, die auf eine konsistente und verständliche Rechtsquellenlehre angewiesen ist, beiträgt, muss bezweifelt werden. Dies kann indes auf sich beruhen, weil bereits die vom Senat formulierten Voraussetzungen für den Erlass von parlamentarisch verabschiedetem Verordnungsrecht gegen seine Konstruktion sprechen.
a) Die Voraussetzung, es müsse sich um eine Anpassung im Rahmen einer Änderung eines Sachbereichs handeln, so dass die Änderung einer Verordnung durch den parlamentarischen Gesetzgeber unabhängig von sonstigen gesetzgeberischen Maßnahmen unzulässig sei, mag wenig anspruchsvoll sein. Sie birgt angesichts der Vielgestaltigkeit der Aufgaben der Normgebung gleichwohl beachtliches Konfliktpotential und ist der Rechtssicherheit abträglich. Die bereits anderweit zu beobachtende und zu missbilligende Tendenz, die Kompetenzen des Gesetzgebers anhand materieller Kriterien zu begrenzen (vgl. BVerfGE 111, 226 <274, 278 f. - abw. M.>), setzt sich hier fort.
b) Die Bindung des Gesetzgebers an Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Verordnungsermächtigung (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) begründet die Senatsmehrheit ausschließlich mit der Notwendigkeit, den Gerichten einen einheitlichen Prüfungsmaßstab für die Kontrolle der geänderten Rechtsverordnung zur Verfügung zu stellen. Sinn und Zweck des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG bleiben - anders als bei Art. 80 Abs. 2 GG - außer Betracht. Die Erwägung, der Gesetzgeber habe sich, indem er auf Verordnungsebene agiere, seiner originären Gestaltungsfreiheit begeben, kann nicht überzeugen. Diese besteht selbstverständlich fort, und die Ansicht der Senatsmehrheit zwingt dem Gesetzgeber lediglich formalistischen Leerlauf auf. Besteht beim Gesetzgeber Unsicherheit, ob eine beabsichtigte Verordnungsänderung von der bestehenden Ermächtigung gedeckt ist, hat er diese nunmehr in einem ersten Schritt neu zu fassen und in einem zweiten die Rechtsverordnung entsprechend zu ändern. Vorsichtige Entwurfsverfasser werden diesen Weg nicht selten beschreiten, auch um für den Fall inzidenter Normenkontrollen die Weichen in Richtung auf eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zu stellen. Will der Gesetzgeber eine Verordnungsbestimmung über die bisherige Ermächtigung hinaus in einem Punkt so regeln, dass der Verordnungsgeber diesen nicht rückgängig machen kann, hat er zusätzlich zu den genannten zwei Maßnahmen noch zu bestimmen, dass die - ausschließlich an ihn selbst gerichtete - Ermächtigung mit ihrer Wahrnehmung endet. Ein rechtsstaatlicher Gewinn - auch für die gerichtliche Normenkontrolle - im Vergleich zu einem schlichten, die Ermächtigungsgrundlage unverändert lassenden Gesetzesbefehl ist nicht zu erkennen. Insgesamt trägt der Senat dazu bei, dass das Recht noch unübersichtlicher wird.
Dass der Senat den Gesetzgeber nicht auch dem Zitiergebot (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) unterworfen hat, ist inkonsequent.
4. Wir stimmen der Entscheidung auch insoweit nicht zu, als die Änderung der Bundespflegesatzverordnung durch Art. 4 BSSichG vorbehaltlos an den vom Senat neu entwickelten Maßstäben gemessen wird. Aus Gründen der Rechtssicherheit kann die Nichtbeachtung der nunmehr aufgestellten Anforderungen an die Änderung von Rechtsverordnungen durch den Gesetzgeber nur bei Gesetzen zur Nichtigkeit führen, die nach dem Zeitpunkt dieser Entscheidung beschlossen werden (vgl. Urteil des Ersten Senats des - NJW 2005, S. 2603 <2604 f.>).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
NJW 2006 S. 1195 Nr. 17
NWB-Eilnachricht Nr. 43/2005 S. 3593
VAAAB-86302