BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 792/03

Leitsatz

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gesetze: GG Art. 2 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 3

Instanzenzug: BAG 2 AZR 472/01 vom

Gründe

A.

Im Ausgangsverfahren wurde darüber gestritten, ob das Arbeitsverhältnis einer Verkäuferin gekündigt werden kann, wenn sie sich dazu entschließt, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen.

I.

1. Die Beschwerdeführerin, eine juristische Person des Privatrechts, betreibt ein Kaufhaus. Bei ihr ist eine in der Türkei geborene Arbeitnehmerin als "Verkäuferin" beschäftigt. Diese teilte der Beschwerdeführerin im Mai 1999 mit, dass sie aufgrund einer Wandlung ihrer religiösen Vorstellungen sich in der Öffentlichkeit, auch bei ihrer Arbeitstätigkeit, nicht mehr ohne Kopftuch zeigen wolle. Die Beschwerdeführerin kündigte das Arbeitsverhältnis. Sie hielt eine Weiterbeschäftigung für ausgeschlossen, weil das Verkaufspersonal gehalten sei, sich dem Stil des Hauses entsprechend gepflegt und unauffällig zu kleiden. Gerade in der Parfümerieabteilung sei eine Verkäuferin mit Kopftuch nicht tragbar.

In erster und zweiter Instanz war die Kündigungsschutzklage der Verkäuferin ohne Erfolg.

2. Das Bundesarbeitsgericht gab der Klage durch das angegriffene Urteil (NZA 2003, S. 483) statt. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Zwar könne eine Arbeitnehmerin auf Grund von fundamentalen, unüberwindbaren Glaubenshindernissen ihre Fähigkeit und Eignung verlieren, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Vorliegend sei die Arbeitnehmerin jedoch in der Lage, ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Verkäuferin auch dann noch zu erfüllen, wenn sie bei ihrer Tätigkeit ein "islamisches Kopftuch" trage. Dies gelte umso mehr, als die Arbeitnehmerin nach ihrem Arbeitsvertrag nur als "Verkäuferin" angestellt sei und deshalb nicht nur in der Parfümerieabteilung beschäftigt werden könne.

Die Kündigung sei auch nicht aus einem im Verhalten der Arbeitnehmerin liegenden Grund sozial gerechtfertigt. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers dürfe nach § 315 Abs. 1 BGB nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Das Ermessen werde inhaltlich durch die Grundrechte, hier vor allem durch die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art. 4 Abs. 1 GG und die Gewährleistung der ungestörten Religionsausübung des Art. 4 Abs. 2 GG, mitbestimmt. Das Recht des Arbeitgebers, den Inhalt der Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers zu konkretisieren, sei mit der gleichfalls grundrechtlich geschützten Position des Arbeitnehmers im Rahmen der Generalklausel des § 315 BGB einem grundrechtskonformen Ausgleich zuzuführen.

Das von der Beschwerdeführerin nicht akzeptierte Tragen des "islamischen Kopftuchs" führe zu einer Beeinträchtigung der Grundrechte der Arbeitnehmerin. Sie leite das von ihr als verpflichtend angesehene Gebot des Kopftuchtragens aus ihrem Glauben her. Für eine zulässige Berufung auf Art. 4 GG komme es nur darauf an, dass das Tragen des Kopftuchs von einer wirklichen religiösen Überzeugung getragen sei.

Zwar komme als konkurrierende Position der Beschwerdeführerin ihre Unternehmerfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) in Betracht. In welcher Intensität dieses Recht betroffen sei, könne aber wegen ihres nicht hinreichend konkreten Sachvortrags nicht festgestellt werden. Die für das Kaufhaus der Beschwerdeführerin bisher ungewohnte Bekleidung der Arbeitnehmerin und die Auffälligkeit des Kopftuchs mit den sich daraus ergebenden Assoziationen zum Islam rechtfertigten jedenfalls nicht ohne weiteres eine andere Beurteilung. In Anbetracht des hohen Stellenwerts des Grundrechts der Glaubens- und Religionsfreiheit seien solche realen Gefährdungen konkret darzulegen.

II.

Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung der Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG.

Grundrechte hätten im Rahmen der privatrechtlichen Beziehungen nur eine abgeschwächte Bedeutung, was das Bundesarbeitsgericht verkenne. Es werde nicht bestritten, dass sich die Arbeitnehmerin auf das Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 GG für das Kopftuchtragen berufen könne. Ihr Grundrecht sei jedoch nicht absolut geschützt. Schranken für das Recht der Arbeitnehmerin ergäben sich aus den Rechten der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG. Es sei eine Abwägung zwischen den kollidierenden Grundrechtspositionen geboten. Es bedürfe der Herstellung praktischer Konkordanz im Rahmen der einfachrechtlichen Normen. Das Bundesarbeitsgericht trage insoweit den eigenen Vorgaben nicht Rechnung, weil es einseitig die Interessen der Arbeitnehmerin und deren Grundrecht gemäß Art. 4 Abs. 1 GG berücksichtige.

Das Bundesarbeitsgericht verkenne, dass ein Arbeitgeber sich auf die Berufs-, Vertragsfreiheit und Privatautonomie berufen könne. Es müsse einem Arbeitgeber möglich sein, das Arbeitsverhältnis einer Verkäuferin mit intensivem Kundenkontakt auch wegen des religiös bedingten Kopftuchtragens zu kündigen.

B.

Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.

I.

Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Diese wirft keine Fragen auf, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lassen oder die noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>).

Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung entfalten die Grundrechte im Privatrechtsverkehr ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln (vgl. BVerfGE 7, 198 <205 f.>; 42, 143 <148>; 103, 89 <100>; vgl. speziell zu den Kündigungsvorschriften BVerfGE 97, 169 <175 ff.> sowie BVerfGE 92, 140 <150 ff.>; 96, 152 <163 ff.>; 96, 171 <180 ff.>; 96, 189 <197 ff.>; 96, 205 <210 ff.>). Bei der Auflösung von Arbeitsverhältnissen kann Art. 12 Abs. 1 GG auch zugunsten des Arbeitgebers eingreifen (vgl. BVerfGE 99, 202 <211 ff.>). Auch die Reichweite des Grundrechtsschutzes aus Art. 4 Abs. 1 GG ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt (vgl. BVerfGE 32, 98 <106 f.>; 52, 223 <246 f.>; 93, 1 <15 ff.>; 105, 279 <293 ff.>).

II.

Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht hat bei der Auslegung und Anwendung der Kündigungsvorschriften den Grundrechtsschutz des Arbeitgebers aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht verkannt.

1. a) Die Berufsfreiheit im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG schützt das Interesse des Arbeitgebers, in seinem Unternehmen nur Mitarbeiter zu beschäftigen, die seinen Vorstellungen entsprechen, und ihre Zahl auf das von ihm bestimmte Maß zu beschränken (vgl. BVerfGE 97, 169 <176>). Durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist auch das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes (vgl. BVerfGE 97, 169 <175, 176>). Art. 12 Abs. 1 GG gewährt zwar keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Disposition. Insofern obliegt dem Staat aber eine aus dem Grundrecht folgende Schutzpflicht, der die geltenden Kündigungsvorschriften Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 84, 133 <146 f.>; 85, 360 <372 f.>; 92, 140 <150>; 97, 169 <175>). Bei privatrechtlichen Regelungen, die der Vertragsfreiheit Grenzen setzen, geht es um den Ausgleich widerstreitender Interessen, die regelmäßig beide grundrechtlich verankert sind. Die kollidierenden Grundrechtspositionen sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfGE 89, 214 <232>; 97, 169 <176>).

Im Privatrechtsverkehr entfalten die Grundrechte ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln (vgl. BVerfGE 7, 198 <205 f.>; 42, 143 <148>; 103, 89 <100>). Der Staat hat auch insoweit die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und vor Verletzung durch andere zu bewahren (vgl. nur BVerfGE 103, 89 <100>). Den Gerichten obliegt es, diesen grundrechtlichen Schutz durch Auslegung und Anwendung des Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren. Ihrer Beurteilung und Abwägung von Grundrechtspositionen im Verhältnis zueinander kann das Bundesverfassungsgericht nur dann entgegentreten, wenn eine angegriffene Entscheidung Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; 42, 143 <149>; 103, 89 <100>; stRspr). Dagegen ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts zu kontrollieren, wie die Gerichte den Schutz im Einzelnen auf der Grundlage des einfachen Rechts gewähren (vgl. nur BVerfGE 92, 140 <152 f.>; 96, 152 <164>).

b) Vorliegend können sich sowohl die gekündigte Arbeitnehmerin wie auch die Beschwerdeführerin auf den Schutz ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Sofern die Arbeitnehmerin nicht deutsche Staatsangehörige ist, folgt der Schutz aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 104, 337 <346>). Die Arbeitnehmerin kann sich darüber hinaus vor allem auf den Schutz aus Art. 4 Abs. 1 GG berufen, da sie ihren Arbeitsplatz auf Grund eines Verhaltens, zu dem sie sich aus religiösen Gründen verpflichtet fühlt, verlieren soll.

Nach den Feststellungen der Fachgerichte befolgt die Arbeitnehmerin von ihr für verbindlich gehaltene Bekleidungsvorschriften des Korans und trägt in der Öffentlichkeit ein Kopftuch. Darauf will sie auch im Beruf nicht verzichten. Da sie das Bekleidungsgebot aus ihrem Glauben herleitet, genießt sie den Grundrechtsschutz des Art. 4 Abs. 1 GG. Das Grundrecht umfasst die Freiheit, nach den eigenen Glaubensüberzeugungen zu leben und zu handeln (vgl. BVerfGE 32, 98 <106>; 93, 1 <15>). Die Glaubensfreiheit wird zwar ohne Gesetzesvorbehalt, aber nicht schrankenlos gewährleistet (vgl. BVerfGE 52, 223 <246 f.>; 93, 1 <21>). Namentlich findet die positive Bekenntnisfreiheit dort ihre Grenzen, wo ihre Ausübung durch den Grundrechtsträger auf kollidierende Grundrechte Andersdenkender trifft (vgl. BVerfGE 52, 223 <247> m.w.N.). Vorliegend kollidiert die Freiheit der Arbeitnehmerin mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit der Beschwerdeführerin.

Berührt eine arbeitsgerichtliche Entscheidung die Glaubens- und Gewissensfreiheit, so fordert Art. 4 Abs. 1 GG, dass die Gerichte der Bedeutung dieses Grundrechts bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften des Privatrechts Rechnung tragen. Feststellung und Würdigung des Sachverhalts sowie Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts bleiben allerdings grundsätzlich Sache der Fachgerichte (vgl. BVerfGE 18, 85 <92>; stRspr).

2. Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Bundesarbeitsgericht vorliegend die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG bei der Auslegung und Anwendung der Kündigungsschutzvorschriften nicht verkannt. Das Bundesarbeitsgericht hat die wechselseitigen Grundrechtspositionen der gekündigten Arbeitnehmerin und der Beschwerdeführerin erkannt und in plausibler Weise gewürdigt. Die Würdigung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das Bundesarbeitsgericht ist nicht von einer unmittelbaren Anwendung der Grundrechte im privatrechtlich ausgestalteten Arbeitsverhältnis ausgegangen. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass im Rahmen der Auslegung unbestimmter Rechtsbe-griffe im Zusammenhang mit den Kündigungsschutznormen (§ 1 Abs. 2 KSchG) und dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 315 Abs. 1 BGB) Grundrechtspositionen der beiden Vertragspartner zu beachten und zu würdigen sind. Dabei ist es auf Grund der Feststellungen im Ausgangsverfahren zutreffend davon ausgegangen, dass die Arbeitnehmerin sich auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) berufen kann. Selbst die Beschwerdeführerin erkennt an, dass die Arbeitnehmerin auch in ihrem Arbeitsverhältnis insoweit Grundrechtsschutz genießt, will die Reichweite dieses Schutzes im Verhältnis zu ihrem eigenen Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG jedoch anders gewertet wissen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den kollidierenden Grundrechtspositionen der Arbeitnehmerin und der Beschwerdeführerin abstrakt keine Maßstäbe dafür, welches Maß der Einschränkung seiner Kündigungsfreiheit der Arbeitgeber letztlich hinnehmen muss, um den Freiheitsraum des Arbeitnehmers im Rahmen des von beiden Parteien freiwillig eingegangenen Vertragsverhältnisses zu wahren. Vielmehr bedarf es einer Abwägung der wechselseitig geschützten Grundrechtspositionen der Vertragspartner im Einzelfall, deren Ergebnis durch die Verfassung selbst nicht abschließend vorgegeben ist. Es ist vielmehr in erster Linie Sache der Fachgerichte, bezogen auf den konkreten Streitfall und das je betroffene Arbeitsverhältnis abzuwägen, ob im Einzelfall eine bestimmte Erwartungshaltung an das Verhalten des Arbeitnehmers eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann, wenn der Arbeitnehmer sich im Rahmen seiner grundrechtlich geschützten Freiheiten nicht in der Lage sieht, den an ihn herangetragenen Erwartungshaltungen gerecht zu werden.

Das Bundesarbeitsgericht hat ausdrücklich herausgestellt, dass die Unternehmerfreiheit der Beschwerdeführerin als konkurrierende, durch Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Position in Betracht kommt. Es hat das Abwägungsergebnis maßgeblich darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin betriebliche Störungen oder wirtschaftliche Nachteile nicht hinreichend plausibel dargelegt habe. Insoweit könne sich die Beschwerdeführerin nicht auf Branchenüblichkeit oder die Lebenserfahrung berufen, zumal die Arbeitnehmerin auch weniger exponiert in anderen Abteilungen als Verkäuferin eingesetzt werden könne. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist diese Argumentation nicht einseitig; sie ist frei von einer Überbetonung der Grundrechtsposition der Arbeitnehmerin. Verfassungsrechtlich ist die Abwägung nicht zu beanstanden.

Die Arbeitnehmerin ist durch die einfachrechtlichen Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes, die der Ausfüllung der Schutzpflicht des Gesetzgebers aus Art. 12 Abs. 1 GG dienen (vgl. BVerfGE 97, 169 <175>), vor einem Verlust ihres Arbeitsplatzes geschützt. Eine Kündigung ist nur gerechtfertigt, wenn und soweit diese auf Grund plausibler und nachvollziehbarer Erwägungen durch personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe "bedingt" ist, die einer "Weiterbeschäftigung" des Arbeitnehmers entgegenstehen (§ 1 Abs. 2 KSchG). Dabei geht es nicht um die Sanktionierung unbotmäßigen Verhaltens, sondern um die Folgen, die ein bestimmtes Verhalten für die weitere Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers hat. Deshalb ist es sachgerecht, wenn das Bundesarbeitsgericht bei der Herbeiführung eines schonenden Ausgleichs der unterschiedlichen grundrechtlichen Positionen die Glaubensfreiheit der Arbeitnehmerin nicht auf einen möglichen "Verdacht" hin als beiseite gestellt ansieht (unter Berufung auf Böckenförde, NJW 2001, S. 723 <728>), sondern eine konkrete Gefahr des Eintritts der von der Beschwerdeführerin behaupteten negativen betrieblichen oder wirtschaftlichen Folgen verlangt.

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BB 2003 S. 1956 Nr. 37
DB 2003 S. 1908 Nr. 35
GAAAB-86171