Eintragung der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte
Leitsatz
Die gesetzlich vorgesehene Eintragung der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte verletzt keine Grundrechte von Arbeitnehmern; auch die Eintragung, dass der Arbeitnehmer keiner kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehört, ist nicht unzumutbar.
(Leitsatz nicht amtlich)
Gesetze: GG Art. 140GG Art. 4 Abs. 1WRV Art. 136 Abs. 3 Satz 1WRV Art. 137 Abs. 6EStG § 39b Abs.1 Satz 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf), , , ,
Gründe
Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Frage, ob es zulässig ist, auf Lohnsteuerkarten das Fehlen der Mitgliedschaft in einer kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft durch Striche kenntlich zu machen, gibt der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Verfassungsrechten des Beschwerdeführers angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffenen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Regelungen verstoßen nicht gegen Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WRV.
1. Die gesetzlich vorgesehene Eintragung der Religionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte verletzt keine Grundrechte von Arbeitnehmern. Sie ist mit der durch Art. 4 Abs. 1 GG gewährleisteten und in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WRV besonders hervorgehobenen Freiheit, religiöse Überzeugungen zu verschweigen, vereinbar (vgl. BVerfGE 49, 375 <375 f.>). Entsprechendes gilt für die hier in Rede stehende Eintragung "--", aus der ersichtlich wird, dass der Beschwerdeführer keiner kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehört.
Das genannte Freiheitsrecht wird auf dem Gebiet des Kirchensteuerrechts von der Verfassung selbst durch die in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV enthaltene Garantie einer geordneten Besteuerung (vgl. BVerfGE 44, 37 <57>) eingeschränkt. Durch diese Garantie werden die Eintragung der Mitgliedschaft zu einer Religionsgemeinschaft auf der Lohnsteuerkarte und die insoweit erfolgende Offenbarung der Zugehörigkeit mit umfasst (vgl. BVerfGE 49, 375 <376>). Auch insoweit trifft Entsprechendes auf die Eintragung "--" zu. Der Steuerpflichtige wird durch sie nicht deshalb unzumutbar belastet, weil er durch die Preisgabe der fehlenden Zugehörigkeit zu einer kirchensteuererhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft diese nach seiner Auffassung mittelbar unterstützen muss (vgl. mit Blick auf den konfessionslosen kirchensteuerabzugspflichtigen Arbeitgeber auch BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, HFR 1988, S. 583 f.).
Die Gründe, die der Beschwerdeführer für seine gegenteilige Auffassung nennt, führen zu keiner anderen Beurteilung (vgl. BVerfGE 20, 40 <43>; 44, 103 <103 f.>; BVerfG, Vorprüfungsausschuss des Ersten Senats, DÖV 1977, S. 448). Dies gilt auch, soweit er sich dabei auf den Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche beruft. Dieser Grundsatz ist im Grundgesetz nicht im Sinne einer strikten, Ausnahmen und Durchbrechungen nicht zulassenden Trennung verwirklicht.
Auch die vom Beschwerdeführer angesprochenen religionssoziologischen Verhältnisse haben die verfassungsrechtlichen Grundpositionen im Verhältnis zwischen Staat, Religionsgemeinschaften und dem einzelnen Bürger nicht verändert (vgl. auch BVerfGE 73, 388 <399 f.>). Die vorstehend wiedergegebene Verfassungsrechtslage wird denn auch in der neueren verfassungsrechtlichen Kommentarliteratur nicht in Frage gestellt (vgl. v. Mangoldt/Klein/v. Campenhausen, Das Bonner Grundgesetz, 3. Aufl., Bd. 14, 1991, Art. 140 Rn. 37, 209, 211 ff.; Hemmrich, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 3. Aufl. 1996, Art. 140 Rn. 13; Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz, 2. Aufl. 1999, Art. 140/Art. 136 WRV Rn. 7, Art. 140/Art. 137 WRV Rn. 24; Morlok, in: Dreier, Grundgesetz, Bd. III, 2000, Art. 140/136 WRV Rn. 20, Art. 140/Art. 137 WRV Rn. 118; Jarass, in: Ders./Pieroth, Grundgesetz, 5. Aufl. 2000, Art. 4 Rn. 18, Art. 140/Art. 137 WRV Rn. 10).
2. Dass die Finanzgerichte bei der Auslegung und Anwendung der den angegriffenen Gerichtsentscheidungen zugrunde liegenden Regelungen Bedeutung und Tragweite des Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 136 Abs. 3 Satz 1 WRV grundsätzlich verkannt hätten (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>), ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
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Fundstelle(n):
ZAAAB-85774