Leitsatz
1. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Berechnung von kurzfristigen beitragsfinanzierten Lohnersatzleistungen, wie beispielsweise Arbeitslosengeld und Krankengeld, berücksichtigt wird, wenn es zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wird (wie BVerfGE 92, 53).
2. Das Gesetz zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom (BGBl I Seite 1859) genügt dieser verfassungsrechtlichen Anforderung nicht.
Gesetze: GG Art. 3 Abs. 1; SGB V § 47 Abs. 2 Satz 1; SGB V § 227; SGB V § 47; RVO § 385 Abs. 1 a; SGB VI § 164; AFG § 175 Abs. 1 Satz 2; AFG § 179; SGB IV § 23 a; SGB IV § 23 a Abs. 1; SGB IV § 47 a; SGB III § 129; SGB III § 130; SGB III § 132; SGB III § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1; SGB III § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; BVerfGG § 78 Satz 2;
Gründe
A.
Die Vorlagen betreffen die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, zum Beispiel Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, Beiträge zur Sozialversicherung zu erheben, ohne dass es bei der Berechnung von kurzfristigen Lohnersatzleistungen, insbesondere Arbeitslosengeld und Krankengeld, berücksichtigt wird.
I.
1. Die Mittel für die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung werden in erster Linie durch Beiträge der Beschäftigten und ihrer Arbeitgeber aufgebracht. Auch die Bundesanstalt für Arbeit bestreitet den größeren Teil ihrer Aufgaben mit Beiträgen. Die in diesen sozialen Sicherungssystemen aus Beitragsmitteln finanzierten kurzfristigen Lohnersatzleistungen werden nach beitragspflichtigen Arbeitsentgelten berechnet, die in einem bestimmten Bemessungszeitraum angefallen sind. Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt sind auch Zuwendungen, die dem Arbeitnehmer nicht als laufendes Entgelt, sondern in der Form von Sonderzahlungen einmalig zufließen, wie das Weihnachts- und Urlaubsgeld oder Urlaubsabgeltungen (vgl. näher BVerfGE 92, 53 <55>).
2. Die Grundlage für die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bildete in der Zeit vor dem die Vorschrift des § 385 Abs. 1 a Reichsversicherungsordnung (RVO). Die Vorschrift war aufgrund von Verweisungen auch für die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung maßgeblich. Sie wurde mit Wirkung zum für die Krankenversicherung durch § 227 SGB V ersetzt. Für die Rentenversicherung galt seit dem die gleich lautende Bestimmung des § 164 SGB VI.
a) Diese Vorschriften hat das (BVerfGE 92, 53) für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärt, soweit danach einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen wurde, ohne dass es bei der Berechnung sämtlicher Lohnersatzleistungen berücksichtigt wurde. Da § 175 Abs. 1 Satz 2 AFG auf § 227 SGB V verwies, war damit mittelbar auch die Erhebung von Beiträgen auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Recht der Arbeitsförderung für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärt. § 227 SGB V und § 164 SGB VI durften nach dieser Entscheidung allerdings bis zu einer Neuregelung, längstens bis zum , weiter angewendet werden.
b) Aufgrund dieses Beschlusses hat der Gesetzgeber das Gesetz zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom (BGBl I S. 1859; im Folgenden: EinmalzahlungsG) erlassen und es - soweit hier von Belang - am in Kraft gesetzt.
aa) Die beitragsrechtlichen Vorschriften des § 227 SGB V und des § 164 SGB VI wurden aufgehoben. An ihre Stelle ist die inhaltsgleiche Vorschrift des § 23 a SGB IV getreten (vgl. Art. 1 Nr. 2 EinmalzahlungsG), die über Verweisungsnormen (§ 175 Abs. 1 Satz 2, § 179 AFG; Art. 4 Nr. 1 Buchstabe a des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung <Arbeitsförderungs-Reformgesetz - AFRG> vom , BGBl I S. 594) für die Arbeitslosenversicherung und seit ihrer Einführung auch für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit <Pflege-Versicherungsgesetz - PflegeVG> vom , BGBl I S. 1014) gilt. § 23 a Abs. 1 SGB IV lautet:
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt versicherungspflichtig Beschäftigter ist dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird ...
bb) Das Leistungsrecht ist durch das Einmalzahlungsgesetz in einem Punkt geändert worden. Durch Art. 2 Nr. 2 EinmalzahlungsG wurde § 47 a in das SGB V eingefügt, der für das Krankengeld, das rentenversicherungsrechtliche Übergangsgeld (§ 20 Abs. 1 a SGB VI) und bis Ende 1997 auch für das Übergangsgeld in der Arbeitslosenversicherung Bedeutung hat (vgl. Art. 6 EinmalzahlungsG). § 47 a SGB V hat folgenden Wortlaut:
Zusätzliches Krankengeld
Versicherte haben Anspruch auf zusätzliches Krankengeld, soweit allein wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit einmalig gezahltes Arbeitsentgelt ausfällt und nach § 23 a des Vierten Buches beitragspflichtig gewesen wäre. Der Anspruch nach Satz 1 besteht nicht für den Teil des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts, der vom Arbeitgeber wegen krankheitsbedingter Zeiten der Arbeitsunfähigkeit gekürzt worden ist oder nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz hätte gekürzt werden können.
Nicht geändert wurden die Berechnungsvorschriften für das Arbeitslosengeld und für die Bemessungsgrundlage des Krankengeldes, welche ihrerseits aufgrund entsprechender Verweisungsvorschriften für andere kurzfristige Lohnersatzleistungen maßgeblich sind (Unterhaltsgeld, Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld).
(1) In der Arbeitslosenversicherung galt § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG in der Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes vom (BGBl I S. 2602), der folgenden Wortlaut hatte:
Mehrarbeitszuschläge, Arbeitsentgelte, die der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält, sowie einmalige und wiederkehrende Zuwendungen bleiben außer Betracht; dies gilt auch für Zuwendungen, die anteilig gezahlt werden, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Fälligkeitstermin endet.
Mit Inkrafttreten des SGB III am hat diese Vorschrift, soweit sie das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt betrifft, in § 134 Abs. 1 SGB III eine Neufassung erhalten, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden ist. Sie lautet nunmehr:
Für Zeiten einer Beschäftigung ist als Entgelt nur das beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind. Außer Betracht bleiben
1. Arbeitsentgelte, die einmalig gezahlt werden,
2. ...
(2) Für die Krankenversicherung bestimmt § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V vom (BGBl I S. 2477):
Für die Berechnung des Regelentgelts ist das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde.
c) In der Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zum Einmalzahlungsgesetz (BTDrucks 13/5062, S. 6 f.) wird die Neuregelung wie folgt erläutert:
Die Regelung sieht vor, daß Einmalzahlungen - anders als nach geltendem Recht - zu einer gegenüber dem Krankengeld höheren Leistung in Form eines zusätzlichen Krankengeldes führen, wenn der arbeitsunfähige Arbeitnehmer die Einmalzahlung ohne die Arbeitsunfähigkeit von seinem Arbeitgeber erhalten hätte. Sie knüpft damit an den Schutzzweck des Krankengeldes an, (Teil-)Entgeltersatz für das Entgelt (einschließlich eventueller Sonderzahlungen) zu leisten, das der Arbeitnehmer erhalten würde, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht eingetreten wäre.
...
...
Dem Ausfallprinzip entsprechend, kommt eine zusätzliche Leistung aufgrund einer Einmalzahlung nur in Betracht, wenn und solange der Arbeitnehmer in einem Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis steht, auf dessen Grundlage ein Anspruch auf Sonderzahlungen bestehen kann.
Ein zusätzliches Krankengeld kommt deshalb nicht in Betracht, wenn der arbeitsunfähige Arbeitnehmer nicht (mehr) in einem Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis steht. Die Neuregelung geht in diesem Falle davon aus, daß mangels eines konkreten Arbeitsvertrages und damit einer konkreten rechtlichen Grundlage keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, daß dem Arbeitnehmer ein wirtschaftlicher Verlust tatsächlich entsteht, der im Rahmen des Ausfallprinzips zu berücksichtigen wäre.
Die Neuregelung sieht aus vorstehenden Erwägungen auch keine Berücksichtigung von Einmalzahlungen für arbeitslose Arbeitnehmer vor. Ziel der Lohnersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe) ist es, das Arbeitsentgelt teilweise zu ersetzen, das der Arbeitslose wegen der Arbeitslosigkeit aktuell, also in einer potentiellen neuen Beschäftigung nicht erzielt. Zwar ist das Entgeltausfallprinzip im Recht der Arbeitsförderung in vielfältiger Weise modifiziert und ein Rückgriff auf tatsächlich erzieltes, zurückliegendes Entgelt ... unabdingbar. Jedoch gehen diese Regelungen davon aus, daß das so ermittelte, der Leistung zugrundeliegende Bemessungsentgelt das Entgelt repräsentiert, das der Arbeitslose auch künftig erzielen könnte.
Diese Vermutung ist in bezug auf Einmalzahlungen angesichts der derzeitigen Entwicklung in weiten Teilen der Wirtschaft, die auf Kostensenkungen bei den Lohn- und Lohnzusatzkosten gerichtet ist, entgegen den noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts absehbaren Entwicklungen, nicht (mehr) gerechtfertigt. Ein Arbeitnehmer, der eine neue Beschäftigung aufnimmt, kann immer weniger damit rechnen, Sonderzahlungen beanspruchen zu können, auf keinen Fall in den ersten Monaten der Betriebszugehörigkeit. Eine Bemessung des Arbeitslosengeldes oder der Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung der in einem früheren, möglicherweise bereits länger zurückliegenden Beschäftigungsverhältnis erzielten Einmalzahlungen, würde deshalb künftig - mit steigender Tendenz - die Gefahr bergen, Leistungen bei Arbeitslosigkeit an einem Maßstab auszurichten, der der wirtschaftlichen Realität immer weniger entspricht ...
In dem Gesetzentwurf wird ferner festgestellt, die Neuregelung des zusätzlichen Krankengeldes führe zu Mehrausgaben in nicht bezifferbarer, aber geringer Höhe (vgl. BTDrucks 13/5062, S. 2). Seine Verfassungsmäßigkeit wurde im Gesetzgebungsverfahren, insbesondere im Hinblick auf den unterschiedlich beurteilt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung [11. Ausschuss], BTDrucks 13/5826, S. 10 ff.; Deutscher Bundestag, 13. Wp., 132. Sitzung, Sten.Ber. S. 11937 ff.).
II.
1. In dem der Vorlage 1 BvL 1/98 zugrunde liegenden Ausgangsverfahren ist über zwei miteinander verbundene Klagen desselben Klägers zu entscheiden. Sie betreffen die Höhe des Unterhaltsgeldanspruchs und des Arbeitslosengeldanspruchs auf der Grundlage von Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes. Das im Jahr 1996 einmalig gezahlte Arbeitsentgelt von insgesamt 4.500 DM wurde bei der Bemessung beider Leistungen nicht berücksichtigt. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht.
Das Sozialgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob § 112 Abs. 1 S. 2 AFG in der Fassung des 8. AFG-Änderungsgesetzes vom mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit einmalige Zuwendungen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes und Unterhaltsgeldes außer Betracht bleiben.
Nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger des Ausgangsverfahrens dem Grunde nach einen Anspruch auf Unterhaltsgeld und auf Arbeitslosengeld. Die Beklagte habe bei deren Bemessung § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG zutreffend angewendet und das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt unberücksichtigt gelassen. Diese Vorschrift verstoße aber gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Nach wie vor werde der im genannten Gruppe der Versicherten, die einmalig gezahltes Arbeitsentgelt erhalte, bei gleich hohem beitragspflichtigem (Gesamt-)Arbeitsentgelt ohne sachlichen Grund geringeres Arbeitslosen- und Unterhaltsgeld gewährt als der Gruppe, die kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt erhalte. Die in der Gesetzesbegründung zum Einmalzahlungsgesetz für die unterlassene Neuregelung der Berechnungsvorschriften genannten Gründe könnten die Äquivalenzabweichung nicht rechtfertigen. Wegen des näheren Sachverhalts und der Einzelheiten der Begründung wird auf die Veröffentlichung der Vorlage verwiesen (vgl. info also 1998, S. 70).
2. In dem der Vorlage 1 BvL 4/98 zugrunde liegenden Ausgangsverfahren hat das Sozialgericht in einer Beitragserstattungsstreitigkeit zwischen einer pflichtversicherten Arbeitnehmerin und ihrer Krankenkasse in deren Funktion als Einzugsstelle nach § 28 h SGB IV zu entscheiden. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat bei der Einzugsstelle beantragt, den vom Brutto-Urlaubsgeld abgeführten, vom Arbeitnehmer zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags an sie zurückzuerstatten. Nach erfolglosem Widerspruch hat sie Klage zum Sozialgericht erhoben.
Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob die Regelung des § 23 a SGB IV mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit danach bei Versicherten, die neben dem laufenden monatlichen Arbeitsentgelt einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld usw.) erhalten, dieses nach Maßgabe der Abs. 1 - 5 des § 23 a SGB IV generell beitragspflichtige Einnahmen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung darstellt, bei der Berechnung von kurzfristigen Lohnersatzleistungen selbst aber eingeschränkt allein und ausnahmsweise in der Krankenversicherung lediglich nach Maßgabe des § 47 a SGB V im Sinne eines zusätzlichen Krankengeldes, in der Rentenversicherung nach § 20 Abs. 1 a SGB VI durch ein zusätzliches Übergangsgeld im Rahmen rentenversicherungsrechtlicher Leistungen zur Rehabilitation sowie in der Arbeitslosenversicherung nach § 59 Abs. 3 a AFG durch ein zusätzliches Übergangsgeld im Rahmen arbeitslosenversicherungsrechtlicher Leistungen zur Rehabilitation Behinderter Berücksichtigung findet und bei den übrigen kurzfristigen Lohnersatzleistungen dieser Versicherungszweige (reguläres Krankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe) insgesamt unberücksichtigt bleibt, während bei der Personengruppe derjenigen, die lediglich aus laufendem Arbeitsentgelt Beiträge zahlen, jedoch ein gleich hohes beitragspflichtiges Jahresarbeitsentgelt wie die Angehörigen der erstgenannten Personengruppe erzielen, die kurzfristigen Lohnersatzleistungen generell aus dem gesamten, der Beitragspflicht unterliegenden, laufenden Arbeitsentgelt bemessen werden.
Unter Zugrundelegung der einfachrechtlichen Rechtslage sei der Arbeitnehmeranteil des auf das Urlaubsgeld erhobenen Gesamtsozialversicherungsbeitrages in sachlich und rechnerisch zutreffender Weise abgeführt worden. § 23 a SGB IV verstoße jedoch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil das Einmalzahlungsgesetz als Gesamtregelung die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom festgestellte gleichheitswidrige Äquivalenzstörung nicht beseitigt habe. Bei gleicher Gesamtbeitragsleistung erhielten Versicherte, denen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gewährt werde, kurzfristige Lohnersatzleistungen in geringerer Höhe als Personen, die keine Beiträge auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt abführen müssten. Daran ändere auch die durch § 47 a SGB V neu eingeführte Leistungsart "zusätzliches Krankengeld" nichts, weil die Vorschrift keinen tatsächlichen Anwendungsbereich habe. Erst recht gelte die Feststellung der Verfassungswidrigkeit für das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe; hier habe der Gesetzgeber auf eine Neuregelung gänzlich verzichtet, obwohl diese Lohnersatzleistungen - bis auf einige Ausnahmetatbestände - an den bisherigen Lebensstandard anknüpfen würden und diese Ausrichtung sich durch die Bemessungsvorschriften des SGB III noch verstärkt habe. Wegen der näheren Begründung wird auf die Veröffentlichung der Vorlage verwiesen (vgl. SGb 1999, S. 91).
3. In dem der Vorlage 1 BvL 15/99 zugrunde liegenden Ausgangsverfahren hat das Sozialgericht über die Höhe des Krankengeldanspruchs eines gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmers zu entscheiden. Der Kläger des Ausgangsverfahrens war 1997 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte nahm nach der Erschöpfung des arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlungsanspruchs die Zahlung von Krankengeld auf, berücksichtigte bei dessen Berechnung aber nicht das Weihnachtsgeld. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht.
Das Gericht hat den Rechtsstreit ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob die Regelung des § 47 Abs. 2 S. 1 SGB V in der ab geltenden Fassung mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit danach einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Berechnung der Höhe des Krankengeldes von Versicherten unberücksichtigt bleibt bzw. einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nur nach Maßgabe des § 47 a SGB V berücksichtigt wird, obwohl es gemäß § 23 a SGB IV nach dem zu Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen worden ist, während bei der Personengruppe derjenigen, die lediglich aus laufendem Arbeitsentgelt Krankenversicherungsbeiträge zahlen, jedoch ein gleich hohes beitragspflichtiges Jahresarbeitsentgelt wie die Angehörigen der erstgenannten Gruppe erzielen, das Krankengeld generell aus dem gesamten, der Beitragspflicht unterliegenden, laufenden Arbeitsentgelt bemessen wird.
Nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger dem Grunde nach einen Anspruch auf Krankengeld. Die Beklagte habe einfachrechtlich zutreffend das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt unberücksichtigt gelassen. Auch stehe dem Kläger kein Anspruch nach § 47 a SGB V zu. Auf der Grundlage der maßgeblichen krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften sei daher die Klage abzuweisen. § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V verstoße jedoch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Vorlage sei geboten, weil der Gesetzgeber mit dem Einmalzahlungsgesetz einen neuen verfassungsrechtlichen Prüfungsgegenstand geschaffen habe. Dabei seien die ihm vom Bundesverfassungsgericht gemachten Vorgaben im Bereich des Krankengeldes nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die Schaffung eines Anspruchs auf zusätzliches Krankengeld nach § 47 a SGB V habe die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Äquivalenzstörung schon deswegen nicht behoben, weil diese Vorschrift keinen Anwendungsfall habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Veröffentlichung der Vorlage verwiesen (vgl. SGb 2000, S. 184).
III.
Zu den Vorlagen haben das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung namens der Bundesregierung, das Bundessozialgericht, der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, der Bundesverband der Allgemeinen Ortskrankenkassen - zugleich für den Bundesverband der Innungskrankenkassen, den Bundesverband der Betriebskrankenkassen, den Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., den Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. und die Bundesknappschaft -, die Barmer Ersatzkasse, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund Stellung genommen.
1. Das Bundesministerium hält die zur Prüfung gestellten Normen für verfassungsgemäß. Es teilt mit, die letzte, im Jahre 1995 vom Statistischen Bundesamt durchgeführte Lohnstrukturerhebung im Produzierenden Gewerbe, im Handel sowie im Kredit- und Versicherungsgewerbe habe ergeben, dass mehr als 97 vom Hundert der ganzjährig Beschäftigten im früheren Bundesgebiet einmalig gezahltes Arbeitsentgelt erhalten hätten. In den neuen Ländern und Berlin-Ost seien es mehr als 78 vom Hundert gewesen. In anderen Dienstleistungsbranchen dürften die Werte niedriger sein. Die Auswertung des im Bundesministerium geführten Tarifregisters habe ergeben, dass 95 vom Hundert der in Geltungsbereichen von Tarifverträgen beschäftigten Arbeitnehmer zusätzliches Urlaubsgeld und 96 vom Hundert eine Jahressonderzahlung erhielten. Bei tarifgebundenen Arbeitgebern seien rund 74 vom Hundert der Arbeitnehmer beschäftigt. Eine repräsentative Auswahl von Tarifverträgen für bedeutende Wirtschaftszweige zeige, dass in nahezu allen Tarifverträgen Jahressonderzahlungen zum Jahresende von einer Mindestbeschäftigungszeit abhingen. Diese Wartezeiten lägen hauptsächlich zwischen drei und zwölf Monaten. Nach Erfüllung der Mindestbeschäftigungszeit werde im ersten Jahr zumeist für jeden Beschäftigungsmonat ein Zwölftel der Sonderzahlung erbracht.
2. Das Bundessozialgericht hat Stellungnahmen mehrerer Senate vorgelegt.
a) Der für das Beitragsrecht der Sozialversicherung zuständige 12. Senat hält aus den schon vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom genannten Gründen § 23 a SGB IV - isoliert betrachtet - für verfassungsgemäß. Es hätten schwerwiegende Gründe für den Gesetzgeber bestanden, den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Gleichheitsverstoß nicht durch eine inhaltliche Änderung des Beitragsrechts zu beseitigen. Schon aus finanzwirtschaftlichen Gründen sei ein solcher Weg ausgeschlossen. Auch sei es unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität nicht vorstellbar, Beiträge auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nur mit einem anteiligen Beitragssatz zu erheben, der den Anteil der kurzfristigen Lohnersatzleistungen am Gesamtleistungsumfang der Versicherung widerspiegele. Im übrigen würden sich dann neue Gleichbehandlungsprobleme zumindest in der gesetzlichen Krankenversicherung einstellen, weil hier dann auch ermäßigte Beiträge auf Renten gefordert werden könnten. Es wäre unverhältnismäßig, wenn wegen der insgesamt gesehen geringen Äquivalenzstörungen § 23 a SGB IV für nichtig erklärt und damit - bei gleicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der versicherten Arbeitnehmer - die beitragsrechtliche Ungleichbehandlung von Arbeitsentgelt, je nachdem ob es laufend oder einmalig gezahlt werde, wieder wesentlich verschärft würde.
b) Aus der Sicht des Arbeitsförderungsrechts vertritt der 7. Senat im Ergebnis die Auffassung, § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III sei verfassungswidrig, weil mangels einer leistungsrechtlichen Kompensation eine Äquivalenzabweichung im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliege und sich der Zweck des Arbeitslosengeldes nach dem SGB III - anders als noch unter der Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes - derart deutlich an der Sicherung des bisherigen Lebensstandards orientiere, dass es keinen sachlichen Grund mehr gebe, einmalig gezahltes Arbeitsentgelt unberücksichtigt zu lassen. Denn das Bemessungsentgelt werde durch eine ausgeprägt retrospektive Betrachtungsweise ("Referenzprinzip") ermittelt; der Bemessungszeitraum betrage nunmehr 52 Wochen. Berücksichtigt würden mit Ausnahme der in § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 3 SGB III genannten Fälle alle Lohnbestandteile. Insbesondere die Berücksichtigung von Mehrarbeitszuschlägen und tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden stelle eine deutliche Abkehr von einer Orientierung am zukünftig erzielbaren Entgelt dar. Bestätigt werde dieser Strukturwandel durch die Begründung zum Entwurf des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (BTDrucks 13/4941, S. 147 und S. 178). Darüber hinaus sei die Verwaltungspraktikabilität kein sachlicher Differenzierungsgrund mehr. Zudem würden durch den langen, 52-wöchigen Bemessungszeitraum Zufälligkeiten und Manipulationsmöglichkeiten weitestgehend ausgeschlossen.
c) Der 1. Senat weist aus der Sicht des Krankenversicherungsrechts darauf hin, dass das SGB V maßgeblich durch das Prinzip des sozialen Ausgleichs geprägt sei. Äquivalenzgesichtspunkten werde kein hoher Stellenwert beigemessen. Hinzu komme, dass wohl nur ein verschwindend kleiner Vomhundertsatz der erkrankten Arbeitnehmer durch § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V begünstigt werde, weil nur zwei vom Hundert überhaupt kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt erhielten und rund 95 vom Hundert aller arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer vor Ablauf von sechs Wochen wieder arbeitsfähig würden. Im Übrigen gebe es für § 47 a SGB IV nur einen Anwendungsbereich, wenn er dahingehend ausgelegt werde, dass sein Satz 2 lediglich arbeitsrechtlich zulässige Kürzungen meine. Mithin beschränke sich der Anwendungsbereich der Vorschrift auf Fälle, in denen der Arbeitgeber rechtswidrig einmalig zu zahlendes Arbeitsentgelt vorenthalte.
3. Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und die Krankenkassenverbände sehen für § 47 a SGB V - mit Ausnahme der rechtswidrigen Vorenthaltung einmalig zu zahlenden Arbeitsentgeltes durch den Arbeitgeber - keinen Anwendungsbereich. Der Verband vertritt die Auffassung, für die verfassungsrechtliche Beurteilung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung sei es unerheblich, dass § 47 a SGB V praktisch leer laufe, weil das Übergangsgeld nur 0,5 vom Hundert der Gesamtausgaben der Rentenversicherungsträger ausmache. Die Krankenkassenverbände sind der Auffassung, eine eventuelle Unvereinbarerklärung des § 23 a SGB IV mit Art. 3 Abs. 1 GG müsse zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung mit einer befristeten Weitergeltungsanordnung versehen werden. Diesen Standpunkt vertritt auch die Barmer Ersatzkasse. Sie meint im Übrigen, das Einmalzahlungsgesetz habe den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verfassungsverstoß nicht beseitigt.
4. Die von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände mitgeteilten Informationen zur tarifvertraglichen Situation entsprechen im Wesentlichen den Angaben in der Stellungnahme des Bundesministeriums. Die Vereinigung weist darauf hin, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt als Mittel einer tarifvertraglich vereinbarten Lohnerhöhung üblicherweise nicht an eine Mindestbeschäftigungszeit gekoppelt sei.
5. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht in § 23 a SGB IV einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die von ihm gegebenen Informationen zur tarifvertraglichen Situation stimmen im Wesentlichen mit den Angaben des Bundesministeriums überein. Er teilt weiter mit, dass der tarifvertragliche Urlaubsgeldanspruch nach den meisten Tarifverträgen vom Bestehen eines Urlaubsanspruchs abhänge und nicht von einer Mindestbeschäftigungszeit.
B.
Die Vorlagen sind zulässig. Die Gerichte sind zutreffend davon ausgegangen, dass das Einmalzahlungsgesetz einen neuen verfassungsrechtlichen Prüfungsgegenstand im Sinne des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG darstellt. Das Sozialgericht konnte in dem Verfahren 1 BvL 4/98 die Frage, ob die Beitragsvorschrift des § 23 a SGB IV mit dem Grundgesetz vereinbar ist, isoliert vorlegen. Denn eine für verfassungswidrig erachtete Rechtslage, die sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Einzelregelungen ergibt und bei der sich deshalb der etwa bestehende verfassungsrechtliche Mangel durch eine Nachbesserung bei der einen oder der anderen Einzelregelung beheben ließe, kann grundsätzlich anhand jeder der betroffenen Normen zur Prüfung gestellt werden (vgl. BVerfGE 82, 60 <84>). An der Entscheidungserheblichkeit der Vorlage in dem Verfahren 1 BvL 1/98 fehlt es nicht deswegen, weil der für die Bemessung des Unterhaltsgeldes und des Arbeitslosengeldes maßgebliche Zeitraum vor dem liegt und damit vor dem Ablauf der im angeordneten vorläufigen Weitergeltung der für verfassungswidrig erklärten Vorschriften. Der Kläger des Ausgangsverfahrens hat auch in der Zeit nach dem Lohnersatzleistungen bezogen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass das verfassungswidrige Recht auch nach dem auf solche Lohnersatzleistungen angewendet werden soll, deren maßgeblicher Bemessungszeitraum vor dem liegt.
C.
§ 23 a SGB IV, § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG und § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V sind mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar, soweit danach auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung erhoben werden, obwohl es bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen, wie dem Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld und Krankengeld, unberücksichtigt bleibt.
I.
Das Bundesverfassungsgericht kann von einer inhaltlichen Kontrolle der zur Prüfung gestellten Vorschriften nicht mit der Begründung absehen, diese würden nur Normen wiederholen, die bereits im Beschluss vom als verfassungswidrig beanstandet wurden (vgl. BVerfGE 96, 260 <263>). Zwar hat der Gesetzgeber die bestehenden Beitragsregelungen, die einmalig gezahltes Arbeitsentgelt betreffen, unverändert in der Vorschrift des § 23 a SGB IV zusammengefasst. Diese Vorgehensweise lag aber im Bereich seines Gestaltungsraums. Er konnte wählen, ob er eine verfassungsgemäße Rechtslage auf der Beitragsseite durch eine Änderung der Beitragsbelastung von Einmalzahlungen oder auf der Leistungsseite durch Einbeziehung von Einmalzahlungen in die Bemessungsgrundlage kurzfristiger Lohnersatzleistungen herbeiführen wollte (vgl. BVerfGE 92, 53 <73>). Von dieser Gestaltungsfreiheit hat er mit der das bisherige Beitragsrecht fortführenden Vorschrift des § 23 a SGB IV Gebrauch gemacht (vgl. BVerfGE 92, 53 <70 f.>); dafür bestanden nach der Stellungnahme des 12. Senats des Bundessozialgerichts auch gewichtige Gründe.
Im Bereich der leistungsrechtlichen Vorschriften hat der Gesetzgeber die beanstandeten Normen nicht einfach wiederholt. In Bezug auf die unverändert gebliebene Bemessungsbestimmung des § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG hat er im Gesetzgebungsverfahren hinlänglich zum Ausdruck gebracht, dass er die Regelung überprüft habe und an ihr mit der Begründung festhalten wolle, die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts geändert und der Schutzzweck des Arbeitslosengeldes müsse neu bewertet werden. Mit § 47 a SGB V hat der Gesetzgeber außerdem eine neue Vorschrift geschaffen.
II.
Das entschieden, dass es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, wenn Versicherte, die im Hinblick auf Einmalzahlungen ganz oder zum Teil der Beitragspflicht unterliegen, hinsichtlich kurzfristiger Lohnersatzleistungen aus diesem Entgelt keine Leistungen erhalten, während Versicherte, die lediglich aus laufendem Arbeitsentgelt Beiträge zahlen, voll in den Genuss entsprechender Leistungen gelangen. Zwar ist es von Verfassungs wegen auch bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen nicht geboten, dass eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt wird. Für unterschiedliche Leistungen an Versicherte mit gleicher Beitragsbelastung muss aber ein hinreichender sachlicher Grund bestehen (vgl. BVerfGE 92, 53 <71>).
1. Nach den zur Prüfung gestellten leistungsrechtlichen Vorschriften des § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG und § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V haben die Beiträge unverändert einen unterschiedlichen Erfolgswert. Einmalzahlungen werden insbesondere bei der Bemessung des Arbeitslosen- und des Krankengeldes - von der Vorschrift des § 47 a SGB V zunächst abgesehen - nach wie vor nicht berücksichtigt. Auch nach dem Inkrafttreten des Einmalzahlungsgesetzes werden deshalb Versicherte mit gleich hoher Beitragsbelastung umso stärker bei kurzfristigen Lohnersatzleistungen benachteiligt, je höher der Anteil ihres beitragspflichtigen einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes am beitragspflichtigen Gesamtarbeitsentgelt ist. Demgegenüber werden die Versicherten bei den Lohnersatzleistungen umso stärker bevorzugt, je geringer der Anteil des beitragspflichtigen einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes ist.
2. Für diese Ungleichbehandlung sind hinreichende sachliche Gründe nach wie vor nicht ersichtlich.
a) Der Gesetzgeber beruft sich bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes darauf, dieses repräsentiere das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose auch künftig erzielen könne; Einmalzahlungen gehörten angesichts der derzeitigen Entwicklung in weiten Teilen der Wirtschaft, die auf Kostensenkung bei den Lohn- und Lohnzusatzkosten gerichtet sei, nicht mehr dazu (vgl. BTDrucks 13/5062, S. 7). Diese mit einem Wechsel im Schutzkonzept begründete Ausrichtung des Arbeitslosengeldes am so genannten Entgeltausfallprinzip (vgl. BTDrucks, a.a.O., S. 6) kann die Benachteiligung der Versicherten mit Beitragsleistungen aus einmalig gezahlten Arbeitsentgelten nicht rechtfertigen.
aa) Wenn es der Gesetzgeber dabei belässt, die Höhe der jeweiligen Lohnersatzleistung grundsätzlich an den beitragspflichtigen Arbeitsentgelten zu orientieren (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 1 AFG; §§ 129, 130, 132 SGB III; § 47 SGB V), so müssen alle beitragspflichtigen Arbeitsentgelte berücksichtigt werden. Dies gilt unabhängig davon, wie der Gesetzgeber das konkrete Sicherungsziel bestimmt. Dieses Ziel kann der Erhalt des Lebensstandards auf der Grundlage der Entgelte aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis sein, aber auch der des Lebensstandards entsprechend einem eventuell neuen Arbeitsverhältnis, wenn Versicherungsfall der Eintritt der Arbeitslosigkeit ist oder wenn das bisherige Arbeitsverhältnis nach Eintritt eines anderen Versicherungsfalls beendet wird. Es ist auch unerheblich, ob der Maßstab ausschließlich nach dem Zeitraum vor dem Versicherungsfall, also nach dem so genannten Referenzprinzip ermittelt werden soll, oder ob prospektive Elemente hinzukommen und deshalb lohnrelevante Umstände in der Zeit nach Eintritt des Versicherungsfalls mit berücksichtigt werden. Solange die Bemessung der Lohnersatzleistung nicht in einer ganz unbedeutenden Weise durch das bisherige beitragspflichtige Arbeitsentgelt mit bestimmt wird, müssen alle Arbeitsentgeltbestandteile, die der Beitragspflicht unterworfen werden, einen grundsätzlich gleichen Erfolgswert haben. Allein dies entspricht Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Erfolgswert von beitragspflichtigem einmalig gezahltem Arbeitsentgelt muss zwar nicht zwingend im Rahmen des Berechnungsfaktors gesichert werden, nach dem die sonstigen beitragspflichtigen Arbeitsentgelte bei der Bemessung berücksichtigt werden. Der gesetzgeberische Gestaltungsraum lässt hier verschiedene Regelungsmöglichkeiten zu. Entscheidend ist aber, dass die vom Gesetzgeber gewählte Lösung das beitragspflichtige einmalig gezahlte Arbeitsentgelt im Ergebnis berücksichtigt, so dass Versicherte mit einem gleich hohen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt auch mit einer gleich hohen Lohnersatzleistung rechnen können, wenn sich ihre Situation nur dadurch unterscheidet, dass einige von ihnen mehr, andere weniger und wieder andere überhaupt kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt erhalten haben.
bb) Auch die Berufung auf Veränderungen in der Struktur der Arbeitsentgelte kann den Verzicht des Gesetzgebers auf die Berücksichtigung von Einmalzahlungen nicht rechtfertigen. Für die vom Gesetzgeber vorgenommene Einschätzung der künftigen Entwicklung bei den Lohnersatzleistungen waren schon im Zeitpunkt der Gesetzesberatungen keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden. Dies haben die Anhörungen bestätigt (vgl. Deutscher Bundestag, 13. Wp., Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung, Protokoll Nr. 71, S. 18, 19) und wird in den Stellungnahmen zu den Vorlagen auch für die Zeit danach bekräftigt. Allerdings würde ein Gleichheitsverstoß auch dann noch vorliegen, wenn mittlerweile nur noch ein deutlich geringerer Teil der Arbeitnehmer einmalig gezahltes Arbeitsentgelt erhielte. Auch dann wäre noch eine hinreichend große Zahl von Personen benachteiligt, die der Gesetzgeber auch bei Typisierungen nicht ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG außer Betracht lassen dürfte. Im übrigen kann der Gesetzgeber unbilligen Zufallsergebnissen und Manipulationen mit einem entsprechend großen Bemessungszeitraum - wie jetzt auch in § 130 SGB III vorgesehen - begegnen (vgl. auch BVerfGE 92, 53 <72 f.>).
b) Die Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen beim Krankengeld und beim Übergangsgeld wird durch die Gewährung eines zusätzlichen Krankengeldes nach § 47 a SGB V nicht ausgeglichen. Die Vorschrift hat nach ihrer Auslegung durch die vorlegenden Gerichte praktisch keinen Anwendungsbereich. Dies ist auch die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Auffassung der Verbände (vgl. BTDrucks 13/5826, S. 12), die sie auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen in den vorliegenden Verfahren aufrechterhalten haben. An der mangelnden Eignung des § 47 a SGB V zur Behebung des Gleichheitsverstoßes ändert sich auch nichts, wenn diese Vorschrift - in Anlehnung an das Bundessozialgericht und die Verbände der Sozialversicherungsträger - als eine so genannte Gleichwohlgewährungsvorschrift ähnlich dem § 117 Abs. 4 AFG und § 143 Abs. 3 SGB III interpretiert wird. Dient nach dieser Auslegung das zusätzliche Krankengeld der Absicherung eines - trotz Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers - arbeitsrechtlich bestehenden Anspruchs auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, so wird gerade nicht der Arbeitsentgeltausfall wegen Arbeitsunfähigkeit abgedeckt. Vielmehr wird der Arbeitnehmer nur gegen die Zahlungsunwilligkeit des Arbeitgebers abgesichert und das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers der Krankenkasse auferlegt. Damit wird die Ungleichbehandlung nicht beseitigt.
III.
1. § 23 a SGB IV ist danach in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Aus den im Beschluss vom genannten Gründen (BVerfGE 92, 53 <74>) ist es auch hier ausnahmsweise geboten, eine Fortgeltung des § 23 a SGB IV bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum , zuzulassen. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Neuregelung in Kraft getreten ist, kann § 23 a SGB IV allerdings nicht mehr als Grundlage für die Heranziehung von Einmalzahlungen zu Sozialversicherungsbeiträgen dienen.
2. § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG und § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V sind seit insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, für das Beiträge entrichtet wurden, bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts nicht berücksichtigt wird. Nach § 78 Satz 2 BVerfGG, der im Verfahren der konkreten Normenkontrolle entsprechend anwendbar ist, ist im Interesse der Rechtsklarheit auch die Nachfolgevorschrift des § 134 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB III für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar zu erklären. Über die Erbringung von Lohnersatzleistungen kann nach Bekanntgabe dieser Entscheidung vorläufig entschieden werden (vgl. auch § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III).
3. Der Gesetzgeber hat durch geeignete Regelungen sicherzustellen, dass einmalig gezahlte Arbeitsentgelte bei den Lohnersatzleistungen berücksichtigt werden, soweit über deren Gewährung für die Zeit nach dem noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist. Dem Gesetzgeber bleibt es unbenommen, statt einer individuellen Neuberechnung der Altfälle aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Bemessungsentgelte pauschal um 10 vom Hundert anzuheben. Denn um diesen Prozentsatz erhöhen sich im Durchschnitt die Lohnersatzleistungen bei Berücksichtigung einmalig gezahlter Arbeitsentgelte, wenn aufgrund der vorliegenden Informationen über die Lohnstruktur bei ganzjährigen Beschäftigungsverhältnissen (vgl. oben unter A III 1, 4 und 5) davon ausgegangen wird, dass die Mehrzahl der Versicherten ein Weihnachts- und Urlaubsgeld erhält.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
FAAAB-85010