Fin Min Saarland - B/1-2 - 178/2002 - S 0550

Freistellungsbescheinigung gem. § 48b EStG;

Erteilung in Insolvenzverfahren

Die Referatsleiter der obersten Finanzbehörden haben in der Sitzung AO II/2002 die Problematik erörtert, wie im Insolvenzverfahren mit einer erteilten bzw. mit einer zu erteilenden Freistellungsbescheinigung nach § 48 EStG zu verfahren ist. Sie kamen zu folgendem Ergebnis:

Widerruf einer Freistellungsbescheinigung

Eine Freistellungsbescheinigung ist zu widerrufen, wenn der Steueranspruch gefährdet erscheint. Eine Gefährdung des Steueranspruchs kann bereits vor Stellung eines Insolvenzantrages vorliegen. Ob und wann ein Widerruf vorgenommen wird, ist nach den Gegebenheiten im Einzelfall zu entscheiden.

Eine Anfechtung des Widerrufs durch den Insolvenzverwalter ist nur möglich, wenn das Verfahren eröffnet wurde und die Voraussetzungen der §§ 130, 131 InsO vorliegen.

Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung durch den Insolvenzverwalter

Es ist zu unterscheiden, ob die Bauleistungen vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden.

Bei Steuern, die auf Bauleistungen entfallen, die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter erbracht werden, handelt es sich um sonstige Masseverbindlichkeiten. Masseverbindlichkeiten sind vorweg aus der Masse zu befriedigen (§ 53 InsO); der Insolvenzverwalter haftet bei der Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten persönlich (§ 69 AO, §§ 60, 61 InsO). Für Bauleistungen, die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter erbracht werden, kann daher grundsätzlich eine Freistellungsbescheinigung ausgestellt werden, da eine Gefährdung des Steueranspruches nicht gegeben ist. Um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, ob die Bauleistungen vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, ist die Freistellungsbescheinigung nur auftragsbezogen zu erteilen.

Beantragt der Insolvenzverwalter eine Freistellungsbescheinigung für Bauleistungen, die vor Insolvenzeröffnung vom Schuldner erbracht wurden, ist ihm diese zu versagen. Steuern, die auf solche Bauleistungen entfallen, sind Insolvenzforderungen. Diese Forderungen fallen in der Regel aus bzw. werden nur anteilsmäßig befriedigt. In diesen Fällen liegt regelmäßig eine Gefährdung des Steueranspruches vor.

Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis („starker” vorläufiger Insolvenzverwalter, § 22 Abs. 1 InsO) begründet worden sind, werden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 2 InsO).

Beantragt daher ein vorläufiger „starker” Insolvenzverwalter eine Freistellungsbescheinigung für Bauleistungen, die nach seiner Bestellung zum Verwalter aber vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, so ist ihm im Regelfall eine auftragsbezogene Freistellungsbescheinigung auszustellen. Ist im Einzelfall jedoch abzusehen, dass kein Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist wegen Gefährdung des Steueranspruches eine Freistellungsbescheinigung zu versagen.

Die o.g. Ergebnisse sollen in die geplante Überarbeitung des  IV A 5 – S 1900 – 292/01 – zur Bauabzugssteuer einbezogen werden.

Fin Min Saarland v. - B/1-2 - 178/2002 - S 0550

Fundstelle(n):
FAAAB-84547