BFH Beschluss v. - VII B 128/05

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde vom Amtsgericht (u.a.) wegen gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Schmuggels strafrechtlich verurteilt. Er wurde insoweit für schuldig befunden, Anfang 1998 einen illegalen Zigarettentransport mit 8 000 Stangen unversteuerter und unverzollter Zigaretten, die unter einer Tarnladung versteckt waren, mit organisiert zu haben. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt —HZA—) setzte daraufhin die auf die Zigaretten entfallenden Einfuhrabgaben gegen den Kläger fest.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage, mit der der Kläger die Tatbeteiligung bestritt und geltend machte, dass er ein Geständnis im Strafverfahren nur abgelegt habe, weil ihm die Rückzahlung eines Teils der zuvor von ihm geleisteten Kaution in Aussicht gestellt worden sei, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass es von der behaupteten finanziellen Zwangslage des Klägers aufgrund der geleisteten Kaution und der insoweit erforderlichen Zinszahlungen nicht überzeugt sei. Insoweit bestünden Widersprüche im Vortrag des Klägers, die ungeklärt geblieben seien. Auch seien die vom Kläger behaupteten Zahlungen nicht belegt worden. Obwohl dem Kläger die Ansicht des Gerichts bereits aus dem vorangegangenen Verfahren betreffend die Aussetzung der Vollziehung bekannt gewesen sei, habe er insoweit keine weiteren Tatsachen vorgetragen oder Beweise angeboten.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Fortbildung des Rechts und des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe zum Teil nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

1. Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist einer Rechtsfrage beizumessen, wenn ihre Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. , BFHE 198, 316, BStBl II 2002, 581, m.w.N.). Das Vorliegen dieser Zulassungsvoraussetzungen muss der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist schlüssig und substantiiert darlegen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO). Dazu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom II B 5/95, BFH/NV 1996, 141, m.w.N.; vom V B 23/00, BFH/NV 2000, 1148; Senatsbeschluss vom VII B 178/02, BFH/NV 2003, 214).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Beschwerde wendet sich lediglich gegen die materielle Richtigkeit des Urteils des FG, indem sie die Ansicht vertritt, dass das FG sich die strafgerichtlichen Feststellungen nicht habe zu Eigen machen dürfen, da der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren substantiierte Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben habe, und indem sie insoweit nahezu den gesamten Inhalt der Klageschrift wörtlich wiedergibt. Eine konkrete klärungsbedürftige Rechtsfrage formuliert die Beschwerde jedoch nicht. Allein mit dem Vorbringen, dass ein dem Streitfall „vergleichbarer entschiedener Fall bisher unbekannt” sei, wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig dargelegt.

Die von der Beschwerde für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage, ob die vom FG gemäß § 79b Abs. 3 FGO gesetzte Ausschlussfrist für weiteres Vorbringen ihre Wirkung verliert, wenn das FG im Anschluss daran mehr als drei Jahre untätig bleibt, ist nicht klärungsfähig, da das FG im Streitfall keine Erklärungen des Klägers oder Beweismittel unter Hinweis auf die abgelaufene Erklärungsfrist zurückgewiesen hat.

2. Da mit der Beschwerde keine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage formuliert wird, ist auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) nicht ausreichend dargelegt (vgl. , BFH/NV 2002, 652; Senatsbeschluss vom VII B 263/02, BFH/NV 2003, 835).

3. Der behauptete Verfahrensmangel ist nicht schlüssig dargelegt, liegt aber jedenfalls nicht vor.

Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und , BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge (Senatsbeschluss vom VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). An entsprechenden Darlegungen fehlt es im Streitfall; auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich kein Hinweis, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung Beweisanträge gestellt oder das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Beweisanträge gerügt hat.

Ungeachtet des daraus folgenden Rügeverlustes, stellt es keinen Verfahrensmangel dar, dass das FG dem schriftsätzlichen Antrag des Klägers, die Abhörbänder aus dem Strafverfahren beizuziehen, nicht gefolgt ist. Eine beantragte Beweiserhebung kann das FG ablehnen, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zugunsten der betreffenden Partei unterstellt, das Beweismittel nicht erreichbar oder völlig ungeeignet ist, den Beweis zu erbringen (Senatsbeschluss vom VII B 268/01, BFH/NV 2002, 1595, m.w.N.). Im Streitfall hat das FG die unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers, er sei nicht „Chef einer Schmuggelabteilung” gewesen, als wahr unterstellt. Soweit die Beschwerde meint, dass bei dieser Unterstellung sich der Tatvorwurf gegen den Kläger nicht mehr halten lasse, wendet sie sich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, zeigt aber keinen Verfahrensmangel auf.

Anders als die Beschwerde meint, war das FG nicht gemäß § 76 Abs. 2 FGO verpflichtet, den Kläger zu veranlassen, den Antrag auf Beiziehung der Abhörbänder zum Beweis der Tatsache zu stellen, dass er die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen habe. Abgesehen von der mangelnden Bestimmtheit eines solchen Antrags kam es nach der —insoweit maßgeblichen— Auffassung des FG auf den Inhalt der Abhörbänder nicht an, da sich die Beteiligung des Klägers an der Organisation der Schmuggelfahrt Anfang 1998 aus seinem Geständnis im Strafverfahren ergab.

Fundstelle(n):
DAAAB-83233