Instanzenzug:
Gründe
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erließ am gegenüber dem selbständig tätigen Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für das Streitjahr 2000 einen Einkommensteuerbescheid, in dem er mangels Abgabe einer Steuererklärung die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Der Bescheid enthält im Anschluss an die Steuerberechnung „Erläuterungen” und hieran anschließend eine „Rechtsbehelfsbelehrung”. In den „Erläuterungen”, in denen das FA im Wesentlichen auf die Rechtsgrundlage für die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen und die fortbestehende Pflicht zur unverzüglichen Einreichung der Steuererklärung hinwies, befindet sich folgender Satz: „Eine Änderung dieses Bescheides zu Ihren Gunsten ist nur unter bestimmten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere nach Einlegung eines Rechtsbehelfes möglich.”
Am reichte der Kläger die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr nebst Gewinnermittlung ein. Das FA lehnte eine Änderung des bestandskräftig gewordenen Bescheides vom mangels gesetzlicher Änderungsvorschriften ab. Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machte der Kläger u.a. geltend, der Hinweis in den Erläuterungen des Bescheides auf eine mögliche Abänderung des Schätzungsbescheides führe zu irrigen Vorstellungen über die Notwendigkeit eines Einspruchs; die Rechtsbehelfsfrist betrage nach § 356 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ein Jahr. Auch sei die insbesondere aufgrund der Nichtberücksichtigung von Betriebsausgaben weit überhöhte Schätzung nichtig.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) werde durch den streitigen Satz in den „Erläuterungen” gerade nicht der Eindruck erweckt, dass der Kläger untätig bleiben könne, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Selbst wenn die Schätzung am oberen Rande liege, so sei nicht festzustellen, dass das FA die Besteuerungsgrundlagen bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen und damit willkürlich geschätzt habe.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, zu klären sei die bislang nicht vom Bundesfinanzhof (BFH) beantwortete Rechtsfrage, inwieweit über den eigentlichen Belehrungstext der Rechtsbehelfsbelehrung hinausgehende Hinweise und Erläuterungen des FA zutreffend sein müssten, um die Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig werden zu lassen. Da die hier streitige „Erläuterung” vom FA generell verwendet werde, bestehe insoweit ein allgemeiner Klärungsbedarf. Insbesondere bei steuerrechtsunkundigen Steuerpflichtigen —wie dem Kläger— hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass eine Abänderung des „Schätzungsbescheides” nur nach Einspruchseinlegung möglich sei. Insoweit sei auch eine Fortbildung des Rechts erforderlich. Zugleich verlange die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH, denn das FG habe sich mit der Rechtsprechung des BFH sowohl zur Unrichtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung in den Urteilen vom VI R 32/99 (BFH/NV 2000, 1083) und vom II 97/56 U (BStBl III 1956, 296) als auch zur Nichtigkeit von Schätzungsbescheiden, insbesondere im Urteil vom X R 33/99 (BFH/NV 2002, 1415) nicht auseinander gesetzt.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet, so dass sie insgesamt als unbegründet zurückzuweisen ist.
1. Soweit der Kläger eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für erforderlich hält, entspricht die Beschwerdebegründung nicht den vom Gesetz gestellten Anforderungen. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO sind die Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO „darzulegen”. Dazu reicht es nicht aus, wenn —wie im Streitfall— im Rahmen der Divergenzrüge lediglich vorgetragen wird, das FG habe sich mit bestimmten Urteilen des BFH nicht auseinander gesetzt. Notwendig ist vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der Beschwerdeführer abstrakte Rechtssätze im Urteil des FG und in der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet, dass die Abweichung erkennbar wird (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 42, m.w.N.).
2. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, inwieweit über die Rechtsbehelfsbelehrung hinausgehende Hinweise und Erläuterungen des FA in einem Steuerbescheid zutreffend sein müssen, um eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig werden zu lassen, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Insoweit bedarf es auch keiner Rechtsfortbildung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO.
Grundsätzliche Bedeutung hat nur eine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Daran fehlt es, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N.).
Die aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich anhand der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BFH eindeutig im Sinne des FG beantworten. Danach ist eine Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig i.S. des § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO, und damit auch i.S. des § 356 Abs. 2 AO 1977, wenn sie in einer der gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 FGO bzw. § 356 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 wesentlichen Aussagen unzutreffend bzw. derart unvollständig oder missverständlich gefasst ist, dass hierdurch —bei objektiver Betrachtung— die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint (vgl. z.B. , BFHE 186, 324, BStBl II 1998, 742). In diesem Sinn hat der (juris Nr: STRE815033760) entschieden, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung, die noch andere als notwendige Angaben enthält, richtig und unmissverständlich sein muss. Ob das der Fall ist, bestimmt sich danach, wie der Erklärungsempfänger die Rechtsbehelfsbelehrung oder ergänzende Angaben nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände verstehen musste, wobei Unklarheiten oder Mehrdeutigkeiten zu Lasten der Behörde gehen (vgl. zur Maßgeblichkeit des Verständnishorizonts des Empfängers z.B. , BFHE 196, 550, BStBl II 2003, 912). Anhand dieser Rechtsprechung lässt sich die gestellte Rechtsfrage eindeutig dahin beantworten, dass Ausführungen im Anschluss an die Steuerberechnung, unabhängig davon, ob sie sich in den „Erläuterungen” oder in der „Rechtsbehelfsbelehrung” befinden, so formuliert sein müssen, dass der Steuerpflichtige nicht von der Einlegung eines notwendigen Rechtsbehelfs abgehalten wird. Insoweit ist auch keine Rechtsfortbildung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO erforderlich.
Auch die mittelbar vom Kläger gestellte Rechtsfrage, ob ein —rechtsunkundiger— Steuerpflichtiger den hier streitigen Satz der „Erläuterungen” dahin verstehen konnte, zur Änderung des ergangenen Bescheides reiche die Abgabe der Steuererklärung nach Fristablauf aus, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist eindeutig zu verneinen. Schon wegen der Worte „nur” und „unter bestimmten Voraussetzungen” ist es nicht möglich, den Hinweis bei verständiger Würdigung (vgl. z.B. , BFH/NV 1988, 141, m.w.N.) dahin zu verstehen, dass der mangels Erklärungsabgabe ergangene Schätzungsbescheid jederzeit durch bloßes Nachreichen der Steuererklärung aus der Welt geschaffen werden kann. Auch wäre anderenfalls der Hinweis „insbesondere durch Einlegung eines Rechtsbehelfes” überflüssig. Die Rechtsbehelfsbelehrung als solche ist —unstreitig— ordnungsgemäß.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
ZAAAB-83217