Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg.
1. a) Mit der Neufassung der Revisionszulassungsgründe durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) hat der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien beabsichtigt, in die Revision auch alle Tatbestände einzubeziehen, „in denen über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts besteht” (Begründung zum Gesetzentwurf, BTDrucks 14/4061, 9). Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung: „Fehler bei der Auslegung revisiblen Rechts können über den Einzelfall hinaus auch dann allgemeine Interessen nachhaltig berühren, wenn sie z.B. von erheblichem Gewicht und geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. In diesen Fällen kann es geboten sein, der Rechtspraxis auch dann eine höchstrichterliche Orientierungshilfe zu geben, wenn die engen Zulassungsgründe des bisherigen Rechts nicht vorliegen.”
Vor diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund der Neufassung des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) davon aus, dass besonders schwerwiegende Fehler des Finanzgerichts (FG) bei der Auslegung revisiblen Rechts die Zulassung der Revision ermöglichen (, BFH/NV 2003, 1604).
b) Besonders schwerwiegende Fehler des FG bei der Auslegung revisiblen Rechts liegen nach der BFH-Rechsprechung dann vor, wenn die Entscheidung des FG objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, und vom X S 8/05 (PKH), juris Nr: STRE200551387).
c) Die Kläger haben zu diesem Punkt im Wesentlichen ausgeführt, das FG habe entschieden, dass dem Kläger der Einsatz seines angesparten Kapitalvermögens von ca. 50 000 € zur Tilgung seiner Steuerschulden zuzumuten sei und die Ausübung seines Berufes dadurch nicht beeinträchtigt werde, da alleine der Wert des Aktiendepots ausreiche, um eventuelle Reisekosten zu begleichen. Diese Ausführungen seien eklatant widersprüchlich. Würde der Kläger seine gesamten Kapitalanlagen zur Tilgung seiner Steuerschulden einsetzen, würde der Wert des Aktiendepots nicht zur Vorfinanzierung der Reisekosten zur Verfügung stehen. Diese evidente Rechtsfehlerhaftigkeit des Urteils stelle sich als Akt objektiver Willkür dar und die Revision sei bereits aus diesem Grund zuzulassen.
Diese Äußerungen reichen zur schlüssigen Darlegung einer objektiv willkürlichen FG-Entscheidung bzw. eines besonders schwerwiegenden Fehlers bei der Auslegung revisiblen Rechts, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, schon deshalb nicht aus, weil das FG angenommen hat, dass dem Kläger der Einsatz seines angesparten Kapitalvermögens im Wesentlichen zur Tilgung seiner Steuerschulden zuzumuten sei. Damit ging das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH davon aus, dass zur Begleichung der Steuerschulden grundsätzlich alle verfügbaren Mittel einzusetzen und auch die Vermögenswerte anzugreifen sind (vgl. z.B. , BFHE 149, 126, BStBl II 1987, 612).
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schlüssig und substantiiert dargelegt haben. Die von ihnen aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Rechtsgedanke des § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bei der Ermessensausübung im Rahmen von Erlassanträgen heranzuziehen ist, hat jedenfalls keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass § 254 BGB den bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzanspruch betrifft und auf öffentlich-rechtliche Steuerhaftungsansprüche nicht ohne weiteres angewendet werden kann. Die Frage eines etwaigen Mitverschuldens des Finanzamts (FA) kann jedoch im Rahmen der Ermessensentscheidung eine Rolle spielen, die das FA bei der Geltendmachung des Haftungsanspruchs zu treffen hat (, BFH/NV 1988, 76). Ob diese Rechtsprechung auch auf die Ermessensentscheidung, die das FA bei einem Erlassantrag zu treffen hat, übertragen werden kann, wäre im Streitfall nicht klärungsfähig, da das FG zu Recht ein Mitverschulden des FA verneint hat. Von einem solchen Mitverschulden könnte nur dann die Rede sein, wenn das FA gegenüber den Klägern bestimmte Pflichten gehabt und diese schuldhaft verletzt hätte. Das FA war aber den Klägern gegenüber nicht verpflichtet, vor Erlass der Grundlagenbescheide Einkommensteuervorauszahlungen hinsichtlich der Beteiligungseinkünfte des Klägers festzusetzen. Zutreffend weist das FG auch darauf hin, dass der für die Einkommensteuerveranlagung der Kläger zuständige Beamte die Voraussetzungen des § 15a des Einkommensteuergesetzes weder prüfen noch erkennen konnte. Der Kläger als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der für die Geschäftsführung zuständigen Komplementär-GmbH der KG hatte —wie sich auch aus der Beschwerdebegründung ergibt— hingegen Kenntnis von den drohenden Steuernachzahlungen. Anstelle die Rücklagen für die zu erwartenden Nachzahlungen (teilweise) in spekulative Anlagen zu investieren, hätte er in Höhe der erwarteten Nachzahlung die Festsetzung von Vorauszahlungen beantragen und die entsprechende Zahlung leisten können. Dadurch hätte er die Minderung seiner Rücklagen für die Steuernachzahlungen durch Kursverluste vermeiden können.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1318 Nr. 7
VAAAB-83214