BFH Beschluss v. - V B 175/04

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) errichtete in den Jahren 1992 und 1993 ein Gebäude mit drei Wohnungen und drei PKW-Stellplätzen, die er anschließend vermietete. Im Streitjahr 2000 errichtete der Kläger auf diesem Grundstück ferner ein Garagengebäude (Carport) mit drei PKW-Einstellplätzen sowie zwei Neben-(Abstell-)Räumen, die er an Mieter der Wohnungen vermietete.

Der Kläger machte die im Zusammenhang mit der Errichtung des Carports ihm in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge in seiner Umsatzsteuererklärung für 2000 (Streitjahr) geltend und erklärte die Entgelte aus der Vermietung bei seinen Umsätzen. Die Vorsteuerbeträge machte er als weitere Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Dem folgte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) im Umsatzsteuerbescheid für 2000 nicht mit der Begründung, es handele sich um eine Nebenleistung zur Wohnungsüberlassung, die nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerfrei sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom Rs. 173/88, Morten (Slg. 1989, 2763, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 1991, 42) ab, wonach die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen dann nicht der Umsatzsteuer unterliege, wenn sie mit einer steuerfreien Vermietung so eng verbunden seien, dass sie einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellten. Diese Voraussetzungen lägen z.B. vor, wenn der Platz für das Abstellen von Fahrzeugen und das für einen anderen Gebrauch (z.B. von Grundstücken zu Wohnzwecken) bestimmte Grundstück Teile ein und desselben Gebäudekomplexes seien und diese beiden Gegenstände von ein und demselben Vermieter an ein und denselben Mieter vermietet würden. Maßgebend für die Beurteilung sei nach Auffassung des EuGH mithin die konkrete Leistungsbeziehung und nicht der Umstand, dass grundsätzlich sowohl eine Wohnung als auch eine Garage unabhängig voneinander angemietet werden könnten. Aus der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sportstättenüberlassung (Urteil vom V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658) ergebe sich nichts anderes. Zwar könnten Wohnungs- und Garagenüberlassung aufgrund der eigenständigen Bedeutung der Nutzungsmöglichkeit einer Garage auch getrennt beurteilt werden; dies sei nicht relevant, da unter den dargestellten Bedingungen die Garagenvermietung eine Nebenleistung zur Wohnungsvermietung sei.

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde, die der Kläger auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Zu diesem Zweck kann zwar eine Entscheidung des BFH bei Divergenz der Vorentscheidung von anderen Gerichtsentscheidungen erforderlich sein. Die vom Kläger gerügte Divergenz ist aber nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger trägt insoweit vor, die Ansicht des FG lasse sich in folgendem abstrakten Rechtssatz zusammenfassen: „Entgegen Wortlaut und Zweck des Gesetzes sind Steuerbefreiungen nicht zu eng auszulegen; mehrere Leistungen zwischen denselben Personen sind auch dann als einheitliche steuerfreie Leistung anzusehen, wenn sie wirtschaftlich nicht voneinander abhängen und auch aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers als verschiedene Leistungen bewertet werden.”

Einen Rechtssatz dieses Inhalts hat das FG nicht aufgestellt. Es hat vielmehr ausgehend von den Grundsätzen des im FG-Urteil zitierten Urteils des EuGH in Slg. 1989, 2763, UR 1991, 42 den konkreten Sachverhalt gewürdigt. Der Kläger hat im Übrigen auch nicht, wie erforderlich (BFH-Beschlüsse vom V B 88/01, BFH/NV 2002, 748; vom X B 140/01, BFH/NV 2002, 1046; vom III B 92/02, BFH/NV 2003, 939), jeweils abstrakte Rechtssätze des Urteils des FG und der Divergenzentscheidungen so genau bezeichnet und einander gegenübergestellt, dass eine Abweichung erkennbar wird. Der Kläger hat zwar eine Reihe von Rechtssätzen aus verschiedenen Entscheidungen des EuGH und des BFH abgeleitet, hat diesen aber keine —nach Auffassung des Klägers— davon abweichenden Rechtssätze des angefochtenen Urteils so gegenübergestellt, dass eine Abweichung erkennbar ist. Dass der Kläger das Urteil des FG für unzutreffend hält, rechtfertigt keine Revisionszulassung.

3. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Der Beschwerdeführer muss die Bedeutsamkeit der Beantwortung der Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung für die Allgemeinheit substantiiert dartun. Dazu muss er erläutern, welche über den Streitfall hinausgehende Bedeutung eine Entscheidung für die nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalls orientierte Rechtsfrage hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 197/00, BFH/NV 2001, 1413; vom V B 12/94, BFH/NV 1995, 456; vom V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748).

Der Kläger meint, die Revision sei zuzulassen, „weil die Entscheidung des FG auf der beispielhaften Umschreibung des (ein und desselben Gebäudekomplexes, ein und derselbe Vermieter, ein und denselben Mieter) und nicht auf dem Tenor selbst (eng mit der steuerfreien Vermietung verbunden) des die finanzgerichtliche Entscheidung allein tragenden ...” Urteils des EuGH beruhe „und dadurch zu einer unzutreffenden Sachentscheidung gelangt, die über den Streitfall hinaus allgemeine Bedeutung hat”. Damit hat der Kläger keine abstrakte Rechtsfrage herausgearbeitet. Ebenso wenig genügt der Hinweis, es seien zudem weitere Abgrenzungsfragen von allgemeiner Bedeutung und im allgemeinen Interesse zu klären, wie „(1) Zurechnung von Haushaltsangehörigen zur Person des Mieters, (2) enge Verbindung mit der Vermietung von zusätzlichen, vertraglich nicht mit einem 'Hauptmietvertrag' verknüpften PKW-Stellplätzen an einen Mieter, (3) und zwar auch dann, wenn der 'Hauptmietvertrag' und eine Stellplatzüberlassung vertraglich miteinander verwoben sind”. Es handelt sich insoweit um Gesichtspunkte, die für die Würdigung des Einzelfalles eine Rolle spielen können, nicht aber um grundsätzliche Rechtsfragen. Anhaltspunkte dafür, warum angesichts der vom FG zutreffend wiedergegebenen Grundsätze des EuGH-Urteils eine weitere Klärung erforderlich sein soll, lassen sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1169 Nr. 6
GAAAB-82033