Keine Investitionszulage für mehrere Monate außerhalb des Fördergebiets eingesetzte Reisebusse
Leitsatz
Für Transportmittel kann Investitionszulage nach § 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 1991/1993 nur gewährt werden, wenn das betreffende Fahrzeug über die funktionelle Bindung an die Betriebsstätte im Fördergebiet hinaus überwiegend, d. h. an mindestens 183 Tagen pro Jahr und zugleich regelmäßig, d. h. ohne größere zeitliche Unterbrechung, im Fördergebietsverkehr eingesetzt wird. Beim Einsatz eines Omnibusses außerhalb des Fördergebiets handelt es sich nur dann um eine Teilnahme am Fördergebietsverkehr, wenn die Fahrt dazu dient, Personen vom Fördergebiet zu einem Ort außerhalb des Fördergebiets und zurück zu bringen oder wenn es sich um eine Rundreise von einem Ort im Fördergebiet und zurück ins Fördergebiet handelt. Bei mehrmonatigen Fahrten, die außerhalb des Fördergebiets beginnen und enden, werden die Busse nicht im Fördergebietsverkehr eingesetzt und verbleiben daher nicht im Fördergebiet. Die Regelung der Finanzverwaltung, dass Baugeräte zulagenunschädlich bis zu fünf Monate außerhalb des Fördergebiets eingesetzt werden können, ist auf Reisebusse nicht übertragbar.
Gesetze: InvZulG § 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein Busunternehmen. Für eine Betriebsstätte im Fördergebiet erwarb er im Mai 1992 einen Reisebus (Bus 1) für rund 490 000 DM. Im August 1994 kaufte er für die Betriebsstätte einen weiteren Bus (Bus 2) für rund 480 000 DM.
Die für Bus 1 beantragte Investitionszulage gewährte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid in Höhe von 12 v.H. der Anschaffungskosten (= 59 130 DM).
Aus einer Überprüfung der Fahrtenbücher und anderer Unterlagen ergab sich später, dass Bus 1 von November 1992 bis März 1993 und von Oktober 1993 bis November 1993 ununterbrochen außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden war. Das FA änderte daher den Investitionszulagenbescheid 1992 und setzte die Investitionszulage auf 0 DM fest.
Für Bus 2 beantragte der Kläger eine Investitionszulage in Höhe von 8 v.H. der Anschaffungskosten (= 38 407 DM). Die Ermittlungen des FA ergaben, dass dieser Bus von Oktober bis Dezember 1994 ununterbrochen außerhalb des Fördergebiets eingesetzt war. Es setzte deshalb die Investitionszulage für 1994 ebenfalls auf 0 DM fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage, mit der er vortrug, Bus 1 sei in der Zeit vom 1. November bis , vom 11. Januar bis und vom 10. Oktober bis ausschließlich für jeweils eine Theatertournee außerhalb des Fördergebiets eingesetzt gewesen. Bus 2 sei vom 2. Oktober bis ebenfalls für eine Theatertournee außerhalb des Fördergebiets im Einsatz gewesen. Die Tourneen hätten weder zu Beginn noch zum Abschluss eine Anbindung an das Fördergebiet gehabt und das Fördergebiet auch nicht berührt.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Busse seien über fünf bzw. zweieinhalb Monate außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden und deshalb nicht drei Jahre nach ihrer Anschaffung ununterbrochen im Fördergebiet verblieben. Zwar erkenne der Bundesfinanzhof bei Transportmitteln Ausnahmen von den strengen Verbleibensvoraussetzungen an. Voraussetzung sei aber, dass die Einsätze außerhalb des Fördergebiets —anders als im Streitfall— mit Fahrten im Fördergebiet zusammenhingen. Die Fahrten müssten programmgemäß im Fördergebiet beginnen und im Fördergebiet enden, was einschließe, dass die Teilnehmer zu Beginn im Fördergebiet zustiegen und zum Abschluss dort wieder ausstiegen.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er trägt im Wesentlichen vor: Im Streitfall seien besondere Gründe gegeben, die eine Ausnahme rechtfertigten. Sein Unternehmen sei darauf ausgerichtet, Fahrten im Auftrag von Reiseagenturen durchzuführen. Da in der Zeit von Oktober bis Mitte Februar keine Fahrten gefragt seien, habe er, der Kläger, jedes Jahr vor der Entscheidung gestanden, entweder die Busse abzumelden und seinen Arbeitnehmern saisonal zu kündigen oder die Aufträge zur Durchführung von Theatertourneen anzunehmen. Die Tourneebetreiber führten aber nur in den alten Bundesländern bzw. in Österreich und in der Schweiz, nicht aber in den neuen Bundesländern Tourneen durch. Um die Stilllegung der Busse zu vermeiden, sei für Reisebusunternehmen für die Zeiten außerhalb der Saison die 14-Tage-Regelung nicht anzuwenden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des FG sowie den geänderten Investitionszulagenbescheid für 1992 in der Fassung der Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Investitionszulagenbescheids für 1994 die Investitionszulage auf 38 407 DM festzusetzen.
Das FA beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
Nach zutreffender Entscheidung des FG steht dem Kläger keine Investitionszulage zu, weil beide Reisebusse nicht in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verblieben sind.
1. Nach § 2 Satz 1 Nr. 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991/1993 sind unter weiteren, hier nicht streitigen Voraussetzungen begünstigte Investitionen die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in einer Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben.
Der Senat hat in dem Beschluss vom III R 34/98 (BFH/NV 1999, 1380) unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zusammenfassend die Kriterien wiedergegeben, nach denen das Merkmal des Verbleibens in einer Betriebsstätte im Fördergebiet bei Transportmitteln zu bestimmen ist. Grundsätzlich muss eine dauerhafte zeitliche und räumliche Bindung zu einer Betriebsstätte im Fördergebiet bestehen. Ob dies der Fall ist, muss jeweils unter Berücksichtigung der Eigenart und der Zweckbestimmung des betreffenden Wirtschaftsguts bestimmt werden. Bei Transportmitteln hat der Senat Ausnahmen von den strengen Verbleibensvoraussetzungen anerkannt. Erforderlich ist aber stets, dass das betreffende Fahrzeug über die funktionelle Bindung an die Betriebsstätte im Fördergebiet hinaus überwiegend, d.h. an mindestens 183 Tagen pro Jahr und zugleich regelmäßig, d.h. ohne größere zeitliche Unterbrechung, im Fördergebietsverkehr eingesetzt wird.
Bei LKW hat der Senat einen regelmäßigen Einsatz im Fördergebietsverkehr in Übereinstimmung mit der Finanzverwaltung noch als gegeben angesehen, wenn zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in dieses Gebiet nicht mehr als 14 Tage liegen. Ausschlaggebend für diese Rechtsprechung ist der regionale Förderzweck der InvZulG 1991 ff., der es gebietet, die Anforderungen an einen regelmäßigen Einsatz von Transportmitteln im Fördergebietsverkehr so zu bemessen, dass einerseits eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung solcher Transportmittel ermöglicht wird und andererseits unangebrachte Wettbewerbsnachteile von Verkehrsunternehmen ohne Betriebsstätte im Fördergebiet vermieden werden.
Im Urteil vom III R 113/95 (BFH/NV 1999, 965) hat der Senat offen gelassen, bis zu welchem Zeitraum zwischen der Ausfahrt aus dem Fördergebiet und der Wiedereinfahrt in das Fördergebiet bei Fahrgastschiffen, die für Kreuzfahrten und ähnliche Ausflugsfahrten verwendet werden, generell noch ein regelmäßiger Einsatz im Fördergebietsverkehr gegeben ist. Er hat ausgeführt, er neige zu der Auffassung, dass der Zeitraum in der Regel einen Monat nicht überschreiten dürfe. Im entschiedenen Fall hat er aber aufgrund der besonderen Umstände einen einmaligen längeren Aufenthalt (64 Tage) außerhalb des Fördergebiets für unschädlich gehalten.
2. Ob für das Verbleiben von Reisebussen, die Fahrten von einem Ort im Fördergebiet zu einem Ort außerhalb des Fördergebiets und zurück durchführen, die 14-tägige Frist für LKW oder eine längere Frist gilt (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 1380; das Verfahren hat sich durch Rücknahme der Revision erledigt) oder ob die gesamte Reise als einheitlicher Einsatz im Fördergebietsverkehr zu beurteilen ist (so unter bestimmten Voraussetzungen , BStBl I 1995, 18, Tz. 2), braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden.
Denn die Frage, ob ein regelmäßiger Einsatz im Fördergebiet auch dann noch gegeben ist, wenn die Transportmittel länger als 14 Tage außerhalb des Fördergebiets eingesetzt worden sind, stellt sich nur dann, wenn sie im Fördergebietsverkehr im eigentlichen Sinne eingesetzt werden. Fördergebietsverkehr sind —neben Fahrten innerhalb des Fördergebiets— Fahrten, die von einem Ort des Fördergebiets zu einem Ort außerhalb des Fördergebiets und umgekehrt durchgeführt werden (ebenso , BStBl I 1991, 768, Tz. 48). Beim Einsatz eines Omnibusses außerhalb des Fördergebiets handelt es sich daher nur dann um eine Teilnahme am Fördergebietsverkehr, wenn die Fahrt dazu dient, Personen vom Fördergebiet zu einem Ort außerhalb des Fördergebiets und zurück zu bringen oder wenn es sich um eine Rundreise von einem Ort im Fördergebiet und zurück ins Fördergebiet handelt.
Im Streitfall wurden mit den Omnibussen des Klägers während der Zeiten der Abwesenheit vom Fördergebiet indes keine solchen Fahrten im Fördergebietsverkehr durchgeführt. Es handelte sich nicht um Bring- und Abholfahrten oder Rundreisen mit Beginn und Ende im Fördergebiet, sondern um Fahrten, die an Orten außerhalb des Fördergebiets begannen und außerhalb des Fördergebiets endeten. Die Tourneefahrten dienten dazu, die Schauspieler der betreffenden Theatergruppe von Spielort zu Spielort außerhalb des Fördergebiets und ohne Berührung mit dem Fördergebiet zu fahren.
Bei mehrmonatigen Fahrten, die außerhalb des Fördergebiets beginnen und enden, werden die Busse nicht im Fördergebietsverkehr eingesetzt und verbleiben daher nicht im Fördergebiet. Eine Begünstigung der für solche Fahrten eingesetzten Busse ist nicht gerechtfertigt, weil der Unternehmer unmittelbar in Wettbewerb mit außerhalb des Fördergebiets ansässigen Busunternehmern tritt.
Der Umstand, dass der Kläger, wie er vorträgt, die Busse aufgrund der Ausrichtung seines Betriebs auf einen bestimmten Kundenkreis rein saisonbedingt allein im Fördergebietsverkehr nicht hinreichend auslasten kann, tritt demgegenüber zurück. Im Übrigen hat der Kläger mit beiden Bussen die Abwesenheitszeit von 14 Tagen um ein Vielfaches überschritten. Es liegt daher kein Grenzfall vor. Auch sind keine besonderen vom Kläger nicht beeinflussbaren Umstände gegeben, die ausnahmsweise die Anerkennung längerer Abwesenheitszeiten als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten.
Die Regelung der Finanzverwaltung, dass Baugeräte zulagenunschädlich bis zu fünf Monaten außerhalb des Fördergebiets eingesetzt werden können (BMF-Schreiben in BStBl I 1991, 768, Tz. 49), ist auf Reisebusse nicht übertragbar. Im Übrigen hat der Senat Zweifel, ob diese Regelung, an die er ohnehin nicht gebunden ist, noch der Zielsetzung des InvZulG entspricht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 980 Nr. 5
DStRE 2006 S. 722 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2007 S. 1620
NWB-Eilnachricht Nr. 19/2007 S. 1620
NWB-Eilnachricht Nr. 28/2006 S. 15
QAAAB-79647