Seminare, Fachtagungen und mehrtägige Studienreisen eines ggf. als gemeinnützig anerkannten Trägers der Weiterbildung
Träger der Weiterbildung können sowohl privatrechtlich organisierte Institutionen (z. B. Vereine, Stiftungen), als auch solche in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft sein (z. B. Volkshochschulen). Letztere werden nach § 2 Abs. 3 UStG im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch tätig. Tätigkeiten im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art sind dann anzunehmen, wenn bei den angebotenen Veranstaltungen der Volkshochschule nicht die in § 3 Weiterbildungsgesetz (WbG NRW) genannten Aufgaben im Vordergrund stehen. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn Reisen angeboten werden, welche in erster Linie der Freizeitgestaltung und dem touristischen Interesse der Teilenehmer dienen.
Bei der Beurteilung der Umsatzbesteuerung der Leistungen eines – ggf. als gemeinnützig anerkannten – Trägers der Weiterbildung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen.
Angebotene Leistungen
Von Trägern der Weiterbildung (z. B. Volkshochschulen, Stiftungen) können folgende Leistungen angeboten werden:
ortsgebundene (ggf. mehrtägige) Seminare und Fachtagungen mit allgemein bildenden oder politischen Inhalten und/oder
mehrtägige Studienreisen mit Reisezielen im Inland und Ausland
Mit den pauschalen Teilnehmerentgelten für die Seminare und Fachtagungensind auch die Beherbergung und Beköstigung für die Dauer der Veranstaltung abgedeckt.
Das Leistungspaket der Studienreisen umfasst die Beförderung, Beherbergung (i.d.R. in Hotels) und Beköstigung der Teilnehmer. Das jeweilige Tagesprogramm sieht verschiedene Führungen und Gesprächsrunden vor. Teilweise deckt der Träger der Weiterbildung seine Aufwendungen für die Studienreisen neben den Teilnehmergebühren auch mit öffentlichen Mitteln (z. B. Zuwendungen der Bundeszentrale für politische Bildung, eines Bundesministeriums, der Landeszentrale für politische Bildung und aus dem Weiterbildungsgesetz).
Bei Mischfällen, in denen die Beherbergung zwar durchgängig am gleichen Ort erfolgt, aber auch Elemente einer Reiseleistung vorhanden sind, ist insgesamt von einer Studienreise auszugehen, wenn das Veranstaltungsprogramm nicht auch an einem anderen Ort durchgeführt werden könnte. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn neben Vorträgen auch in nennenswertem Umfang Stadtführungen oder Exkursionen in die nähere Umgebung angeboten werden.
Umsatzsteuerliche Würdigung
Zu prüfen ist, ob der Träger der Weiterbildung umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen und welchem Steuersatz diese Leistungen unterliegen. Bei der Beurteilung des Weiterbildungsangebots ist neben den Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 22 und 23 UStG auch die Margenbesteuerung nach § 25 UStG zu prüfen.
ortsgebundene Seminare und Fachtagungen
Mit der Ausrichtung der Seminare und Fachtagungen erbringt der Träger der Weiterbildung in der Regel mehrere Hauptleistungen:
Seminarveranstaltung
Beherbergung
Beköstigung
Die Seminarleistung ist steuerfrei nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG, wenn
der Träger der Weiterbildung ein in § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG genannter Unternehmer, z.B. eine Volkshochschule oder ein/e als gemeinnützig anerkannte/r Verein, Stiftung, ist,
die Tagungsinhalte belehrender Art sind und
die Teilnehmerbeiträge überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Diese Voraussetzung kann bei nicht kostendeckenden Teilnehmerbeiträgen unterstellt werden.
Die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit den nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfreien Vorträgen und Kursen sind nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht abzugsfähig.
Beherbergung und Beköstigung sind regelmäßig umsatzsteuerpflichtige Leistungen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (vgl. A 115 Abs. 2 Satz 5 UStR 2005). Diese können im Rahmen eines Zweckbetriebs erbracht werden. Indiz hierfür kann z. B. sein, dass die damit in Zusammenhang stehende Seminarleistung steuerfrei nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG ist. Auf die Leistungen ist dann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG anzuwenden.
Beherbergungs- und Beköstigungsleistungen an Jugendliche können unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei sein. Für diese Leistungen ist der Vorsteuerabzug dann ebenfalls ausgeschlossen.
Für den Fall, dass für die o. a. Hauptleistungen ein Pauschalentgelt vereinnahmt wurde, muss bei fehlenden Aufzeichnungen eine Aufteilung im Schätzungswege stattfinden.
mehrtägige Studienreisen
Die Veranstaltung von mehrtägigen Studienreisen unterliegt der Margenbesteuerung nach § 25 UStG. Ein Vorsteuerabzug aus den Leistungsbezügen scheidet aus. Die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 22 und 23 UStG kommen nicht in Betracht.
Jeder Unternehmer, nicht nur ein Reiseveranstalter, führt Reiseleistungen aus, die der Margenbesteuerung nach § 25 UStG unterliegen, wenn er für die Durchführung der Reise Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter (Reisevorleistungen) in Anspruch nimmt und diese im eigenen Namen an Endverbraucher abgibt. Diese weite Anwendung der Vorschrift hat auch der EuGH bestätigt (Urteil vom – Rs. C-308/96 sowie Urteil vom – Rs. C-200/04). Daher schließen z. B. Gemeinnützigkeit, Teilnehmergebühr statt Reisepreis und fehlender Sicherungsschein die Margenbesteuerung nach § 25 UStG nicht aus.
Für die Ermittlung der Marge sind die Teilnehmergebühren ggf. zzgl. der öffentlichen Mittel den Kosten gegenüber zu stellen. Öffentliche Mittel, die als echte Zuschüsse zu beurteilen sind, sind bei der Ermittlung der Marge auszuscheiden. Hängt die Zuschusshöhe von der Anzahl der tatsächlichen Teilnehmer ab, ist ein preisauffüllendes Entgelt von dritter Seite anzunehmen, das bei der Margenermittlung zu berücksichtigen ist.
In den Fällen, in denen die Kosten für die Reisevorleistungen ebenso hoch oder höher sind als der vom Reisenden/Teilnehmer zu zahlende Preis (ggf. zzgl. Zuschüssen), ergeben sich negativen Margen (als Einzel-, Gruppen- oder Globalmargen). Es fehlt an einer Bemessungsgrundlage. Negative Margen dürfen nicht von einer positiven Bemessungsgrundlage aus anderen Reiseleistungen oder von Umsätzen, die nicht der Margenbesteuerung unterliegen (hier: umsatzsteuerpflichtige Seminare und Fachtagungen), abgesetzt oder in den nächsten Besteuerungszeitraum vorgetragen werden. Innerhalb von Gruppen- oder Globalmargen ist jedoch eine Verrechnung von positiven und negativen Einzelmargen möglich.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Zweckbetriebs können die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen aus der Veranstaltung von Studienreisen im Fall von positiven Margen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen.
OFD Rheinland v. - S 7419 - 1000 - St 4
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2006 S. 362 Nr. 7
UR 2007 S. 153 Nr. 4
XAAAB-77037