Statthaftigkeit einer außerordentlichen Beschwerde gegen willkürliche Kostenentscheidung
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) vor dem Finanzgericht (FG) darüber gestritten, ob er zu Recht als Haftungsschuldner für Umsatzsteuerschulden der Fa. X-GmbH (GmbH) in Anspruch genommen worden ist, deren Geschäftsführer er gewesen ist. Der dazu ergangene Haftungsbescheid des FA ist nach § 131 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) widerrufen worden, nachdem der Kläger im Verfahren unter Vorlage einer Reihe von Kontoauszügen vorgetragen hatte, im Jahr 2000 hätten praktisch keine Kontobewegungen mehr stattgefunden; die Haftung betreffe jedoch im Wesentlichen die erst per fällig gestellten Verbindlichkeiten aus geänderten Umsatzsteuerbescheiden für das Jahr 1998. Nach diesem Zeitpunkt habe die GmbH keine Verbindlichkeiten mehr getilgt. Unter Bezugnahme auf diese Kontoauszüge hat das FA die Aufhebung seines Haftungsbescheides damit begründet, der Kläger habe nunmehr belegt, dass eine Zahlungspflichtverletzung für die aufgrund der Umsatzsteuer-Sonderprüfung festgesetzten Beträge nicht bestehe; ausweislich der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung habe auch für den Zeitraum vom Beginn der Abgabefrist für die Umsatzsteuer-Voranmeldung 1/1999 bis zum Ende jenes Jahres eine Benachteilung des FA nicht festgestellt werden können.
Nachdem der wegen Umsatzsteuer ergangene Haftungsbescheid widerrufen worden war, haben die Beteiligten das finanzgerichtliche Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Das FG hat die Kosten des Verfahrens, gegen die sich das FA in seiner Erledigungserklärung verwahrt hatte, dem Kläger auferlegt und zur Begründung dieser Entscheidung ausgeführt, der Kläger hätte durch frühere Vorlage der nachgereichten Unterlagen die Klage vermeiden können und sollen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit der außerordentlichen Beschwerde, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, alleiniger Grund für die Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides sei die vom FA vorgenommene mehrmalige Verschiebung des Beginns des Haftungszeitraums, ohne den Kläger aufzufordern, die grob fahrlässige Verletzung steuerlicher Pflichten zu ermitteln. Der Kläger habe auch seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt; er habe die Kontoauszüge für das Jahr 2000 vielmehr vorgelegt, ohne vom FA jemals dazu aufgefordert worden zu sein. Es sei völlig unverständlich, wie das Gericht zu der Annahme gelangt sei, dass die Klage durch frühere Vorlage der Unterlagen hätte vermieden werden können. Angesichts dessen sei die vom FG getroffene Kostenentscheidung völlig willkürlich.
II. Die außerordentliche Beschwerde, deren Statthaftigkeit dahinstehen mag (vgl. den ), ist unzulässig. Mit der außerordentlichen Beschwerde kann nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH zwar die greifbare Gesetzwidrigkeit oder, wie es der Kläger ausgedrückt hat, die Willkürlichkeit einer mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht angreifbaren Entscheidung des FG —soweit ein Rechtsbehelf nach § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gegeben und in diesem Falle eine außerordentliche Beschwerde statthaft ist— gerügt werden; dabei ist jedoch vom Beschwerdeführer schlüssig vorzutragen, woraus sich die greifbare Gesetzwidrigkeit der angegriffenen Entscheidung ergeben soll. Ein solcher Vortrag erfordert die nachvollziehbare und plausible Darlegung, warum die angefochtene Entscheidung an einem so schweren Rechtsfehler leidet, dass sie bei verständiger Würdigung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheinen kann, oder warum sie auf einer zweifelsfreien Verkennung des entscheidungserheblichen Sachverhalts beruht, so dass sie aus diesem Grunde schlechterdings unhaltbar ist. Aufgabe des BFH im Verfahren der außerordentlichen Beschwerde ist es hingegen nicht, die Richtigkeit der vom FG getroffenen Entscheidung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend nachzuprüfen.
Der beschließende Senat vermag dem umfangreichen Vorbringen der Beschwerde nicht schlüssig zu entnehmen, dass die Kostenentscheidung des FG an einem an den vorgenannten Maßstäben gemessenen schwerwiegenden Mangel leidet und deshalb schlechterdings unhaltbar und greifbar gesetzwidrig ist. Nach dem im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 138 Abs. 1 FGO entsprechend anzuwendenden § 137 Abs. 1 FGO können die Kosten einem Beteiligten auferlegt werden, wenn er entscheidungserhebliche Tatsachen früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Es ist nicht schlechterdings unhaltbar, dem Kläger hinsichtlich der das Jahr 2000 betreffenden Kontoauszüge der GmbH diesen Vorwurf zu machen, nachdem deren Vorlage offensichtlich zur sofortigen unstreitigen Erledigung des Rechtsstreites geführt hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das FA die Vorlage etwa nur als Vorwand dafür genutzt hätte, seinen aus anderen Gründen als rechtswidrig erkannten Haftungsbescheid aufzuheben. Wenn die GmbH im Jahr 2000 nach Fälligkeit der Umsatzsteuerschuld, für die der Kläger als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden ist, keine Zahlungen mehr geleistet hat (und leisten konnte), ist es vielmehr nahe liegend, den wegen dieser Schulden ergangenen Haftungsbescheid aufzuheben.
Warum im Übrigen für die Kostenlast erheblich sein soll, dass das FA den —weit vor Beginn des Jahres 2000 liegenden— Haftungszeitraum selbst geändert haben soll oder dass die Vorlage der Kontoauszüge nicht auf Anforderung des FA, sondern auf der eigenen Initiative des Klägers beruhte, ist für den beschließenden Senat nicht nachvollziehbar.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 767 Nr. 4
CAAAB-77005