OFD Rheinland - S 2333- 1000 - St 2

Leistungen für die Zukunftssicherung von beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH und von Vorstandsmitgliedern einer AG oder eines VVaG [1]

1. GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer

Arbeitgeberbeiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer sind nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei. Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer liegt arbeitsrechtlich kein Arbeitsverhältnis vor, so dass der Arbeitgeber gesetzlich nicht zur Zahlung von Arbeitgeberanteilen verpflichtet ist [2]

Ob es sich um einen beherrschenden, nicht sozialversicherungspflichtigen Gesellschafter-Geschäftsführer oder um einen abhängig beschäftigten Arbeitnehmer handelt, beurteilt sich allein nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die Entscheidung trifft die zuständige Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger. Sie ist infolge ihrer Tatbestandswirkung auch im Besteuerungsverfahren zu beachten, sofern sie nicht offensichtlich rechtswidrig ist [3]

Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu der GmbH liegt sozialversicherungsrechtlich i.d.R. nicht vor, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH ausüben kann. Das ist i.d.R. der Fall, wenn der Anteil am Stammkapital der GmbH mindestens 50 v.H. beträgt. Das Gleiche gilt auch bei einem Kapitalanteil von weniger als 50 v.H., wenn aufgrund des Gesellschaftsvertrags für Beschlüsse der Gesellschaft eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist und dieser Anteil eine Sperrminorität darstellt, die ausreicht, eine Beschlussfassung zu verhindern oder wenn der Geschäftsführer hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ist und seine Tätigkeit wirtschaftlich gesehen nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübt.

Die beigefügte Übersicht (Anlage) gibt versicherungsrechtliche Entscheidungen zur Behandlung von Gesellschafter-Geschäftsführern, mitarbeitenden Gesellschaftern und Geschäftsführern wieder. Für den Fall, dass noch keine Entscheidung der zuständigen Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger vorliegen sollte, kann sie als Entscheidungshilfe herangezogen werden.

Zukunftssicherungsleistungen, die nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind, zählen aber nur zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, soweit keine verdeckten Gewinnausschüttungen vorliegen. Um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt es sich z.B., wenn die Arbeitgeberanteile nicht klar und eindeutig in den Dienstverträgen festgelegt sind. Das Gleiche gilt, wenn die Gesamtausstattung der Tätigkeitsvergütungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer unangemessen hoch ist. Ob es sich im Zweifelsfall um Arbeitslohn oder um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt, ist im Einvernehmen mit der für die GmbH zuständigen VST zu entscheiden.

2. Vorstandsmitglieder einer AG oder eines VVaG

Vorstandsmitglieder einer AG sind grundsätzlich nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI rentenversicherungspflichtig, wenn sie nicht durch § 1 Satz 4 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit sind.

Sie sind als Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV anzusehen, wenn sie funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilhaben. Ihnen fehlt es an einem echten unternehmerischen Risiko, das eine selbständige Tätigkeit auszeichnet. Vielmehr unterliegen sie der Kontrolle der Aufsichtsräte, die in der Regel jährlich eine Entlastung der Vorstandsmitglieder der AG’en von der persönlichen Haftung für ihre unternehmerischen Entscheidungen aussprechen und sie damit vom Unternehmerrisiko befreien. Vorstandsmitglieder der AG’en können mit Chefärzten eines Krankenhauses verglichen werden, die ihre fachlichen Entscheidungen ebenfalls ohne Weisung der Krankenhausverwaltung treffen und dennoch als abhängig Beschäftigte betrachtet werden. Eine andere Beurteilung ist nur vorzunehmen, wenn Vorstandsmitglieder selbst eine Mehrheitsbeteiligung an der AG halten.

Vorstandsmitglieder haben Anspruch auf einen Zuschuss zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag nach § 257 SGB V und zu ihrem Pflegeversicherungsbeitrag nach § 61 SGB XI. Sie erhalten diese Zuschüsse steuerfrei nach § 3 Nr. 62 EStG, da sie aufgrund gesetzlicher Verpflichtung geleistet werden und im Übrigen die Finanzverwaltung der Entscheidung des zuständigen Sozialversicherungsträgers grundsätzlich zu folgen hat (, BStBl 2003 II S. 34).

Auch Vorstandsmitglieder einer großen VVaG sind grundsätzlich Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne.

Die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger sind grundsätzlich zu beachten [4]

3. Vorstandsmitglieder eingetragener Genossenschaften

Für Vorstandsmitglieder eingetragener Genossenschaften [5] und angestellte Vorstandsmitglieder öffentlicher Sparkassen [6] hat das BSG die Arbeitnehmereigenschaft bejaht. Hinsichtlich der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder gesetzlicher Krankenkassen und deren Verbände gehen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger davon aus, dass es sich um abhängig Beschäftigte i.S. des § 7 SGB IV handelt. Arbeitgeberzuschüsse zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie die gesetzlichen Ansprüche auf Arbeitgeberzuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sind im Rahmen des § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei.

Die Entscheidungen der Sozialversicherungsträger sind grundsätzlich zu beachten [7]

Versicherungsrechtliche Beurteilung: Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH/GmbH-Geschäftsführer

Tabelle in neuem Fenster öffnen
Beurteilungskriterien
Entscheidung
Arbeitnehmer
Fallgruppe I: Kapitalanteil unter 50 v.H.
Beispiel 1:
 
 
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil unter 50 v.H.
Anstellungsvertrag,
keine Sperrminorität,
keine Verhinderung von
Gesellschafterbeschlüssen
Weisungsgebundenheit,
Eingliederung in den
Betrieb.
Ein aufgrund eines Anstellungsvertrages
tätiger Gesellschafter-Geschäftsführer
einer GmbH ist versicherungspflichtig,
wenn er als Gesellschafter keinen
maßgebenden Einfluss auf die
Gesellschaft hat. Das ist der Fall, wenn
der Geschäftsführer weniger als die Hälfte
der Geschäftsanteile besitzt und auch
nicht hinsichtlich wesentlicher
Gesellschaftsbeschlüsse eine
Sperrminorität besitzt.
ja
 
 
 
Beispiel 2:
 
 
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil 33,3 v.H. des
Gesamtkapitals,
vertretungsberechtigt mit
einem weiteren zu einem
Drittel beteiligten
Geschäftsführer,
kein anderer Gesellschafter
hat mehr als ein Drittel des
Gesamtkapitals, keine
Weisungsgebundenheit
nach den tatsächlichen
Verhältnissen,
freie Bestimmung der
Tätigkeit (Arbeitszeit, Urlaub
usw.).
Ein GmbH-Geschäftsführer, der an der
GmbH mit einem Drittel am Kapital
beteiligt ist und die GmbH mit einem
weiteren zu einem Drittel beteiligten
Geschäftsführer gemeinschaftlich vertritt,
unterliegt nicht der Versicherungspflicht.
Entscheidend ist: Der Gesellschaftsführer
trägt nach der tatsächlichen Gestaltung
der Tätigkeit das volle Unternehmerrisiko,
unterliegt keinerlei Weisungen und kann
seine Tätigkeit nach den Belangen des
Unternehmens, die in Wirklichkeit mit
seinen eigenen Belangen
übereinstimmen, selbst frei bestimmen.
Bei freier Bestimmung über Arbeits- und
Urlaubszeit nimmt er als Geschäftsführer
weitgehend unternehmerische Funktionen
wahr und steht nicht in einem
persönlichen Abhängigkeitsverhältnis.
nein
 
 
 
Beispiel 3:
 
 
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Alleinvertretungsberechti-
gung,
Kapitalanteil unter 50 v.H.,
Anstellungsvertrag,
keine Beschränkung in
Gestaltung und Ausführung
der Arbeit durch Vertrag
oder nach den tatsächlichen
Verhältnissen,
keine
Weisungsgebundenheit.
Ein alleinvertretungsberechtigter
Geschäftsführer, der vertraglich seine
Arbeit uneingeschränkt gestalten und
ausführen kann (besonders hinsichtlich
der Arbeitszeit), unterliegt nicht der
Versicherungspflicht. Die tatsächliche
Durchführung des Vertrags muss aber
dieser Vereinbarung entsprechen.
nein
 
 
 
Beispiel 4:
 
 
Gesellschafter,
kein Geschäftsführer,
Führung des Unternehmens
wegen seiner
Branchenkenntnisse,
Geschäftsanteil ein Drittel
des Gesamtkapitals,
keine Beschränkung in
Gestaltung und Ausführung
der Arbeit,
keine
Weisungsgebundenheit,
ohne ausdrücklichen
Gesellschafterbeschluss
oder schriftlichen
Anstellungs-, Arbeits-,
Dienstvertrag tätig.
Ein beschäftigter Gesellschafter mit
einem Drittel Kapitalbeteiligung, der
aufgrund stillschweigender Übereinkunft
wegen seiner einschlägigen
Branchenkenntnisse maßgeblich bei der
Führung des Unternehmens mitwirkt, die
Gesellschaft nach außen ohne
ausdrücklichen Gesellschafterbeschluss
oder schriftlichen Anstellungsvertrag
vertritt und in der Gestaltung seiner Arbeit
und der Bestimmung seiner Arbeitszeit
keinen Weisungen unterliegt, steht nicht
in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis. Der
Gesellschafter ist nicht wie eine fremde
Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert,
sondern tatsächlich als Mitinhaber des
unter seinem Namen in der Rechtsform
einer GmbH geführten Unternehmens
tätig.
nein
 
 
 
Beispiel 5:
 
 
Ehegatten-GmbH,
Gesellschafterin,
Geschäftsführerin,
Kapitalanteil unter 50 v.H.,
Ehegatte als weiterer
Gesellschafter mit
restlichem Kapitalanteil,
keine
Weisungsgebundenheit.
Eine als Geschäftsführerin tätige Ehefrau,
die gleichzeitig Gesellschafterin der
GmbH ist (sie unter, Ehemann über
50 v.H. Kapitalanteil), steht nicht in einem
sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis, wenn sie an
keine Arbeitszeit und an keine Weisungen
gebunden ist. Das gilt auch, wenn ihr
Gehalt steuerrechtlich als
Betriebsausgabe behandelt wird
Die unterschiedliche Kapitalbeteiligung
von Ehegatten an einer GmbH ist nicht
das ausschlaggebende Merkmal für die
Beurteilung der
Sozialversicherungspflicht. Für die Frage
der Sozialversicherungspflicht sind
Kapitalanteile von Ehegatten nicht
zusammenzurechnen.
nein
 
 
 
Fallgruppe II: Kapitalanteil 50 v.H.
Beispiel 1:
 
 
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil 50 v.H.
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit
50 v.H. Kapitalbeteiligung kann durch sein
Stimmrecht bei
Gesellschafterbeschlüssen einen
maßgeblichen Einfluss auf die
Entscheidung der GmbH ausüben. Er
steht nicht in einer persönlichen
Abhängigkeit zur Gesellschaft, auch wenn
er aufgrund eines Dienstvertrages mit
monatlich feststehender Vergütung,
Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld usw. tätig
wird.
nein
 
 
 
Beispiel 2:
 
 
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil 50 v.H.
ein weiterer Geschäftsführer
mit 50 v.H. Kapitalanteil.
Zwei Geschäftsführer, die je zur Hälfte am
Stammkapital einer GmbH beteiligt sind
und die Gesellschaft gemeinschaftlich
vertreten, können nur übereinstimmend
handeln. Daraus ergibt sich: Es besteht
kein persönliches Abhängigkeitsverhältnis
zu der Gesellschaft im Sinne einer
Weisungsgebundenheit oder eines
entsprechenden Direktionsrechts. Jeder
der beiden Geschäftsführer hat insoweit
eine unabhängige Stellung, als ohne ihn
keine Beschlüsse gefasst werden können.
nein
 
 
 
Beispiel 3:
 
 
Gesellschafter,
leitender Angestellter (kein
Geschäftsführer),
Kapitalanteil 50 v.H.,
in der Angestelltentätigkeit
leistungsbezogenes Entgelt,
ein weiterer Gesellschafter
mit 50 v.H. Kapitalanteil.
Ein leitender Angestellter (Prokurist),
dessen Gehalt vertraglich „entsprechend
der erbrachten Leistung” festgesetzt wird,
unterliegt nicht der Versicherungspflicht.
Beide zu je 50 v.H. Beteiligte haben
gleichen Anteil an den Entscheidungen
der Gesellschaft, keiner der
Gesellschafter ist gegenüber der GmbH
weisungsgebunden.
nein
 
 
 
Fallgruppe III: Kapitalanteil über 50 v.H.
Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Kapitalanteil über 50 v.H.
Ein in einer GmbH als Geschäftsführer
tätiger Gesellschafter, der
Geschäftsanteile von mehr als 50 v.H.
besitzt und allein in dem Unternehmen
tätig ist, steht nicht in einem
versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis.
nein
 
 
 
Fallgruppe IV: ohne Kapitalanteil
kein Gesellschafter,
Geschäftsführer,
Weisungsgebundenheit
gegenüber der
Gesellschafterversammlung,
monatlich gleichbleibende
Vergütung, persönliche und
wirtschaftliche Abhängigkeit.
Ein nicht an einer Gesellschaft beteiligter
Geschäftsführer, der nach seiner
Arbeitsplatzbeschreibung der
Gesellschafterversammlung im Rahmen
des GmbH-Gesetzes und des
Gesellschaftervertrags unterstellt ist, dem
die allgemeine Verwaltung der GmbH
obliegt, dabei nur im Rahmen der
Gesellschafterbeschlüsse handeln darf
und insoweit der Prüfung und
Überwachung durch die Gesellschafter
unterliegt, für seine Tätigkeit eine
monatliche gleichbleibende Vergütung
sowie bezahlten Urlaub erhält, steht in
einem abhängigen, d.h.
sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis.
ja

Inhaltlich gleichlautend
OFD Rheinland v. - S 2333- 1000 - St 2
OFD Münster v. - S 2333 - 15 - St 21 - 31

Fundstelle(n):
DStZ 2006 S. 165 Nr. 5
EStB 2006 S. 103 Nr. 3
GmbH-StB 2006 S. 70 Nr. 3
GmbHR 2006 S. 332 Nr. 6
TAAAB-76088

1Bei rückwirkendem Wegfall der Sozialversicherungspflicht bei beherrschenden Gesellschafter Geschäftsführern einer GmbH vgl. § 3 EStG Fach 6 Nr. 802.

2Vgl. , BStBl 2002 II S. 886.

3Siehe , § 3 Fach 6 Nr. 801.

4Siehe , § 3 Fach 6 Nr. 801.

5 § 3 Nr. 1, NZA 1990, 950.

6 § 3 Nr. 2.

7Siehe , § 3 Fach 6 Nr. 801.