Rüge von Verfahrensmängeln
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Instanzenzug:
Gründe
I. Streitig ist, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) selbständig oder nichtselbständig als Kurierfahrer tätig geworden ist. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) ging aufgrund von Kontrollmitteilungen von einer gewerblichen Tätigkeit aus. Nach Beweisaufnahme schloss sich das Finanzgericht (FG) dieser Beurteilung an und wies die Klage ab. Für eine selbständige Tätigkeit spreche insbesondere, dass der Kläger keinen Festlohn oder einen nach den tatsächlich gearbeiteten Stunden berechneten Arbeitslohn erhalten habe. Er sei pauschal nach der Zahl der gefahrenen Touren bezahlt worden und nicht in den Betrieb der auftraggebenden Firma eingegliedert gewesen.
Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend: Das FG habe mehrere Punkte nicht in die Abwägung einbezogen. Er habe einen festen Arbeitsbeginn gehabt. Die Arbeiten seien in einer bestimmten Reihenfolge durchgeführt worden. Er sei weisungsgebunden gewesen. Der Wareneinkauf sei nicht von ihm bezahlt worden. Die Fa.…GbR habe ihm einen Transporter unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Über die Wertungen des FG könne man streiten; es sei aber nicht das Gesamtbild der Verhältnisse Grundlage der FG-Entscheidung gewesen. Damit sei das FG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen. Das FG habe zudem klar feststehende Tatsachen unberücksichtigt gelassen und damit § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt.
Der Kläger beantragt, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet und damit insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert. Dieser Tatbestand erfasst die sog. Divergenzrevision nach altem Recht, aber auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der , BFH/NV 2002, 51). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung „erfordert” dann eine Entscheidung des BFH, wenn ein FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als der BFH, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, ein anderes oberstes Bundesgericht oder ein anderes FG.
Im Streitfall macht der Kläger geltend, dass das FG bei der Beurteilung der Selbständigkeit der Tätigkeit bestimmte Umstände nicht berücksichtigt habe. Diese Rüge hat aber nicht die unterschiedliche Beurteilung einer Rechtsfrage zum Gegenstand, sondern die unzureichende Erfassung des der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalts. Die Abweichung in einer entscheidungsrelevanten Rechtsfrage ist damit nicht gegeben.
2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Verfahrensfehler in diesem Sinne sind Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (, BFH/NV 1999, 1620), z.B. ein Verstoß gegen § 76 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) oder gegen § 96 FGO (Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; Verletzung des rechtlichen Gehörs, die Vorwegnahme der Beweiswürdigung oder die vermeintliche Bindung an nicht bestehende Beweisregeln). Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (BFH-Beschlüsse vom XI B 134/99, BFH/NV 2001, 1440; vom XI B 144/03, juris Nr: STRE200451115).
In diesem Zusammenhang hat der Kläger nur gerügt, dass das FG bestimmte Umstände nicht berücksichtigt habe. Der Kläger hätte aber auch darlegen müssen, dass diese Umstände dazu geführt hätten, dass die angefochtene Entscheidung anders ausgefallen wäre (vgl. , BFH/NV 1999, 1326). Das ist nicht geschehen, so dass bereits aus diesem Grund die Verfahrensrüge keinen Erfolg haben kann.
Zudem weist das FA zutreffend darauf hin, dass das FG den vorgegebenen zeitlichen Rahmen der Tätigkeit in seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Der Umstand, dass der Kläger nicht die Kosten für den Wareneinkauf übernommen hatte, war für die Beurteilung als selbständiger oder nichtselbständiger Kurierfahrer ohne Bedeutung. Und schließlich ist der Umstand, dass der Lieferwagen dem Kläger unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden war, nur ein Kriterium im Rahmen der Gesamtwürdigung; angesichts der weiteren Umstände, die das FG für seine Beurteilung in den Vordergrund gestellt hat, war dieser Punkt für das FG von untergeordneter Bedeutung und nicht geeignet, das Gesamtbild der Verhältnisse zu verändern. Daher führt auch die nicht ausdrückliche Berücksichtigung der unentgeltlichen Überlassung des Lieferwagens nicht zu einem Verstoß gegen § 96 FGO in Gestalt der Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 596 Nr. 3
JAAAB-75572