Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks
Gesetze: AO § 165
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war bis zum Jahr 1996 als Beamter auf Lebenszeit tätig. Er wurde auf Antrag in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Im Juni 1996 beantragte er die Zulassung als Rechtsanwalt. Die Zulassung wurde im Juni 1997 erteilt. In den Jahren 1996 bis 2001 erzielte der Kläger aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ausschließlich Verluste. Für das Streitjahr wurde der Bescheid wegen der Frage der Gewinnerzielungsabsicht gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig erklärt. Der Kläger ist der Auffassung, dass der Vorläufigkeitsvermerk zu Unrecht ergangen sei. Bei einer Anwaltstätigkeit spreche der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht. Einspruch und Klage hatten insoweit keinen Erfolg.
Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend, dass das Finanzgericht (FG) gegen die Grundsätze des Anscheinsbeweises verstoßen und damit § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt habe. Für das Vorliegen ausschließlich persönlicher Beweggründe für die Fortführung der Anwaltskanzlei habe das FG keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Damit beruhe das Urteil des FG auch auf einem Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und gegen die Verpflichtung, das Gesamtergebnis des Verfahrens zu würdigen. Das Urteil des FG verletze auch seinen —des Klägers— Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs; er habe mit diesem Ausgang des Prozesses nicht zu rechnen brauchen.
Der Kläger beantragt, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Kläger verkenne, dass das FG nicht über die Sache als solche, sondern nur über die Berechtigung des Vorläufigkeitsvermerks entschieden habe.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Verfahrensfehler in diesem Sinne sind Verstöße gegen das Gerichtsverfahrensrecht, die das FG bei der Handhabung seines Verfahrens begeht und die zur Folge haben, dass eine ordnungsgemäße Grundlage für die Entscheidung im Urteil fehlt (, BFH/NV 1999, 1620), z.B. ein Verstoß gegen § 76 FGO (Verletzung der Sachaufklärungspflicht) oder gegen § 96 FGO (Nichtberücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens; Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten; Verletzung des rechtlichen Gehörs, die Vorwegnahme der Beweiswürdigung oder die vermeintliche Bindung an nicht bestehende Beweisregeln). Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (, BFH/NV 2001, 1440; vom XI B 144/03, juris Nr: STRE200451115).
Im Streitfall sind die geltend gemachten Verfahrensmängel für die Entscheidung des FG ohne Bedeutung. Das FG hat nicht entschieden, ob der Kläger ohne Gewinnerzielungsabsicht handelte und ob insofern der von der Tätigkeit ausgehende „Anscheinsbeweis” entkräftet worden war. Die Entscheidung des FG betraf insoweit lediglich die Frage, ob ein Vorläufigkeitsvermerk aufgenommen werden durfte. Das ist aber bereits dann der Fall, wenn ein Sachverhalt —wie z.B. die Frage der sog. Liebhaberei— erst aufgrund einer mehrjährigen, über den einzelnen Veranlagungszeitraum hinausgehenden Betrachtung beurteilt werden kann (, BFH/NV 2000, 1075). Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte das FG daher nicht zu prüfen, ob tatsächlich ausschließlich persönliche Beweggründe für die Fortführung der Anwaltskanzlei gegeben waren.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 484 Nr. 3
ZAAAB-75571