Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens; Darlegung einer Divergenz
Gesetze: BewG § 11 Abs. 2 , FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
I. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom übertrug die Alleingesellschafterin der 1989 gegründeten X-GmbH (GmbH) ihren Geschäftsanteil gegen Zahlung eines Betrages in Höhe des Nennwerts von 50 000 DM auf ihren früheren Ehemann, den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger). In einem zweiten Teil der Urkunde wurde eine Kapitalerhöhung um 17 000 DM beschlossen. Den neuen Geschäftsanteil übernahm ein bisheriger Arbeitnehmer (AN) der GmbH ebenfalls zum Nennwert. Die beurkundeten Vorgänge sind handelsregistermäßig nachvollzogen worden. Die Eintragungsdaten sind jedoch nicht festgestellt. Dem notariell beurkundeten Übertragungsvertrag war am ein privatschriftlicher Gesellschafterbeschluss des Inhalts vorausgegangen, dass die Alleingesellschafterin ihre voll eingezahlte Stammeinlage an den Kläger zum Kaufpreis von 50 000 DM verkaufe.
Nach einem Bescheid vom betrug der gemeine Wert der Anteile an der GmbH zum 371 DM je 100 DM des Stammkapitals. Der Wert war nach dem sog. Stuttgarter Verfahren ermittelt worden. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) nahm daher an, die Anteilsübertragung auf den Kläger stelle eine gemischte Schenkung dar, und setzte durch Bescheid vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom eine Schenkungsteuer von 19 625 DM (10 034,10 €) fest.
Mit der Klage wandte sich der Kläger weiter gegen die Annahme einer gemischten Schenkung. Die Anteile an der GmbH seien zu Unrecht nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet worden. Mit der am selben Tag beschlossenen Kapitalerhöhung läge ein Vergleichswert i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) vor. Dem AN sei die Übernahme des neuen Geschäftsanteils ebenfalls zum Nennwert ermöglicht worden. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Übernahme des neuen Geschäftsanteils zum Nennwert lasse nicht auf den gemeinen Wert der Anteile schließen, da es sich dabei wegen der Arbeitnehmerstellung des AN nicht um einen Vorgang im gewöhnlichen Geschäftsverkehr gehandelt habe.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, zur Fortbildung des Rechts sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) darüber erforderlich, ob das Stuttgarter Verfahren noch eine geeignete Methode zur Schätzung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften sei. Außerdem rügt er, das FG sei von mehreren näher bezeichneten Entscheidungen des BFH abgewichen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Voraussetzung einer Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ist, dass der Streitfall Veranlassung gibt, Leitsätze zur Auslegung des Gesetzes aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Die Rechtsfortbildung muss über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegen. Diese Voraussetzungen sind darzulegen (so , BFH/NV 2004, 209). Dies ist im Streitfall nicht geschehen. So fehlt es bereits an der Anknüpfung an das Gesetz, um dessen Auslegung es geht. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ist der gemeine Wert nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften, soweit er sich nicht aus weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkäufen ableiten lässt, unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen. Damit scheidet eine Schätzung, die —wie in den vom Kläger zitierten Aufsätzen (Göllert/Ringling in Der Betrieb —DB— 1999, 516; Felden/Klaus in Erbfolgebesteuerung —ErbBStG— 2001, 180) vertreten— ausschließlich am Ertrag ausgerichtet ist, von vornherein als nicht mit dem Gesetz vereinbar aus. Darüber hinaus fehlt es an der Darlegung, dass der Streitfall überhaupt zu der vom Kläger für erforderlich gehaltenen Rechtsfortbildung Veranlassung gibt. Nach der von ihm zitierten Literatur soll das auch den Vermögenswert berücksichtigende Stuttgarter Verfahren vornehmlich bei hoher Kapitalbindung in Verbindung mit geringer Ertragsdynamik zu einer Überbewertung führen. Der Beschwerdebegründung ist jedoch nicht zu entnehmen, dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen.
2. Auch die geltend gemachten Abweichungen der Vorentscheidung von den zitierten Entscheidungen des BFH sind nicht schlüssig gerügt. Soweit überhaupt Rechtssätze aus der Vorentscheidung und den Entscheidungen des BFH gegenübergestellt werden, sind keine Abweichungen erkennbar.
a) Bezüglich der zu den Ertragsteuern ergangenen (BFHE 205, 204, BStBl II 2004, 651) und VIII R 28/02 (BFHE 205, 426, BStBl II 2005, 46), die Fragen des wirtschaftlichen Eigentums und nicht den Zeitpunkt der Ausführung einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes betreffen, kommt eine Abweichung nur dann in Betracht, wenn der Kläger aufgrund des „Gesellschafterbeschlusses” vom bereits die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Rechte wahrgenommen oder die Alleingesellschafterin ab diesem Zeitpunkt ihre Gesellschafterrechte im Interesse des Klägers ausgeübt hätte. Dazu ist jedoch ebenso wenig vorgetragen worden wie zu dem Umstand, dass die beiden BFH-Urteile auf Vereinbarungen zwischen „einander nicht nahe stehenden Personen” abstellen.
b) Die Abweichung von dem (BFHE 81, 178, BStBl III 1965, 64) ist nicht erkennbar, weil nach dem BFH-Urteil der Ansatz des gemeinen Werts der Anteile mit 100 v.H. des eingezahlten Nennkapitals in der Aufbauphase dazu dienen soll, Anlaufverluste nicht wertbeeinflussend wirksam werden zu lassen. Im Streitfall geht es aber nicht darum, den Einfluss von Anlaufverlusten auf den anzusetzenden Wert auszuschließen, sondern darum, erzielte Gewinne nicht zu berücksichtigen.
c) Soweit der Kläger eine Abweichung der Vorentscheidung von dem (BFH/NV 2003, 11) rügt, wird keine Abweichung erkennbar, weil diesem Beschluss nicht zu entnehmen ist, dass das Stuttgarter Verfahren für Stichtage ab dem —d.h. ab der Einführung der verlängerten Maßgeblichkeit der Handelsbilanz— nicht mehr angewandt werden könne, sondern lediglich die Aussage, dass dieses Schätzungsverfahren regelmäßig den gemeinen Wert nicht mehr erreicht und damit zu zu niedrigen Werten führt.
d) Schließlich ist auch nicht dargelegt, weshalb die Vorentscheidung von dem (BFH/NV 2002, 317) abweichen soll. Das FG geht ebenfalls davon aus, dass im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommene Verkäufe zum Vergleich heranzuziehen sind; es nimmt allerdings an, dass im Streitfall die Übernahme des neuen Geschäftsanteils im Zuge der Kapitalerhöhung durch AN nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erfolgt ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 501 Nr. 3
MAAAB-73883