Leitsatz
Eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft, deren hauptsächliche Tätigkeit sich darauf erstreckt, Grundstücke zu erwerben, hierauf Gebäude nach den Wünschen und Vorstellungen ansiedlungswilliger Unternehmen zu errichten und an diese zu verleasen, ist nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG 1991/1996 steuerbefreit.
Gesetze: KStG 1991/1996 § 1 Abs. 1 Nr. 6KStG 1991/1996 § 4KStG 1991/1996 § 5 Abs. 1 Nr. 18GG Art. 3 Abs. 1
Instanzenzug: (EFG 2004, 1158) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird. In den Streitjahren (1994 bis 1998) waren Gesellschafter der Klägerin der Kreis X und zum Kreis X gehörende Städte und Gemeinden. Die Geschäftsanteile durften auch nur an den Kreis oder seine Städte und Gemeinden veräußert werden (§ 3 des Gesellschaftsvertrags). Mit Gesellschaftsvertrag vom Dezember 1992 beteiligte sich die Y-GmbH mit einer Einlage in Höhe von 14 Mio. DM als stille Gesellschafterin an der Klägerin. Die Klägerin kündigte die stille Beteiligung zum .
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war nach dem Gesellschaftsvertrag i.d.F. vom die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Kreises X. Zu diesem Zweck sollte die Klägerin insbesondere berechtigt sein, die öffentliche Verwaltung in Fragen der örtlichen und überörtlichen Planung zu beraten und zu unterstützen, für Gewerbeansiedlung zu werben, Unternehmen zu beraten und zu unterstützen und Grundstücke und Erbbaurechte zu erwerben, zu verpachten, zu erschließen und zu veräußern. Ferner durfte sie Betriebsgebäude planen, errichten, vermieten und veräußern.
Im Dezember 1996 wurde der Gesellschaftsvertrag geändert. Seither ist Unternehmenszweck die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Kreises X durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Schaffung neuer Arbeitsplätze und Sanierung von Altlasten. Zur Verwirklichung dieses Zweckes ist sie nach wie vor zu den im Gesellschaftsvertrag i.d.F. vom aufgeführten Tätigkeiten und Beratungsleistungen befugt. Ferner ist sie seit 1998 berechtigt, Gebäude im „Public-Leasing-Verfahren” zu finanzieren.
Der Gesellschaftsvertrag sieht in beiden Fassungen vor, dass das Vermögen der Gesellschaft und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des Gesellschaftszweckes verwendet werden dürfen.
Die Klägerin beschaffte in den Streitjahren u.a. Grundstücke sowohl von Gemeinden als auch von gewerblichen Anbietern, errichtete auf diesen Grundstücken Gebäude nach den Wünschen und Vorstellungen der als künftige Nutzer vorgesehenen Unternehmen und verleaste diese im Rahmen des Public-Leasing-Verfahrens an die Unternehmen. Die Leasingverträge sind so gestaltet, dass der jeweilige Leasingnehmer während einer Grundmietzeit die Leasingsumme zu 100 v.H. tilgt. Die während der Leasingdauer geleisteten Sonderzahlungen, Vormieten und Leasingraten enthalten neben den Investitionskosten der Klägerin einen Aufschlag von 0,6 v.H. bis 1 v.H. auf die Finanzierungskosten der Klägerin. Nach Ablauf der Grundmietzeit erwirbt das jeweilige Unternehmen das Leasingobjekt für einen symbolischen Preis. Die Klägerin finanzierte das Leasingvolumen zunächst über Bankdarlehen und Einlagen des stillen Gesellschafters. Später ging sie dazu über, die Ansprüche aus den Leasingverträgen im Rahmen unechter Pensionsgeschäfte nach § 340b Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) an Banken abzutreten.
Den Bestand an Public-Leasing-Verträgen weist die Klägerin mit ca. 63 Mio. € aus. Ausweislich der Internetpräsentation der Klägerin wirbt diese damit, dass sie im Rahmen des Public-Leasing ihre Kompetenz im Bereich des Baumanagements einbringe und damit Investoren entlaste. Außerdem weist sie in ihrer Internetpräsentation darauf hin, dass sie mit der Errichtung von gewerblichen Mietobjekten einen neuen Geschäftsbereich erschlossen habe. Im Unterschied zum Public-Leasing verblieben die errichteten Immobilien im Eigentum der Klägerin und würden langfristig an Unternehmen vermietet.
Die Klägerin wurde für die Streitjahre zur Körperschaftsteuer veranlagt. Die Veranlagungen standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung —AO 1977—).
Mit Schreiben vom beantragte die Klägerin, die Körperschaftsteuerbescheide aufzuheben, weil sie eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 des Körperschaftsteuergesetzes 1991/1996 (KStG 1991/1996) in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung steuerbefreite Körperschaft sei.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte den Antrag auf Steuerbefreiung mit Verfügung vom ab. Er vertrat die Auffassung, dass die Tätigkeit einer steuerbefreiten Wirtschaftsförderungsgesellschaft nicht über den für die Zweckverwirklichung sachlich gebotenen Umfang hinausgehen dürfe.
Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1158 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts (§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG 1991/1996).
Sie beantragt, das Urteil des FG und die ablehnende Entscheidung des FA vom hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1994 bis 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom und den Bescheid über Körperschaftsteuer 1998 vom aufzuheben und das FA zu verpflichten, wegen der Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG 1991/1996 Freistellungsbescheide für Körperschaftsteuer 1994 bis 1998 zu erlassen.
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Zu Recht hat das FG die Steuerbefreiung der Klägerin für die Streitjahre verneint.
1. a) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 Satz 1 KStG 1991/1996 sind von der Körperschaftsteuer Wirtschaftsförderungsgesellschaften befreit, deren Tätigkeit sich auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und Sanierung von Altlasten beschränken, wenn —was im Streitfall gegeben ist— an ihnen überwiegend Gebietskörperschaften beteiligt sind. Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genannten Zweckes verwendet werden.
b) Die Vorschrift bezweckt eine Strukturverbesserung durch Förderung der Wirtschaft. Unternehmen sollen Anreize geboten werden, sich in einer bestimmten Region anzusiedeln oder ihren Betrieb zu erweitern. Dabei sind die im Gesetz genannten Fördermaßnahmen nicht abschließend; vielmehr sind vergleichbare gleichgerichtete Maßnahmen ebenfalls begünstigt (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 60, 61, sowie Senatsurteil vom I R 49/01, BFHE 202, 97, BStBl II 2003, 723). Voraussetzung ist aber zum einen eine „Förderung der Wirtschaft”, zum anderen muss es sich um Tätigkeiten handeln, die eine vergleichbare Zielrichtung haben.
Da nur Unternehmen, die sich aus eigener Kraft am Markt behaupten können, dauerhafte Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaftsstruktur einer bestimmten Region nachhaltig verbessern, sind von der Steuerbegünstigung nur fördernde Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft und Verbesserung der Infrastruktur erfasst (Bott in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 5 Rz. 803). Hiervon ist grundsätzlich nur dann auszugehen, wenn es sich um sachlich und zeitlich eng umrissene Hilfeleistungen zur Ansiedlung von neuen Unternehmen oder der Erweiterung von bestehenden Unternehmen handelt.
Nicht der Förderung der Wirtschaft dienen dagegen eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, mit denen die Wirtschaftsförderungsgesellschaften zu bestehenden Unternehmen in Wettbewerb treten, sofern es sich nicht um eine Beratung oder ähnliche Tätigkeiten zum Zwecke der Ansiedlung oder der Altlastensanierung handelt (Bott in Ernst & Young, a.a.O., § 5 Rz. 803 f.; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 5 KStG Rz. 112 f.; Augsten in Lademann, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 5 Anm. 429; Oppermann, Der Betrieb —DB— 1994, 1489). Ebenso wenig fallen direkte und indirekte materielle Hilfen an ansiedlungswillige Unternehmen unter die Vorschrift. Denn diese können die Wirtschafts- und Sozialstruktur einer Region schwächen, da sie einzelnen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber bereits am Markt etablierten Unternehmen verschaffen.
c) Dieses Auslegungsergebnis ist auch aus Gründen der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts geboten.
Das Steuerrecht wird wesentlich von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung geprägt (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—; , BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654; , BFHE 192, 399, BStBl II 2000, 632, 638). Steuerbefreiungen einzelner Steuersubjekte oder einzelner Tätigkeiten sind nur zulässig, wenn Gründe des gemeinen Wohls die ungleiche Behandlung rechtfertigen, und grundsätzlich nur in dem Umfang, in dem sie nicht zu nachhaltigen Wettbewerbsverzerrungen führen (Gosch/Heger, Körperschaftsteuergesetz, § 5 Rz. 1, 3).
Dem Gebot der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts (BVerfG- Entscheidung vom 1 BvR 191/74, BVerfGE 43, 58) trägt der Gesetzgeber dadurch Rechnung, dass er wirtschaftliche Tätigkeiten aus dem steuerbefreiten Bereich ausgrenzt und sie der Besteuerung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO 1977) unterwirft. Gleiches gilt für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand (§ 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1991/1996).
Von diesem Grundsatz macht der Gesetzgeber u.a. in § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG 1991/1996 insofern eine Ausnahme, als er wirtschaftliche Tätigkeiten selbst begünstigt. Er hält eine Steuerbefreiung von Gesellschaften, deren Gesellschafter überwiegend Gebietskörperschaften sind, aus Gründen des gemeinen Wohls für angezeigt, sofern sich deren Tätigkeiten darauf beschränken, die soziale und wirtschaftliche Struktur einer bestimmten Region zu verbessern. Mit dieser Steuerbefreiung rückt der Gesetzgeber aber nicht vom Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit ab und erklärt jedwede wirtschaftliche Tätigkeit der Wirtschaftsförderungsgesellschaften auch zu Lasten bereits bestehender Unternehmen für steuerbefreit. Vielmehr begünstigt er nur Tätigkeiten der Wirtschaftsförderungsgesellschaften, die nach Inhalt und gefördertem Personenkreis allenfalls zu einer geringen Wettbewerbsbeeinträchtigung führen, und die durch die damit einhergehende Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer Region hinzunehmen ist.
Dementsprechend führt das (BStBl I 1996, 54), das die bisherige Praxis der Steuerbefreiung der Wirtschaftsförderungsgesellschaften vor Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG 1991/1996 widerspiegelt, im Wesentlichen Tätigkeiten als begünstigt auf, denen keine oder nur geringe Wettbewerbsrelevanz zukommt.
2. Nach Maßgabe dieser Maßstäbe fällt das Public Leasing, das —zwischen den Beteiligten unstreitig— überwiegend die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin prägt, nicht unter die Befreiungsvorschrift.
a) Die Klägerin vermietet an Unternehmen Gebäude, die sie zuvor nach deren Wünschen errichtet hat. Es handelt es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit, die sich von derjenigen privater Leasingunternehmen in ihrem äußeren Ablauf nicht unterscheidet und die allen Unternehmen angeboten wird, die die Leistungen der Klägerin in Anspruch nehmen wollen. Wäre die Klägerin steuerbefreit, verfügte sie gegenüber anderen Leasingunternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, über einen Wettbewerbsvorteil, der durch den Zweck der Vorschrift nicht gefördert wird. § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG 1991/1996 begünstigt keine wirtschaftlichen Leistungen (zu marktüblichen Preisen) von Förderungsgesellschaften, die auch von privaten Anbietern erbracht werden und daher von ansiedlungswilligen Unternehmen ohne weiteres in Anspruch genommen werden können.
Dies gilt grundsätzlich auch insoweit, als die Klägerin die Gebäude ansiedlungswilligen Unternehmen zu nicht marktüblichen Bedingungen überlässt. Hierdurch wendet sie den Leasingnehmern unabhängig von deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit dauerhaft materielle Vorteile zu, die über die Beratung oder notwendige Hilfestellung bei der ersten Ansiedlung oder Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte hinausgehen und die daher ebenfalls geeignet sind, den Wettbewerb zu Lasten bereits existierender Unternehmen zu beeinträchtigen.
Ob die Leistungen der Klägerin dann begünstigt sein könnten, wenn sie ausschließlich darauf abzielten, wirtschaftliche Tätigkeiten zu ermöglichen, die ohne die Hilfeleistung entweder in der Region überhaupt nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen ausgeübt werden könnten, kann offen bleiben. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich das Public-Leasing auf finanzschwache Existenzgründer beschränkt, denen der Weg in die Selbstständigkeit durch Beratung gewiesen und die zu Beginn ihrer Tätigkeit zeitlich begrenzt (vgl. BMF- Schreiben in BStBl I 1996, 54 Tz. 8) gefördert werden sollen.
b) Da sich die Tätigkeit der Klägerin nicht auf die in § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG 1991/1996 genannten Tätigkeiten beschränkt, entfällt die Steuerbefreiung insgesamt. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, der die Steuerbefreiung an die Voraussetzung knüpft, dass (nahezu) ausschließlich wirtschaftsfördernde Tätigkeiten im Sinne der Vorschrift ausgeübt werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2006 II Seite 141
BB 2006 S. 34 Nr. 1
BFH/NV 2006 S. 454 Nr. 2
BStBl II 2006 S. 141 Nr. 4
DB 2006 S. 27 Nr. 1
DStRE 2006 S. 235 Nr. 4
FR 2006 S. 315 Nr. 7
GmbH-StB 2006 S. 30 Nr. 2
GmbHR 2006 S. 102 Nr. 2
HFR 2006 S. 181 Nr. 2
INF 2006 S. 50 Nr. 2
KÖSDI 2006 S. 14933 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2005 S. 4429
StB 2006 S. 43 Nr. 2
StBW 2006 S. 6 Nr. 1
StuB-Bilanzreport Nr. 1/2006 S. 37
StuB-Bilanzreport Nr. 2/2006 S. 74
WPg 2006 S. 461 Nr. 7
DAAAB-73111