EuGH Urteil v. - C-97/00

Umsetzung der Richtlinie 97/52/EG durch die Mitgliedstaaten

Leitsatz

[1] Nach Artikel 10 Absatz 1 EG treffen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Zu diesen Handlungen gehören die Richtlinien, die nach Artikel 249 Absatz 3 EG für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werden, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich sind. Diese Verpflichtung impliziert für jeden Mitgliedstaat, an den eine Richtlinie gerichtet ist, diejenige, im Rahmen seiner nationalen Rechtsordnung alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie entsprechend ihrer Zielsetzung zu gewährleisten.

( vgl. Randnr. 9 )

Gesetze: EG Art. 10 Abs. 1 ; EG Art. 249 Abs. 3

Gründe

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Änderung der Richtlinien 92/50/EWG, 93/36/EWG und 93/37/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 328, S. 1, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften bekannt gegeben hat, die erforderlich sind, um sämtlichen Bestimmungen dieser Richtlinie nachzukommen, oder dass sie nicht die erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um der Richtlinie nachzukommen.

2 Nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie erlassen die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um der Richtlinie spätestens ab dem nachzukommen, und unterrichten die Kommission unverzüglich davon.

3 Nachdem die Kommission von der französischen Regierung keine Mitteilung über die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie erhalten hatte und sie auch über keine andere Information verfügte, aus der sie hätte schließen können, dass die Französische Republik die dafür erforderlichen Vorschriften erlassen hatte, forderte sie diesen Mitgliedstaat mit Schreiben vom auf, sich binnen zwei Monaten dazu zu äußern.

4 Dieser Aufforderung kamen die französischen Behörden nicht nach. Daraufhin richtete die Kommission mit Schreiben vom eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Französische Republik und forderte sie auf, dieser binnen zwei Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen.

5 Die französischen Behörden teilten der Kommission mit Schreiben vom mit, dass das Verfahren zum Erlass einer Dekrets zur Umsetzung der Richtlinie im Gange sei und dass der fragliche Text demnächst dem Conseil d'Etat vorgelegt werde. Sie wiesen weiter darauf hin, dass die Richtlinie durch eine Verordnung des Ministers für Wirtschaft, Finanzen und Industrie vom zur Festsetzung der Schwellenwerte, oberhalb deren die Ausschreibungen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht werden müssten, bereits teilweise in das französische Recht umgesetzt sei.

6 Da die Kommission keine Mitteilung über die Annahme des erwähnten Dekretentwurfs erhalten hatte, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

7 Die französische Regierung bestreitet in ihrer Klagebeantwortung die geltend gemachte Vertragsverletzung nicht. Sie ersucht den Gerichtshof jedoch, festzustellen, dass das Verfahren zur Umsetzung der Richtlinie vor dem Abschluss stehe.

8 Dazu führt sie erstens aus, dass die Richtlinie durch die in Randnummer 5 dieses Urteils genannte Verordnung vom bereits teilweise umgesetzt sei. Zweitens weist sie darauf hin, dass ein Dekretentwurf derzeit von den zuständigen Ministern geprüft und in Kürze dem Conseil d'Etat vorgelegt werde.

9 Nach Artikel 10 Absatz 1 EG treffen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Zu diesen Handlungen gehören die Richtlinien, die nach Artikel 249 Absatz 3 EG für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werden, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich sind. Diese Verpflichtung impliziert für jeden Mitgliedstaat, an den eine Richtlinie gerichtet ist, diejenige, im Rahmen seiner nationalen Rechtsordnung alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie entsprechend ihrer Zielsetzung zu gewährleisten (Urteil vom 17. Juni 1999 in der Rechtssache C-336/97, Kommission/Italien, Slg. 1999, I-3771, Randnr. 19).

10 Da die Richtlinie im vorliegenden Fall nicht innerhalb der darin festgesetzten Frist vollständig umgesetzt worden ist, ist die Klage der Kommission begründet.

11 Deshalb ist festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat, dass sie nicht innerhalb der festgesetzten Frist die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um der Richtlinie nachzukommen.

Kostenentscheidung:

Kosten

12 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Französischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind die Kosten der Französischen Republik aufzuerlegen.

Fundstelle(n):
VAAAB-72882

1Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg