EuGH Urteil v. - C-368/98

In einem anderen Mitgliedstaat entstandene Krankenhauskosten - Versagung der Genehmigung trotz geringerer Kosten

Leitsatz

[1] 1. Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c in Verbindung mit Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 geänderten und aktualisierten Fassung ist so auszulegen, dass, wenn ein Sozialversicherter vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um sich dort behandeln zu lassen, der Träger des Aufenthaltsorts verpflichtet ist, ihm Sachleistungen nach den für ihn geltenden Bestimmungen über die Kostenübernahme für Leistungen der Gesundheitspflege zu erbringen, als ob der Betroffene bei ihm versichert wäre.

Wurde ein Genehmigungsantrag, den ein Sozialversicherter gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 gestellt hat, durch den zuständigen Träger abgelehnt und wird die Unbegründetheit dieser Ablehnung später festgestellt, so hat der Betroffene einen unmittelbaren Anspruch gegen den zuständigen Träger auf eine Erstattung in der Höhe, wie sie der Träger des Aufenthaltsorts gemäß der Regelung nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zu erbringen gehabt hätte, wenn die Genehmigung von Anfang an ordnungsgemäß erteilt worden wäre.

Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 soll keine Erstattung zu den im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Sätzen regeln und hindert daher weder an der Gewährung einer ergänzenden Erstattung gemäß dem Unterschied zwischen der Beteiligungsregelung nach den Vorschriften dieses Staates und der für den Aufenthaltsmitgliedstaat geltenden Regelung noch schreibt er eine solche Erstattung vor, wenn die erstere Regelung günstiger als die letztere ist und die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Versicherungszugehörigkeit eine solche Erstattung vorsehen.

Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) ist so auszulegen, dass dann, wenn die Erstattung von Kosten, die durch in einem Aufenthaltsmitgliedstaat erbrachte Krankenhausdienstleistungen veranlasst worden sind, die sich aus der Anwendung der in diesem Staat geltenden Regelung ergibt, niedriger als diejenige ist, die sich aus der Anwendung der im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Rechtsvorschriften im Fall einer Krankenhauspflege in diesem Staat ergeben würde, dem Sozialversicherten vom zuständigen Träger eine ergänzende Erstattung gemäß dem genannten Unterschied zu gewähren ist.

( vgl. Randnr. 53, Tenor 1 )

2. Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 geänderten und aktualisierten Fassung kann nicht so ausgelegt werden, dass danach ein Sozialversicherter, der einen Genehmigungsantrag gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c dieser Verordnung gestellt hat und dem dieser Antrag vom zuständigen Träger abgelehnt worden ist, Anspruch auf die Erstattung sämtlicher Krankheitskosten hat, die ihm in dem Mitgliedstaat entstanden sind, in dem er behandelt worden ist, wenn sich die Ablehnung seines Genehmigungsantrags als unbegründet erweist.

( vgl. Randnr. 56, Tenor 2 )

Gesetze: EG-Vertrag Art. 59; VO Nr. 1408/71 Art. 22; VO Nr. 1408/71 Art. 22 Abs. 1 Buchst. c i.V. mit Ziff. i ; VO Nr. 1408/71 Art. 36

Gründe

1 Die Cour du travail Mons hat mit Urteil vom , beim Gerichtshof eingegangen am , gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung der Artikel 22 und 36 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) und des Artikels 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) zur Vorentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Vanbraekel und seinen sechs Kindern als Erben von Frau Descamps einerseits und der Alliance nationale des mutualités chrétiennes (im Folgenden: ANMC) andererseits, bei dem es um die Weigerung der ANMC geht, Krankenhauskosten zu erstatten, die Frau Descamps im Zusammenhang mit einer orthopädischen Operation in einem Krankenhaus in Frankreich entstanden sind.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 22 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:

Ein Arbeitnehmer oder Selbstständiger, der die nach den Rechtvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, erfuellt und

a) dessen Zustand während eines Aufenthalts im Gebiet eines anderen als des zuständigen Mitgliedstaats unverzüglich Leistungen erfordert oder

b)...

c) der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben, um dort eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten,

hat Anspruch auf:

i) Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre; die Dauer der Leistungsgewährung richtet sich jedoch nach den Rechtvorschriften des zuständigen Staates;

ii) Geldleistungen vom zuständigen Träger nach den für diesen Träger geltenden Rechtvorschriften. Im Einvernehmen zwischen dem zuständigen Träger und dem Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts können diese Leistungen jedoch vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts nach den Rechtvorschriften des zuständigen Staates für Rechnung des zuständigen Trägers gewährt werden."

4 Artikel 22 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 lautet:

Die nach Absatz 1 Buchstabe c) erforderliche Genehmigung darf nicht verweigert werden, wenn die betreffende Behandlung zu den Leistungen gehört, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, in dessen Gebiet der Betreffende wohnt, und wenn er in Anbetracht seines derzeitigen Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit diese Behandlung nicht in einem Zeitraum erhalten kann, der für diese Behandlungen in dem Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat, normalerweise erforderlich ist."

5 Abschnitt 7 von Titel III Kapitel 1 der Verordnung Nr. 1408/71 mit der Überschrift Erstattung zwischen Trägern" umfasst Artikel 36, der wie folgt lautet:

(1) Aufwendungen für Sachleistungen, die aufgrund dieses Kapitels vom Träger eines Mitgliedstaats für Rechnung des Trägers eines anderen Mitgliedstaats gewährt worden sind, sind in voller Höhe zu erstatten, soweit Artikel 32 nicht etwas anderes vorsieht.

(2) Erstattungen nach Absatz 1 werden nach Maßgabe der Durchführungsverordnung gemäß Artikel 98 entweder gegen Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen oder unter Zugrundelegung von Pauschalbeträgen festgestellt und vorgenommen.

Die Pauschalbeträge müssen den wirklichen Ausgaben möglichst genau entsprechen.

3) Zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder die zuständigen Behörden dieser Staaten können andere Erstattungsverfahren vereinbaren oder auf jegliche Erstattung zwischen den unter ihre Zuständigkeit fallenden Trägern verzichten."

Das nationale Recht

6 Artikel 76 quater Absatz 1 des Gesetzes vom über die Einrichtung und Ausgestaltung eines Systems der Pflichtversicherung gegen Krankheit und Invalidität (im Folgenden: Gesetz vom ) sah zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens vor:

Sofern der König keine Ausnahme vorgesehen hat, werden die in diesem Gesetz vorgesehenen Leistungen nicht gewährt, wenn sich der Empfänger zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Leistungen beantragt, nicht tatsächlich in Belgien befindet oder wenn die Gesundheitsleistungen im Ausland erbracht worden sind."

7 Artikel 221 Absatz 1 der Königlichen Verordnung vom 4. November 1963 zur Durchführung des Gesetzes vom bestimmt:

Im Ausland erbrachte Gesundheitsleistungen werden bewilligt:

...

2. dem Empfänger, wenn die Wiederherstellung seiner Gesundheit einen Krankenhausaufenthalt erfordert, der im Ausland unter besseren medizinischen Bedingungen erfolgen kann und der zuvor vom Vertrauensarzt für unerlässlich befunden worden ist."

8 Die belgische Regierung führt jedoch in ihren schriftlichen Erklärungen aus, dass die Anträge auf Genehmigung der Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat nunmehr anhand von Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 und nicht mehr anhand der erwähnten belgischen Regelung geprüft würden.

9 So gehe aus den im Runderlass Nr. 83/54-80/54 des Institut national d'assurance maladie-invalidité (Staatliche Anstalt für Kranken- und Invaliditätsversicherung, INAMI) vom enthaltenen ministeriellen Weisungen hervor, dass die belgische Regelung keine Anwendung mehr finde, wenn der in Rede stehende Sachverhalt durch das Gemeinschaftsrecht geregelt werde.

10 Der ministerielle Runderlass O. A. Nr. 81/215 - 80/51 vom enthält folgende Regelung für die Ausstellung des Formblatts E 112 im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 (ABl. L 74, S. 1) und somit für die Erstattung in einem anderen Mitgliedstaat erbrachter ärztlicher Leistungen:

I. In Bezug auf die Anwendung von Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 sind folgende Grundsätze zu beachten:

1. Die Genehmigung der Behandlung im Ausland darf nicht erteilt werden, wenn die Behandlung auf medizinisch-technischer Ebene auch in Belgien erfolgen kann;

2. wird eine Genehmigung einer Behandlung im Ausland in ganz außerordentlichen Fällen erteilt, d. h., wenn die Behandlung in Belgien nicht erfolgen kann, so hat der Vertrauensarzt die Krankenanstalt und/oder den Facharzt und den vorgesehenen Behandlungszeitraum klar anzugeben;

3. vorbehaltlich von Nummer 2 können die von belgischen Versicherungen nicht gedeckten Leistungen nicht im Ausland erbracht werden, d. h. es darf kein Formblatt E 112 für Leistungen ausgestellt werden, die in Belgien von der obligatorischen Krankenversicherung und Invaliditätsversicherung nicht erstattet werden könnten (absolute Einschränkung);

..."

Der Sachverhalt und die Vorlagefrage

11 Frau Descamps, eine in Belgien wohnende und der ANMC angeschlossene belgische Staatsangehörige, die an einer doppelseitigen Gonarthrose litt, beantragte bei dieser im Februar 1990 die Genehmigung für einen von der ANMC zu übernehmenden orthopädisch-chirurgischen Eingriff in Frankreich.

12 Diese Genehmigung wurde mit der Begründung abgelehnt, der Antrag sei unzureichend begründet, da Frau Descamps nicht das Gutachten eines in einer inländischen Hochschuleinrichtung tätigen Arztes vorgelegt habe.

13 Frau Descamps unterzog sich im April 1990 ungeachtet des Fehlens einer Genehmigung dem erwähnten Eingriff in Frankreich und erhob dann beim Tribunal du travail Tournai (Belgien) Klage auf Erstattung der Kosten dieser Behandlung durch die ANMC.

14 Das Tribunal du travail Tournai wies die Klage mit Urteil vom ab. Es führte aus, dass die Versagung durch die ANMC u. a. deshalb begründet sei, weil Frau Descamps nicht unter Vorlage zumindest des Gutachtens eines belgischen Universitätsprofessors den Nachweis erbracht [hat], dass der in Frankreich vorgenommene Eingriff unter besseren medizinischen Bedingungen als denjenigen vorgenommen wurde, unter denen er in Belgien hätte durchgeführt werden können".

15 Die Cour du travail Mons, bei der Frau Descamps gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einlegte, stellte mit Zwischenurteil vom fest, dass das vom Tribunal du travail Tournai festgestellte Erfordernis einer Stellungnahme eines belgischen Universitätsprofessors für die Zwecke der Genehmigung überzogen sei. Mit demselben Urteil beauftragte sie einen Sachverständigen, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob die Wiederherstellung von Frau Descamps im März 1990 einen Krankenhausaufenthalt erforderte, der im Ausland unter besseren medizinischen Bedingungen als in Belgien erfolgen konnte.

16 Nach dem Gutachten des Sachverständigen, das am 29. Dezember 1994 vorgelegt wurde, erforderte die Wiederherstellung der Gesundheit von Frau Jeanne Descamps im März 1990 einen Krankenhausaufenthalt, der im Ausland unter besseren medizinischen Bedingungen erfolgen konnte (chirurgischer Eingriff von Dr. Cartier in Paris, Artikel 221 Absatz 1 der Königlichen Verordnung vom )".

17 Aus dem Vorbringen vor der Cour du travail Mons nach der Vorlage des Sachverständigengutachtens geht hervor, dass sich die Erstattung der Frau Descamps entstandenen Krankheitskosten unter den Umständen des Ausgangsverfahrens bei Zugrundelegung der im französischen Recht vorgesehenen Erstattungskoeffizienten auf 38 608,89 FRF und bei Anwendung der im belgischen Recht vorgesehenen Erstattungskoeffizienten auf 49 935,44 FRF belaufen würde.

18 Frau Descamps starb im Laufe des Verfahrens am . Ihre Erben - ihr Ehemann, Herr Vanbraekel, und ihre sechs Kinder - haben das Verfahren aufgenommen.

19 Aufgrund des Gutachtens des vom Gericht bestellten Sachverständigen hat die Cour du travail Mons ausgeführt, dass die ANMC zur Übernahme der Kosten des Krankenhausaufenthalts von Frau Descamps gemäß Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 und den Artikeln 59 und 60 des Vertrages" verurteilt würde. Unter Hinweis darauf, dass nur noch die Frage der Höhe dieser Kostenübernahme zu entscheiden sei, hat die Cour du travail Mons das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Wenn das nationale Gericht im Rahmen eines bei ihm anhängigen Rechtsstreits die Notwendigkeit einer Krankenhauspflege in einem anderen Mitgliedstaat als dem des zuständigen Trägers anerkannt hat, während die vorherige Genehmigung nach Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 versagt worden war,

a) hat dann die Erstattung der Kosten der Krankenhauspflege nach der Regelung des Staates des zuständigen Trägers oder nach der Regelung des Staates zu erfolgen, in dessen Gebiet die Krankenhauspflege stattfand?

b) Ist eine in den Rechtsvorschriften des Staates des zuständigen Trägers vorgesehene Begrenzung der Höhe der Erstattung im Hinblick auf Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 zulässig, in dem von einer Erstattung in voller Höhe die Rede ist?

Zur Zulässigkeit

20 Nach Ansicht der irischen und der niederländischen Regierung sowie der Regierung des Vereinigten Königreichs gibt das Vorlageurteil nicht genau an, weshalb das nationale Gericht einer Auslegung des Gemeinschaftsrechts bedarf, um den Rechtsstreit entscheiden zu können, und enthält keine ausreichenden tatsächlichen und rechtlichen Angaben, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihr Recht, beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen einzureichen, wirksam auszuüben.

21 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine dem nationalen Gericht dienliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts nur möglich, wenn dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (vgl. u. a. Urteil vom 26. Januar 1993 in den Rechtssachen C-320/90, C-321/90 und C-322/90, Telemarsicabruzzo u. a., Slg. 1993, I-393, Randnr. 6, Beschlüsse vom 19. März 1993 in der Rechtssache C-157/92, Banchero, Slg. 1993, I-1085, Randnr. 4, vom in den Rechtssachen C-128/97 und C-137/97, Testa und Modesti, Slg. 1998, I-2181, Randnr. 5, und vom in der Rechtssache C-116/00, Laguillaumie, Slg. 2000, I-4979, Randnr. 15). Der Gerichtshof hat auch wiederholt hervorgehoben, wie wichtig es ist, dass das vorlegende Gericht genau angibt, warum ihm die Auslegung des Gemeinschaftsrechts fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof erforderlich erscheint (u. a. Beschlüsse vom in der Rechtssache C-101/96, Italia Testa, Slg. 1996, I-3081, Randnr. 6, Testa und Modesti, Randnr. 15, und Laguillaumie, Randnr. 16).

22 Im vorliegenden Fall hat das nationale Gericht derartige Anforderungen jedoch nicht verkannt.

23 Denn das Vorlageurteil enthält die Angabe der anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts und eine Beschreibung des Sachverhalts, die zwar kurz ist, doch ausreicht, um dem Gerichtshof die Entscheidung zu ermöglichen.

24 Im Übrigen hat das vorlegende Gericht, wie zuvor ausgeführt worden ist, bereits entschieden, dass unter den im Ausgangsverfahren vorliegenden Umständen die Voraussetzungen erfuellt sind, von denen das Gemeinschaftsrecht das Bestehen eines Anspruchs auf Erstattung für eine Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Versicherungszugehörigkeit abhängig macht. Wie im Vorlageurteil hervorgehoben, soll mit dem Auslegungsersuchen an den Gerichtshof nur bestimmt werden, wie hoch die zu gewährende Erstattung sein muss, und insbesondere, ob in dieser Beziehung die im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltende Regelung oder aber die Regelung aufgrund der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden ist, in dem die Behandlung erfolgt ist.

25 Daher ist die vom Vorlagegericht gestellte Frage sehr wohl zu prüfen.

Zum ersten Teil der Vorlagefrage

26 Mit dem ersten Teil seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in Fällen, in denen jemand einen Antrag auf Genehmigung gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 gestellt hat, dieser Antrag abgelehnt worden ist und die Unbegründetheit dieser Ablehnung später festgestellt wird, die Erstattung der Behandlungskosten durch den zuständigen Träger nach den im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Bestimmungen oder aber nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats zu erfolgen hat, in dem die Behandlung vorgenommen worden ist.

27 Im Hinblick auf die Beantwortung dieser Frage ist vorab darauf hinzuweisen, dass es sich, obwohl das nationale Gericht dies nicht darlegt, bei den Gemeinschaftsbestimmungen, deren Auslegung für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage erheblich ist, um Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c in Verbindung mit Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 und um Artikel 59 des Vertrages handelt.

28 Wie schon angegeben, führt das vorlegende Gericht ferner aus, es habe selbst entschieden, dass die Krankheitskosten, um die es im Ausgangsverfahren geht, gemäß Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 und den Artikeln 59 sowie 60 des Vertrages" von der ANMC zu übernehmen sind.

Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71

29 Zur Anwendbarkeit von Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 im vorliegenden Ausgangsverfahren ist erstens darauf hinzuweisen, dass Frau Descamps einen Antrag auf vorherige Genehmigung gemäß dieser Bestimmung gestellt und das vorlegende Gericht die ihr gegenüber ausgesprochene Versagung der Genehmigung für unwirksam erklärt hat.

30 Zweitens erlaubt es der Umstand, dass die Versagung der Genehmigung im Ausgangsverfahren aufgrund der Kriterien für die Genehmigung im nationalen Recht und nicht aufgrund der Kriterien des Artikels 22 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 für unbegründet befunden worden ist, nicht, mit der belgischen Regierung davon auszugehen, dass diese Verordnung nicht anzuwenden sei.

31 Denn aus Artikel 22 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 ergibt sich, dass in dieser Bestimmung nur festgelegt werden soll, unter welchen Umständen es ausgeschlossen ist, dass der zuständige nationale Träger die gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c beantragte Genehmigung versagen kann. Diese Bestimmung soll dagegen keineswegs die Fälle begrenzen, in denen eine derartige Genehmigung gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c erteilt werden kann. Wird eine Genehmigung auf der Grundlage einer nationalen Bestimmung erteilt, die, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung, die Erteilung der Genehmigung vorsieht, wenn nachgewiesen ist, dass eine Krankenhauspflege unter besseren medizinischen Bedingungen im Ausland erbracht werden kann, so ist daher davon auszugehen, dass eine derartige Genehmigung eine Genehmigung im Sinne von Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 darstellt.

32 Zum Umfang der Ansprüche, die Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 einem Sozialversicherten verleiht, dem eine Genehmigung erteilt worden ist, ergibt sich aus Absatz 1 Ziffer i, dass einem solchen Versicherten grundsätzlich Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthaltsorts nach den Rechtsvorschriften des Staates der Leistungserbringung zu gewähren sind, als ob er dort versichert wäre, und dass sich nur die Dauer der Leistungsgewährung weiterhin nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates richtet. Indem diese Bestimmung den Sozialversicherten, für die die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gelten und denen eine Genehmigung erteilt worden ist, so einen Zugang zur Behandlung in den anderen Mitgliedstaaten unter ebenso günstigen Voraussetzungen gewährleistet, wie sie für die Sozialversicherten gelten, die den Rechtsvorschriften der letztgenannten Staaten unterliegen, trägt sie dazu bei, die Freizügigkeit der Sozialversicherten zu erleichtern.

33 Nach allem müssen die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Behandlung erfolgt, geltenden Modalitäten der Kostenübernahme angewandt werden, und der zuständige Träger hat später dem Träger des Aufenthaltsortes unter den in Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehenen Voraussetzungen seine Aufwendungen zu erstatten.

34 Die praktische Wirksamkeit wie auch die hinter diesen Bestimmungen stehenden Erwägungen gebieten es im Übrigen, davon auszugehen, dass ein Sozialversicherter, wenn er einen Antrag auf Genehmigung gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 gestellt hat, dieser Antrag vom zuständigen Träger abgelehnt worden ist und die Unbegründetheit dieser Ablehnung später entweder vom zuständigen Träger selbst oder durch gerichtliche Entscheidung festgestellt wird, einen unmittelbaren Anspruch gegen den zuständigen Träger auf eine Erstattung in der Höhe hat, wie sie normalerweise zu erbringen gewesen wäre, wenn die Genehmigung von Anfang an ordnungsgemäß erteilt worden wäre.

35 Soweit das vorlegende Gericht ausführt, dass die Erstattung, die bei Anwendung der belgischen Regelung gewährt werden könnte, höher sei als diejenige, die sich aus der Anwendung der französischen Regelung ergäbe, und da es in diesem Zusammenhang die Frage nach der Höhe der Erstattung aufwirft, auf die die Kläger des Ausgangsverfahrens als Erben von Frau Descamps nach dem Gemeinschaftsrecht tatsächlich Anspruch haben, stellt sich die Frage, ob die Kläger zusätzlich Anspruch auf eine ergänzende Erstattung gemäß dem Unterschied zwischen den beiden Regelungen haben.

36 Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 soll nicht die Erstattung der bei einer Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Kosten durch die Mitgliedstaaten zu den im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Sätzen regeln und hindert die Mitgliedstaaten daher nicht an einer solchen Erstattung (Urteil vom in der Rechtssache C-158/06, Kohll, Slg. 1998, I-1931, Randnr. 27), wenn die Rechtsvorschriften des Versicherungsmitgliedstaats eine derartige Erstattung vorsehen und die nach diesen Rechtsvorschriften angewandten Sätze sich als günstiger als diejenigen erweisen, die in dem Mitgliedstaat praktiziert werden, in dem die Behandlung erfolgt ist.

37 Zwar hindert Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht an einer Erstattung, die diejenige aufgrund der Anwendung der Regelung des Aufenthaltsmitgliedsstaats ergänzt, wenn sich die im Versicherungsmitgliedstaat angewandte Regelung als günstiger erweist, doch schreibt die Bestimmung auch nicht eine derartige ergänzende Erstattung vor. Daher ist zu prüfen, ob sich eine derartige Verpflichtung aus Artikel 59 des Vertrages ergeben kann.

Die Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr

38 Zunächst ist zu klären, ob der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens unter die Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Artikel 59 des Vertrages fällt.

39 Einige Regierungen, die beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht haben, haben in der Tat die Ansicht vertreten, dass Krankenhausdienstleistungen eine wirtschaftliche Betätigung im Sinne von Artikel 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) sein können.

40 Vorab sei darauf hingewiesen, dass Dienstleistungen nach Artikel 60 des Vertrages Leistungen sind, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.

41 Im Übrigen fallen nach ständiger Rechtsprechung medizinische Tätigkeiten unter Artikel 60 des Vertrages, ohne dass danach zu unterscheiden ist, ob die Behandlung im klinischen Rahmen oder außerhalb davon erfolgt (Urteile vom in den Rechtssachen 286/82 und 26/83, Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377, Randnr. 16, vom in der Rechtssache C-159/90, Society for the Protection of Unborn Children Ireland, Slg. 1991, I-4685, Randnr. 18, und Kohll, Randnrn. 29 und 51).

42 Ferner führen nach ständiger Rechtsprechung die Besonderheiten bestimmter Dienstleistungen nicht dazu, dass diese nicht unter den elementaren Grundsatz des freien Verkehrs fallen (Urteile vom in der Rechtssache 279/80, Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 10, und Kohll, Randnr. 20); dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung zum Bereich der sozialen Sicherheit gehört, schließt daher die Anwendung der Artikel 59 und 60 des Vertrages nicht aus (Urteil Kohll, Randnr. 21).

43 Da die Krankenhausleistungen, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter die Dienstleistungsfreiheit fallen, ist sodann zu prüfen, ob es eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Artikel 59 des Vertrages herbeiführt, dass eine nationale Regelung dem inländischen Versicherten, dem eine Krankenhauspflege in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 genehmigt worden ist, keine Kostenübernahme in gleicher Höhe gewährleistet, wie sie ihm gewährt worden wäre, wenn er in dem Mitgliedstaat seiner Versicherungszugehörigkeit im Krankenhaus behandelt worden wäre.

44 Nach ständiger Rechtsprechung verstößt jede nationale Regelung gegen Artikel 59 EG-Vertrag, die die Leistung von Diensten zwischen Mitgliedstaaten im Ergebnis gegenüber der Leistung von Diensten im Inneren eines Mitgliedstaats erschwert (Urteil vom in der Rechtssache C-381/93, Kommission/Frankreich, Slg. 1994, I-5145, Randnr. 17, und Kohll, Randnr. 33).

45 Im vorliegenden Fall ist der Umstand, dass ein Sozialversicherter eine weniger günstige Erstattung erhält, wenn er sich einer Krankenhausbehandlung in einem anderen Mitgliedstaat unterzieht, als wenn er die gleiche Behandlung im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit in Anspruch nimmt, zweifellos geeignet, diesen Versicherten davon abzuschrecken oder ihn gar daran zu hindern, sich an Erbringer von medizinischen Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten zu wenden, und stellt sowohl für diesen Versicherten als auch für die Dienstleistenden eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs dar (in diesem Sinn Urteile Luisi und Carbone, Randnr. 16, vom in der Rechtssache C-204/90, Bachmann, Slg. 1992, I-249, Randnr. 31, und Kohll, Randnr. 35).

46 Daher ist schließlich zu prüfen, ob es sich objektiv rechtfertigen lässt, dass eine nationale Regelung dem im Inland angeschlossenen Versicherten keine Deckung in mindestens ebenso vorteilhafter Höhe gewährt, wenn Krankenhausdienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbracht werden.

47 Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass sich nicht ausschließen lässt, dass eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen kann, der eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann (Urteil Kohll, Randnr. 41).

48 Ebenso hat der Gerichtshof anerkannt, dass das Ziel, eine ausgewogene, allen zugängliche ärztliche und klinische Versorgung aufrechtzuerhalten, zwar eng mit der Finanzierung des Systems der sozialen Sicherheit verbunden ist, aber auch zu den Ausnahmen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit nach Artikel 56 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 46 EG) zählen kann, soweit es zur Erzielung eines hohen Gesundheitsschutzes beiträgt (Urteil Kohll, Randnr. 50).

49 Weiter hat der Gerichtshof festgestellt, dass Artikel 56 EG-Vertrag es den Mitgliedstaaten erlaubt, den freien Dienstleistungsverkehr im Bereich der ärztlichen und klinischen Versorgung einzuschränken, soweit die Erhaltung eines bestimmten Umfangs der medizinischen und pflegerischen Versorgung oder eines bestimmten Niveaus der Heilkunde im Inland für die Gesundheit oder selbst das Überleben ihrer Bevölkerung erforderlich ist (Urteil Kohll, Randnr. 51).

50 In Bezug auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens ist jedoch festzustellen, dass keiner der in den Randnummern 47 bis 59 dieses Urteils erwähnten zwingenden Gründe das im Ausgangsverfahren vorliegende Hemmnis rechtfertigen kann.

51 Denn hier hat das vorlegende Gericht entschieden, dass Frau Descamps einen Anspruch auf die Genehmigung hatte, die in der nationalen Regelung, der sie unterlag, und in Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 vorgesehen ist. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die Gewährung einer ergänzenden Erstattung gemäß dem Unterschied zwischen der in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Versicherungszugehörigkeit vorgesehenen Beteiligungsregelung und derjenigen, die vom Aufenthaltsmitgliedstaat angewandt wird, dann, wenn die erstere günstiger als die letztere ist, im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit die Aufrechterhaltung einer ausgewogenen, allen zugänglichen ärztlichen und klinischen Versorgung oder die Erhaltung eines bestimmten Umfangs der medizinischen und pflegerischen Versorgung oder eines bestimmten Niveaus der Heilkunde im Inland gefährden würde.

52 Da eine derartige ergänzende Erstattung, die sich nach der Beteiligungsregelung der Versicherungsstaats bemisst, begrifflich keine zusätzliche finanzielle Belastung für das Krankenversicherungssystem dieses Staates im Vergleich zu der Erstattung bedeutet, die im Fall der Krankenhauspflege in diesem Staat hätte erbracht werden müssen, kann auch nicht angenommen werden, dass es sich wesentlich auf die Finanzierung des Systems der sozialen Sicherheit auswirken würde, wenn eine derartige ergänzende Erstattung zu Lasten des Krankenversicherungssystems geht (Urteil Kohll, Randnr. 42).

53 Nach allem ist auf den ersten Teil der Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c in Verbindung mit Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 so auszulegen ist, dass, wenn ein Sozialversicherter vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben, um sich dort behandeln zu lassen, der Träger des Aufenthaltsorts verpflichtet ist, ihm Sachleistungen nach den für ihn geltenden Bestimmungen über die Kostenübernahme für Leistungen der Gesundheitspflege zu erbringen, als ob der Betroffene bei ihm versichert wäre.

Wurde ein Genehmigungsantrag, den ein Sozialversicherter gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 gestellt hat, durch den zuständigen Träger abgelehnt und wird die Unbegründetheit dieser Ablehnung später festgestellt, so hat der Betroffene einen unmittelbaren Anspruch gegen den zuständigen Träger auf eine Erstattung in der Höhe, wie sie der Träger des Aufenthaltsorts gemäß der Regelung nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zu erbringen gehabt hätte, wenn die Genehmigung von Anfang an ordnungsgemäß erteilt worden wäre.

Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 soll keine Erstattung zu den im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Sätzen regeln und hindert daher weder an der Gewährung einer ergänzenden Erstattung gemäß dem Unterschied zwischen der Beteiligungsregelung nach den Vorschriften dieses Staates und der für den Aufenthaltsmitgliedstaat geltenden Regelung, noch schreibt er eine solche Erstattung vor, wenn die erstere Regelung günstiger als die letztere ist und die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Versicherungszugehörigkeit eine solche Erstattung vorsehen.

Artikel 59 des Vertrages ist so auszulegen, dass dann, wenn die Erstattung von Kosten, die durch in einem Aufenthaltsmitgliedstaat erbrachte Krankenhausdienstleistungen veranlasst worden sind, die sich aus der Anwendung der in diesem Staat geltenden Regelung ergibt, niedriger als diejenige ist, die sich aus der Anwendung der im Mitgliedstaat der Versicherungszugehörigkeit geltenden Rechtsvorschriften im Fall einer Krankenhauspflege in diesem Staat ergeben würde, dem Sozialversicherten vom zuständigen Träger eine ergänzende Erstattung gemäß dem genannten Unterschied zu gewähren ist.

Zum zweiten Teil der Vorlagefrage

54 Mit dem zweiten Teil seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 so auszulegen ist, dass danach ein Sozialversicherter, der einen Genehmigungsantrag gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 gestellt hat und dem dieser Antrag vom zuständigen Träger abgelehnt worden ist, Anspruch auf Erstattung sämtlicher Krankheitskosten hat, die ihm in dem Mitgliedstaat entstanden sind, in dem er behandelt worden ist, wenn sich die Ablehnung seines Genehmigungsantrags als unbegründet erweist.

55 Im Hinblick auf die Beantwortung der so umformulierten Frage genügt die Feststellung, dass bereits nach dem Wortlaut von Artikel 36 der Verordnung Nr.1408/71 die vollständige Erstattung zwischen Trägern, die diese Bestimmung regelt, nur Sachleistungen betrifft, die vom Träger eines Aufenthaltsmitgliedstaats für Rechnung des zuständigen Trägers gemäß Titel III Kapitel 1 der Verordnung gewährt werden. Daher bezieht sich diese Erstattung, wie in den Randnummern 32 und 33 dieses Urteils dargelegt worden ist, nur auf die Sachleistungen, deren Übernahme durch den Träger des Aufenthaltsorts in den für diesen geltenden Rechtsvorschriften vorgesehen ist, und genau in dem Umfang, in dem diese Übernahme vorgesehen ist.

56 Daher ist auf den zweiten Teil der Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht so ausgelegt werden kann, dass danach ein Sozialversicherter, der einen Genehmigungsantrag gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1408/71 gestellt hat und dem dieser Antrag vom zuständigen Träger abgelehnt worden ist, Anspruch auf die Erstattung sämtlicher Krankheitskosten hat, die ihm in dem Mitgliedstaat entstanden sind, in dem er behandelt worden ist, wenn sich die Ablehnung seines Genehmigungsantrags als unbegründet erweist.

Kostenentscheidung:

Kosten

57 Die Auslagen der belgischen, der dänischen, der deutschen, der spanischen, der französischen, der irischen, der niederländischen, der österreichischen, der finnischen und der schwedischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Fundstelle(n):
EAAAB-72759

1Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg