Leitsatz
Das Entnahmeprivileg für den zu einer neu errichteten Altenteilerwohnung gehörenden Grund und Boden gemäß § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 5 EStG) setzt voraus, dass diese Wohnung nach ihrer Fertigstellung auch tatsächlich von einem Altenteiler genutzt wird.
Gesetze: EStG 1997 § 52 Abs. 15 Satz 10EStG 2002 § 4 Abs. 1 Satz 4EStG 2002 § 13 Abs. 5
Instanzenzug: (EFG 2004, 1691) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr (1998) als Ehegatten zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielt u.a. Einkünfte aus einem eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, die gemäß § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Durchschnittssätzen für das Normalwirtschaftsjahr ermittelt werden.
Mit Schreiben vom erklärte er gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) die Entnahme eines Flurstücks zum von 1 197 qm, das im Kalenderjahr 1998 mit einem Doppelhaus bebaut worden war, und beantragte, die Hälfte des Entnahmegewinns gemäß § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (a.F.) steuerfrei zu belassen, da eine Doppelhaushälfte als Altenteilerwohnung errichtet worden sei.
Dem folgte das FA zunächst und erfasste in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1998 die Hälfte des für das gesamte Grundstück erklärten Entnahmegewinns von 83 790 DM. Nach einer Außenprüfung versagte das FA jedoch die Steuerbefreiung, weil festgestellt worden war, dass der Kläger die als Altenteilerwohnung vorgesehene Doppelhaushälfte seinen Schwiegereltern vermietet hatte. Erst nach einer künftigen Hofübergabe an seinen Sohn sollte die Wohnung von ihm, dem Kläger, als Altenteiler genutzt werden. Mit dem angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheid 1998 besteuerte das FA daher den Entnahmegewinn in vollem Umfang.
Einspruch und Klage, mit der die Kläger geltend gemacht hatten, das Gesetz verlange nur die Errichtung einer Altenteilerwohnung, nicht aber deren Nutzung als solche, hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2004, 1691 veröffentlichten Urteil die Ansicht, die Steuerbefreiung nach § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. setze voraus, dass die Wohnung mit ihrer Fertigstellung dem begünstigten Zweck zuzuführen sei. Unschädlich sei allenfalls eine kurzfristige und absehbar vorübergehende Zwischennutzung.
Mit ihrer dagegen gerichteten, vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie tragen vor, aus der Formulierung im 2. Halbsatz des § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F., wonach der Steuerpflichtige „die Regelung nur für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung und für eine Altenteilerwohnung in Anspruch nehmen” könne, sei zu schließen, dass die Altenteilerwohnung gerade nicht sofort zu eigenen Wohnzwecken des Altenteilers genutzt werden müsse. Der Gesetzgeber habe beim Übergang zur Konsumgutlösung eine großzügige Entnahmeregelung für zwei Wohnungen treffen wollen, die bisher Betriebsvermögen gewesen seien und der Besteuerung unterlegen hätten. Würde die Wohnung später tatsächlich nicht von den Altenteilern genutzt, so könne der begünstigende Einkommensteuerbescheid ähnlich wie bei der Begünstigung weichender Erben nach § 14a Abs. 4 EStG gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert werden.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer 1998 in der Weise zu ändern, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft als Einzelunternehmer mit 24 424 DM anzusetzen sind.
Das FA beantragt die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Kläger ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass der Gewinn aus der Entnahme eines zur Errichtung einer Altenteilerwohnung bestimmten Grundstücks nach § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 5 EStG in der durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 —StEntlG 1999/2000/2002— geänderten Fassung) nur dann außer Ansatz bleibt, wenn die Wohnung auch tatsächlich von einem Altenteiler genutzt wird. Es hat jedoch nicht festgestellt, dass die Erklärung des Klägers im Schreiben vom ggf. auch in vollem Umfang auf eine steuerpflichtige Entnahme gerichtet war.
1. Gemäß § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 5 EStG) bleibt ein Entnahmegewinn bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft außer Ansatz, wenn Grund und Boden nach dem dadurch entnommen wird, dass auf ihm die Wohnung des Steuerpflichtigen oder eine Altenteilerwohnung errichtet wird. Nach dem zweiten Halbsatz dieser Vorschrift kann die Steuerbefreiung nur für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung und für eine Altenteilerwohnung in Anspruch genommen werden (sog. Objektbeschränkung).
a) Zutreffend hat das FG erkannt, dass die Steuerbefreiung der Entnahme des Grund und Bodens für eine Altenteilerwohnung von der tatsächlichen Nutzung der Wohnung durch die Altenteiler abhängt (gl.A. Felsmann/Giere, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A 178e; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., EStG § 13 Anm. 391; Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 17 Rz. 350). Dies folgt ohne weiteres bereits aus dem Wortlaut des § 52 Abs. 15 Satz 10 erster Halbsatz EStG a.F. (jetzt § 13 Abs. 5 erster Halbsatz EStG). Denn privilegiert ist nicht etwa jede Entnahme von Grund und Boden, insbesondere nicht eine freiwillige Entnahme, die —wie im Streitfall— den Bau einer Altenteilerwohnung zur künftigen Nutzung durch den Kläger ermöglichen soll, wenn dieser dereinst seinen Betrieb übergeben hat und selbst zum Altenteiler geworden sein sollte. Begünstigt ist vielmehr nur eine Entnahme, die „dadurch” erfolgt, dass die Altenteilerwohnung errichtet wird. Solche, nach Aufhebung der Nutzungswertbesteuerung geschaffenen Wohnungen werden von Anfang an zu notwendigem Privatvermögen. Werden sie auf einem Grundstück des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens errichtet, so hat dies die Entnahme dieses Grundstücks zur Folge, weil Gebäude und dazugehörender Grund und Boden nur einheitlich Betriebs- oder Privatvermögen sein können (ständige Rechtsprechung seit dem Senatsurteil vom IV R 55/74, BFHE 128, 527, BStBl II 1980, 5). Ist die ausschließliche Begünstigung solcher Zwangsentnahmen aber der eigentliche Zweck der Steuerbefreiung des § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. bzw. § 13 Abs. 5 EStG (Kanzler in HHR, EStG § 13 Anm. 391, und Leingärtner/Kanzler, a.a.O., Kap. 17 Rz. 358), so erfordert dies nicht nur die Errichtung einer zu dem begünstigten Zweck geeigneten Wohnung, sondern auch deren tatsächliche Nutzung durch den Betriebsleiter oder Altenteiler.
b) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen einer derartigen Zwangsentnahme nicht vor. Weder waren die Schwiegereltern des Klägers Altenteiler noch führte die Nutzungsänderung der landwirtschaftlichen Fläche durch Bebauung zu einer Entnahme.
Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG wurde die Wohnung nach ihrer Fertigstellung den Schwiegereltern des Klägers vermietet, die nicht Altenteiler auf dem Hof des Klägers waren. Denn Altenteiler i.S. des § 52 Abs. 15 EStG a.F. ist nur derjenige, der den Betrieb im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen hat und dafür Nutzungen, Sach-, Natural-, Dienst- und Geldleistungen erhält (s. nur Senatsurteil vom IV R 82/99, BFHE 193, 488, BStBl II 2001, 232, unter 3. der Gründe zum Begriff des Altenteilers in § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG 1987). Dass die Schwiegereltern Altenteiler auf einem anderen Hof waren, weil ihnen im Zusammenhang mit der Übergabe ihres Betriebs an die Klägerin eine Wohnung überlassen worden war, ist —worauf das FG zutreffend hingewiesen hat— im Streitfall ohne Bedeutung. Mangels eines notwendigen Zusammenhangs der Altenteilerwohnung mit einer Hofübergabe an diesen kann die vom Kläger errichtete Wohnung nicht etwa an die Stelle der den Schwiegereltern zugedachten, auf dem entfernt liegenden weiteren Hof errichteten Altenteilerwohnung treten. Nach dem Vortrag des Klägers wurde die Doppelhaushälfte auch nicht zur endgültigen Nutzung durch die Schwiegereltern, sondern gewissermaßen auf Vorrat errichtet, bis es im Zusammenhang mit der künftigen Übergabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Klägers an seinen Sohn zu einer Altenteilsvereinbarung kommen würde.
Die Bebauung des bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstücks mit einem zur Vermietung bestimmten Wohngebäude führte auch nicht zu einer Zwangsentnahme des dazugehörenden Grund und Bodens. Dies folgt aus § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG, wonach die Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich keine Entnahme ist, auch bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG nicht zu einer Entnahme führt. Zwar fällt nicht jede Nutzungsänderung unter diese Vorschrift, sondern nur die Änderung der Nutzung, durch die ein Anlagegut zu gewillkürtem Betriebsvermögen, nicht aber zu notwendigem Privatvermögen wird (Kanzler in HHR, EStG § 4 Anm. 308). Dies ist aber im Streitfall mangels Nutzung durch die Kläger selbst oder durch einen Altenteiler nicht geschehen. Der Kläger hätte daher beide Doppelhaushälften auch bei Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen als sog. geduldetes Betriebsvermögen fortführen, aber auch jederzeit steuerpflichtig entnehmen können. Eine solche steuerpflichtige Entnahme hat der Kläger für eine der fremdvermieteten Doppelhaushälften auch erklärt.
c) Zu Unrecht leiten die Kläger aus einer Formulierung in § 52 Abs. 15 Satz 10 zweiter Halbsatz EStG a.F. her, dass zwar die Betriebsleiterwohnung im Anschluss an ihre Errichtung selbst genutzt werden müsse, nicht aber die Altenteilerwohnung. Nach der Vorschrift kann der Steuerpflichtige „die Regelung nur für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung und für eine Altenteilerwohnung in Anspruch nehmen”. Dass der Gesetzgeber in dieser Vorschrift auf die in § 52 Abs. 15 Satz 8 Nr. 2 EStG 1987 verwendete Formulierung „oder für Wohnzwecke eines Altenteilers” verzichtet hat, ist ohne Bedeutung. Denn abgesehen davon, dass der zweite Halbsatz des § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. nicht die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, sondern nur die Objektbeschränkung regelt, folgt das Gebot der Nutzung durch den Altenteiler bereits aus dem die Steuerbefreiung rechtfertigenden Erfordernis einer Zwangsentnahme, das sich —wie unter 1.a ausgeführt— bereits aus dem ersten Halbsatz des § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. ergibt. Entgegen der Auffassung der Kläger kann die Versagung der Steuerbefreiung im Streitfall auch nicht zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes führen, denn bei einer künftigen Hofübergabe kann eine Altenteilerwohnung für die Kläger errichtet und der dazugehörende Grund und Boden nach § 13 Abs. 5 EStG steuerfrei entnommen werden, da bisher kein Objektverbrauch eingetreten ist.
2. Obwohl der erkennende Senat die Rechtsauffassung des FG zu den Voraussetzungen des Entnahmeprivilegs für Altenteilergrundstücke in § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. teilt, war die Vorentscheidung aufzuheben. Der Senat kann dem FG nämlich nicht darin folgen, dass der Kläger die für die „Altenteilerwohnung” bestimmte Grundstückshälfte steuerpflichtig entnommen hat. Zwar hätte der Kläger diesen Grundstücksteil, ebenso wie den anderen fremdvermieteten Teil des Grundstücks, als Wirtschaftsgut des gewillkürten Betriebsvermögens auch jederzeit durch eine eindeutige Entnahmehandlung in das Privatvermögen überführen können. Eine solche Entnahmehandlung, die bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen allerdings nicht durch einen entsprechenden Buchungsvorgang dokumentiert werden kann, muss jedoch erkennbar von dem Bewusstsein getragen sein, dass es als Folge dieser Maßnahme zu einer Versteuerung der stillen Reserven kommt (Senatsurteil vom IV R 10/03, BFHE 206, 426, BStBl II 2004, 947, unter 3. der Gründe, m.w.N.). Aus den bisherigen Feststellungen des FG ergibt sich indessen, dass der Kläger mit der Entnahmeerklärung vom lediglich die Rechtsfolge des § 52 Abs. 15 Satz 10 EStG a.F. umsetzen wollte. Eine steuerpflichtige Entnahme war damit nicht beabsichtigt, sondern nur die „Ausbuchung” des Grundstücks, weil der Entnahmegewinn nach der Vorstellung des Klägers außer Ansatz blieb. Aus dem Umstand, dass der Kläger für den anderen mit der fremdvermieteten Doppelhaushälfte bebauten Grundstücksteil eine steuerpflichtige Entnahme wollte und entsprechend seiner Erklärung veranlagt wurde, lässt sich für die steuerliche Behandlung des streitigen Grundstücks nichts herleiten. Beide Doppelhaushälften können in einem unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum Betrieb des Klägers stehen und sind daher selbständige Wirtschaftsgüter. Die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen, damit dieses die Feststellungen zum Inhalt der Entnahmeerklärung des Klägers nachholen kann.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2006 II Seite 68
BB 2005 S. 2797 Nr. 51
BFH/NV 2006 S. 188 Nr. 1
BStBl II 2006 S. 68 Nr. 2
DB 2005 S. 2722 Nr. 50
DStRE 2006 S. 216 Nr. 4
DStZ 2006 S. 3 Nr. 1
EStB 2006 S. 11 Nr. 1
FR 2006 S. 291 Nr. 6
HFR 2006 S. 150 Nr. 2
INF 2006 S. 123 Nr. 4
KÖSDI 2006 S. 14928 Nr. 1
NWB-Eilnachricht Nr. 24/2007 S. 2030
NWB-Eilnachricht Nr. 50/2005 S. 4242
SJ 2006 S. 24 Nr. 3
StB 2006 S. 3 Nr. 1
StBW 2005 S. 4 Nr. 25
StuB-Bilanzreport Nr. 24/2005 S. 1060
EAAAB-71709