BFH Beschluss v. - VII B 316/04

Instanzenzug:

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein polnischer Staatsbürger, der seit Dezember 2001 in der Bundesrepublik Deutschland lebt, wurde am in H als Fahrer eines PKW mit polnischem Kennzeichen von Beamten des Zollkommissariats angehalten. Aufgrund der Einlassung des Klägers erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt —HZA—) am einen Einfuhrabgabenbescheid (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) wegen vorschriftswidrigen Verbringens des PKW in das Zollgebiet der Gemeinschaft. Einspruch und Klage des Klägers hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) kam im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass die in einem Vermerk des Zollkommissariats dokumentierte Einlassung des Klägers, wonach er den in Polen auf seine Mutter zugelassenen PKW nach Deutschland verbracht habe und ihn hier zum persönlichen Gebrauch nutze, tatsächlich in dieser Weise erfolgt sei und auch den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Die später im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren getätigte Einlassung des Klägers, er sei erst am zusammen mit seinem Bruder und seiner Mutter in dem PKW aus Polen eingereist, wobei ihm die Mutter den PKW lediglich für die Dauer seines Umzugs leihweise zur Verfügung gestellt habe, erachtete das FG als bloße Schutzbehauptung.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—) sowie auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) stützt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Denn der Kläger hat einen Grund, der zur Zulassung der Revision führen könnte (§ 115 Abs. 2 FGO), nicht in der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.

1. Soweit der Kläger vorbringt, das FG habe die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zulassen müssen, verkennt er die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Hierfür ist nämlich erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Fortentwicklung des Rechts im allgemeinen Interesse liegt, mithin von grundsätzlicher Bedeutung ist. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).

Wenn der Kläger die „banale Frage” für entscheidungserheblich hält, ob die Mutter des Klägers als Halterin des PKW am aus Polen kommend nach Deutschland eingereist ist und sich darüber hinaus zum Zeitpunkt der Sicherstellung des Fahrzeugs () noch im Bundesgebiet aufgehalten hat, so formuliert er nicht, wie erforderlich, eine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage. Zur Klärung von Tatsachen, was dem Revisionsgericht ohnehin verwehrt ist, ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache aber weder bestimmt noch geeignet.

2. Will der Beschwerdeführer die Tatsachenfeststellung durch das FG angreifen, steht ihm der Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zur Seite. In diesem Zusammenhang beanstandet der Kläger mangelhafte Sachaufklärung durch das FG (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), weil das Gericht trotz eines entsprechenden Antrags des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom die Mutter des Klägers als Halterin des Fahrzeugs nicht als Zeugin zum entlastenden Vorbringen des Klägers (oben 1.) gehört habe.

Mit diesem Vortrag wird indes der Verfahrensmangel eines vom FG übergangenen Beweisantrags nicht schlüssig dargelegt. Denn nach ständiger Rechtsprechung gehört dazu auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge unter den konkreten Umständen nicht möglich war (vgl. z.B. , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge (Senatsbeschluss vom VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). An entsprechenden Darlegungen fehlt es im Streitfall; auch aus dem Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung vor dem ergibt sich eine solche Rüge nicht. Der Prozessvertreter des Klägers hat diesen Termin gar nicht wahrgenommen, obwohl er rechtzeitig geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt werden kann. Der persönlich anwesende Kläger hat das Übergehen des zuvor im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom wiederholten Beweisantrags auf Zeugenvernehmung seiner Mutter nicht beanstandet, sondern rügelos zur Sache verhandelt und den Klageantrag gestellt. Auf die Rüge ist damit wirksam verzichtet worden.

3. Soweit der Kläger vorbringt, das FG habe die Sprachkenntnisse seiner Ehefrau nicht hinreichend aufgeklärt und die Bedeutung der Tatsache, dass auf ihn selbst eine grüne Versicherungskarte ausgestellt worden sei, nicht näher untersucht, rügt der Kläger in Wirklichkeit eine unzureichende Beweiswürdigung durch das FG. Denn das FG hat sich in seinem Urteil mit diesen Punkten eingehend auseinander gesetzt. Hinsichtlich der Sprachkenntnisse der Ehefrau des Klägers ist es u.a. nach Einvernahme des Zeugen X, der beim Bezirksamt für die sozialhilferechtlichen Angelegenheiten des Klägers und seiner Frau zuständig war, zu der Überzeugung gelangt, dass die Ehefrau des Klägers sehr wohl in der Lage gewesen sei, sich in der deutschen Sprache zu verständigen. Zur grünen Versicherungskarte hat das FG ausgeführt, dass der Kläger im Klageverfahren keine sinnvolle, plausible Erklärung dazu geben konnte, weshalb die unter dem ausgestellte Versicherungskarte auch auf seinen Namen, und nicht lediglich auf den seiner Mutter, ausgestellt war. Da die Grundsätze der Beweiswürdigung indessen dem materiellen Recht zuzuordnen sind (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 82 f.), legt der Kläger mit diesem Vorbringen keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar. Er wendet sich damit vielmehr gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann, weil damit kein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 FGO dargetan wird (vgl. , BFH/NV 2002, 1476, m.w.N.).

4. Wenn der Kläger schließlich beanstandet, das FG habe die vorgelegte Meldung zur Sozialversicherung, aus der sich ergebe, dass er seit dem arbeitslos gewesen sei, vollständig außer Acht gelassen, so dass es wenig wahrscheinlich sei, dass er —wie von der Gegenseite behauptet— noch im Februar 2003 das Fahrzeug seiner Mutter zu täglichen Fahrten zu seiner Arbeitsstätte benutzt haben soll, trifft es zwar zu, dass das FG hierauf nicht eingegangen ist. Das war aber auch nicht erforderlich, da dem Kläger allgemein der persönliche Gebrauch des auf seine Mutter in Polen zugelassenen PKW im Zollgebiet der Gemeinschaft vorgehalten wird, und dieser persönliche Gebrauch erschöpft sich nicht nur in Fahrten zur Arbeitsstätte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 341 Nr. 2
MAAAB-71125