BFH Beschluss v. - X S 22/05

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) begehren die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheides 2001. Das den AdV-Antrag der Antragsteller als unzulässig abgewiesen, da nach Abzug der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge von der festgesetzten Steuer kein positiver Betrag übrig bleibe. Der weitere Antrag der Antragsteller, den Beschluss vom aufzuheben, hatte keinen Erfolg. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der von den Antragstellern angegriffene Beschluss vom gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) verstoßen solle, denn die Vorschrift garantiere nicht das erfolgreiche Beschreiten des Rechtswegs. Die Beschwerde ließ das FG nicht zu.

Die Antragsteller haben innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des Beschlusses außerordentliche Beschwerde erhoben. Sie rügen Untätigkeit des FG. Dieses habe es abgelehnt, den rechtswidrigen oder/und verfassungswidrigen Beschluss vom aufzuheben. Darin liege eine greifbare Gesetzeswidrigkeit, weil die angefochtene Entscheidung vom „schon ihrer Art nach nicht vorgesehen” sei. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Beschwerdeschrift vom Bezug genommen.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, den angefochtenen Beschluss des FG sowie den Beschluss vom aufzuheben und AdV zu gewähren.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hat zu der außerordentlichen Beschwerde nicht Stellung genommen.

II. Das Rechtsmittel der Antragsteller ist unzulässig.

1. Gegen die Entscheidung des FG wegen Aufhebung des AdV-Beschlusses vom steht den Antragstellern die Beschwerde nicht zu (§ 128 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

2. Nach dem Beschluss des IV. Senats des (BFHE 206, 194, BStBl II 2004, 833) steht den Betroffenen ausnahmsweise eine „außerordentliche Beschwerde” gegen eine mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht anfechtbare Entscheidung des FG zu, wenn das FG eine Vorschrift des Prozessrechts bewusst in einer objektiv greifbar gesetzwidrigen Weise anwendet. Die Einführung des § 133a FGO durch Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (AnhRüG) vom (BGBl I 2004, 3220) mit Wirkung vom (vgl. Art. 22 Satz 2 AnhRüG) bestätigt nach Auffassung des IV. Senats des , juris Nr: STRE200510283) den Bedarf für zusätzliche außerordentliche Rechtsbehelfe. Mit dem AnhRüG habe der Gesetzgeber einer Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Schaffung ausdrücklicher Rechtsbehelfe, die eine fachgerichtliche Abhilfe bei Verstößen gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ermöglichen (Plenumsbeschluss des , BVerfGE 107, 395), entsprochen. § 133a FGO ersetze die im Finanzprozess zuvor auf eine analoge Anwendung des § 321a der Zivilprozessordnung gestützte Gegenvorstellung, soweit sich diese auf die Verletzung rechtlichen Gehörs beziehe. Auch unter der Geltung des § 133a FGO sei an den bisherigen Grundsätzen zur analogen Anwendung des § 128 FGO auf eine außerordentliche Beschwerde festzuhalten, da § 133a FGO nach dem ausdrücklich geäußerten Willen des Gesetzgebers nicht zur Folge haben sollte, dass außer der Verletzung des rechtlichen Gehörs schwere Verletzungen von Verfahrensgrundrechten nicht mehr mit den bisher zur Anwendung gekommenen außerordentlichen Rechtsbehelfen bei den Fachgerichten gerügt werden dürften (BTDrucks 15/3706, S. 14). Es könne deshalb nicht zweifelhaft sein, dass neben der Anhörungsrüge weitere Möglichkeiten zur Geltendmachung anderer schwerer Verfahrensmängel bestehen müssten. Der Anwendungsbereich der außerordentlichen Beschwerde habe sich durch die Einführung von § 133a FGO nicht verringert, sondern sei mindestens bestehen geblieben.

Der angerufene Senat kann offen lassen, ob er sich diesen Entscheidungen des IV. Senats anschließen könnte (kritisch zu dem Beschluss in BFHE 206, 194, BStBl II 2004, 833 Steinhauff, juris Praxisreport - Steuerrecht 28/2004, Beitrag 5, m.w.N aus der neueren Rechtsprechung des BFH, des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts). Denn im vorliegenden Streitfall ergeben sich weder aus der Beschwerdebegründung der Antragsteller noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass eine greifbare Gesetzeswidrigkeit der angefochtenen Vorentscheidung in Betracht kommt. Insbesondere wurde nicht schlüssig dargelegt, inwieweit die Entscheidung des mit der der AdV-Antrag der Antragsteller abgelehnt wurde, schon „ihrer Art nach nicht vorgesehen ist”. Eine „greifbare Gesetzeswidrigkeit” sowie eine Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG können entgegen der Ansicht der Antragsteller auch nicht darin gesehen werden, dass das FG in dem angefochtenen Beschluss sowie im vorausgegangenen Beschluss vom zur materiellen Rechtslage (Umfang der Kürzung des Sonderausgaben-Vorwegabzugs) im Hinblick auf deren wegen § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO fehlende Relevanz für das Verfahren der Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung nicht Stellung nahm.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 336 Nr. 2
VAAAB-71093