Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wohnt zusammen mit ihrem Ehemann in einem eigenen Einfamilienhaus in W. Sie erwarb aufgrund des Kaufvertrags vom von ihrer Tochter einen Erbbaurechtsanteil von 22/100 an einem Grundstück in X, bebaut mit einem im Jahr 1999 fertiggestellten Einfamilienhaus. Die Klägerin nutzt die Einliegerwohnung (57,8 qm, ungefähr 22 v.H. der Gesamtwohnfläche) zu eigenen Wohnzwecken. Nach dem Kaufvertrag sollte der Kaufpreis 140 000 DM betragen, wovon laut Vertrag ein Teilbetrag von 20 000 DM bereits an die Verkäuferin (die Tochter) bezahlt worden war. Der restliche Kaufpreis von 120 000 DM sollte nach dem Kaufvertrag dadurch beglichen werden, dass die Klägerin im Innenverhältnis ihre Tochter von deren Verpflichtungen aus einem Darlehensvertrag freistellt. Ab dem kam es auch der Bank gegenüber zu einer Schuldübernahme.
Die von der Klägerin ab dem Jahr 1999 beantragte Eigenheimzulage lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ab, weil die Freistellung im Innenverhältnis zur Annahme von Anschaffungskosten nicht ausreiche. Auch die Klage blieb erfolglos: Die als Kaufpreisraten deklarierten Zahlungen von insgesamt 20 000 DM seien als solche steuerrechtlich nicht anzuerkennen, näher liege die elterliche Unterstützung für den Hausbau der Tochter. Vorzeitige Zahlungen hätte ein fremder Dritter nicht geleistet. Auch die Schuldübernahme im Innenverhältnis führe nicht zu Anschaffungskosten. Eine solche Vertragsgestaltung, bei der der Verkäufer gegenüber dem Kreditinstitut Darlehensschuldner bleibe, wäre unter fremden Dritten nicht vorstellbar. Die Übernahme der Schuld ab dem auch im Außenverhältnis sei nur durch die Verwandtschaft der Vertragsparteien erklärbar, denn sie gingen damit über ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag hinaus.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, die sie auf die Verletzung von § 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) stützt. Der Betrag von 20 000 DM sei entsprechend dem Bauverlauf an die Tochter überwiesen worden, wobei zwischen den Vertragsparteien der Vorauszahlungscharakter klar gewesen sei. Auch in Höhe der Schuldübernahme von 120 000 DM lägen Anschaffungskosten vor. Die Tochter habe dadurch im Innenverhältnis wirtschaftlich vollständig entlastet werden sollen. Überdies sei es im Jahr 2000 zu einer Schuldübernahme auch gegenüber der Bank gekommen. Dass aus dieser Vereinbarung auch der Ehemann der Kläger mitverpflichtet worden sei, spreche nicht gegen Anschaffungskosten der Klägerin.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Eigenheimzulagenbescheid des FA vom dahingehend zu ändern, dass der Klägerin ab dem Kalenderjahr 1999 eine jährliche Eigenheimzulage in Höhe von 5 570 DM (2 847,90 €) gewährt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Klägerin seien keine Anschaffungskosten entstanden.
1. § 2 Abs. 1 EigZulG begünstigt die Anschaffung einer Wohnung in einem im Inland belegenen eigenen Haus. Da die Wohnungseigentumsförderung den Begünstigten von den zur Erlangung des Wohnungseigentums erforderlichen Aufwendungen entlasten soll, hat nur derjenige Anspruch auf die Grundförderung, dem tatsächlich eigene Aufwendungen in Form von Anschaffungs- oder Herstellungskosten erwachsen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 186, 400, BStBl II 1999, 128, m.w.N. zu § 10e des Einkommensteuergesetzes —EStG—).
Die Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers führt grundsätzlich zu Anschaffungskosten, da dem Erwerber durch die Begleichung der Verbindlichkeit Aufwendungen entstehen, die er auf sich nimmt, um Eigentümer der Wohnung zu werden (z.B. , BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847; , BFHE 171, 202, BStBl II 1993, 704; vom X R 97/91, BFH/NV 1995, 506).
Sind die Beteiligten der Übernahme (Veräußerer und Erwerber) —wie im Streitfall— nahe Angehörige, können Anschaffungskosten nur angenommen werden, wenn es sich bei der Übernahme der Verbindlichkeit weder um eine verschleierte Schenkung noch um einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten handelt. Überdies müssen die Vereinbarungen dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich um private Vorgänge handelt, die steuerlich durch das Eigenheimzulagengesetz begünstigt sind (, BFH/NV 2005, 1245, und vom X R 139/95, BFH/NV 1999, 780, zu § 10e EStG).
2. a) Im Streitfall hat das FG die Schuldübernahme im Innenverhältnis unzutreffend am Fremdvergleich scheitern lassen. Nach dem Vertrag vom hatte es die Klägerin als Kaufpreis für die Übertragung des Erbbaurechtsanteils übernommen, ihre Tochter von deren Verpflichtungen gegenüber der Bank in Höhe von 120 000 DM freizustellen. Dass dies (zunächst) nur im Innenverhältnis geschah, spricht nicht gegen die Fremdüblichkeit dieser Vereinbarung. Denn der BFH hat —worauf die Klägerin in der Revisionsbegründung zutreffend hinweist— in seinem Urteil vom IV R 180/80 (BFHE 137, 481, BStBl II 1983, 595) eine solche Gestaltung (dort zwischen Geschwistern) ohne weiteres steuerrechtlich gebilligt. Überdies hat die Klägerin den Bedenken des FA folgend die Schuld ab dem sogar der Bank gegenüber übernommen. Angehörige dürfen ihre Verträge nachträglich ändern um ihre steuerrechtliche Anerkennung zu erreichen (vgl. zur möglichen nachträglichen Vertragsänderung , BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106). Dass auch der Ehemann der Klägerin die Schuld im Verhältnis zur Bank übernommen hat, ist im hier maßgeblichen Rechtsverhältnis der Klägerin zu ihrer Tochter ohne Bedeutung (vgl. , BFHE 200, 372, BStBl II 2003, 243).
b) Auch die im Kaufvertrag als bereits als gezahlt dokumentierten 20 000 DM hat das FG mit unzutreffenden Gründen nicht als Kaufpreiszahlungen anerkannt. Zivilrechtlich sind Vorausleistungen vor dem Entstehen eines Anspruchs denkbar (vgl. dazu auch Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 64. Aufl. 2005, § 362 Rz. 10), so dass allein dieser Umstand nicht gegen die Fremdüblichkeit spricht. Das FG hätte prüfen müssen, ob die Klägerin ihrer Tochter die 20 000 DM hat schenken wollen. Denn selbst wenn Zahlungen zur Unterstützung der Tochter bei deren Hausbau geleistet wurden, schließt das nicht aus, dass die Klägerin und ihre Tochter sich —wie sie vorgetragen und später im Kaufvertrag für sie verbindlich geregelt haben— über den Rechtsgrund der Zahlungen im Hinblick auf eine angestrebte Übertragung des Erbbaurechtsanteils einig gewesen sind. Allein der „Eindruck elterlicher Unterstützung” spricht entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht für eine Schenkung im Zeitpunkt der Überweisung des Geldes. Hierzu fehlen jegliche Feststellungen des FG.
3. Das angefochtene Urteil ist hiernach aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt worden sind. Das FG wird diese Feststellungen neben den gemäß 2. b) der Gründe herausgestellten in einer neuen Verhandlung und Entscheidung nachzuholen haben. Es wird insbesondere prüfen müssen, ob die Klägerin ihrer Tochter tatsächlich 20 000 DM gezahlt und wie sie die von ihr übernommene Schuld beglichen hat. Gelangt das FG dabei zu der Auffassung, der Klägerin seien Anschaffungskosten entstanden, wird es zu berücksichtigen haben, dass sie mit dem Vertrag vom keineswegs eine Wohnung angeschafft hat. Sie hat einen Erbbaurechtsanteil von 22/100 erworben. Dieser Teil war nicht —wie dies im angefochtenen Urteil formuliert ist— mit dem Eigentum an der Einliegerwohnung verbunden. Vielmehr stand der Klägerin in der Höhe, in der sie am Erbbaurecht beteiligt ist, Miteigentum an dem Haus zu (vgl. dazu Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, ErbbRVO 12 Rz. 2, ErbbRVO 1 Rz. 12). Deshalb kann sie den Fördergrundbetrag (§ 9 EigZulG) nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil geltend machen (vgl. , BFHE 206, 253, BStBl II 2005, 77), hier in Höhe von 22 v.H. eines Betrages von 5 000 DM (= 1 100 DM).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 31 Nr. 1
HFR 2006 S. 244 Nr. 3
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2006 S. 45
BAAAB-70229