Instanzenzug: Beschluss vom VII 168/04
Gründe
I. Da der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) für das Streitjahr 2001 zunächst keine Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Besteuerungsgrundlagen. Gegen die entsprechenden Bescheide legte der Kläger Einspruch ein und kündigte die Abgabe der Steuererklärungen an. Nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung durch das FA reichte der Kläger am die Steuererklärungen ein. Gleichzeitig fragte er beim FA an, ob dieses zu einer Neuveranlagung ohne Klageverfahren bereit sei und setzte dem FA für die Antwort eine Frist bis zum .
Nachdem das FA bis dahin nicht geantwortet hatte, erhob der Kläger mit Schriftsatz vom Klage beim Finanzgericht (FG). Am änderte das FA die angefochtenen Bescheide, worauf die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklärten. Mit Beschluss vom erlegte das FG (Berichterstatter) dem Kläger die Kosten des erledigten Verfahrens auf.
Am legte der Kläger beim FG gegen den Kostenbeschluss sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens dem FA aufzuerlegen.
Das FG wertete den Rechtsbehelf als Gegenvorstellung nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 321a der Zivilprozessordnung (ZPO) und wies diese als unbegründet zurück.
Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger mit der beim Senat eingelegten sofortigen Beschwerde sowohl gegen den Kostenbeschluss des FG als auch gegen die Zurückweisung der Gegenvorstellung durch das FG.
II. Das Rechtsmittel ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
1. Gegen die Entscheidung des FG über die Kostentragung nach Erledigung der Hauptsache ist eine Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) nicht statthaft, weil eine solche in Streitigkeiten über Kosten nach § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO nicht gegeben ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 128 Rz. 12). Die Entscheidung des FG ist daher, worauf der Kläger in dem angefochtenen Beschluss zutreffend hingewiesen worden ist, unanfechtbar.
2. Auch die Beschwerde in Form einer außerordentlichen Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist im Finanzprozess seit dem In-Kraft-Treten des Zivilprozessreformgesetzes vom (BGBl I 2001, 1887) mit der Einfügung eines § 321a in die ZPO grundsätzlich nicht mehr statthaft (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom VII B 332/04, BFH/NV 2005, 905; vom IV B 190/02, BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269; vom V B 185/02, BFHE 200, 46, BStBl II 2003, 270). Stattdessen kann zur Beseitigung schweren Verfahrensunrechts in mit förmlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbaren Entscheidungen eine fristgebundene Gegenvorstellung bei dem Ausgangsgericht entsprechend § 321a ZPO erhoben werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 905, m.w.N.; s. jetzt § 133a FGO i.d.F. von Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom , BGBl I 2004, 3220).
3. Nach dem Beschluss des IV. Senats des (BFHE 206, 194, BStBl II 2004, 833) soll den Betroffenen allerdings ausnahmsweise eine außerordentliche Beschwerde zum BFH zustehen, wenn eine mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht anfechtbare Entscheidung des FG darauf beruht, dass das FG eine Vorschrift des Prozessrechts bewusst in einer objektiv greifbar gesetzeswidrigen Weise anwendet. Der beschließende Senat kann offen lassen, ob er sich dieser Entscheidung des IV. Senats anschließen könnte (ebenfalls offen gelassen: BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 905; kritisch dazu Steinhauff, juris PraxisReport Steuerrecht 28/2004, Beitrag 5, m.w.N. aus der neueren Rechtsprechung des BFH, des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts). Denn im vorliegenden Streitfall ergeben sich weder aus der Beschwerdebegründung des Klägers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass eine solche greifbare Gesetzeswidrigkeit der angefochtenen Vorentscheidung in Betracht kommt.
4. Das FG hat —wie sich aus den Ausführungen unter 1. und 2. ergibt— die bei ihm eingelegte sofortige Beschwerde zu Recht nicht dem BFH vorgelegt, sondern als Gegenvorstellung angesehen und diese als unbegründet zurückgewiesen. Die ausdrücklich auch gegen diesen finanzgerichtlichen Beschluss gerichtete Beschwerde des Klägers ist nicht statthaft und deshalb unzulässig. Denn nach § 155 FGO i.V.m. § 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO ist der Beschluss des FG über eine Gegenvorstellung nach § 321a ZPO, mit dem es die Rüge als unzulässig verwirft oder als unbegründet zurückweist, nicht anfechtbar.
Im Übrigen wird der Kläger nicht dadurch in seinen Rechten beeinträchtigt, dass die Entscheidung über die Gegenvorstellung nicht allein der Berichterstatter, der den Kostenbeschluss erlassen hatte, getroffen hat, sondern der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Insbesondere kann darin kein Verstoß gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter liegen. Die sog. Gegenvorstellung ist kein Rechtsmittel, sondern ein auf dem Petitionsrecht beruhender Rechtsbehelf, durch den das Gericht (iudex a quo) veranlasst werden soll, eine von ihm getroffene Entscheidung von Amts wegen nach Selbstkontrolle zu korrigieren (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 115 FGO Tz. 40, unter Hinweis auf , BFH/NV 1986, 483). Diesem Anliegen wird in erhöhtem Maße Rechnung getragen, wenn —wie hier— eine vom Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren getroffene Entscheidung über Kosten (§ 79a Abs. 1 Nr. 5 FGO) im Rahmen einer Gegenvorstellung nicht vom Berichterstatter allein, sondern vom Vollsenat überprüft und verbeschieden wird.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Eine Gebührenfreiheit nach § 66 Abs. 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG), das im Streitfall i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom (BGBl I 2004, 718) anzuwenden ist, weil das Rechtsmittel nach dem eingelegt worden ist (§ 72 Nr. 1 GKG), besteht bei einer nicht statthaften Beschwerde nicht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 905, m.w.N.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 82 Nr. 1
XAAAB-70184