BFH Beschluss v. - II B 80/04

Instanzenzug: FG des Landes Sachsen-Anhalt Urteil vom 4 K 30316/00

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gehörte zu einer Erbengemeinschaft, deren neun Mitglieder aufgrund einer Entscheidung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen in O. vom im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümer des 2 943 qm großen Grundstücks Flurstück X im Grundbuch eingetragen wurden. Daraufhin erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) am im Wege der Nachfeststellung auf den gegenüber jedem der Miterben einen Bescheid, mit dem er die Grundstücksart „unbebautes Grundstück” sowie den Einheitswert —ausgehend von einer Grundstücksgröße von 5 886 qm— auf 8 800 DM feststellte und zu je 1/9 den Miterben zurechnete.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie die angesetzte Grundstücksgröße rügte, und zwar wegen einer vom Katasteramt noch aufzuklärenden Differenz von 1 500 qm. Dem Einspruch lag die Durchschrift eines Antrags auf Teilungsversteigerung bei, aus dem sich unterschiedliche Erbquoten der Miterben ergaben. Auf die Klägerin entfiel eine Erbquote von 28,66 v.H. Infolge des Einspruchs erging gegenüber allen Miterben ein Änderungsbescheid vom , mit dem der Einheitswert gemäß der Grundstücksgröße von 2 943 qm auf 4 400 DM festgestellt und entsprechend den Erbquoten den Miterben zugerechnet wurde. Für die Klägerin ergab sich ein Betrag von 1 206 DM. Der Bescheid enthielt den Zusatz, damit sei der Einspruch erledigt.

Nunmehr erhob die Klägerin Klage, mit der sie geltend gemacht hat, das Grundstück sei als land- und fortwirtschaftliches Vermögen mit 0 DM zu bewerten. Im Übrigen werde es von Dritten als wirtschaftliche Eigentümer genutzt. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab, da der ursprüngliche Bescheid vom hinsichtlich der Artfeststellung bestandskräftig geworden und das Einspruchsverfahren durch den Änderungsbescheid vom erledigt sei. Mit dem Änderungsbescheid habe das FA dem Einspruch vollständig abgeholfen.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu. Außerdem rügt sie Verfahrensmängel.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Soweit die Klägerin geltend macht, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, ist die Beschwerde unzulässig. Es fehlt an einer gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Darlegung, bezüglich welcher Rechtsfrage Klärungsbedarf bestehen soll. Da das FG keine Sachentscheidung getroffen, sondern die Klage als unzulässig abgewiesen hat, müsste eine im Streitfall klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung die Sachentscheidungsvoraussetzungen betreffen. Eine solche Rechtsfrage ist der Beschwerdebegründung auch im Auslegungswege nicht zu entnehmen. Die Ausführungen zum materiellen Bewertungsrecht sind dabei unerheblich.

2. Hinsichtlich des geltend gemachten Verfahrensfehlers ist die Beschwerde teils unzulässig, teils unbegründet.

a) Eine Zulassung der Revision wegen Verfahrensfehlern gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO setzt einen Verstoß des FG gegen Vorschriften des Prozessrechts voraus (so , BFH/NV 1992, 667). Verstöße der Finanzbehörden gegen die das Verwaltungsverfahren regelnden Vorschriften sind daher keine Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Erteilt die Finanzbehörde entgegen § 356 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) keine oder eine unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung, kann dies somit ebenso wenig ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sein wie das Unterlassen einer nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 umfassenden Prüfung der Sache im Einspruchsverfahren. Im Übrigen führt eine unterlassene oder unvollständige Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 356 Abs. 2 AO 1977 lediglich zu einer Verlängerung der Rechtsbehelfsfrist und beurteilt sich die Frage, ob ein Änderungsbescheid dem Einspruch gemäß § 367 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 abgeholfen hat, nach dem Umfang des Einspruchsbegehrens (von Wedel in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 367 AO 1977 Anm. 14). Mit dem Einspruch wurde im Streitfall aber noch nicht die Herabsetzung des Einheitswerts auf 0 DM begehrt.

b) Hinsichtlich der Rüge, das FG habe es fehlerhaft unterlassen, die Klage als Sprungklage gemäß § 45 Abs. 3 FGO an das FA abzugeben, nachdem die Behörde ihre Zustimmung verweigert habe, ist die Beschwerde unbegründet. Eine Sprungklage gemäß § 45 FGO hat nicht vorgelegen, weil die Klage nicht ohne Vorverfahren erhoben worden ist. Mit dem Einspruch gegen den ursprünglichen Bescheid vom ist ein Vorverfahren eingeleitet worden. Das FA ist der Ansicht, dieses Verfahren habe sich durch den Änderungsbescheid vom erledigt. Wer dagegen im Klagewege vorträgt, mit dem Änderungsbescheid sei dem Einspruch nicht vollständig abgeholfen worden, macht damit geltend, dass das Vorverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Eine solche Klage stellt keine Sprungklage dar, sondern allenfalls —nämlich bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 46 FGO— eine Untätigkeitsklage.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 74 Nr. 1
IAAAB-69746