Leitsatz
1. Auch dann, wenn jemand aufgrund eines Finanzierungskonzepts eine Sofortrente als abgekürzte Leibrente (Rente I) durch ein endfälliges Darlehen finanziert und die auszuzahlenden Rentenleistungen u.a. dazu verwendet, um die Prämien für eine aufgeschobene Leibrente (Rente II) zu zahlen, sind bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht beide Leibrenten grundsätzlich getrennt zu beurteilen (Anschluss an , BFHE 207, 515).
2. Verwendet der Steuerpflichtige die ausgezahlten Rentenbeträge dazu, weitere Einkunftsquellen anzuschaffen und Werbungskosten zu begleichen, so setzt sich der wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens mit der Rente I in Höhe des zurückfließenden Kapitals, das jede Rente neben dem Ertragsanteil enthält, an den neuen Kapitalanlagen fort (sog. Surrogationsbetrachtung).
3. Bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht des jeweiligen Rentenrechts sind die Zinsen für das Darlehen, mit dem ursprünglich die Prämie für die Rente I finanziert wurde, entsprechend dem sich ändernden Darlehenszweck aufzuteilen.
Gesetze: EStG 1997 § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1EStG 1997 § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. aEStG 1997 § 22 Nr. 3EStDV 1997 § 55 Abs. 2
Instanzenzug: (EFG 2003, 1002) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Fragen,
ob ein Entgelt, das der Kläger und Revisionskläger (Kläger) im Zusammenhang mit dem Abschluss von Rentenversicherungsverträgen von dem Versicherungsmakler erhalten hat, als Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) versteuert werden muss und
ob oder inwieweit in die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht zwei Leibrentenverträge als Bestandteile eines Finanzierungskonzepts einzubeziehen sind.
Im Streitjahr (1998) stellte ein Versicherungsmakler dem Kläger ein Finanzierungskonzept für „Die lebenslange Rente - eine etwas andere Lösung” vor. Danach sollte eine als abgekürzte Leibrente gestaltete Sofortrente mittels eines Bankkredits finanziert und die Zahlungen aus der Sofortleibrente als Beiträge für eine aufgeschobene lebenslange Rente verwendet werden. Dementsprechend schloss der Kläger im Streitjahr einen Rentenversicherungsvertrag ab, aus dem ihm —gegen Einmalzahlung von 1 Mio. DM— sofort beginnende und auf 15 Jahre begrenzte Rentenzahlungen zufließen (Rente I). Zugleich schloss der Kläger einen aufgeschobenen Versicherungsvertrag (Rente II) ab, aus dem —beginnend in 15 Jahren— eine dann lebenslängliche Rente gezahlt werden soll. In der fünfzehnjährigen Aufschubphase müssen jährliche Versicherungsbeiträge (50 000 DM) vom Kläger geleistet werden.
Die Einmalzahlung für die Rente I finanzierte der Kläger mit einem (endfälligen) Darlehen in Höhe von 1 111 111,11 DM und einer Laufzeit von 15 Jahren, das in einer Summe zurückzuzahlen ist. Die Darlehensparteien vereinbarten ein Disagio in Höhe von 111 111,11 DM, das im Streitjahr —bei Gutschrift des Darlehensbetrages— einbehalten wurde.
Aus den sofort beginnenden Rentenzahlungen der Rente I werden während der Laufzeit gezahlt:
Zinsen des endfälligen Darlehens (Festzins bis zum : 4,14 v.H. der Darlehenssumme, danach bis zum Jahr 2013: 5,58 v.H.),
Sparbeitrag für einen Investmentfonds,
Beiträge für die aufgeschobene Rente II (jährlich 50 000 DM).
Der Kläger zahlte überdies Eigenkapital in den Investmentfonds ein. Außerdem sollen dort nach dem Finanzierungskonzept jährlich die Beiträge eingezahlt werden, die sich durch den beabsichtigten Werbungskostenabzug als Steuerersparnis ergeben. Am Ende der fünfzehnjährigen Laufzeit der Rente I soll das endfällige Darlehen mit den ersparten Beiträgen aus dem Investmentfonds getilgt werden. Sollten die Ersparnisse im Investmentfonds nicht ausreichen, besteht auch die Möglichkeit einer Kapitalabfindung der Rente II (in Höhe von 918 632 DM), mit der das Darlehen getilgt werden könnte.
Ebenfalls im Streitjahr erhielt der Kläger 30 000 DM von dem Versicherungsmakler zur teilweisen Erstattung der Abschlusskosten.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr erklärten die Kläger bei den sonstigen Einkünften des Klägers einen Rentenbetrag von 9 843 DM (Ertragsanteil 28 v.H.) sowie Aufwendungen für das endfällige Darlehen als Werbungskosten in Höhe von insgesamt 118 778 DM (Disagio 111 111,11 DM sowie Zinsen 7 666,66 DM). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte es mangels Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers ab, die Rente I steuerrechtlich zu berücksichtigen. Das FA erfasste die Provision von 30 000 DM als sonstige Einkünfte.
Hiergegen wandte sich die mit Zustimmung des FA erhobene Sprungklage der Kläger. Die Finanzierungskosten der Rente I seien als Werbungskosten zu berücksichtigen, da insgesamt unter Einbeziehung auch der Rente II von einer Überschusserzielungsabsicht auszugehen sei. Die erhaltenen 30 000 DM stellten lediglich einen Rabatt auf die Abschlusskosten dar und beträfen ausschließlich die Vermögenssphäre.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1002 veröffentlichten Urteil ab: Die 30 000 DM habe der Kläger erhalten, weil er es dem Versicherungsmakler ermöglicht habe, den Abschluss der Lebensversicherungsverträge zu vermitteln. In Bezug auf die Rente I fehle dem Kläger die Einkünfteerzielungsabsicht. Den voraussichtlich erzielbaren Einnahmen von (höchstens) 621 017,80 DM stünden voraussichtliche Werbungskosten von 881 111,11 DM gegenüber. In diese Prognose seien Erträge der Rente II nicht miteinzubeziehen.
Mit ihrer Revision machen die Kläger die Verletzung von § 22 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 und § 22 Nr. 3 EStG geltend. Die Finanzierungsaufwendungen seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus den Renten zu berücksichtigen. Beide Rentenrechte bildeten eine Beurteilungseinheit. Der isolierte Erwerb der Rente II sei nicht möglich gewesen, weil der Anbieter sie nur zusammen mit der Rente I verkaufe. Beide Renten seien Teil eines einheitlichen Vertragskonzepts. Eine Gesamtbeurteilung habe die Rechtsprechung auch bei Wertpapieren zur schätzungsweisen Zuordnung von Aufwendungen zugelassen. Beurteile man beide Renten getrennt, müsse man die Finanzierungsaufwendungen auf beide Renten aufteilen und gelange so zu einem Überschuss auch in Bezug auf die Rente I. Die vom Versicherungsmakler an den Kläger gezahlten 30 000 DM seien schließlich keine Einnahmen aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom dahin zu ändern, dass bei den sonstigen Einkünften Einkünfte aus Leistungen in Höhe von 30 000 DM nicht berücksichtigt sowie weitere Werbungskosten in Höhe von 118 777 DM unter Saldierung mit dem Ertragsanteil von 28 v.H. aus der erhaltenen Rentenzahlung von 9 843 DM angesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
1. Das FG hat die an den Kläger gezahlten 30 000 DM unzutreffend als Einkünfte aus Leistungen erfasst und dadurch § 22 Nr. 3 EStG verletzt.
Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst (, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44). Ein Versicherungsnehmer erbringt keine Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG, wenn er es durch eine Vereinbarung mit einem Versicherungsvertreter (lediglich) erreicht, dass dieser einen Teil seiner Provision an ihn weiterleitet (, BFHE 205, 253, BStBl II 2004, 506).
Nach diesen Maßstäben ist die Zahlung des Versicherungsmaklers an den Kläger nicht der Besteuerung zu unterwerfen. Denn nach den Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO binden, hat der Kläger nicht mehr getan, als es dem Versicherungsmakler zu ermöglichen, den Abschluss der Lebensversicherungsverträge (Renten I und II) zu vermitteln. Der Versicherungsmakler zahlte die 30 000 DM für das Eingehen der Verpflichtung des Klägers. Der Versicherungsnehmer —hier der Kläger— seinerseits vermittelt sich auf Grund einer derartigen Vereinbarung nicht selbst. Sein Verhalten erschöpft sich vielmehr in der Annahme einer ihm angebotenen Leistung. Allein das Verschaffen der Möglichkeit, „einen Provisionsanspruch zu erwerben”, ist kein steuerrechtlich bedeutsames Verhalten i.S. von § 22 Nr. 3 EStG, sondern Folge der auf die Vermittlungsleistung der Versicherungsvertreter gerichteten Vereinbarung.
2. Die Revision ist auch begründet, soweit sie die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 1 EStG begehrt.
Das FG hat sonstige Einkünfte aus Renten gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG der Besteuerung nicht unterworfen, weil der Kläger den Versicherungsvertrag nicht mit der Absicht abgeschlossen habe, Einkünfte daraus zu erzielen. Bei der Prognose hat das FG aber unzutreffend den wirtschaftlichen Zusammenhang der geltend gemachten Schuldzinsen ausschließlich mit der Rente I bejaht und nicht erkannt, dass sie auch durch die Anschaffung der Rente II und der Fondsanteile veranlasst sind.
Einkünfte aus Leibrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG in der Fassung des Streitjahres erzielt, wer die Absicht hat, auf die voraussichtliche Dauer der Betätigung oder Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften. Der Zeitraum, für den die Überschussprognose vorzunehmen ist, entspricht bei den Einkünften aus Leibrenten im Regelfall der Gesamtdauer der Vermögensnutzung. Einzubeziehen sind die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erkennbaren Verhältnisse (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2005, 281, und vom X R 29/02, BFHE 208, 129, jeweils m.w.N.).
a) Dabei hat das FG zwar zutreffend beide Rentenrechte getrennt beurteilt; denn nach der ständigen Rechtsprechung ist bei den Überschusseinkunftsarten die Einkünfteerzielungsabsicht für jede Einkunftsquelle gesondert festzustellen. Dies gilt sowohl für Kapitalanlagen, die zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen (vgl. , BFHE 164, 319, BStBl II 1991, 744, und vom VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825, m.w.N.) als auch für zwei rechtlich selbständige Leibrentenverträge (, BFHE 207, 515, unter II. 3., und vom VIII R 29/00, BFHE 197, 114). Dieser Rechtsprechung folgt auch der erkennende Senat für den Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (, BFH/NV 2004, 196, unter II. 1. b, m.w.N.).
Entgegen der Revision stellt sich die Frage der Segmentierung (getrennte oder einheitliche Beurteilung verschiedener Aktivitäten des Steuerpflichtigen, vgl. dazu Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., § 15 Rz. 29; , BFH/NV 1995, 866) —anders als bei den Gewinneinkunftsarten, bei denen der Unterschiedsbetrag aus einem Betriebsvermögensvergleich der Besteuerung unterworfen wird (§ 4 Abs. 1 EStG)— bei den Überschusseinkunftsarten regelmäßig nicht; denn hier ist das jeweilige Rechtsverhältnis (z.B. die Kapitalanlage, der Leibrenten- oder Mietvertrag) oder die auf eine bestimmte Immobilie bezogene Vermietertätigkeit maßgebend für die Prüfung, ob der Steuerpflichtige durch seine Tätigkeit einen Einnahmeüberschuss erzielen wird (vgl. dazu auch Wassermeyer, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 20 Rdnr. B 36).
b) Das FG hat aber unzutreffend den gesamten Finanzierungsaufwand, um den es hier geht, allein der Rente I zugeordnet und damit den wirtschaftlichen Zusammenhang des Darlehens mit der Anschaffung der Rente II und den Fondsanteilen verkannt.
aa) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, wenn sie für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des , BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2., und vom GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2.; , BFHE 195, 135, BStBl II 2001, 573, m.w.N.). Die bloße gedankliche Zuweisung des Steuerpflichtigen vermag einen wirtschaftlichen Zusammenhang nicht zu begründen (, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353, und in BFHE 195, 135, BStBl II 2001, 573).
bb) Nach diesen Grundsätzen steht das endfällige Darlehen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang nicht lediglich zur Rente I, sondern auch zur Rente II sowie zu den Fondsanteilen. Der Kläger hat dieses Darlehen zwar aufgenommen, um damit die Sofortrente zu finanzieren. Er hat die Darlehenssumme auch tatsächlich zunächst dazu verwandt, um die Versicherungsprämie für die Rente I zu begleichen. Das schließt den wirtschaftlichen Zusammenhang des Darlehens (auch) mit der Rente II und dem Fondsvermögen aber nicht aus.
(1) Abzustellen ist nämlich nicht allein auf den ursprünglichen Zweck der Schuldaufnahme. Denn für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten kommt es auf deren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart im Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens an (, BFHE 177, 392, BStBl II 1995, 697, unter 2. c, m.w.N.). Ein solcher Zusammenhang besteht z.B. dann, wenn ein mit Darlehensmitteln angeschafftes Grundstück veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkünfteerzielung eingesetzt wird (, BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, und vom IX R 65/99, BFH/NV 2002, 341). Mit der Veräußerung des Grundstücks erfährt das Darlehen eine Zweckänderung und tritt in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem an die Stelle des Grundstücks getretenen Veräußerungserlös (Surrogationsbetrachtung der ständigen Rechtsprechung, vgl. dazu die , BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14, und vom IX R 36/00, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706).
(2) Auch mit jeder ausgezahlten Rente erfährt das zur Finanzierung der Rente I zunächst verwandte Darlehen eine Zweckänderung: Der Kläger hat die Anschaffungskosten für die Rente II und die Fondsanteile mit den Beträgen finanziert, die er aus der Rente I erlangte.
Der Ertrag der Rente I, einer abgekürzten Leibrente i.S. des § 55 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung in der Fassung des Streitjahres (EStDV), beträgt nach der Tabelle zu § 55 Abs. 2 EStDV 28 v.H. Mit diesem gesetzlich pauschalierten Zinsanteil korrespondiert ein Tilgungsanteil von 72 v.H. Damit zahlt die Versicherung das ihr übertragene Kapital an den Versicherungsnehmer wieder zurück und es kommt zu einer (nichtsteuerbaren) Vermögensumschichtung (vgl. zur Funktionsweise eingehend den Beschluss des Großen Senats des , BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C. II. 2.; , BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47, unter 5. b; P. Fischer, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 22 Rdnr. B 106 ff.). An dem zurückgezahlten Kapital setzt sich das Darlehen fort. Es erfährt mit jeder Rentenzahlung in Höhe des Tilgungsanteils eine Zweckänderung und tritt insoweit in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem zurückgezahlten Kapital. Die damit verbundene Vermögensumschichtung unterscheidet sich von einer Veräußerung der darlehensfinanzierten Kapitalanlage nur dadurch, dass sie auf die Dauer der (abgekürzten) Leibrente ratenweise erfolgt. Dieser Unterschied ist für die den wirtschaftlichen Zusammenhang vermittelnde Surrogationsbetrachtung aber unerheblich. Denn nach der Rechtsprechung des BFH entfällt auch im Falle der teilweisen, z.B. —wie hier— ratenweisen, Begleichung einer refinanzierten verzinslichen Darlehensforderung des Steuerpflichtigen der wirtschaftliche Zusammenhang der für den Refinanzierungskredit aufgewendeten Schuldzinsen mit den Zinseinkünften aus dem betreffenden Darlehen grundsätzlich in dem Verhältnis des Tilgungsbetrags zur ursprünglichen Darlehensvaluta (so zur teilweisen Tilgung eines refinanzierten Berlin-Darlehens , BFHE 182, 320, BStBl II 1997, 424; vgl. dazu auch Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 9 Rz. 82 a.E.).
(3) Der Steuerpflichtige kann das zurückgezahlte Kapital dazu verwenden, das zum Zwecke der Finanzierung der Rente aufgenommene Darlehen zurückzuführen. Tut es das aber nicht, sondern verwendet er die ausgezahlten Rentenbeträge im Einverständnis mit dem Darlehensgeber wiederum zum Zwecke der Einkünfteerzielung, also z.B. —wie hier— dazu, neue Einkunftsquellen (Rente II und Fondsanteile) anzuschaffen, so tritt das fortgeführte Darlehen damit in einen wirtschaftlichen Zusammenhang. Die für das Darlehen gezahlten Zinsen können z.T. als Werbungskosten bei der neuen Kapitalanlage zu berücksichtigen sein.
cc) Hieraus folgt: Mit jeder Rentenzahlung tritt das für die Finanzierung der Einmalprämie der Rente I zunächst verwandte Darlehen konzepttypisch und im Einverständnis mit dem Darlehensgeber in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem zurückgezahlten Kapital (72 v.H. der ausgezahlten Rente) und setzt sich damit an den Beträgen fort, die der Kläger wiederum zum Zwecke der Einkünfteerzielung verwendet. Es sind dies im Streitfall die Anschaffungskosten für die Rente II und für die Fondsanteile. Bei der Ertragsprognose in Bezug auf die Rente I ist dieser sich stets ändernde Zweck- und Funktionszusammenhang des Darlehens bei der zu erwartenden fünfzehnjährigen Laufzeit der Rente zu berücksichtigen. Es dürfen also nicht die Zinsen in vollem Umfang der Rente I zugerechnet werden, sondern ein in den Jahren der Vermögensnutzung stets fallender Anteil, während der Anteil des Darlehens, der durch die Kapitalrückzahlung surrogiert und damit der Rente II und den Fondsanteilen zugeordnet wird, ständig ansteigt.
Anders als die Revision dies in ihrer Begründung darstellt, bedeutet dies aber nicht, dass z.B. die Rente II —ebenso wie die Rente I— in vollem Umfang fremdfinanziert wäre. Eine derartige Betrachtungsweise ließe unberücksichtigt, dass die aufgrund der Rente I ausgezahlten Rentenbeträge, mit denen der Kläger u.a. die Anschaffungskosten der Rente II bezahlt, neben dem (durch das Darlehen und damit fremdfinanzierten) Tilgungs- oder Kapitalrückzahlungsanteil einen Ertrags- oder Zinsanteil (nämlich in Höhe von 28 v.H.) aufweist. Der Kläger finanziert seine Rente II mithin sowohl mit Fremdmitteln (zu 72 v.H.) wie auch mit Eigenmitteln (zu 28 v.H.). Man könnte den fremdfinanzierten Teil der Rentenbeträge (aus der Rente I) nur dann in vollem Umfang der Rente II zuordnen, wenn ausschließlich damit die Anschaffungskosten der Rente II bezahlt würden (vgl. die ständige Rechtsprechung zur Zuordnung von Schuldzinsen, z.B. , BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389, und vom IX R 58/03, BFHE 209, 299, BStBl II 2005, 597). Das ist aber —wie ausgeführt— nicht der Fall: Der Kläger setzt sowohl Eigenmittel (nämlich den Ertragsanteil der Rente) wie auch Fremdmittel (die darlehensfinanzierten Kapitalrückzahlungen) zur Finanzierung der Anschaffungskosten neuer Einkunftsquellen (Rente II, Fondsanteile) sowie der Zinsen ein, so dass der Finanzierungsaufwand verhältnismäßig aufzuteilen ist.
Als Beispiel für die in die Ertragsprognose integrierte Berechnung soll die Rentenzahlung des ersten der fünfzehn Jahre herausgestellt werden (zum Teil im Streitjahr ausgezahlt). Diese beträgt 118 116 DM (Kapitalrückzahlung: 85 044 DM). Mit diesem Betrag begleicht der Kläger die Anschaffungskosten der Rente II (50 000 DM), die Zinsen (46 000 DM) und mit dem Rest (22 116 DM) erwirbt er Fondsanteile. Nach den obigen Ausführungen sind durch die Surrogation des Darlehens die Anschaffungskosten der Rente II in Höhe von 72 v.H. fremdfinanziert (also in Höhe von 36 000 DM), die Zinsen in Höhe von 33 120 DM und die Fondsanteile in Höhe von 15 923 DM.
Damit reduziert sich die mit der Rente I zusammenhängende Darlehenssumme in den Jahren der Laufzeit fortlaufend. Nach dem ersten Jahr vermindert sie sich um 85 044 DM. Nur noch 1 026 067 DM des aufgenommenen Darlehens hängen wirtschaftlich mit der Rente I zusammen (und so fort).
3. Weil das angefochtene Urteil diesen Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar ist der Klage nach den Ausführungen zu 1. stattzugeben. Der Senat kann als Revisionsinstanz die Ertragsprognose der Rente I nach den Grundsätzen zu 2. nicht selbst durchführen. Dies wird das FG in einer neuen Verhandlung und Entscheidung anhand der unter 2. dargestellten Grundsätze nachzuholen haben. Es kann dabei die mit der Revisionsschrift als Anlage 2 eingereichte Berechnung seiner Prognose zugrunde legen, muss indes beachten, dass abweichend von den dort aufgeführten Werten nur 72 v.H. der Beiträge für die Rente II durch die Surrogation des Darlehens als fremdfinanziert angesetzt werden können, so dass auf diese Anlageart nach 15 Jahren nicht ein Teil des Darlehens in Höhe von 750 000 DM, sondern lediglich von 540 000 DM entfällt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2006 II Seite 248
BB 2005 S. 2566 Nr. 47
BB 2006 S. 591 Nr. 11
BFH/NV 2005 S. 2286 Nr. 12
BStBl II 2006 S. 248 Nr. 6
DB 2005 S. 2498 Nr. 46
DStR 2005 S. 2038 Nr. 48
DStRE 2005 S. 1495 Nr. 24
DStZ 2005 S. 805 Nr. 23
EStB 2005 S. 443 Nr. 12
FR 2006 S. 191 Nr. 4
GStB 2005 S. 426 Nr. 12
HFR 2006 S. 30 Nr. 1
INF 2005 S. 927 Nr. 24
KÖSDI 2005 S. 14891 Nr. 12
NWB-Eilnachricht Nr. 39/2007 S. 3436
NWB-Eilnachricht Nr. 46/2005 S. 3848
SJ 2006 S. 4 Nr. 4
StB 2005 S. 441 Nr. 12
StBW 2005 S. 3 Nr. 23
StuB-Bilanzreport Nr. 22/2005 S. 982
WPg 2006 S. 34 Nr. 1
OAAAB-69141