Instanzenzug:
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb aufgrund eines Kauf- und Werkvertrags vom von der Projektentwicklungsgesellschaft P-GmbH (Verkäuferin) eine Wohnung. Der Kaufpreis (Festpreis) betrug 225 000 DM einschließlich 31 034,48 DM Mehrwertsteuer. Die Verkäuferin hatte die Wohnung an die M-GmbH (Mieterin) vermietet, die sie nach Angaben der Klägerin als Büro nutzte. Laut Kauf- und Werkvertrag trat die Klägerin in das Mietverhältnis ein. Als Miete war ein Betrag von 1 184,83 DM vereinbart, der sich wie folgt zusammensetzte:
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monatlicher Mietzins | 900,00 DM |
16 % Mehrwertsteuer | 144,00 DM |
Nebenkosten | 140,83 DM |
1 184,83 DM |
Tatsächlich hat die Mieterin, an der die Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrags zu 50 % beteiligt war, keine Miete gezahlt.
In ihrer Umsatzsteuererklärung für 1999 machte die Klägerin die Umsatzsteuer von 31 034,48 DM als Vorsteuer geltend.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) versagte im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung den begehrten Vorsteuerabzug, da die Klägerin die Wohnung der Mieterin unentgeltlich überlassen habe. Die Klägerin habe ihre Absichtserklärung, umsatzsteuerpflichtige Mieteinnahmen zu erzielen, nicht in gutem Glauben abgegeben, denn objektiv habe sie keine Möglichkeit gehabt, ihre erklärte Absicht zu verwirklichen.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab. Es meinte, die Klägerin hätte, falls sie die Wohnung der Mieterin in Erwartung einer Gegenleistung überlassen hätte, die angefallenen Mieten in ihrer Buchführung als Mietforderungen erfasst und eingefordert oder nach Beendigung des Mietverhältnisses im Jahre 2001 eine Steuerberichtigung nach § 17 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) vorgenommen; der Umstand, dass sie abweichend von diesem üblichen kaufmännischen Verhalten keine Mietforderungen in ihrer Buchführung erfasst und für ihr Verhalten keine nachvollziehbare Erklärung abgegeben habe, spreche eher dafür, dass sie abweichend von dem Mietvertrag die Wohnung der Mieterin unentgeltlich überlassen habe, weil sie um deren wirtschaftliche Schwierigkeiten gewusst habe. Darüber hinaus habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Mieterin die Wohnung allein für vorsteuerunschädliche Zwecke i.S. des § 9 Abs. 2 UStG genutzt habe bzw. nutzen habe wollen.
Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde, mit der sie mangelnde Sachaufklärung rügt und vorträgt: Sie habe zunächst mündliche Verhandlung beantragt. Dann habe Richter X ihren Prozessbevollmächtigten angerufen und gebeten, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten, da insoweit der Sachverhalt klar sei und es sich um eine reine Rechtsfrage handele. Daraufhin habe ihr Prozessbevollmächtigter auf mündliche Verhandlung verzichtet. Obwohl immer unstreitig gewesen sei, dass die Mieterin die Wohnung als Büro genutzt habe und auch nie streitig gewesen sei, dass die Mieterin das Büro für steuerpflichtige Umsätze genutzt habe, sei nunmehr für das FG entscheidend, dass sie (die Klägerin) nicht nachgewiesen habe, dass die Wohnung nicht Wohnzwecken gedient habe. Ein derartiger Nachweis wäre ihr ein Leichtes gewesen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). Die Beschwerde ist zu begründen; in der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).
2. Der Senat lässt dahinstehen, ob der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel insoweit vorliegt, als das FG sein Urteil ohne weitere Sachaufklärung darauf gestützt hat, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Mieterin die Wohnung ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze genutzt habe.
Die Vorentscheidung kann nämlich nicht auf diesem Verfahrenmangel beruhen.
3. Ist das Urteil eines FG kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, so muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des , BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524, und vom VIII B 163/03, BFH/NV 2005, 835).
Der Senat versteht das Urteil des FG dahin, dass es die Abweisung der Klage darauf gestützt hat, dass die Klägerin weder nachgewiesen habe, dass sie von der Mieterin eine Gegenleistung für die Überlassung der Wohnung erwartet habe, noch nachgewiesen habe, dass die Mieterin die Wohnung ausschließlich für vorsteuerunschädliche Umsätze genutzt habe.
Das Urteil ist deshalb auf zwei Gründe gestützt, die —nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG— jeder für sich die Entscheidung tragen.
Da die Klägerin wegen der zuerst genannten Begründung der Klageabweisung keinen Grund für die Zulassung der Revision geltend gemacht hat, kann sie auch mit ihrer Verfahrensrüge wegen des zweiten Klageabweisungsgrundes keinen Erfolg haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 90 Nr. 1
VAAAB-69117