Landzuteilungen im gesetzlichen Umlegungsverfahren nach dem Baugesetzbuch (BauGB)
– § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG –
Diese Karteikarte beinhaltet den FM-Erlass vom – S 4500 A – 04-001-02 – 446 – (betreffend Grenzregelungsverfahren nach den §§ 80 ff. BauGB) sowie die noch gültigen Auszüge aus dem FM-Erlass vom – S 4400 A – 442 – und vom – S 4500 A – 446 –.
Besonders hinzuweisen ist auf die Neuregelung zum bisherigen Grenzregelungsverfahren (gültig ab ) – siehe Tz. 5 dieser Karteikarte –.
Der Inhalt der bisherigen Karteikarten 8/1 und 8/2 zu § 1 Abs. 1 GrEStG wurden hier integriert; diese Karten sind daher auszusondern.
Zur Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. B GrEStB und zu den Fragen, welche Grundstücksübertragungen im Zusammenhang mit Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BBauG als nicht steuerbare Erwerbsvorgänge von der Besteuerung auszunehmen sind, gilt folgendes:
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG ist der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren nach dem Bundesbaugesetz (jetzt Baugesetzbuch – BauGB) in seiner jeweils geltenden Fassung von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.
Hierunter fallen zunächst stets und in vollem Umfang Zuteilungen an die Gemeinde oder den sonstigen Erschließungsträger für die in § 55 Abs. 2 BauGB genannten Zwecke (u.a. Flächen für Straßen, Wege, Plätze, Grünanlagen).
Für die Aufteilung der verbleibenden Verteilungsmasse an die beteiligten Grundeigentümer ist grundsätzlich die Höhe ihres jeweiligen Sollanspruchs (§ 56 Abs. 1 BauGB) maßgebend.
Werden einem Eigentümer nur Flächen bis zur Höhe seines Sollanspruchs zugeteilt, ist dieser Erwerb auch dann nicht steuerbar, wenn er für durch die Umlegung bewirkte Wertsteigerungen einen Ausgleich in Geld zahlen muss.
Übersteigt der Wert der zugeteilten Flächen den Sollanspruch (Mehrzuteilung), so ist der insoweit zu entrichtende Geldausgleich grunderwerbsteuerlich zu erfassen. Das gilt auch bei Grundstückszuteilungen für öffentliche Zwecke nach § 55 Abs. 5 BauGB an Bedarfs- oder Erschließungsträger, die keine wert- oder flächengleichen Grundstücke eingebracht haben (, BStBl 1990 II S. 1034).
Steht bei Vorausregelungen nach § 76 BauGB der Sollanspruch noch nicht endgültig fest, ist die Steuerfestsetzung davon abhängig, ob der Sollanspruch voraussichtlich überschritten wird oder nicht. Nach dem späteren Vorliegen des Sollanspruchswerts ist die Steuerfestsetzung ggf. nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern (nicht veröffentlichtes GrE).
Nach dem – (BStBl 1998 II S. 27) sind durch Umlegung nach dem BauGB eintretende Änderungen der eigentumsmäßigen Zuordnung von Grundstücken grundsätzlich als Rechtsträgerwechsel im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn und damit als der Steuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG unterliegend anzusehen. Ein der Steuer unterliegender Erwerbsvorgang liegt jedoch dann nicht vor, wenn und soweit das Zuteilungsgrundstück mit dem Einwurfsgrundstück identisch, d.h. flächen- und deckungsgleich ist.
Das Eigentum an dem abgegrenzten Teil der Erdoberfläche blieb somit unverändert. Bei dieser Sachverhaltskonstellation hat auch grunderwerbsteuerrechtlich kein Rechtsträgerwechsel hinsichtlich eines Grundstücks stattgefunden. Im Umfang der Flächenidentität ist in einem derartigen Fall kein Grunderwerbsteuertatbestand – auch nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG – erfüllt worden. Diese BFH-Entscheidung steht nicht im Widerspruch zu dem bundeseinheitlichen Erlass vom (siehe Tz. 1 und 2 dieser Karteikarte).
Der Erlass regelt nur Fälle, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 GrEStG von der Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG ausgenommen sind, was voraussetzt, dass ein Steuertatbestand nach dieser Vorschrift überhaupt gegeben ist.
Nach dem Sachverhalt der dem BFH-Urteil zugrunde liegt, war ein Steuertatbestand nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG nicht verwirklicht worden.
Seit hat § 79 Abs. 1 des bis dahin geltenden Bundesbaugesetzes (BBauG) – jetzt Baugesetzbuch (BauGB) – folgende Fassung erhalten:
„(1) Geschäfte und Verhandlungen, die der Durchführung oder Vermeidung der Umlegung dienen, … sind frei von Gebühren und ähnlichen nichtsteuerlichen Abgaben …”.
Damit ist bei Erwerbsvorgängen, für die die Steuer ab entstanden ist bzw. entsteht, eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 79 BauGB ausgeschlossen.
Die Ausnahme von der Besteuerung erstreckte sich nach dem ; BStBl 1988 II S. 457 nicht auf den Eigentumsübergang im nach bisheriger Rechtslage vorgesehenen Grenzregelungsverfahren (§ 80 ff. BauGB).
Mit der Änderung und Neufassung des BauGB durch das Gesetz zur Anpassung des BauGB an EU-Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau – EAG Bau) vom BGBl 2004 I S. 1359) wurde aus der bisherigen Grenzregelung die „vereinfachte Umlegung”. Das EAG Bau ist am in Kraft getreten.
Auf Erwerbsvorgänge, die im Rahmen einer solchen vereinfachten Umlegung (§§ 80 bis 84 BauGB in der Neufassung vom BGBl 2004 I S. 2414) verwirklicht werden, ist nach Auffassung der obersten Finanzbehörden der Länder die Ausnahme von der Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG anzuwenden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Gemeinde den Beschluss über die vereinfachte Umlegung frühestens am gefasst hat (§ 239 BauGB).
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.
Das Ministerium des Innern und für Sport (ISM) hat mit Rundschreiben vom – Az.: 366/644-09/0 – die Bezirksregierungen und die Kataster- und Stadtvermessungsämter auf die Rechtslage hingewiesen. Tz. 3 und 4 des Rundschreibens lautet:
3. Anzeigepflicht gegenüber dem Finanzamt
Ich bitte darauf zu achten, dass für steuerpflichtige Erwerbsvorgänge gemäß § 18 Grunderwerbsteuergesetz Anzeigepflicht gegenüber dem Finanzamt besteht. Während diese Verpflichtung bei freiwilligen Baulandumlegungen dem Notar obliegt, sind bei Umlegungsverfahren nach dem BauGB ein Umlegungsbeschluss mit Umlegungsverzeichnis, ergänzt um den Sollanspruchswert, und bei Grenzregelungsverfahren nach dem BauGB ein Grenzregelungsbeschluss mit Grenzregelungsverzeichnis der Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts zu übersenden.
4. Beratung der Beteiligten
Im Zuge der Erörterungen sind die Beteiligten an Umlegungsverfahren, Grenzregelungsverfahren und in der freiwilligen Baulandumlegung auf eine mögliche Steuerpflicht nach dem Grunderwerbsteuergesetz und die allgemeinen Ausnahmeregelungen von der Besteuerung hinzuweisen.
Das FM hat das ISM mit Schreiben vom auf die geänderte Rechtslage zum bisherigen Grenzregelungsverfahren (jetzt: Vereinfachte Umlegung) hingewiesen und gebeten, das Unterrichtungsschreiben von 1993 entsprechend anzupassen.
Zusatz der OFD:
Die in Tz. 2 dieser Karteikarte vertretene Rechtsauffassung, wonach Grundstückszuteilungen an am Verfahren beteiligte Grundstückseigentümer insoweit steuerpflichtig sind, als der neue Eigentümer dafür deshalb zu Barleistungen verpflichtet ist, weil er keinen wertgleichen Grundstücksverlust im Umlegungsverfahren erlitten hat, hat der (; siehe GrESt-Kartei, Rechtsprechung zu § 1 Abs. 1 GrEStG, Nr. 150) ausdrücklich aufgegeben. Zukünftig sind daher alle in einem förmlichen Umlegungsverfahren nach dem BauGB durch Ausspruch einer Behörde erfolgenden Eigentumsänderungen steuerfrei nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG, wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter ist.
OFD Koblenz v. - S 4500 A - St 35 3
Fundstelle(n):
BAAAB-68062