BFH Beschluss v. - VI B 2/05

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Revision ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative der FinanzgerichtsordnungFGO—) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.

1. Eine die einheitliche Rechtsprechung gefährdende Divergenz liegt nicht vor. Das Finanzgericht (FG) ist bei seiner Entscheidung insbesondere nicht von den durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Bestimmung des Mittelpunkts der gesamten beruflichen Betätigung (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 zweiter Halbsatz des EinkommensteuergesetzesEStG—) abgewichen.

Nach dieser Rechtsprechung ist das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der lediglich eine berufliche Tätigkeit —teilweise zu Hause und teilweise auswärts— ausführt, dann Mittelpunkt seiner gesamten Betätigung, wenn er dort diejenigen Handlungen vornimmt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der Mittelpunkt im Sinne der gesetzlichen Regelung bestimmt sich dabei nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung. In diesem Zusammenhang kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich indizielle Bedeutung zu (vgl. die von den Klägern und Beschwerdeführern —Klägern— angeführten , BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59, und VI R 104/01, BFHE 201, 100, BStBl II 2004, 65, sowie das weitere Senatsurteil vom VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62). Dabei obliegt es in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen, ob sich der Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer befindet.

Das FG ist im Streitfall unter ausdrücklichem Hinweis auf die genannten Entscheidungen des Senats zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom Kläger im häuslichen Arbeitszimmer vorgenommene Organisation der Betriebsabläufe und die weiteren dort erledigten Arbeiten für seine berufliche Tätigkeit nicht prägend gewesen sind. Es hat die im Außendienst verrichteten Tätigkeiten unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände für zumindest gleichwertig angesehen. Dabei hat das FG insbesondere auf den hohen Einsatz, den der Kläger für seine Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Pflege und dem Ausbau der Kundenbeziehungen zu erbringen hatte, verwiesen und als Beleg dafür die hohe Gesamtfahrleistung von 63 000 Kilometern im Streitjahr herangezogen. Diese vom FG für entscheidungserheblich gehaltenen Besonderheiten wiesen die Sachverhalte, die den von den Klägern angeführten Urteilen des Senats zugrunde lagen, nicht auf.

Im Kern wendet sich die Beschwerde der Kläger gegen die Würdigung der tatsächlichen Umstände des Streitfalls durch das FG. Abweichungen in der bloßen Tatsachenbeurteilung begründen indessen keine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative FGO (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom II B 175/92, BFH/NV 1994, 718; vom VIII B 36/96, BFH/NV 1997, 362; vom X B 60/00, BFH/NV 2001, 1381; vom VI B 161/00, BFH/NV 2003, 793).

2. Auch der behauptete Verfahrensmangel besteht nicht.

Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären. Diesen Amtsermittlungsgrundsatz hat das FG —unbeschadet der Mitwirkungspflicht der Beteiligten— besonders zu beachten, soweit es sich um Feststellungen handelt, denen entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt. In diesen Fällen muss es jedenfalls solchen tatsächlichen Zweifeln nachgehen, die sich ihm nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen müssen (vgl. BFH-Beschlüsse vom I B 18/03, BFH/NV 2004, 207; vom IX B 128/03, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2004, 1187).

So liegt der Streitfall indessen nicht. Den Klägern waren sowohl die Sachverhaltsanfrage des FG an die Arbeitgeberin des Klägers vom als auch deren Antwortschreiben vom vom FG zur Kenntnisnahme übersandt worden. Ihnen war daher bekannt, dass das FG bei seiner Entscheidung von der Auskunft ausgehen würde, der Kläger betreue in erster Linie die Stammkunden des Unternehmens in seinem Vertriebsgebiet, deren Anzahl sich in einer Größenordnung zwischen 250 und 300 bewege. Die Kläger haben sich dazu mit Schriftsatz vom dahin gehend geäußert, es sei nicht „die hauptsächliche Aufgabe des Klägers” gewesen, die von der Arbeitgeberin benannten „Schlüssel- und Stammkunden des Unternehmens vor Ort persönlich zu betreuen”. Dass der Kläger den größten Teil dieser Kunden überhaupt nicht selbst bereist und dies allein den ihm unterstellten Vertriebsmitarbeitern überlassen haben soll, haben die Kläger erstinstanzlich an keiner Stelle des Verfahrens vorgetragen. Inwieweit das FG dazu von sich aus weitere Aufklärungsmaßnahmen hätte ergreifen müssen, ist daher nicht erkennbar.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 2209 Nr. 12
PAAAB-66981