BFH Beschluss v. - II B 10/04

Instanzenzug: BB

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt eine Binnenschiffswerft. Erstmals im Klageverfahren gegen die geänderten Bescheide über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar der Jahre 1986 bis 1990 vertrat sie die Auffassung, die Höhe der Einheitswerte sei auf 65 % des Nennbetrags der Kommanditanteile zu beschränken. Die mit der Geschäftstätigkeit erzielte Rendite bleibe hinter einer angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals zurück; Besserung sei angesichts der Branchensituation nicht zu erwarten. Sie habe in der Vergangenheit Personal abgebaut und unrentable Betriebsteile geschlossen; im Jahr 1992 hätten Kommanditanteile nur zu weniger als 60 % des Nennbetrags veräußert werden können.

Rechtstechnisch könne ihrem Begehren dadurch Rechnung getragen werden, dass die Ertragsaussichten —ebenso wie bei Kapitalgesellschaften— auch in die Bewertung von Personengesellschaften einbezogen würden. Alternativ könne der Teilwert der einzelnen betrieblichen Wirtschaftsgüter dadurch ermittelt werden, dass der erzielbare —niedrige— Gesamtkaufpreis für das Unternehmen auf diese Wirtschaftsgüter verteilt werde. Schließlich biete sich der Ansatz eines negativen Geschäftswerts an.

Die Klage hatte in diesem Punkt keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat —unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung— die Auffassung, dass eine nachhaltige Unrentabilität nur dann zu einem Absinken der Teilwerte einzelner Wirtschaftsgüter unter die Wiederbeschaffungskosten führe, wenn das Unternehmen konkrete Maßnahmen treffe, den Betrieb alsbald stillzulegen. Vorliegend fehle es bereits an einer nachhaltigen Unrentabilität, weil sich im Zeitraum von 1987 bis 1997 ein handelsrechtlicher Jahresüberschuss von insgesamt 528 000 DM ergeben habe und in acht Jahren innerhalb dieses Zeitraums ein positives Ergebnis erzielt worden sei. Anhaltspunkte für eine Stilllegungsabsicht seien nicht erkennbar.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts. Zwar werde die Möglichkeit eines pauschalen Bewertungsabschlags von der höchstrichterlichen Rechtsprechung —von Ausnahmefällen abgesehen— verneint; angesichts der „mannigfachen” Kritik im Schrifttum und der abweichenden Auffassungen einzelner Finanzgerichte müsse diese Rechtsprechung aber korrigiert werden, da sie in Widerspruch zum Leistungsfähigkeitsprinzip stehe. In finanzwissenschaftlicher Hinsicht seien die Substanzsteuern nur auf die Belastung der potenziellen Ertragskraft (Soll-Ertrag) hin ausgerichtet. Dies werde in Fällen nachhaltiger Unrentabilität außer Acht gelassen, was existenzbedrohend sein könne.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin das Rechtsmittel in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechenden Weise begründet hat. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des geltend gemachten Zulassungsgrundes des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO nicht vor.

Der Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Rechtsfortbildung verlangt als Konkretisierung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, dass der Beschwerdeführer eine noch ungeklärte Rechtsfrage aufwirft oder darlegt, dass gegen eine bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung gewichtige Argumente vorgebracht werden, die der BFH bisher noch nicht erwogen hat (BFH-Beschlüsse vom X B 99/02, BFH/NV 2003, 496, und vom X B 109/02, BFH/NV 2003, 1082, unter 2.). Daran fehlt es hier.

Wie die Klägerin selbst ausführt, sind nachhaltige Verluste des Gesamtunternehmens nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur dann bei der Ermittlung der Teilwerte der einzelnen betrieblichen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen, wenn das Unternehmen wegen dieser Verluste objektiv nachprüfbare Maßnahmen getroffen hat, den Betrieb sobald wie möglich zu liquidieren oder stillzulegen (grundlegend , BFHE 109, 63, BStBl II 1973, 475, unter 4.; ferner , BFHE 159, 95, BStBl II 1990, 206, unter II.1.a; vom II R 27/87, BFHE 160, 266, BStBl II 1990, 566, und vom II R 53/95, BFHE 187, 110, BStBl II 1999, 160). Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass diese Fragen keine grundsätzliche Bedeutung mehr haben (BFH-Beschlüsse vom II B 29/87, BFH/NV 1989, 435, und vom II B 133/97, BFH/NV 1999, 1062).

Eine erneute Befassung des BFH mit dieser Problematik wird nicht dadurch erforderlich, dass die Klägerin sich auf eine Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verankerten Leistungsfähigkeitsprinzips beruft. Denn dieses Argument ist bereits durch das (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1995, 1046) an den BFH herangetragen worden, der gleichwohl —auch unter Auseinandersetzung mit der in der Literatur geäußerten Kritik— an seiner ständigen Rechtsprechung festgehalten hat (BFH-Urteil in BFHE 187, 110, BStBl II 1999, 160). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Ausgestaltung der Vermögensteuer zu den hier streitigen Stichtagen den für eine Sollertragsteuer geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen hat (, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.II.4.). Für die hier zu beurteilenden Stichtage sind daher aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip keine weiter gehenden Folgerungen zu ziehen (vgl. für die Erbschaftsteuer auch die Weitergeltungsanordnung im , BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671).

Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass die von der Klägerin begehrte Änderung der Rechtsprechung gerade im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG zu Unzuträglichkeiten führen würde. Denn eine etwaige Rechtsprechungsänderung wäre nur noch für Stichtage vor dem von Bedeutung. Dass für Stichtage ab dem im Hinblick auf die grundsätzliche Übernahme der Steuerbilanzwerte in die Vermögensaufstellung eine Korrektur der Teilwerte wegen fehlender Rentabilität des Unternehmens ausgeschlossen ist, hat der Senat —was die Klägerin verkennt— bereits entschieden (BFH-Urteil in BFHE 187, 332, BStBl II 1999, 206). Für die vor dem liegenden Stichtage sind aber nahezu alle Einheitswertfeststellungen bereits bestandskräftig und die Feststellungsfristen bereits abgelaufen. Damit würde eine geänderte Rechtsprechung nur noch wenigen Steuerpflichtigen zugute kommen und damit nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung sein.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 1981 Nr. 11
IAAAB-66577