Folgen der Fristsetzung nach § 79b FGO
Gesetze: FGO § 79b
Instanzenzug:
Gründe
I. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erkannte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1997 verschiedene von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachte Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bzw. als Betriebsausgaben bei den gewerblichen Einkünften des Klägers an. Zudem war er der Auffassung, dass der Anerkennung des Mietverhältnisses mit der Mutter der Klägerin die Grundsätze über Verträge unter nahen Angehörigen entgegenstünden.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom Klage zum Finanzgericht (FG). Mit Verfügung vom gab die Berichterstatterin den Klägern auf, den Tatsachenvortrag und die Beweismittel hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Arbeitsmittel, Fortbildungskosten und Fahrtkosten zu ergänzen und durch Vorlage der entsprechenden Beweismittel die berufliche Veranlassung der Aufwendungen nachzuweisen. Die Berichterstatterin verfügte ferner, den Tatsachenvortrag und die Beweismittel hinsichtlich der geltend gemachten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und der als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen zu vervollständigen. Hierfür setzte sie den Klägern gemäß § 79b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist bis zum ; auf die Folgen einer Fristversäumnis nach § 79b Abs. 3 FGO wies sie hin. Die Verfügung vom wurde den Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Postzustellungsurkunde am zugestellt.
Aufgrund des Schreibens der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom verlängerte das FG die Schriftsatzfrist bis . Dem mit Schreiben vom erneut gestellten Antrag der Prozessbevollmächtigten der Kläger, die Schriftsatzfrist bis zu verlängern, entsprach das FG nicht. Mit Schriftsatz vom , beim FG eingegangen am , ergänzten die Kläger ihren Tatsachenvortrag und legten verschiedene vom FG angeforderte Unterlagen vor. Ferner beantragten die Kläger die Einvernahme verschiedener Zeugen. Sie wiesen darauf hin, dass der Kläger in der Zeit vom bis arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und deshalb ein beim Prozessbevollmächtigten geplantes Mandantengespräch nicht habe wahrnehmen können. Erforderlichenfalls könne ein ärztliches Attest vorgelegt werden.
Bereits am 4. bzw. hatten sich die Kläger mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Das FA hatte mit Schreiben vom —entgegen seinem ursprünglichen Votum— auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Das FG wies die Klage ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom ab. Die Kläger hätten trotz des ergänzten Tatsachenvortrags im Schriftsatz vom die betriebliche bzw. berufliche Veranlassung der geltend gemachten Aufwendungen nicht ausreichend belegt. Die Beweisanträge würden gemäß § 79b Abs. 3 FGO als verspätet zurückgewiesen. Die Kläger hätten innerhalb der bis zum gesetzten Frist keine Anträge gestellt. Die beantragten Vernehmungen hätten wegen der erforderlichen Vertagung zu einer weiteren Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits geführt. Die Kläger hätten ihre Verspätung nicht genügend entschuldigt. Sie seien auf die Folgen der Fristversäumnis hingewiesen worden. Die Ausschlussfrist habe ab Zustellung der Anordnung bei den Prozessbevollmächtigten der Kläger sieben Wochen und vier Tage betragen. Alle mit Schriftsatz vom eingereichten Unterlagen —abgesehen vom Schreiben der Handwerkskammer und der ...-Bank— hätten den Klägern bei Bekanntgabe der Aufklärungsanordnung bereits vorgelegen. Das eingereichte Schreiben der Handwerkskammer nehme Bezug auf ein Telefonat mit dem Kläger vom , dem Tag des Fristablaufs. Das Schreiben der ...-Bank vom betreffe nach Einlassung der Kläger die Werbungskosten der Klägerin, für die keine Gründe für die Verspätung vorgetragen worden seien. Die Krankheit des Klägers fünf Tage vor Ablauf der Frist könne die Fristversäumnis nicht entschuldigen. Zudem sei fraglich, ob die Krankheit des Klägers Grund für die Fristversäumnis gewesen sei, da der Prozessbevollmächtigte am aus anderen Gründen eine nochmalige Fristverlängerung beantragt habe.
Das Mietverhältnis mit der Mutter der Klägerin sei nicht anzuerkennen, weil es einem Fremdvergleich nicht standhalte. Wie sich aus der mit Schriftsatz vom vorgelegten Betriebskostenabrechnung für das Jahr 1997 ergebe, habe die Mutter monatlich 87,80 DM an Vorauszahlungen geleistet, obwohl im Mietvertrag 211 DM vereinbart gewesen seien. Ausführungen zur Zahlung des Mietzinses fehlten trotz Aufforderung durch das Gericht mit Aufklärungsanordnung vom im Schriftsatz vom völlig. Zudem fehlten Unterlagen, aus denen sich die Zahlung des Mietzinses ergebe. Die angebotene Zeugeneinvernahme der Mieterin, dass der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen sei und die Gestaltung und Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspräche, betreffe keine beweisfähige Tatsachenbehauptung, sondern eine Rechtsfrage, die sich aus vielen Einzeltatsachen ergeben könne. Deshalb könne die Anhörung der Zeugin unterbleiben.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügen die Kläger Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Das FG habe mit seiner Entscheidung, die Frist nicht —wie beantragt— bis zu verlängern, den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Die Kläger hätten begründet, warum die Fristverlängerung erforderlich gewesen sei und die Verspätung hinreichend entschuldigt. Die Einhaltung der Frist sei den Klägern wegen der Erkrankung des Klägers, die den Prozessbevollmächtigten bei Fertigung des weiteren Fristverlängerungsantrags noch nicht bekannt gewesen sei, nicht möglich gewesen. Die Klägerin sei in die Materie nicht eingearbeitet und nicht sachkundig. Die schriftsätzlich angebotene Zeugeneinvernahme hätte die klägerische Sachdarstellung bestätigt.
Zudem habe das FG seine Aufklärungspflicht (§ 76 FGO) verletzt, weil es trotz Beweisantritts die Zeugen nicht gehört habe. Das FG-Urteil beruhe auch auf den geltend gemachten Verfahrensfehlern.
Im nachgereichten Schriftsatz vom weisen die Kläger zusätzlich darauf hin, die Zurückweisung der Beweisangebote durch das FG sei ermessensfehlerhaft.
Die Kläger beantragen, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen. Die von den Klägern gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
1. Soweit die Kläger als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) die Verletzung ihres Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) rügen, weil das FG in seinem Urteil nicht die im Schriftsatz vom benannten Zeugen gehört habe, ist die Beschwerde unzulässig. Die Kläger haben den behaupteten Verfahrensmangel nicht schlüssig dargelegt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt keinen Schutz gegen gerichtliche Entscheidungen, die den Vortrag eines Beteiligten aus materiell-rechtlichen oder formellen Gründen ganz oder teilweise außer Betracht lassen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom I B 120/98, BFH/NV 1999, 1360, und vom VII B 295/03, BFH/NV 2004, 1415). Im Streitfall hat das FG den Vortrag der Kläger im Schriftsatz vom berücksichtigt, jedoch die Anhörung der in diesem Schriftsatz benannten Zeugen nach § 79b Abs. 3 FGO, mithin aus formellen Gründen, zurückgewiesen.
Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Fristsetzung selbst oder die Zurückweisung des Vortrags fehlerhaft gewesen wäre, das FG also gegen § 79b FGO verstoßen hätte. Davon kann im Streitfall jedoch keine Rede sein. Die Kläger waren nach § 79b Abs. 2 FGO wirksam aufgefordert worden, zu genau bezeichneten Fragen, für die die Kläger die Darlegungslast trugen, innerhalb einer im Ergebnis beinahe achtwöchigen Ausschlussfrist Tatsachen anzugeben oder Beweismittel vorzulegen. Auf die Folgen einer Fristversäumnis waren die Kläger in der Verfügung hingewiesen worden. Auch die Annahme des Gerichts, dass die Einvernahme der mit Schriftsatz vom angebotenen Zeugen die Erledigung des Rechtsstreits unangemessen verzögern würde, ist schon in Anbetracht der Tatsache, dass das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung bereits in der Sitzung vom entscheiden wollte, nicht zu beanstanden. Eine Einvernahme der verspätet benannten Zeugen hätte mit Sicherheit dazu geführt, dass der Rechtsstreit länger gedauert hätte als bei Zurückweisung des Vorbringens (vgl. zu diesem Gesichtspunkt —absoluter Verzögerungsbegriff— das , BFHE 189, 3, BStBl II 1999, 664). Der Rechtsstreit hätte schon deshalb nicht in der Sitzung vom erledigt werden können, weil es nicht zulässig gewesen wäre, innerhalb von nur sechs Tagen die Beteiligten und die Zeugen zum Termin zu laden. Dass der Rechtsstreit als solcher schon beinahe zwei Jahre beim FG anhängig war, ist dabei ohne Bedeutung.
Auch ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger die Verspätung nicht genügend entschuldigt haben. Die behauptete Erkrankung des auch im finanzgerichtlichen Verfahren durch einen Prozessbevollmächtigten vertretenen Klägers kann die Fristversäumnis nicht rechtfertigen. Zum einen haben die Kläger nicht dargelegt, weshalb es ihrem Prozessbevollmächtigten nicht möglich war, aus der vom Kläger im Zeitpunkt seiner Erkrankung bereits entworfenen Erwiderung auf die Aufklärungsanordnung des FG und den von ihm zusammengestellten Unterlagen einen Schriftsatz ohne vorherige Besprechung mit dem Kläger zu fertigen. Zudem hätte die vom Prozessbevollmächtigten der Kläger angebotene pauschale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keinen Aufschluss über die Art der Erkrankung des Klägers und darüber gegeben, ob sie so gravierend war, dass der Kläger in der Zeit vor dem nicht in der Lage war, mit seinem Prozessbevollmächtigten —gegebenenfalls auch telefonisch— zu sprechen (vgl. zu einer Terminsänderung wegen Erkrankung BFH-Beschlüsse vom IV B 86/99, BFH/NV 2000, 1353; vom IX B 157/00, BFH/NV 2002, 365, unter II.2.a der Gründe). Da schließlich der Sachverhalt mit geringem Aufwand auch nicht vom FG selbst bis zur Entscheidungsreife ermittelt werden konnte, weil die aufzuklärenden Umstände ausschließlich in den Wissensbereich der Kläger fielen, waren alle Voraussetzungen des § 79b Abs. 3 FGO für eine Zurückweisung des verspäteten Vorbringens erfüllt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 189, 3, BStBl 1999, 664, und , BFH/NV 2002, 801).
2. Die von den Klägern gerügte Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das Gericht (§ 76 FGO) liegt schon deshalb nicht vor, weil das Gericht durch die Aufklärungsanordnung vom das ihm Mögliche zur Aufklärung der streitigen Sachverhalte unternommen hat und die Einvernahme der von den Klägern verspätet benannten Zeugen nach § 79b Abs. 3 FGO zurückweisen durfte (vgl. unter 1.).
Im Übrigen haben die Kläger nicht dargelegt, dass die Entscheidung nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß beruhen kann (vgl. dazu , BFH/NV 2002, 1337).
Die Kläger haben hierzu nur vorgetragen, das FG hätte bei einer Einvernahme der Zeugen von höheren Werbungskosten und dem Bestehen eines Mietverhältnisses mit der Mutter der Klägerin ausgehen können. Es fehlt indes jegliche inhaltliche Charakterisierung der voraussichtlichen Aussagen, die überhaupt erst eine Prüfung der Erheblichkeit ermöglichen.
3. Die zusätzliche Begründung vom ist als nachgereichter Schriftsatz verspätet. Die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, ist nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen; spätere Darlegungen sind —abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen— nicht zu berücksichtigen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2005 S. 2038 Nr. 11
EAAAB-66052